Editorial: Der Klimawandel bleibt kein einmaliger Besuch
Die Bilder sind uns noch vertraut: Überschwemmungen an der Ahr, gerade mal vier Jahre sind diese her, Überschwemmungen in vielen Teilen Europas, sogar im sonst als Urlaubsziel auserkorenen Südspanien gab es solche im letzten Jahr in Valencia, verbunden mit zahlreichen Toten und hohen volkswirtschaftlichen Schäden. Auf der anderen Seite Dürreperioden, heiße Sommer, mehr oder weniger verzweifelte Versuche, die Menschen auf Dürre vorzubereiten, Ausgehverbote, Verbote, Planschbecken zu befüllen, Wasserspender an öffentlichen Orten. Der Klimawandel kommt mit Extremwetterereignissen auch in unsere Häuser und Einrichtungen. Es gilt, sich darauf vorzubereiten.
Extreme sind längst keine Jahrhundertereignisse mehr
Immer ist dann von einer Jahrhundertdürre oder einem Jahrhunderthochwasser die Rede, das mag manche beruhigen, nach dem Motto: das nächste Extremereignis kommt erst wieder in hundert Jahren. Doch ein Blick auf Risiko- oder Schadensereignis-Weltkarten der letzten Jahre zeigt: die Extremereignisse nehmen zu und werden heftiger. In der Sozialwirtschaft mehren sich die Notwendigkeiten, Menschen aus stationären Einrichtungen zu evakuieren und den Menschen bei der Bewältigung von Hitze und Starkregen zu helfen. Wir wissen, dass die ärmeren Bevölkerungsschichten doppelt leiden: Zum einen sind sie stärker betroffen (schlechtere Wohngegenden), zum anderen haben sie einfach nicht die Mittel der Vorsorge oder der Kompensation von Schäden. Der Klimawandel ist die soziale Frage unserer Zeit. Wenn Gesellschaft und Politik es nicht schaffen, für eine soziale Klimagerechtigkeit zu sorgen, dann
- wird die Akzeptanz für Einschränkungen, Umdenken und Klimaschutzmaßnahmen sinken und
- es werden verstärkt soziale Konflikte auftreten.
Klima betrifft längst auch soziale Einrichtungen
Eine Umfrage des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes zeigte 2024 auf, dass der Klimawandel auch vielen Führungskräften in der Sozialwirtschaft mehr als bewusst ist.
Zeit online brachte dies auf die Schlagzeile: „Bei Hitze knallt’s. Gestresste Drogensüchtige, schlappe Kitakinder und backofenheiße Werkstätten“ (Joeres 2024).
In der Umfrage unter 710 paritätischen Einrichtungen und Diensten gaben 52,8 % der Befragten an, sich sehr große oder große Sorgen zu machen bezüglich Extremwetterereignissen. Fast 70 % der befragten Einrichtungen haben in den letzten zehn Jahren schon einmal unter extremen Wetterereignissen gelitten. Starkniederschläge und Dürreperioden wurden hierbei genannt. Höhere Arbeitsbelastungen, zusätzliche Maßnahmen zum Schutz und zur Sicherheit und Schäden an der Infrastruktur waren die kostenträchtigen Folgen. Am häufigsten werden Hitze und die psychische Belastung genannt (vgl. Der Paritätische 2024). Es ist davon auszugehen, dass diese Ergebnisse ähnlich für andere Wohlfahrtsverbände ausfallen dürften.
Leitungen müssen Klimaanpassung einpreisen
Neben wirtschaftlichen Grundlagen und sozialen Zielen müssen Führungskräfte stärker Nachhaltigkeit zum Thema machen und die Anpassung an Klimaveränderungen „einpreisen“ im doppelten Sinne:
- Finanzielle Vorsorge treffen,
- rechtzeitig Anpassungen vornehmen (Verschattung, Speicherung und Versorgung mit Trinkwasser, Risikomanagement),
- und die wesentlichen Stakeholdergruppen auf ein nachhaltigeres Handeln verpflichten. Dazu gehören Mitarbeiter:innen, Lieferant:innen und Adressat:innen der Einrichtungen und Dienste.
Klimaanpassung ist das eine Ziel, das andere ist, durch unser Handeln den Klimawandel (mittel- und langfristig) zumindest abzubremsen. Dazu gilt es, die gesamte soziale Organisation von Einkauf bis zur Abfallwirtschaft, von der Geldanlage bis zum Fuhrpark kontinuierlich auf Nachhaltigkeit hin durchzuchecken (vgl. Schneider 2023).
Handlungsbedarf für das Sozialmanagement
Klimaanpassung ist geboten, der Klimawandel und die Extremwetterereignisse bleiben keine singuläre Angelegenheit. In Form von häufigeren und heftigeren Extremwetterlagen weltweit werden Lieferketten durchbrochen, Produktionen ausfallen, Menschen aus ihren Häusern gerissen. Damit steigen die Herausforderungen für soziale Dienste und Einrichtungen.
Der Klimawandel wird uns in Form von Extremwetterereignissen mehrmals einen Besuch abstatten. Es gilt, hierauf vorbereitet zu sein und dafür zu sorgen, dass Nachhaltigkeit im Verhalten ankommt. War dies bisher eher der erhobene Zeigefinger (der wenig nutzte), wird es in Zukunft der Blick auf die Kosten und der Blick auf eine bessere Lebensqualität (für alle!) sein, die (hoffentlich) zum Handeln motivieren.
Literatur:
- Der Paritätische Gesamtverband (2024). Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen & Diensten. Umfrageauswertung zur Klimaanpassung in sozialen Einrichtungen und Diensten.
- Joeres, Annika (2024). Bei Hitze knallt’s. In: Zeit online.
- Schneider, Armin (2023). Nachhaltiger führen und managen. Regensburg: Walhalla. Rezension bei socialnet.
Autor Prof. Dr. Armin Schneider Professor für Sozialmanagement und empirische Sozialforschung. Dekan des Fachbereichs Sozialwissenschaften der Hochschule Koblenz. Direktor des Instituts für Bildung, Erziehung und Betreuung in der Kindheit | Rheinland-Pfalz (IBEB).
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