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Reform oder „Reförmchen“ des Gemeinnützigkeitsrechts?

17.12.2020    Rafael Hörmann

Inhalt
  1. Der schwierige Weg der Reformbemühungen
  2. Ausgewählte Reforminhalte und streitige Fragen
  3. Bewertung
  4. Weiterführende Links

Für gemeinnützige Vereine, GmbHs und Stiftungen heißt es nach aktuellem Stand der Gesetzgebungsbemühungen: Die Reform des Gemeinnützigkeitsrecht kommt noch in 2020 – der Umfang ist aber bis zuletzt streitig!

Bemerkenswert ist dabei, dass das Reformvorhaben des Gemeinnützigkeitsrecht sich nicht im Rahmen eines dezidierten Gesetzgebungsverfahrens verwirklicht, sondern als Teilaspekt des Jahressteuergesetzes 2020 umgesetzt wird. Aller Voraussicht werden die Gesetzesänderungen in der letzten Sitzungswoche des Bundestags am 16.12.2020 beschlossen.

Nachfolgend finden Sie einen kurzen Überblick über die Reformentwicklung, ausgewählte Reforminhalte und eine politische wie fachliche Bewertung zu den Reformbemühungen.

Der schwierige Weg der Reformbemühungen

Zwei Konferenzen der Landesfinanzminister sowie der Bundesrat hatten in 2019 bereits der Bundesregierung erste Konzepte und Vorschläge zur Änderung des Gemeinnützigkeitsrecht (§§ 51 bis 68 AO) unterbreitet. Zum 02.10.2019 wurden die Reformbemühungen der Länder jedoch mit einer ablehnenden Stellungnahme der Bundesregierung abgewiesen. Für 2020 kündigte diese eigene Bemühungen im Rahmen eines Regierungsentwurfs zu „Reformbedarfen für die steuerliche Gemeinnützigkeit“ an.

Nach dieser Verlautbarung hatten sich die Reformbemühungen der Bundesregierung aufgrund der Corona-Pandemie zerschlagen und bis zur Stellungnahme des Bundesrates vom 09.10.2020 zum Jahressteuergesetzes 2020 war kein Anzeichen für eine Gesetzesinitiative von Seiten der Regierung erkennbar. Der Bundesrat hat insofern die Reformbemühungen neu belebt. Zustimmung zu den Bundesratsvorschlägen, die zum überwiegenden Teil bereits in 2019 geäußert wurden, kam von Seiten der Bundesregierung, die am 21.10.2020 eine Gegenäußerung anfertige und diese dem Bundestag zur Kenntnis brachte. Seitdem beriet sich der Finanzausschuss des Bundestags über Umfang und Inhalt der Reform des Gemeinnützigkeitsrechts.

Ausgewählte Reforminhalte und streitige Fragen

Nach der letzten Sitzung des Finanzausschusses am 09.12.2020 ist davon auszugehen, dass es folgende Reforminhalte in das Jahressteuergesetz 2020 schaffen werden:

  • Erhöhung begünstigender Beträge in den Steuergesetzen (u.a. Ehrenamtspauschale, Übungsleiterpauschale und Freibetrag des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs);
  • Das Halten und Verwalten von Anteilen an steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften soll einen Fall der unmittelbaren Zweckverwirklichung darstellen und damit eine gemeinnützige Holdinggesellschaft schaffen;
  • Wegfall der zeitnahen Mittelverwendung bei steuerbegünstigten Körperschaften, bei denen die Gesamteinnahmen jährlich 45.000 EUR nicht überschreiten;
  • Erweiterung des Katalogs steuerbegünstigter Zwecke, insbesondere zur Förderung des Klimaschutzes und der Ortsverschönerung.

Nach der letzten Sitzung des Finanzausschusses am 09.12.2020 ist davon auszugehen, dass es folgende Reforminhalte in das Jahressteuergesetz 2020 wohl nicht schaffen werden:

  • Neukonzeption des Ausstiegs aus der Gemeinnützigkeit mit Besteuerung des Vermögens mit 30 % des gemeinen Werts.
  • Ein planmäßiges Zusammenwirken mit mindestens einer weiteren steuerbegünstigten Körperschaft soll eine unmittelbare Zweckverwirklichung darstellen.

Bewertung

Unabhängig dessen, ob die Änderungen des Gemeinnützigkeitsrechts im Umfang der nun weiter „gestutzten“ Reform noch in 2020 und damit im Rahmen des aktuellen Jahressteuergesetzes erfolgen wird, ist damit zu rechnen, dass die Kerninhalte der deutlich weitergefassten Reformbemühungen aus diesem und dem letzten Jahr in das Gemeinnützigkeitsrecht Einzug halten und weitere Reformen angestoßen werden. Wenn der ursprünglich diskutierte Reforminhalt bereits jetzt in 2020 umgesetzt worden wäre, so wäre dies sicherlich als die umfassendste Änderung des Gemeinnützigkeitsrechts seit über 10 Jahren zu bezeichnen gewesen. Das jetzt in Umsetzung befindliche Reformvorhaben in 2020 kann daher nur als Zwischenschritt einer weiteren Entwicklung des Gemeinnützigkeitsrechts eingestuft werden.

Die nun wohl aus der Umsetzung der Reform in 2020 ausgenommene Neuregelung des geregelten Aussteigs aus der Steuerbegünstigung, die Regelung zum geplanten Zusammenwirken verschiedener steuerbegünstigter Körperschaften mit Blick auf den Unmittelbarkeitsgrundsatz und die schon gar nicht vorgesehene (Neu-)Regelung zur politischen Betätigung von als gemeinnützig, mildtätig oder kirchlich anerkannten Körperschaften werden uns sicher auch in 2021 und 2022 als weitere Reformvorhaben begleiten.

Autor
Dr. Rafael Hörmann
Rechtsanwalt
Campbell Hörmann Rechtsanwälte & Steuerberater Partnerschaftsgesellschaft mbB
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