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BaSiK

Prof. Dr. Renate Zimmer

veröffentlicht am 03.04.2023

Abkürzung von: Begleitende alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbeobachtung in Kindertageseinrichtungen

Interessenlage: Das Verfahren wurde unter Leitung der Autorin – beim Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) und an der Universität Osnabrück – entwickelt.

BaSiK ist ein Verfahren zur Beobachtung und Dokumentation der Sprachentwicklung von Kindern ab dem vollendeten ersten Lebensjahr bis zum Schuleintritt in Kindertageseinrichtungen.

Überblick

  1. 1 Zusammenfassung
  2. 2 Konzeptioneller Hintergrund
  3. 3 Aufbau des Verfahrens
  4. 4 Qualitative und quantitative Auswertung
  5. 5 Verbindung von Sprachbildung und Beobachtung
  6. 6 Praxiserfahrungen
  7. 7 Quellenangaben

1 Zusammenfassung

BaSiK steht für die begleitende alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbeobachtung bis zum Schuleintritt. Es ist besonders geeignet für den Einsatz in Kindertageseinrichtungen. Das Verfahren eignet sich vor allem zur Beobachtung des Prozesses der Sprachentwicklung bei Kindern mit Deutsch als Erstsprache sowie mit Deutsch als Zweitsprache. Die Beobachtungen ermöglichen sowohl eine qualitative als auch eine quantitative Auswertung. Aufbauend auf den Beobachtungen können Maßnahmen einer alltagsintegrierten Sprachbildung abgeleitet werden (Zimmer 2019a).

2 Konzeptioneller Hintergrund

Die Konzeption von BaSiK fußt auf einem Bildungsverständnis, welches das Kind als aktiv lernendes, kompetent handelndes Wesen begreift. Es beruht auf einem humanistisch geprägten Menschenbild und einem Erziehungs- und Bildungsverständnis, das Bewegung als elementare Handlungs- und Ausdrucksform ins Zentrum der pädagogischen Arbeit stellt (Zimmer 2011, 2020). In Anlehnung an die sozial-interaktionistische Perspektive (Bruner 2008) wird das Bedürfnis des Kindes nach Interaktion mit der sozialen Umwelt betont. Demzufolge haben Bezugspersonen wie Eltern und pädagogische Fachkräfte die wichtige Rolle der Begleitung und anregenden Unterstützung.

Aufbauend auf diesem konzeptionellen Hintergrund wurde BaSiK, bestehend aus einem Manual und zwei Beobachtungsbögen konstruiert (Zimmer 2019b). Die Beobachtung der sprachlichen Kompetenzen erfolgt in Alltagssituationen, aber auch in von der Fachkraft mitgestalteten Spielhandlungen. Der Fokus ist auf die Ressourcen des Kindes sowie auf seine individuellen Entwicklungsschritte gerichtet.

Dabei wird auch die Verbindung der Sprachentwicklung mit anderen Bereichen der kindlichen Entwicklung (Motorik, Kognition, sozial-emotionale Entwicklung) aufgezeigt und deren Bedeutung für die Sprachentwicklung dargestellt.

BaSiK liegt in zwei Versionen vor: BaSiK U3 kann für Kinder im Alter zwischen 1 und 3,5 Jahren eingesetzt werden. BaSiK Ü3 bezieht sich auf Kinder zwischen 3 Jahren und 6 Jahren und 11 Monaten.

3 Aufbau des Verfahrens

BaSiK liegt eine ganzheitliche Auffassung von Entwicklung und von Sprache zugrunde. Sie geht davon aus, dass sich die Sprache durch ein Zusammenspiel verschiedener Bereiche der kindlichen Entwicklung bildet. Diese Bereiche werden als Vorläufer für den Spracherwerb bezeichnet. Der Beobachtungsfokus wird in BaSiK zunächst auf die Entwicklung dieser sog. „Basiskompetenzen“ gerichtet, anschließend erfolgt die Beobachtung der Sprachbereiche im engeren Sinne.

Der erste Teil von BaSik enthält allgemeine Fragen zum Kind, zu seiner Biografie und zum Erst- und Zweispracherwerb.

Teil 2 widmet sich den Basiskompetenzen. Dazu gehören:

  • die auditive Wahrnehmung,
  • die Mundmotorik,
  • die taktil-kinästhetische Wahrnehmung,
  • emotional-motivationale Kompetenzen und
  • soziale Kompetenzen.

In dem Protokollbogen sind jeweils 6 bis 8 Items zu diesen Basiskompetenzen aufgeführt.

Teil 3 umfasst den umfangreichsten Abschnitt des Verfahrens, er beinhaltet die unterschiedlichen Sprachbereiche – im Wesentlichen orientiert an den linguistischen Erkenntnissen nach Weinert und Grimm (2018). Folgende Sprachbereiche werden beobachtet und dokumentiert:

  • Sprachverständnis
  • semantisch-lexikalische Kompetenzen (Wortbedeutung und Wortschatz)
  • phonetisch-phonologische Kompetenzen (Lautbildung und Lautwahrnehmung)
  • prosodische Kompetenzen (Sprachmelodie, Betonung),
  • morphologisch-syntaktische Kompetenzen (Wortbildung und Satzbau)
  • pragmatische Kompetenzen (sprachliches Handeln, Kommunikation)
  • Literacy (Erfahrungen im Umgang mit Büchern und Texten, Erzählen)

In den Protokollbögen sind diese Bereiche durch 6 bis 13 Items repräsentiert. Die Kompetenzen werden auf einer vierstufigen Ratingskala eingeschätzt – von „trifft voll und ganz zu“ bis „trifft noch nicht zu“. Zusätzlich können Erläuterungen und Beispielsituationen protokolliert werden. Auf jedem Bogen ist Raum für eine Zusammenfassung der Beobachtungen und Überlegungen zur Sprachbildung.

Da anhand von BaSiK der Prozess der Sprachentwicklung dokumentiert werden soll, sind pro Item mehrere Zeilen für aufeinanderfolgende Beobachtungszeitpunkte vorgesehen.

4 Qualitative und quantitative Auswertung

Die Beobachtungen können sowohl qualitativ als auch quantitativ ausgewertet werden.

Im Rahmen der qualitativen Auswertung wird beschrieben, wie aktuelle Entwicklungsschritte im Beobachtungsbogen vermerkt und der Prozess ihrer Entwicklung dokumentiert werden kann. Außerdem sind verschiedene Situationen zur Gestaltung alltagsintegrierter Sprachbildung mit den Beobachtungsaufgaben verknüpft, die unterschiedlichen Bereichen und ggf. auch Interessen der Kinder zuzuordnen sind. Darüber hinaus werden Sprachbildungsstrategien aufgenommen, die dem Aufbau von Dialogen dienen und die Sprechfreude der Kinder unterstützen sollen (Zimmer 2019a). Eine qualitative Auswertung hat die Dokumentation des individuellen sprachlichen Entwicklungsverlaufs sowie die Ableitung von Sprachbildungssituationen im Blick.

Die quantitative Auswertung ermöglicht den Vergleich der sprachlichen Entwicklung des beobachteten Kindes mit der anderer Kinder. Durch das Vorliegen von Norm- und Orientierungstabellen ist es möglich, die Altersangemessenheit der Sprachentwicklung der Kinder einzuschätzen. Im Vordergrund von BaSiK steht allerdings die individuelle Begleitung der Sprachentwicklung auf der Basis des jeweiligen Sprachstands (Viernickel und Völkel 2022).

5 Verbindung von Sprachbildung und Beobachtung

Obwohl es sich bei BaSiK um ein standardisiertes Beobachtungsverfahren handelt, sind die Aufgaben so angelegt, dass eine Beobachtung im pädagogischen Alltag der Kindertageseinrichtung möglich ist. Dabei wird der Fokus auf handlungsorientierte Situationen gelegt. Bewegungsaktivitäten werden als sprachrelevante Anlässe gesehen. Sie ermöglichen gerade in den ersten Lebensjahren einen guten Zugang zum Kind und ebenso zur Sprache (Zimmer 2019b). Aufbauend auf den Beobachtungsergebnissen können individuelle Maßnahmen einer alltagsintegrierten bewegten Sprachbildung abgeleitet werden. Eine Auswahl an exemplarischen Sprachbildungssituationen, die sich in der Regel auch zur Beobachtung verschiedener Kompetenzen eignen, ist im Manual enthalten. Durch die wiederholte Beobachtung können individuelle Entwicklungsverläufe beschrieben werden.

6 Praxiserfahrungen

Erfahrungsberichte über den Einsatz von BaSiK zeigen, dass die pädagogischen Kräfte den ressourcenorientierten Blick auf die kindliche Sprachentwicklung schätzen und die Alltagstauglichkeit bestätigen. Auch die Möglichkeit des Einsatzes der Beobachtungsbögen im Rahmen von Elterngesprächen wird betont. Fachkräfte, die BaSiK einsetzten, betonten häufig, dass sie sensibler wurden im Erkennen von sprachrelevanten Möglichkeiten und Anlässen im Kindergartenalltag (Eckrodt, Madeira und Rieger 2015; Zimmer 2021). Durch die frühe Beobachtung des Spracherwerbs von ein- und mehrsprachigen Kindern unter Berücksichtigung aller Bildungsbereiche wird BaSiK über die reine Beobachtung und Dokumentation hinaus ein wichtiger Beitrag zur pädagogischen Arbeit im Rahmen alltagsintegrierter Sprachbildung zugesprochen (Eckrodt 2017).

Die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen belegen darüber hinaus, dass Fachkräfte sich durch den Einsatz von BaSiK kompetenter in ihrer Beobachtungspraxis sowie in der Gestaltung von Interaktionen und sprachanregenden Angebote erleben (Machens 2021).

7 Quellenangaben

Bruner, Jerome, 2008. Wie das Kind sprechen lernt. Bern: Huber ISBN 978-3-456-83891-5

Eckrodt, Carolin, 2017. Prozessbegleitende alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbeobachtung. Zum Konzept und zur Anwendung von BaSiK. In: mitSprache. 3(17), S. 25–33. ISSN 1813-5447

Eckrodt, Carolin, Nadine Madeira Firmino und Stefanie Rieger, 2015. BaSiK – Sprache im pädagogischen Alltag beobachten und bilden. In: Kita aktuell spezial. 2, S. 18–20. ISSN 1437-4013

Machens, Carolin, 2021. Kompetenzerweiterung durch Beobachtung und Dokumentation im Kontext alltagsintegrierter Sprachbildung: Evidenzbasierte Erkenntnisse zum Einsatz des handlungsorientierten Beobachtungsverfahrens BaSiK in Kindertageseinrichtungen. Düren: Shaker ISBN 978-3-8440-8042-1

Viernickel, Susanne und Petra Völkel, 2022. Beobachten und Dokumentieren im pädagogischen Alltag. Freiburg: Herder. ISBN 978-3-451-38932-0

Weinert, Sabine und Helga Grimm, 2018. Sprachentwicklung. In Wolfgang Schneider und Ulman Lindenberger, Hrsg. Entwicklungspsychologie. 8. Auflage. Weinheim: Beltz, S. 445–470. ISBN 978-3-621-28453-0 [Rezension bei socialnet]

Zimmer, Renate, 2011. Vom Greifen zum Begreifen – Entwicklungsförderung durch Bewegung. Freiburg: Herder ISBN 978-3-451-00117-8

Zimmer, Renate, 2019a. BaSiK. Begleitende alltagsintegrierte Sprachentwicklungsbeobachtung in Kindertageseinrichtungen. 3. Auflage. Freiburg: Herder. ISBN 978-3-451-38382-3

Zimmer, Renate, 2019b. Handbuch Sprache und Bewegung: Alltagsintegrierte Sprachbildung in der Kita. Freiburg: Herder. ISBN 978-3-451-38600-8

Zimmer, Renate, 2020. Handbuch Bewegungserziehung. Freiburg: Herder. ISBN 978-3-451-38602-2

Zimmer, Renate, 2021. Die Sprache der Jüngsten begleiten. In: Kleinstkinder in Kita und Tagespflege. 4, S. 14–15. ISSN 1867-5360

Verfasst von
Prof. Dr. Renate Zimmer
Erziehungswissenschaftlerin mit dem Schwerpunkt „Frühe Kindheit“.
Sie lehrte und forschte als Professorin für Sport- und Bewegungswissenschaft an der Universität Osnabrück. Zudem ist sie Mitbegründerin des Niedersächsischen Instituts für Frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe)  und war bis 2018 dessen Direktorin.

Mit mehr als 60 Fachbüchern zum Thema Kindheit, als Initiatorin und Leiterin internationaler Kongresse „Bewegte Kindheit“ und in der Begleitung vieler Projekte setzt sie sich seit über 40 Jahren für die Verbesserung der Lebensbedingungen und Bildungschancen von Kindern ein.
Aktuell leitet sie das von ihr gegründete Institut Bewegte Kindheit.
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Es gibt 2 Lexikonartikel von Renate Zimmer.

Zitiervorschlag
Zimmer, Renate, 2023. BaSiK [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 03.04.2023 [Zugriff am: 23.01.2025]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/5871

Link zur jeweils aktuellsten Version: https://www.socialnet.de/lexikon/BaSiK

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