Asylrecht
Prof. Dr. Holger Hoffmann
veröffentlicht am 06.05.2022
Unter „Asylrecht“ versteht man im deutschen Recht seit 1949 den grundrechtlich (Art. 16a Abs. 1 GG) gesicherten, gerichtlich einklagbaren, individuellen Anspruch („subjektives öffentliches Recht“) ausländischer Staatsangehöriger auf die Feststellung, im jeweiligen Herkunftsstaat aus politischen Gründen verfolgt worden zu sein. Es handelt sich um das einzige Grundrecht, das ausschließlich ausländischen Staatsangehörigen aus sog. „Drittstaaten“ (d.h. Staaten außerhalb der Europäischen Union) zusteht.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Genfer Flüchtlingskonvention
- 3 Gemeinsames Europäisches Asylsystem
- 4 Zum Begriff „Flüchtling“ und weiterer Schutzformen
- 5 Behördliche Zuständigkeit und Verfahren zur Feststellung des Asylrechts und anderer Schutzformen
- 6 Materieller Inhalt des Asylrechts
- 7 Statistik
- 8 Zur Geschichte des Asylrechts
- 9 Quellenangaben
- 10 Informationen im Internet
1 Zusammenfassung
Das deutsche Asylrecht gem. Art. 16a GG, das ausschließlich politisch Verfolgten Rechte gewährt, wird überlagert und rechtlich geprägt durch internationales Recht: Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) sowie Verordnungen und Richtlinien des gemeinsamen europäischen Asylsystems (GEAS). Als Folge entstanden unterschiedliche Schutzformen. Zu deren Feststellung (oder Ablehnung) dient das Verwaltungsverfahren vor dem Bundesamt für Migration und Asyl (BAMF). Von praktischer Bedeutung sind neben dem Asylrecht (Art. 16a GG) insbes. „internationaler Schutz“ (§ 3 AsylG), „subsidiärer Schutz“ (§ 4 AsylG) und Abschiebungsschutz (§ 60 AufenthG). Die dem jeweiligen Schutzstatus zugehörigen Aufenthaltsrechte ergeben sich aus den §§ 25, 26 AufenthG, ein Anspruch auf Familienschutz/„Familienasyl“ aus § 26 AsylG. Aus den unterschiedlichen Schutzrechten ergeben sich unterschiedliche Ansprüche auf Sozialleistungen (Asylbewerberleistungsgesetz). Historisch ist das Asylrecht seit dem Altertum bekannt. In Deutschland erlangte es seit den 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts Bedeutung, sowohl wegen hoher Antragszahlen als auch – daraus folgend – wegen intensiven politischen Streits um „Zugangsbeschränkungen für Ausländer“.
2 Genfer Flüchtlingskonvention
Das deutsche Recht enthält keine eigene, nationale Definition des Begriffs „Flüchtling“, sondern bezieht sich auf die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), die seit 1954 in Deutschland als Bundesgesetz gilt. Das „Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge“ – Titel in Langversion – wurde am 28. Juli 1951 verabschiedet auf einer UN-Sonderkonferenz in Genf, schon während des „Kalten Krieges“. Am 22. April 1954 trat sie in den ersten sechs Unterzeichnerstaaten in Kraft (Australien, Belgien, Bundesrepublik Deutschland, Dänemark, Luxemburg, Norwegen). In Deutschland – zu der Zeit noch kein UN-Mitglied – wurde sie bereits ratifiziert durch Gesetz vom 01.09.1953 (BGBl II, 559). Diese erste Fassung bezog sich ausdrücklich und ausschließlich auf Flüchtlinge aus Europa und die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Die Erweiterung auf Staaten aus der ganzen Welt erfolgte 1967. Die GFK gilt inzwischen in 149 Staaten, dies entspricht 77 % der UN-Mitgliedstaaten, aber z.B. nicht in Libyen.
Wer „Flüchtling“ ist und damit Anspruch auf internationalen Schutz hat, bestimmt Art. 1 A GFK: „Flüchtling“ i.S.d. Art. 1 A Ziff. 2 GFK ist,
„wer wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischer Überzeugung verfolgt wird und sich aufgrund begründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb des Staates aufhält, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, ferner auch Staatenlose, die sich aus den genannten Gründen außerhalb ihres gewöhnlichen Aufenthaltsstaates befinden“.
Nicht jede negative staatliche Maßnahme – selbst wenn sie an eines der genannten persönlichen Merkmale anknüpft – stellt bereits asylrelevante Verfolgung dar. Es muss sich vielmehr um eine gezielte Rechtsgutverletzung handeln, die in ihrer Intensität darauf gerichtet ist, den/die Betroffene/n aus der Gemeinschaft auszugrenzen. Ferner muss die (Verfolgungs-)Maßnahme so schwerwiegend sein, dass sie die Menschenwürde verletzt und über das hinausgeht, was Staatsangehörige des jeweiligen Staates allgemein hinzunehmen haben. Berücksichtigt wird grundsätzlich nur Verfolgung, die vom Staat ausgeht. Ausnahmen gelten, wenn eine nicht-staatliche Verfolgung dem Staat zuzurechnen ist, weil er nichts dagegen unternimmt oder die nicht-staatliche Verfolgung selbst an die Stelle des Staates getreten ist („failed state“/„quasistaatliche“ Verfolgung). Notsituationen wie allgemeine Armut, Bürgerkrieg, Naturkatastrophen oder allgemeine Perspektivlosigkeit im Herkunftsstaat sind damit als Gründe einer Flüchtlingsanerkennung i.S.d. Art. 1 A Ziff. 2 GFK oder der Asylgewährung gem. Art. 16a GG ausgeschlossen.
Asylrecht, d.h. internationalen Schutz, gewährt jeder Staat nach eigenen Vorgaben unter Beachtung der Kriterien des Art. 1 A GFK. In der Regel entscheiden die zuständigen Behörden des jeweiligen Zufluchtsstaates darüber, ob das Asylrecht gewährt wird. Einige Staaten übertrugen auch dem UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) diese Aufgabe.
Die GFK gewährt kein Recht auf Asyl, sondern vermittelt nur Rechte „im Asyl“, d.h. nach Anerkennung des Schutzstatus „Flüchtling“. Dabei geht es insbesondere um soziale Rechte für anerkannte Flüchtlinge während sie sich in dem Staat aufhalten, der Schutz gewährt hat (z.B. Zugang zu Arbeit, Schule, Gesundheitsversorgung).
Art. 33 GFK sieht zudem das „refoulment“-Prinzip vor: Wer behauptet, Gründe für die Anerkennung als Flüchtling zu haben, darf zunächst nicht ab- oder zurückgeschoben werden und solange im Zufluchtsstaat bleiben, bis von dessen zuständigen Institutionen (Deutschland: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [BAMF] und Verwaltungsgericht) abschließend entschieden wurde, ob solche Gründe vorliegen.
Nach Art. 31 Abs. 1 GFK darf auch kein Flüchtling, der unmittelbar aus einem Gebiet kommt, in dem sein Leben oder seine Freiheit i.S.d. Art. 1 A Ziff. 2 GFK bedroht waren, aufgrund illegaler Einreise oder wegen illegalem Aufenthalt bestraft werden, sofern er sich umgehend bei den Behörden als asylsuchend gemeldet und die Gründe dargelegt hat, welche die unrechtmäßige Einreise rechtfertigen (Pönalisierungsverbot).
Die GFK nennt u.a. folgende Rechte eines Flüchtlings:
- Schutz vor Diskriminierung wegen Rasse, Religion oder Herkunftsland (Art. 3 GFK)
- Religionsfreiheit (Art. 4 GFK) – wobei hier nur das sog. Gebot der Inländergleichbehandlung gilt, d.h. Flüchtlinge und Staatsbürger/innen werden in ihrer Religionsfreiheit gleichgestellt; Einschränkungen für Staatsbürger/innen dürfen dann auch für Flüchtlinge gelten.
- freier Zugang zu den Gerichten (Art. 16 GFK)
- Freizügigkeit im Aufnahmestaat (Art. 26 GFK)
- Ausstellung eines Reiseausweises und eines Personalausweises für Flüchtlinge (Art. 27 und 28 GFK)
- soziale Rechte im Asyl, z.B. Zugang zu Arbeit (Art. 17–19 und 24 GFK), „öffentliche Fürsorge“ (Sozialhilfe, Gesundheitsversorgung etc.) (Art. 23 GFK).
Die GFK führt auch Pflichten auf, insbesondere: Beachtung der Gesetze und Rechtsvorschriften des Aufnahmelandes sowie der zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung getroffenen Maßnahmen (Art. 2 GFK) und schließt bestimmte Gruppen – z.B. Kriegsverbrecher (Art. 1 F GFK) – vom Flüchtlingsstatus aus.
3 Gemeinsames Europäisches Asylsystem
Die wesentliche Grundlage auch für das deutsche Asylrecht ist seit 2007 das „Gemeinsame Europäisches Asylsystem“ (GEAS). Dort lautet der Zentralbegriff für einen Schutzstatus nicht „Asylrecht“, sondern „internationaler Schutz“ (in deutsches Recht umgesetzt in den §§ 3, 3a-e, 4 AsylG). Der Schutzstatus wird abgeleitet aus der GFK sowie der EU-Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU). Letztere definiert EU-weit gemeinsame Standards für die Zuerkennung internationalen Schutzes und gewährt eine Reihe von Rechten (Aufenthaltstitel, Reisedokumente, Zugang zu Arbeit und Bildung, sozialer Absicherung und Gesundheitsversorgung). Die Richtlinie benennt auch die Voraussetzungen für sog. „subsidiären Schutz“ (§ 4 AsylG). Dieser steht Menschen zu, die zwar nicht als Flüchtlinge anerkannt wurden, aber auch nicht abgeschoben werden können, weil ihnen im Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht (z.B. Bürgerkrieg, schwere Erkrankung, Todesstrafe). Ergänzend gewährt sie anerkannten Flüchtlingen und subsidiär Schutzberechtigten Rechte auf (erleichterten) Familiennachzug. Die Zustimmung erfolgt aber jeweils nach nationalem Recht unter Beachtung der Richtlinienvorgaben.
Das europäische Asylrecht wird im Hinblick auf eine asylrechtliche Schutzgewährung z.Zt. normativ geprägt von zwei Verordnungen und fünf Richtlinien. Der Unterschied zwischen EU-Verordnungen und EU-Richtlinien besteht darin, dass eine Verordnung nach Inkrafttreten unmittelbar in allen Mitgliedstaaten gilt, während eine Richtlinie innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten von jedem Mitgliedstaat in sein jeweiliges nationales Recht umgesetzt werden muss.
Die Dublin III-Verordnung bestimmt, welcher Staat für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig ist. I.d.R. ist das der Mitgliedstaat, über den der Betroffene in das EU-Gebiet eingereist ist. Korrekter Titel: Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist. „Dublin III“ wird die VO abgekürzt, weil 1990 das Abkommen von Dublin als Vorläufer dieser VO von seinerzeit 15 Staaten vereinbart worden war und dieselben Zuständigkeitsregelungen enthielt, wie die heute geltende Verordnung.
Die Eurodac Verordnung sieht ein automatisiertes Verfahren zur Fingerabdruck-Identifizierung aller Asylantragstellenden in der EU vor, welche über einen Zentralcomputer in Straßburg erfolgt.
Die wichtigsten EU-Richtlinien (RL) im Bereich des Asylrechts:
- AsylverfahrensRL (RL 2013/32/EU): gewährleistet gemeinsame Schutzstandards und Garantien, um Zugang zu einem fairen und zügigen Asylverfahren EU-weit zu sichern;
- QualifikationsRL (RL 2011/95/EU – auch: Anerkennungsrichtlinie) über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit internationalem Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes;
- RL Aufnahmebedingungen (RL 2013/33/EU): normiert gemeinsame Mindeststandards für die Lebensbedingungen von Asylbewerbern und Asylbewerberinnen. Sie gewährleistet insbesondere, dass während der gesamten Dauer eines Asylverfahrens Zugang zu Unterkunft, Verpflegung, Beschäftigung (nach Wartezeit), Schulausbildung und Gesundheitsversorgung besteht;
- RL Familienzusammenführung (RL 2003/86/EG): regelt Familienzusammenführung für Drittstaatsangehörige, die sich rechtmäßig im Gebiet der Mitgliedstaaten aufhalten. Diese Richtlinie gilt nicht ausschließlich für Flüchtlinge, sondern ebenso für andere Ausländer/innen, die im Aufenthaltsstaat Familiennachzug/​Familienzusammenführung anstreben.
- RL Rückführung (RL 2008/115/EG) über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger.
Erfolgt die Einreise über einen sicheren Drittstaat (gem. Anl. 1 zu § 26a AsylG: Norwegen und die Schweiz) ist die Anerkennung des Asylrechts in Deutschland seit 1993 ausgeschlossen (Art. 16a Abs. 2 S. 1 GG, § 26a AsylG), nicht aber die Gewährung einer anderen Schutzform. Dies gilt auch, wenn eine Rückführung in den sicheren Drittstaat nicht möglich ist, z.B. weil dieser wegen fehlender Angaben der Asylantragstellenden nicht bekannt ist.
Bei sog. „sicheren Herkunftsstaaten“ (gem. Anl. 2 zu § 29a AsylG derzeit Albanien, Bosnien und Herzegowina, Ghana, Kosovo, Mazedonien, Montenegro, Senegal, Serbien) wird gem. Art. 16 Abs. 3 S. 1 GG, § 29a AsylG vermutet, dass dort keine politische Verfolgung stattfindet. Der Asylantrag wird als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt, es sei denn, der/die Antragstellende kann diese Vermutung entkräften.
Art. 16a Abs. 4 GG schränkt zudem Rechtsschutzmöglichkeiten (§ 78 ff. AsylG) deutlich ein.
4 Zum Begriff „Flüchtling“ und weiterer Schutzformen
Der Begriff „Flüchtling“ wird im alltäglichen Sprachgebrauch oft als Synonym für geflüchtete Menschen genutzt. Im Asylrecht umfasst er jedoch ausschließlich nach der GFK Anerkannte, d.h. Personen, die nach Abschluss eines Asylverfahrens Flüchtlingsschutz erhalten haben. Diese Schwelle ist oft sehr hoch. Es bestehen aber weitere, weniger umfassende Schutzformen für Geflüchtete, die nicht abgeschoben werden dürfen, solange sie den jeweiligen Status haben. Das BAMF unterscheidet:
- Asylsuchende: Personen, die beabsichtigen, einen Asylantrag zu stellen und die noch nicht als Asylantragstellende beim BAMF erfasst sind (erhalten einen „Ankunftsnachweis“ gem. § 63a AsylG).
- Asylantragstellende: Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die sich im Asylverfahren befinden und deren Verfahren noch nicht entschieden ist (erhalten eine „Aufenthaltsgestattung“ gem. § 55 AsylG).
- Schutz- und/oder Bleibeberechtigte: Personen, die Asylrecht (Art. 16a Abs. 1 GG), internationalen (Flüchtlings-)Schutz (§ 3 AsylG), subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) oder Abschiebeschutz (§ 60 AufenthG) erhalten haben oder aufgrund eines generellen (von den Innenministerien der Länder und/oder des Bundes angeordneten) Abschiebungsverbots in Deutschland bleiben dürfen.
5 Behördliche Zuständigkeit und Verfahren zur Feststellung des Asylrechts und anderer Schutzformen
Seit 1982 erfolgt in Deutschland die Feststellung des Asylrechtes oder eines anderen Schutzstatus in einem Verwaltungsverfahren auf der Grundlage des AsylG (bis 2015: AsylverfahrensG). Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist die zuständige Behörde für die Feststellung, ob Schutz zu gewähren ist und wenn ja, in welcher Form. Dessen Zentrale befindet sich in Nürnberg. Es betreibt zahlreiche, über das Bundesgebiet verteilte „Außenstellen“ (2021: ca. 60). Es prüft ohne weiteren Antrag im Asylverfahren zugleich mit, ob die Voraussetzungen einer der oben genannten weiteren Schutzformen vorliegen. Ein Asylantrag umfasst gem. § 13 AsylG:
- Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte/r nach Art. 16a GG
- Antrag auf Anerkennung des Status „Flüchtlingsschutz“
- Antrag auf subsidiären Schutz
- Antrag auf Prüfung, ob Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG vorliegen.
Während des Asylverfahrens erhält der Asylbewerber bzw. die Asylbewerberin ein besonderes Aufenthaltsrecht, die Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG). Das Verfahren endet mit einem Bescheid des BAMF, in dem der Asylantrag und die weiteren Anträge auf andere Schutzformen anerkannt oder abgelehnt werden.
Wird der Antrag abgelehnt, kann dagegen beim jeweils örtlich zuständigen Verwaltungsgericht Klage erhoben und (bei Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“) vorläufiger Rechtsschutz beantragt werden.
Das Asylverfahren vor dem BAMF gliedert sich in folgende Schritte:
- Ankunft und Registrierung:
Unmittelbar nach der Ankunft in Deutschland muss ein/e Asylsuchende/r sich bei einer staatlichen Stelle melden. Das kann eine Grenzbehörde sein, die Polizei, die Ausländerbehörde oder die nächstgelegene Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber/​innen. Es erfolgt eine Registrierung, wobei persönliche Daten, Lichtbild und Fingerabdrücke (ab 14 Jahre) gespeichert werden. Zugleich erhält man den Ankunftsnachweis (§ 63a AsylG). - Verteilung und Versorgung:
Asylsuchende werden auf die nächstgelegene Aufnahmeeinrichtung (§ 47 AsylG) des Bundeslandes verteilt, in dem sie sich aufhalten. Spätere „Umverteilungen“ sind möglich (§§ 50, 51 AsylG). Für Versorgung und Unterbringung ist dann diese Einrichtung zuständig. Dort erhalten die Asylsuchenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) (Sachleistungen und einen kleinen Bargeldbetrag [„Taschengeld“]). - Persönliche Antragstellung:
Die persönliche Antragstellung erfolgt in einer Außenstelle des BAMF. Dort wird ein/e Dolmetscher/in zur Verfügung gestellt. Man muss seine Identität nachweisen und – soweit möglich – entsprechende Unterlagen/Pässe/Dokumente dazu vorlegen. Der/die Antragsteller/in erhält eine Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG), versehen mit einer sog. „Wohnsitzauflage“ bzw. Residenzpflicht, wonach er/sie sich in den ersten 3 Monaten nur in einer bestimmten Gemeinde/​Stadt aufhalten darf. - Persönliche Anhörung:
Von der persönlichen Antragstellung zu unterscheiden ist die persönliche Anhörung, die einige Tage/Wochen später, ebenfalls beim BAMF stattfindet. Hier wird man vor allem zu Lebenslauf, Reiseweg und den individuellen Fluchtgründen befragt. Ein/e Dolmetscher/in steht zur Verfügung. Die Anhörung ist grundsätzlich nicht öffentlich. (§ 25 Abs. 6 AsylG). Ausnahmsweise kann jedoch gem. § 25 Abs. 6 S. 3 AsylG anderen Personen die Anwesenheit gestattet werden.
6 Materieller Inhalt des Asylrechts
Wird Schutzbedürftigkeit festgestellt, folgen daraus weitere Rechte:
- Aufenthaltsrecht – Aufenthaltserlaubnis (§ 25 Abs. 1 oder Abs. 2 AufenthG)
- Verkürzte Frist zur Erteilung einer Niederlassungserlaubnis (§ 26 Abs. 3 AufenthG)
- Unbeschränkter Zugang zum Arbeitsmarkt
- Anspruch auf „Familienasyl“ für die anderen Familienangehörigen (§ 26 AsylG)
- Anspruch auf Familienzusammenführung (§ 29 Abs. 2 AufenthG – sofern der Antrag innerhalb von drei Monaten nach bestands- oder rechtskräftiger Anerkennung des Schutzstatus gestellt wird)
Eine Schutzberechtigung in einer der drei Schutzformen – Asylberechtigung, Flüchtlingsschutz oder subsidiärer Schutz – kommt nicht in Betracht, wenn Ausschlussgründe vorliegen. Dies kann der Fall sein, wenn
- eine Person ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen den Frieden oder gegen die Menschlichkeit begangen hat,
- eine schwere (nichtpolitische) Straftat begangen hat,
- den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat,
- eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt,
- eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, weil sie aufgrund eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren (unter bestimmten Voraussetzungen ein Jahr) rechtskräftig verurteilt worden ist.
7 Statistik
Seit 1953 beantragten ca. 6,2 Millionen Menschen in Deutschland Asyl, davon 5,3 Millionen seit 1990. Im Jahr 2021 wurden beim BAMF Asylanträge von insgesamt 190.816 Personen gestellt (davon ca. 20 % in Deutschland geborene Kinder von Eltern, die bereits über einen Schutzstatus verfügen, sog. „Familienasyl“ [§ 26 AsylG]).
Statistisch spielt die Gewährung des Asylrechts gem. Art. 16a Abs. 1 GG seit 1993 nur noch eine geringe Rolle. Jährlich wurden maximal zwischen 5–8 % der Antragstellenden als Asylberechtigte i.S.d. Art. 16a GG anerkannt. Seit 2012 weist die Statistik der verschiedenen Schutzformen folgende Ergebnisse aus (BAMF 2022):
Jahr | Anträge | Asylrecht Art. 16a GG |
int. Schutz §§ 3, 3a‑e AsylG |
subsidiärer Schutz § 4 AsylG |
Abschiebungshindernisse § 60 AufenthG |
---|---|---|---|---|---|
2012 | 61.826 | 740 | 8.024 | 6.974 | 1.402 |
2013 | 80.978 | 919 | 9.996 | 7.005 | 2.208 |
2014 | 128.911 | 2.285 | 31.025 | 5.174 | 2.079 |
2015 | 282.726 | 2.029 | 135.117 | 1.707 | 2.072 |
2016 | 695.733 | 2.120 | 254.016 | 153.700 | 24.084 |
2017 | 603.428 | 4.359 | 119.550 | 98.074 | 39.659 |
2018 | 216.873 | 2.841 | 38.520 | 25.055 | 9.548 |
2019 | 183.954 | 2.192 | 42.861 | 19.419 | 5.857 |
2020 | 145.071 | 1.693 | 36.125 | 18.950 | 5.702 |
2021 | 149.954 | 1.226 | 30.839 | 22.996 | 4.787 |
8 Zur Geschichte des Asylrechts
8.1 Asylverständnis im Altertum
Das Wort Asyl stammt aus dem Griechischen und bedeutet ursprünglich „Ort der Sicherheit“ oder „sicher“. Asyl ist ein Zufluchtsort für Personen, die verfolgt werden. Seit dem Altertum galt es als Recht souveräner Staaten, aus politischen, religiösen oder anderen Gründen Verfolgten Asyl zu gewähren. Schon in frühen kulturellen Entwicklungsstufen finden sich daneben Asylformen im religiösen Bereich. Der/die Verfolgte erlangt Schutz durch das Betreten heiliger Stätten, das Berühren heiliger Personen oder von bestimmten Gegenständen. Im vorchristlich-germanischen Bereich erstreckte es sich nicht nur auf Kultstätten, sondern auch auf andere geweihte Bezirke, z.B. Thingstätten oder Ahnengräber. In der griechischen und römischen Antike war jeder von Göttern geweihte Ort eine „Freistatt“. Seit der Herrschaft des römischen Kaisers Konstantin (306 bis 337 n.Chr.) wurde das Asylrecht auf Kirchen, Klöster, christliche Hospitäler etc. übertragen. Bezweckten die frühen Asylrechtsformen den Schutz vor feindlichen Göttern und Mächten, wurde das Asylrecht später zur Abwehr gegenüber dem Faustrecht und der persönlichen Rache/​Fehde/​Blutrache genutzt.
Daneben gab es als personbezogenes Asylrecht bis ins hohe Mittelalter den Schutz durch Gemeinschaft mit anderen, oft Mächtigeren, z.B. durch die Berührung des Königs, aber auch Speisegemeinschaft und Gastfreundschaft.
8.2 Asylverständnis im Mittelalter
Im Mittelalter entwickelte sich ein umfangreiches „Freistatt“-Wesen mit zahlreichen Asylregelungen (kirchliche, klösterliche, städtische Asyle, „Obdachlosenasyl“). Dieses stand oft der staatlichen Rechtspflege im Wege und entartete auch: man konnte „Befreiungen“/Aufnahme in eine Freistatt kaufen. Förmlich abgeschafft wurde diese Art von Asylwesen in Deutschland gegen Ende des 18. Jahrhunderts.
8.3 Asylverständnis seit dem 19. Jahrhundert
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts gab es in keinem der deutschen (Klein-)Staaten ein schriftlich fixiertes Recht auf (politisches) Asyl (zum folgenden Text auch Oltmer 2016; Engler und Schneider 2015). Die Territorialherrscher der 36 Einzelstaaten waren vielmehr interessiert, geflüchtete Aktivisten, die sich gegen die Monarchie und für Demokratie, Meinungs- und Pressefreiheit oder eine republikanische Verfassung einsetzten, aus anderen deutschen Staaten ausgeliefert zu bekommen. Die Staaten des Deutschen Bundes vereinbarten 1834 wechselseitig die Auslieferung politischer Straftäter/innen. Für „gewöhnliche Verbrechen“ geschah das erst 1854. Auch mit anderen Staaten (z.B. Russland) wurden Auslieferungsverträge wegen politischer Straftaten noch in den 1880er-Jahren geschlossen. Politisches Asyl im engeren Sinne war also im 19. Jahrhundert in den deutschen Teil-Staaten meistens Bestandteil des Auslieferungsrechts.
Anders in Westeuropa: Dort wurde das Auslieferungsverbot nach politischen Straftaten im 19. Jahrhundert zum Standard. Seit den Revolutionen von 1830 wurden in Frankreich und Belgien politisch motivierte Delikte als Gründe für die Nicht-Auslieferung von Flüchtlingen gesetzlich festgeschrieben. Vorbildcharakter für Westeuropa erlangte das belgische Auslieferungsgesetz von 1833. Ähnliche Normen folgten in den Niederlanden 1849, Luxemburg 1870 sowie in der Schweiz 1892. So suchten auch deutsche Aktivisten (z.B. Marx) nach der gescheiterten Revolution von 1848/1849 Schutz in Ländern Westeuropas.
Im 1871 gegründeten Deutschen Reich gelang keine reichseinheitliche Asylgesetzgebung. Insgesamt war die Rechtsstellung von Ausländern und Ausländerinnen nicht klar geregelt. Die örtlichen Polizeibehörden konnten aus verschiedenen, oft nur vage definierten, Gründen die Ausweisung verfügen.
8.4 Asylgewährung in Deutschland zu Beginn des 20.Jahrhunderts
Erst in der Weimarer Republik wurde 1929 mit dem Deutschen Auslieferungsgesetz eine Rechtsgrundlage geschaffen, die eine Auslieferung bei definierten politischen Umständen von Straftaten untersagte. Die Entscheidung darüber wurde von den Polizeibehörden auf ordentliche Gerichte übertragen. Ein Recht auf Aufnahme in Deutschland oder Schutz vor Abschiebung war damit nicht verbunden. Einen generellen Schutz politischer Flüchtlinge vor Ausweisung oder Zurückweisung an der Grenze und damit ein individuelles Recht auf Asyl brachte 1932 die preußische Ausländer-Polizeiverordnung. Sie führte einen Schutz vor Abschiebung z.B. für Flüchtlinge ein, die ohne ordnungsgemäße Papiere im Grenzgebiet angetroffen wurden, sowie Härtefallklauseln für minderjährige Flüchtlinge und Familien.
8.5 Asylgewährung in der Bundesrepublik Deutschland seit 1949
Die Erfahrung der nationalsozialistischen Diktatur, des Zweiten Weltkriegs und damit verbundener Flüchtlingsbewegungen machten deutlich, dass neue Regelungen erforderlich seien. Die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 erkannte erstmals in Art. 14, Abs. 1 ein individuelles Asylrecht an: „Jeder Mensch hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgungen Asyl zu suchen und zu genießen.“ Der in den Beratungen zum Grundgesetz 1948/49 geschaffene Art. 16, Abs. 2, S. 2 bot mit der Formulierung „Politisch Verfolgte genießen Asylrecht“ einen im internationalen Vergleich sehr weitreichenden verfassungsrechtlich garantierten, individuellen und dauerhaften Schutz für jede/n politisch Verfolgte/n, der/die nach Westdeutschland kam.
Die Mitglieder des Parlamentarischen Rates gingen davon aus, dass der größte Teil derer, die das Asylrecht im Westen in Anspruch nehmen würden, aus der „Sowjetischen Besatzungszone“ (SBZ) käme. Jede weitere inhaltliche Konkretisierung des Asylartikels könne daher zu – unerwünschten – Beschränkungen der Möglichkeit ihrer Aufnahme führen. Nach lebhaften Debatten setzte sich mehrheitlich die Auffassung durch, den unbestimmten Rechtsbegriff „Politisch Verfolgte“ nicht näher inhaltlich auszufüllen. Asylrechtlichen Schutz sollte vielmehr jede/r politisch Verfolgte bekommen, unabhängig von der Art der politischen Überzeugung, wegen der er oder sie verfolgt wurde. Auch Verfolgte, die politische Ziele vertraten, die in Widerspruch zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland standen, sollten nicht vom Asylrecht ausgeschlossen bleiben (Köfner und Nicolaus 1986, S. 181 m.w.N.). Bei der späteren Auslegung des Begriffs „Politisch Verfolgte“ griffen die Verwaltungsgerichte im Rahmen der Verfahren nach der damals geltenden Asylverordnung zur Konkretisierung auf den in Art. 1 A Abs. 2 GFK enthaltenen Flüchtlingsbegriff zurück (a.a.O., S. 182 m.w.N.).
Die Kriegs- und unmittelbare Nachkriegszeit war geprägt von umfangreichen Fluchtbewegungen in Deutschland und Europa. Nach Kriegsende 1945 befanden sich auf deutschem Boden ca. neun Millionen „Displaced Persons“, Überlebende des nationalsozialistischen Arbeits-, Konzentrations- und Vernichtungslagersystems mit ca. 20 Nationalitäten. In die vier „Besatzungszonen“ Deutschlands flohen 12,5 Millionen Deutsche aus den Ostgebieten oder den deutschen Minderheitengebieten in Ost-, Südost- und Osteuropa oder wurden bis 1949 von dort vertrieben. Von 1949 bis zum Mauerbau 1961 kamen mindestens 2,7 Millionen Bürger der DDR in die Bundesrepublik. Sie alle galten aber nicht als Flüchtlinge i.S.d. GFK, da es sich um deutsche Staatsangehörige handelte.
Die Konkurrenz der politischen Systeme in Ost und West im Kontext des „Kalten Krieges“ bildete zunächst die wesentliche Perspektive für die Formulierung eines Grundrechts auf Asyl. „In Anspruch genommen“ wurde dieses Asylrecht vor allem von ungarischen und tschechischen Staatsangehörigen nach dem Aufstand in Ungarn 1956 und dem in der Tschechoslowakei 1968. Bis Ende der 1970er-Jahre kamen überwiegend politische Flüchtlinge aus Staaten des Ostblocks nach Deutschland. Deren große Mehrheit wurde als asylberechtigt anerkannt.
Zu einem ersten Höhepunkt bei den Flüchtlingszahlen kam es von 1979–1981, als insgesamt ca. 200.000 Asylanträge gestellt wurden. Fluchtauslösend waren v.a. der Militärputsch in der Türkei und die Verhängung des Kriegsrechts in Polen. Mitte der 1980er-Jahre stieg die Zahl der Asylanträge erneut deutlich an. Viele Flüchtlinge waren Tamilen aus Sri Lanka oder Kurden aus der Türkei, dem Iran und Irak. Die steigenden Antragszahlen führten in den 1980er-Jahren – noch in der „alten“ Bundesrepublik – zu Debatten um einen vermeintlichen „Asylmissbrauch durch Wirtschaftsflüchtlinge“ und zu vereinzelten ausländerfeindlichen Übergriffen.
Bereits ab Ende der 1970er-Jahre versuchten Bund und Länder, durch Steuerungsmaßnahmen und Beschleunigungsgesetze auf die steigenden Antragszahlen und den Verfahrensstau einzuwirken. So wurden z.B. der Instanzenweg gegen negative Asylentscheidungen erschwert, für einige der Hauptherkunftsländer eine Visapflicht eingeführt, ein Arbeitsverbot für die ersten zwölf Monate des Asylverfahrens verordnet und Sozialleistungen durch Einführung des Sachleistungsprinzips gekürzt. Auch die Unterbringung in Sammelunterkünften und die Einführung der Residenzpflicht dienten letztlich dem Ziel, die Bundesrepublik als „Asylstaat“ unattraktiv zu machen.
Dennoch stieg die Zahl der Asylanträge ab 1988, als 103.100 Asylanträge gestellt wurden. Die Anerkennungsquoten sanken jedoch, z.T. bedingt vor allem durch restriktivere Rechtsauslegung der Gerichte, auf unter zehn Prozent. Dennoch blieben viele abgelehnte Asylbewerber/​innen oder Flüchtlinge, die keinen Asylantrag gestellt hatten, in Deutschland, da sie aufgrund internationaler menschenrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik oder fehlender Identitätsdokumente nicht abgeschoben werden konnten (sog. „De-facto-Flüchtlinge“).
Einen sprunghaften Anstieg der Asylanträge bewirkte die Öffnung der Grenzen des ehemaligen „Ostblocks“ in den späten 1980er- und frühen 1990er-Jahren (ehemalige „Vertragsarbeitnehme/​innenr“ aus der DDR und anderen Ostblockstaaten wie Bulgarien oder Tschechoslowakei). Es kam es zu heftigen öffentlichen Debatten über Asylgewährung in Deutschland.
Als deren Folge wurde 1993 das bis dahin schrankenlos gewährte Asylgrundrecht wesentlich eingeschränkt. Es findet sich seitdem in Art. 16a Abs. 1 GG. Ausländer/innen, die über einen Staat der Europäischen Union oder einen sonstigen „sicheren Drittstaat“ einreisen, können sich nicht auf das Asylrecht berufen (Art. 16a Abs. 2 GG). Asylgewährung in Deutschland kann auch dadurch eingeschränkt oder ausgeschlossen werden, dass ein anderer Staat im Rahmen europäischer Zuständigkeitsvereinbarungen für die Schutzgewähr zuständig ist und der/die Asylbewerber/in, ohne dass der Asylantrag in der Sache geprüft wird, dorthin verwiesen wird (s.o. „Dublin“-Regelung).
Seit Beginn der Bürgerkriege in Syrien, dem Irak und Afghanistan, deren großen „Flüchtlingswelle“ 2015/16 auch Deutschland erreichte (ca. 860.000 Asylanträge), ist das Asylrecht erneut politisch unter Druck geraten, sowohl von nationalistisch orientierten Parteien (z.B. AfD) und Gruppierungen in Deutschland, als auch auf der EU-Ebene. Vorschläge der EU-Kommission von 2015 zur Überarbeitung des GEAS scheiterten am Widerstand mehrerer Staaten (insbesondere Polen, Ungarn, Tschechien, Österreich). Neue Vorschläge der EU-Kommission vom September 2020 konnten bisher ebenfalls wegen des Widerstandes aus den genannten Staaten nicht umgesetzt werden. Der weitere politische Prozess bleibt abzuwarten.
9 Quellenangaben
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, 2022. Aktuelle Zahlen. Ausgabe Januar 2022 [online]. Nürnberg: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge [Zugriff am: 03.05.2022]. Verfügbar unter: https://www.bamf.de/SharedDocs/​Anlagen/DE/Statistik/​AsylinZahlen/​aktuelle-zahlen-januar-2022.pdf
Engler, Markus und Jan Schneider, 2015. Asylrecht, Flüchtlingspolitik und humanitäre Zuwanderung in der Bundesrepublik [online]. Bonn: Bundeszentrale für Politische Bildung, 29.05.2015 [Zugriff am: 27.04.2022]. Verfügbar unter: https://www.bpb.de/themen/​migration-integration/​kurzdossiers/​207548/​asylrecht-fluechtlingspolitik-und-humanitaere-zuwanderung-in-der-bundesrepublik/
Köfner, Gottfried und Peter Nicolaus, 1986. Die Grundlagen des Asylrechts in der Bundesrepublik Deutschland. Bd.1. Mainz: Grünewald. ISBN 978-3-7867-1237-4
Oltmer, Jochen, 2016. Wie ist das Asylrecht entstanden? [online]. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, 21.04.2016 [Zugriff am: 27.04.2022]. Verfügbar unter: https://www.bpb.de/themen/​migration-integration/​kurzdossiers/​224641/​wie-ist-das-asylrecht-entstanden/
10 Informationen im Internet
- Leitfaden für Flüchtlinge in Niedersachsen – Der lexikalisch aufgebaute Leitfaden des Flüchtlingsrats Niedersachsen (Stand: Juli 2020) versucht, das Asylverfahren sowie die aufenthalts- und sozialrechtliche Situation von Flüchtlingen je nach Status möglichst verständlich und zusammenhängend darzustellen. Mit dem Begriff „Flüchtling“ sind nicht nur „anerkannte Flüchtlinge“ i.S.d. § 3 AsylG gemeint. Der Begriff umfasst alle Menschen, die ihre Herkunftsländer/Orte des gewöhnlichen Aufenthaltes verlassen haben.
- Der Paritätische: Grundlagen des Asylverfahrens, überarbeitete 5. Auflage – Nov. 2021 – Die Arbeitshilfe richtet sich insbesondere an Asylverfahrensberater*innen und Personen, die Asylsuchende im Rahmen des Asylverfahrens unterstützen und beraten. Sie bietet einen komprimierten Überblick über den Ablauf des Asylverfahrens und die wesentlichen Rechtsgrundlagen hierfür und stellt Basisinformationen zur Verfügung, die an zahlreichen Stellen weiterführende Hinweise zur Vertiefung beinhalten.
- Leitfaden zum Flüchtlingsrecht – Broschüre des DRK und des Informationsverbundes Asyl & Migration zu den materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährleistung von Flüchtlings- und anderweitigem Schutz (Stand: Dezember 2019) – Autorin: Kirsten Eichler (GGUA Flüchtlingshilfe Münster) - 3. Auflage
Die Broschüre führt in die materiellrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Flüchtlings- oder anderweitigem Schutz ein. Sie ergänzt damit weitere Einführungen, deren Schwerpunkt auf dem Asylverfahren liegt. Behandelt werden die folgenden Themen: Internationale und nationale Formen des Schutzes, Rechtsfolgen einer positiven Entscheidung, Familienasyl und Familiennachzug. Ergänzt wird die Darstellung durch Hintergrundinformationen, Tipps für die Beratungspraxis und Fallbeispiele.
Verfasst von
Prof. Dr. Holger Hoffmann
Pensionierter Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule Bielefeld, Fachbereich Sozialwesen
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