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Wie soziale Themen die Öffentlichkeit erobern – Ein Praxisbeispiel

05.06.2024    Cläre McDaniel

Inhalt
  1. Die Ausgangssituation
  2. Zielgruppenanalyse 
  3. Strategie
  4. Messung und Anpassung
  5. Fazit

Die Sozialwirtschaft sieht sich verstärkt mit Wettbewerb und dem Zwang zur Effektivitäts- und Effizienzsteigerung konfrontiert. Der Verteilungskampf um öffentliche Mittel verstärkt sich. Neben dem Kostendruck aufgrund des demografischen Wandels, der notwendigen Energiewende und der steigenden Preise nimmt auch die Bedeutung professioneller PR für soziale Belange zu.

Eine erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit ist daher unabdingbar, beeinflusst sie doch die öffentliche Meinung zu sozialen Themen und bietet die Grundlage für das Wissen um soziale Dienstleistungen.

In fast jeder größeren Einrichtung sind ein:e oder mehrere Mitarbeiter:innen für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eingestellt.
Dabei sind es gerade die kleineren Projekte und Institutionen, die relevante Themen vorantreiben und innovative Lösungen für gesellschaftliche Problematiken entwickeln, obgleich ihnen nur begrenzte finanzielle und personelle Mittel zur Verfügung stehen.

Wie können auch kleine Organisationen ihre Themen effizient in die Öffentlichkeit tragen? Dieses Editorial zeigt am Beispiel einer fiktiven Geschichte, wie erfolgreiche Öffentlichkeitsarbeit gelingen kann.

Die Ausgangssituation

„GemeinsamStark“ ist ein von der Jugendhilfe gefördertes Projekt, das in einem Stadtbezirk mit hoher Kriminalitätsquote Jugendlichen ein präventives Angebot machen soll. Der Fokus liegt dabei auf Anti-Gewalt-Trainings und Projektarbeit. Für das Projekt wurden durch die Stadt zwei pädagogische Mitarbeiter:innen gewonnen, die jeweils mit einer halben und einer vollen Stelle im örtlich angebundenen Familienzentrum tätig sind.

Die Öffentlichkeitsarbeit richtet sich nach den konzeptionellen Zielen des Projekts. Es können dabei drei Kommunikationsziele herausgestellt werden:

  1. die Jugendlichen als Zielgruppe erreichen,
  2. das Projekt und seine Ergebnisse der Öffentlichkeit zugänglich machen und eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung erzielen,
  3. die Erhöhung der Aufmerksamkeit der (lokalen) Politik für die projektrelevanten Themen und eine politische Legitimation herbeiführen.

Zielgruppenanalyse 

Die Mitarbeiter:innen machen sich zu Beginn des Projekts mit den örtlichen Gegebenheiten vertraut und sprechen mit den Jugendlichen und Institutionen. Sie greifen bei ihrer Analyse außerdem auf die Digital Media Types zurück und stellen dabei fest, dass sie ihre Adressat:innen vorwiegend über die örtlichen Bildungseinrichtungen und die digitalen Medien erreichen können.

Strategie

„GemeinsamStark“ setzt daher auf eine Kombination aus Online- und Offline-Kanälen. Mit zielgerichteten, auf die Tonalität der Zielgruppe angepassten Slogans wie „Gewalt ohne uns! – GemeinsamStark!“ und niedrigschwelligen Texten gewinnt das Projekt mit Flugblättern und eigenen Social-Media-Seiten Teilnehmer:innen.

Im laufenden Projekt können weiterhin Inhalte generiert werden, die sowohl Text- und Bild-, als auch Videomaterial beinhalten. Die Projektmitarbeiter:innen motivieren die Jugendlichen, unter Einhaltung von Regeln, eigene Schritte in der Öffentlichkeitsarbeit zu unternehmen. Unter anderem entsteht so ein Videoprojekt, in dem sie das Projekt, dessen Ergebnisse und den Prozess als Geschichte vorstellen.

Dieses Vorgehen unterstreicht die Bedeutung des Storytellings unter Einbindung der Zielgruppe in die öffentliche Kommunikation. Die Wünsche und Bedarfe der Zielgruppe können authentisch in die Öffentlichkeit getragen werden. Außerdem stellt sich ein Mundpropaganda-Effekt ein, der zusätzliche Teilnehmer:innen für das Projekt interessierte.

Um das Projekt der Öffentlichkeit zugänglich zu machen und gleichzeitig die Ergebnisse und die Relevanz herauszustellen, müssen allerdings weitere Instrumente genutzt werden.

  • Partnerschaften: Die Zusammenarbeit mit anderen Organisationen, wie Schulen und Jugendzentren erhöhen das Ansehen und die Reichweite der Projektinhalte.
  • Pressearbeit: Pressemitteilungen und Zeitungsberichte in Lokalzeitungen können das Projekt über die örtlichen Strukturen hinaus bekannter machen.
  • Offlinewerbung: Das Ausgeben von Flugblättern mit Kontaktinformationen in lokalen Geschäften steigert die Bekanntheit und den Zuspruch unter den Anwohner:innen.
  • Eventmarketing: Abschließend zum Projektende veranstalten die Projektmitarbeiter:innen mit den Jugendlichen ein kleines Abschlussfest, zu dem die Öffentlichkeit und Kommunalpolitiker:innen geladen sind. Das Projekt wird abschließend vorgestellt und für eine Verlängerung geworben.

Messung und Anpassung

Während der Durchführung des Projektes wurden wiederholt strategische Änderungen in der Öffentlichkeitsarbeit durchgeführt. Beispielsweise bemerkten die Projektmitarbeiter:innen, dass TikTok der effektivste Kanal war, um die Jugendlichen zu erreichen. Daraufhin wurde der Medienmix angepasst und dieser Kanal in den Mittelpunkt gestellt. Sie nutzten dabei die Analysetools der Plattform, um zu ermitteln, welche projektbezogenen Inhalte bei der Zielgruppe am populärsten waren. Dies ermöglichte ihnen die kontinuierliche Optimierung der Inhalte.

Die Bedeutung der Öffentlichkeitsarbeit wird weiterhin an den Erfolgen sichtbar:

  • Es haben mehr Adressat:innen im Projekt mitgewirkt als ursprünglich vorgesehen,
  • zum Abschlussfest kommt auch der stellvertretende Bürgermeister, der bisher gegen das Projekt eingenommen war,
  • ein lokaler Unternehmer lädt die Gruppe zu einer Betriebsbesichtigung ein, die von Auszubildenden des Betriebs gestaltet wird,
  • es werden Gelder für ein Anti-Gewalt-Training in den lokalen Schulen zur Verfügung gestellt.

Fazit

Effektive Öffentlichkeitsarbeit in der Sozialwirtschaft beginnt mit authentischen Geschichten, die die Bedeutung und den Impact sozialer Projekte hervorheben. "GemeinsamStark" demonstriert, dass durch eine strategische Kombination aus Storytelling, zielgruppenspezifischer Kanalauswahl, Partnerschaften und Interaktivität nicht nur Aufmerksamkeit erzeugt, sondern auch gesellschaftliche Veränderung bewirkt werden kann. Diese fiktive Geschichte zeichnet ein idealisiertes Bild von Öffentlichkeitsarbeit. Nicht jedes Umfeld, beispielsweise der ländliche Raum, bietet einen so leichten Zugang zu Adressat:innen oder lokalen Institutionen. Das Beispiel soll als Inspiration und Motivation dienen, eigene Strategien zu entwickeln und Zugänge zu Adressat:innen zu erschließen.

Auch kleine Projekte mit geringen Ressourcen können und müssen gehört werden!

Autorin
Cläre McDaniel

Marketing & Social Media/ socialnet
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