Arbeitgebermarke
Prof. Dr. Jan Tietmeyer
veröffentlicht am 04.07.2025
Eine Arbeitgebermarke ist das strategisch entwickelte, einheitliche Bild einer Organisation als Arbeitgeber, das diese von anderen Arbeitgebern unterscheidbar macht. Sie umfasst alle wahrgenommenen Eigenschaften, Werte und Versprechen, die ein Unternehmen gegenüber aktuellen und potenziellen Beschäftigten verkörpert, um sowohl die Gewinnung neuer Fachkräfte als auch die Bindung vorhandener Mitarbeiter:innen zu stärken.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Begriffsentwicklung
- 3 Ziele
- 4 Methoden
- 5 Grenzen und kritische Einwände
- 6 Quellenangaben
1 Zusammenfassung
Arbeitgebermarken sollen ein positives Image eines Arbeitgebers widerspiegeln. Dabei geht es insbesondere um die Abgrenzung zu anderen Arbeitgebern. Im Idealbild wird der Arbeitgeber als einzigartig wahrgenommen. Damit sollen insbesondere das Personalmarketing im Sinne einer möglichst großen Anzahl geeigneter Bewerber:innen wie auch die Bindung des vorhandenen Personals positiv unterstützt werden. Der Aufbau einer Arbeitgebermarke (Employer Branding) umfasst alle strategischen Maßnahmen zur Positionierung als attraktiver Arbeitgeber. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels stellt dies zentrale Zielbereiche für Organisationen der Sozialwirtschaft dar.
2 Begriffsentwicklung
Die Arbeitgebermarke entsteht durch den Aufbau und die Pflege von Organisationen als Marke im Kontext des Personalmarketings (Lies 2018). Meffert et al (2008, S. 358) definieren Marken auf der theoretischen Ebene als „Nutzenbündel mit spezifischen Merkmalen, die dafür sorgen, dass sich dieses Nutzenbündel gegenüber anderen Nutzenbündeln, welche dieselben Basisbedürfnisse erfüllen, aus Sicht der relevanten Zielgruppe nachhaltig differenziert“. Das Kernmerkmal einer Marke ist demzufolge in der Abgrenzung bzw. Absetzung zu finden. Außerdem können nicht nur Produkte o.Ä. als Marke aufgebaut werden, auch Organisationen können eine Marke bilden. In diesem Fall wird häufig von einer Unternehmensmarke oder Corporate Brand gesprochen (Meffert und Bierwirth 2001).
Die Arbeitgebermarke kann als eine spezifische Ausprägung der Unternehmensmarke betrachtet werden. Sie fokussiert, wie aktuelle und zukünftige Beschäftigte die Organisationen wahrnehmen, und zwar spezifisch als Arbeitgeber (Schewe et al. 2010). Wahrnehmungen müssen dabei nicht einer objektiven Realität entsprechen, worauf im Bereich von Arbeitgebermarken insbesondere Kanning (2017) hinweist.
Der Prozess des Aufbaus einer Arbeitgebermarke wird zumeist als Employer Branding bezeichnet. Dieser Prozess umfasst „alle Entscheidungen, welche die Planung, Gestaltung, Führung und Kontrolle einer Arbeitgebermarke […] betreffen, mit dem Ziel, die umworbenen Fach- und Führungskräfte präferenzwirksam zu beeinflussen“ (Petkovic 2008, S. 71). Damit wird auch eine Abgrenzung bspw. vom Image der Produkte oder Dienstleistungen vorgenommen. Die Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA) fokussiert in ihrer Definition explizit die Rolle als Arbeitgeber: „Employer Branding ist die identitätsbasierte, intern wie extern wirksame Entwicklung und Positionierung eines Unternehmens als glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgeber“ (DEBA o.J.).
Die immer größer werdende Bedeutung der Arbeitgebermarke wird dem demografischen Wandel und dem damit verbundenen steigenden Mangel an Fach- und Arbeitskräften zugeschrieben (Lies 2018; Kanning 2017).
3 Ziele
Kanning (2017) grenzt die Ziele im Bereich der Entwicklung von Arbeitgebermarken von denen des eher klassischen Personalmarketings ab. Insbesondere in Bezug auf den Zeithorizont der Ziele, der bei der Arbeitgebermarke deutlich langfristiger ist, und bei der Konkretisierung von Zielen, die bei der Arbeitgebermarke deutlich abstrakter sind, ergeben sich zentrale Unterschiede.
Insgesamt soll eine Arbeitgebermarke Ziele sowohl im Inneren einer Organisation als auch im Außenfeld einer Organisation erreichen (Leekha Chhabra und Sharma 2011; Kanning 2017). Im Inneren soll die aktuelle Belegschaft ihre Bindung an den Arbeitgeber positiv entwickeln. Dabei wird neben der verminderten Personalfluktuation und den daraus entstehenden geringeren Kosten bspw. für eine Einarbeitung auch darauf verwiesen, dass Mitarbeitende mit einer höheren Bindung qualitativ besser arbeiten würden. Diese Wirkung im Inneren kann als Ausgangspunkt für die Weiterentwicklung der Arbeitgebermarke nach Außen betrachtet werden. Denn Beschäftigte mit hoher Bindung setzen sich in der Regel für ein gutes Image nach außen ein. Dies soll zu einer sozialen Identität führen (Edwards 2010; Kanning 2017). Dieses gute Image führt in der Folge dazu, dass sich auch die Zahlen der bewerbenden Personen erhöhen und bspw. Arbeitsangebote eher angenommen werden.
4 Methoden
Im Bereich der Methoden soll einer engen Definition der Arbeitgebermarke gefolgt werden, die gezielte Kommunikation zur Entwicklung einer Arbeitgebermarke umfasst. Im weiteren Sinne der Arbeitgebermarke könnten alle Maßnahmen verstanden werden, die die tatsächliche Realität des Arbeitgebers verbessern (Kanning 2017). Das Verständnis im weiteren Sinne führt jedoch zu einem sehr starken Anstieg möglicher methodischer Zugänge, die eher eine Aufgabe der Personal- und Organisationsentwicklung zu sein scheinen und die daher hier nicht weiter betrachtet werden (Martin et al. 2005).
Wird nun die Kommunikation fokussiert, so ergeben sich einige Empfehlungen für die Praxis (Kanning 2017):
- Nutzung verschiedener Kommunikationskanäle (Video, Audio, Text, persönlicher Kontakt)
- Inhaltliche Konsistenz der Kommunikation sicherstellen und auch darauf achten, dass die Kommunikation für die aktuelle Belegschaft glaubwürdig ist
- Aufgrund der langfristigen Zielstellen sollten kurzfristige Effekte nicht angestrebt werden
- Klassisches Personalmarketing wie Stellenanzeigen wird durch die Aktivitäten nicht ersetzt
- Nutzung eines einheitlichen Designs und Anpassung der Inhalte an die jeweiligen Zielgruppen
Im Bereich der Beratungswirtschaft finden sich auch einige Schritt für Schritt Anleitungen zur Entwicklung einer Arbeitgebermarke. An dieser Stelle kann auf die DEBA (o.J.) verwiesen werden.
Inhaltlich haben Schewe et al. (2010) empirisch herausgearbeitet, dass im Kontext der Sozialwirtschaft aus Sicht der Beschäftigten insbesondere die beiden Faktoren Arbeitsklima und aufgabenspezifische Faktoren (Eigenständigkeit, Flexibilität und Transparenz) von zentraler Bedeutung für den Aufbau einer Arbeitgebermarke sind.
5 Grenzen und kritische Einwände
Der Ansatz der Arbeitgebermarke kann aus verschiedenen Gesichtspunkten heraus kritisch betrachtet werden. Ein zentraler Diskussionspunkt betrifft die entstehenden Kosten, die insbesondere für kleinere Organisationen eine Herausforderung sein können.
Ein weiterer kritischer Aspekt bezieht sich auf das Ziel der Einzigartigkeit. Vor dem Hintergrund der starken rechtlichen Rahmungen, insbesondere in der Sozialwirtschaft, wird diskutiert, inwieweit Einzigartigkeit tatsächlich erreicht werden kann.
Darüber hinaus wird auf den mangelnden Forschungsstand zur Entstehung und Wirkung von Arbeitgebermarken hingewiesen. Dies steht im Kontrast zu der ansonsten gut entwickelten Forschung im Bereich des Marketings (Kanning 2017; Schewe et al. 2010).
6 Quellenangaben
Deutsche Employer Branding Akademie (DEBA), [ohne Jahr]. Was ist Employer Branding [online]. Berlin: DEBA [Zugriff am: 25.06.2025]. Verfügbar unter: https://www.employerbranding.org/glossar/​employer-branding#anchor-1081
Edwards, Martin R., 2010. An integrative review of employer branding and OB theory. In: Personnel Review. 39(1), S. 5–23. ISSN 0048-3486
Kanning, Uwe Peter, 2017. Personalmarketing, Employer Branding und Mitarbeiterbindung. Berlin: Springer. ISBN 978-3-662-50374-4 [Rezension bei socialnet]
Leekha Chhabra, Neeti und Sanjeev Sharma, 2011. Employer branding: Strategy for improving employer attractiveness. In: International Journal of Organizational Analysis. 22(1), S. 48–60. ISSN 1055-3185
Lies, Jan, 2018. Employer Branding [online] Gabler Wirtschaftslexikon. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, 14.02.2018 [Zugriff am: 25.06.2025]. Verfügbar unter: https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/​employer-branding-53538/​version-276620
Martin, Graeme, Phillip Beaumont, Rosalind Doig und Judy Pate, 2005. Branding: A new performance discourse for HR? In: European Management Journal. 23(1), S. 76–88. ISSN 0263-2373
Meffert, Heribert und Andreas Bierwirth, 2001. Stellenwert und Funktionen der Unternehmensmarke. Erklärungsansätze und Implikationen für das Corporate Branding. In: Thexis. 18(4), S. 5–11. ISSN 0254-9697
Meffert, Heribert, Christoph Burmann und Manfred Kirchgeorg, 2008. Marketing. Grundlagen marktorientierter Unternehmensführung. Konzepte-Instrumente-Praxisbeispiele. 10. Auflage. Wiesbaden: Gabler. ISBN 978-3-409-69018-8
Petkovic, Mladen, 2008. Employer Branding: Ein markenpolitischer Ansatz zur Schaffung von Präferenzen bei der Arbeitgeberwahl. 2. Auflage. München: Rainer Hampp Verlag. ISBN 978-3-86618-204-2
Schewe, Gerhard, Ann-Marie Nienaber, Jan Tietmeyer und Alexander Witt, 2010. Employer Branding bei Non-Profit-Organisationen. Arbeitspapier Nr. 73 des Lehrstuhls für BWL, insb. Organisation, Personal und Innovation der Westfälischen Wilhelms-Universität
Verfasst von
Prof. Dr. Jan Tietmeyer
Professor für Innovationen in der Sozialen Arbeit Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen
Lehrbeauftragter der Hochschule Fulda und der FOM Hochschule
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ORCID: https://orcid.org/0009-0002-1238-4390
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