
ESG-Reporting in der Sozialwirtschaft – Verantwortung transparent machen
16.02.2024 Prof. Dr. Klaus Schellberg
Inhalt- Inhalte der ESG-Berichte
- Besonderheiten der Sozialwirtschaft abbilden
- Projekt Nachhaltig.Sozial.Wirtschaften
- ESG-Reporting aus Unternehmensinteresse, nicht nur für die gesetzliche Verpflichtung
- Strategische Entscheidung frühzeitig treffen
- Weiterführende Informationen
Mit ihrem Green Deal entwirft die Europäische Union eine politische Strategie zur Umsetzung von Nachhaltigkeit in allen gesellschaftlichen Bereichen. Wirtschaftsunternehmen, auch Sozialunternehmen, werden dabei zur Offenlegung und Transparenz über ihre Aktivitäten im Sinne der Nachhaltigkeit verpflichtet.
In dem Kontext ist auch die Corporate Social Responsability-Richtlinie der EU (2022/2464) zusehen, die sich im deutschen Recht im HGB wiederfindet. Große Unternehmen (im Sinne des § 267 HGB) sind verpflichtet, regelmäßig Nachhaltigkeitsberichte, sogenannte „ESG-Reports“, zu erstellen. Zu den großen Unternehmen gehören Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden, 20 Mio. Bilanzsumme oder 40 Mio. Umsatz (zwei von drei Kriterien). Hiervon dürften auch eine Reihe von Sozialunternehmen direkt erfasst sein. Es wird jedoch wohl auch eine gewisse Erwartung an die Organisationen und Unternehmen entstehen, die nicht berichtspflichtig sind.
Inhalte der ESG-Berichte
Der ESG-Bericht erfasst Informationen zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Aspekten (ESG) und ermöglichen eine transparente Darstellung der Nachhaltigkeit eines Unternehmens. Die Kernaspekte sind:
- Umwelt: CO2-Emissionen, Energieverbrauch, Ressourcennutzung, Abfallmanagement
- Soziales: Arbeitsbedingungen, Diversität, Gesundheit und Sicherheit
- Governance: Unternehmensführung, Compliance, Risikomanagement, Antikorruption
Für die gemeinwohlorientierten Sozialunternehmen entsteht hier eine besondere Herausforderung: Die Berichtspflichten zum Aspekt Soziales sind in besonderer Weise auf Arbeitnehmerbelange und Kundenbeziehungen konzentriert. Die sozialen Kernziele der Sozialunternehmen, also etwa die Förderung von Jugendlichen oder die Pflege von älteren Menschen, können hier nur schwer abgebildet werden.
Besonderheiten der Sozialwirtschaft abbilden
Die Sozialwirtschaft, wenn sie einerseits die Berichtspflicht ernst nehmen will und andererseits auch ihren eigenen sozialen Auftrag darstellen will, muss sich daher um eine Weiterentwicklung des Berichtsformats bemühen. Dabei sollten folgende Punkte besonders herausgestellt werden:
- Leitbild und Werte: Verankerung des sozialen Auftrags in der Mission und Vision des Unternehmens, Bedeutung der sozialen Nachhaltigkeit
- Stakeholderorientierung: Einbeziehung von Stakeholdern wie Klient*innen, Sozialraum, Mitarbeitenden in die Unternehmensentscheidungen
- Leistungserbringung: Beschreibung der sozialen Leistungen des Unternehmens und ihrer Wirkung auf die Zielgruppe
- Wirkungsanalyse: Messung der sozialen Wirkungen und Wirksamkeit der Leistungen
- Treuhänderischer Umgang mit Ressourcen: Darstellung des verantwortlichen Umgangs mit den von der Gesellschaft oder Finanziers bereit gestellten Ressourcen
Projekt Nachhaltig.Sozial.Wirtschaften
In einem Projekt haben im Jahr 2023 einige Sozialunternehmen aus Deutschland an einem spezifischen Berichtsformat unter dem Titel Sozial.Nachhaltig.Wirtschaften gearbeitet und es getestet.
ESG-Reporting aus Unternehmensinteresse, nicht nur für die gesetzliche Verpflichtung
Ein so konzipierter ESG-Report kann verschiedene positive Wirkungen haben, die über die reine Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtung hinausgehen. Diese Öffentlichkeitswirkung kann positive Auswirkungen auf die Reputation des Sozialunternehmens haben. Das Sozialunternehmen kann die eigene Nachhaltigkeit und seine gesellschaftliche Verantwortung herausstellen, um damit attraktiv als Arbeitgeber:in für Fachkräfte zu werben oder auch um andere Stakeholder:innen (Finanziers, Ehrenamtliche usw.) zu binden. Mit einem ESG-Report und damit verbundenem ESG-Reporting, die sich auch auf die soziale Kernaufgabe des Unternehmens beziehen, kann eine mit dem Leitbild konsistente und nachhaltige Unternehmensentwicklung gefördert werden.
ESG-Reporting kann insofern als eine gesetzliche Pflicht im Jahresabschluss abgehandelt werden und wird dann wohl in die Liste der bürokratischen Zusatzauflagen ohne erkennbaren Mehrwert eingehen. Sie kann aber auch eine Chance sein, den besonderen Auftrag der Sozialunternehmen zu verdeutlichen und in den Mittelpunkt der Berichterstattung zu stellen.
Strategische Entscheidung frühzeitig treffen
Für die Sozialunternehmen steht daher jetzt die Entscheidung über die Ausgestaltung des Berichts an (Mindestanforderung oder Öffentlichkeitswirksamkeit) und die Umsetzung in der Datenerfassung. Insbesondere kann glaubwürdige Nachhaltigkeit nicht nur ein zusätzliches Zertifikat sein, sondern es muss das Management und das Unternehmen insgesamt erfassen.
Weiterführende Informationen
- CSR-Richtlinie – Originaltext
- European Reporting Standards
- Unterstützung beim Einsatz von Nachhaltig.Sozial.Wirtschaften
Autor
Prof. Dr. Klaus Schellberg
Professor für Betriebswirtschaftslehre von Sozialunternehmen
Evangelische Fachhochschule Nürnberg
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