Sharing
Thomas Wittinger
veröffentlicht am 15.03.2024, archiviert am 29.10.2024
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Im Sharing geben die Gruppenmitglieder dem bzw. der Protagonist:in eine Rückmeldung darüber, welche Aspekte des Dargestellten sie aufgrund eigener Erfahrungen emotional nachempfinden können. Dadurch soll der bzw. die Protagonist:in erfahren, dass er bzw. sie mit seinen bzw. ihren Erfahrungen nicht allein steht.
Nachdem der oder die Protagonist:in Schwächen, Ängste, Ohnmacht, Scham oder andere belastende Gefühle auf der Bühne offenbart hat, benötigt er bzw. sie Akzeptanz, Verständnis und Rückhalt. Deshalb beginnt nach einem Protagonistenspiel die Integrationsphase mit dem Sharing, die im Stuhlkreis stattfindet. Die Leitung sollte neben dem oder der Protagonist:in sitzen. In kurzen Beiträgen teilen die Gruppenmitglieder aus der eigenen Lebenserfahrung dem bzw. der Protagonist:in mit, welche Anteile der emotionalen Erfahrungen des gerade Dargestellten sie mit dem bzw. der Protagonistin teilen. „Die Gruppe [versichert sich] ihrer gemeinsamen Erfahrungen und gleichzeitig [kommen] die Lebensgeschichten in ihrer Einmaligkeit in den Blick“ (Hutter 2000, S. 297).
Unerfahrenen Teilnehmer:innen kann die Leitung zunächst Satzanfänge vorschlagen, z.B. „Aus meinem Leben kenne ich …; ich kenne ähnliche Situationen“ (Schaller 2001, S. 147 f.). Wenn jemand kein Sharing hat, muss er bzw. sie selbstverständlich auch nichts sagen. Falls es gar kein Sharing gibt, ist hier die Leitung gefordert, ein Sharing zu geben, z.B. „Ich kann gut nachvollziehen, dass …“.
Das Sharing dient dazu, dem bzw. der Protagonist:in zu vermitteln, dass er bzw. sie mit seinen bzw. ihren Erfahrungen nicht allein steht. „Der Protagonist soll nie mit dem Eindruck zurückbleiben, dass er mit einem bestimmten Problem in der Gruppe allein ist“ (Hutter und Schwehm 2009, S. 480). Insofern ist das Sharing eine Art Antwort auf das Spiel des bzw. der Protagonist:in. Das Sharing fördert auch die Gruppenkohäsion im Sinne einer Gemeinschaft der Gleichbetroffenen.
Die Leitung achtet darauf, dass
- keine Form einer Interpretation, eines Kommentars oder auch Ratschläge erfolgt, weil der bzw. die Protagonist:in so nicht die nötige Solidarität erfahren würde, nachdem er bzw. sie auf der Bühne gewissermaßen sein wirkliches Innenleben entblößt hat;
- nur echte Sharings gegeben werden, also keine irgendwie ähnlich erscheinende Lebenssituationen einfach nur nacherzählt werden, bei denen der Bezug zum Protagonistenspiel unklar bleibt.
Quellenangaben
Hutter, Christoph und Helmut Schwehm, Hrsg., 2009. J. L. Morenos Werk in Schlüsselbegriffen. Wiesbaden: VS-Verlag. ISBN 978-3-531-16568-4 [Rezension bei socialnet]
Hutter, Christoph, 2000. Psychodrama als Experimentelle Theologie. Münster: Lit-Verlag. ISBN 978-3-8258-4666-4 [Rezension bei socialnet]
Schaller, Roger, 2001. Das große Rollenspiel-Buch: Grundtechniken, Anwendungsformen, Praxisbeispiele. Weinheim: Beltz-Verlag. ISBN 978-3-407-36369-5
Literaturhinweise
Ameln, Falko von und Josef Kramer, 2014. Psychodrama: Grundlagen. 3., vollst. überarb. Auflage. Heidelberg: Springer Medizin. ISBN 978-3-642-44920-8
Verfasst von
Thomas Wittinger
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- 29.10.2024 Thomas Wittinger [aktuelle Fassung]
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- 27.10.2021 Inge-Marlen Ropers
Zitiervorschlag
Wittinger, Thomas,
2024.
Sharing [online]. socialnet Lexikon.
Bonn: socialnet, 15.03.2024 (archiviert am 29.10.2024) [Zugriff am: 08.12.2024].
Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/29902
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