Bundesarbeitsgemeinschaft
Prof. Dr. Ludger Kolhoff
veröffentlicht am 25.04.2025
Bundesarbeitsgemeinschaften (BAGs) sind nationale Netzwerke, die Organisationen, Fachkräfte und Institutionen in spezifischen Themenfeldern wie der Sozialen Arbeit zusammenbringen, um gemeinsame Interessen zu vertreten. Sie agieren auf Bundesebene und erfüllen zentrale Aufgaben wie die Koordination, politische Interessenvertretung sowie die Entwicklung von Qualitäts- und Standardsystemen. Darüber hinaus dienen BAGs als Plattform für den fachlichen Austausch und bündeln Ressourcen sowie Expertisen, um eine einheitliche Ausrichtung in ihrem jeweiligen Themenfeld zu erreichen.
Überblick
- 1 Geschichtliche Entwicklung und Bedeutung
- 2 BAGs in unterschiedlichen Kontexten (Auswahl)
- 3 Bedeutung von BAGs
- 4 Quellenangaben
- 5 Informationen im Internet
1 Geschichtliche Entwicklung und Bedeutung
Die Gründung der „Deutschen Wohlfahrtsliga“ 1924 markierte einen Meilenstein für die Wohlfahrt in Deutschland. Zwar führte die Machtübernahme der Nationalsozialisten zur Auflösung (Handschuh und Bleyer 2024), doch nach dem Zweiten Weltkrieg schlossen sich die Spitzenverbände wieder im August 1948 zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammen. Diese trägt seit 1961 den Namen „Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege“ (BAGFW) (Groß 2024). Diese Organisation übernahm eine führende Rolle in der Sozialpolitik und setzte Maßstäbe für die Zusammenarbeit auf Bundesebene.
Neben der BAGFW entstanden bundesweite Zusammenschlüsse von Fachorganisationen Sozialer Arbeit, „die sich teilweise als Bundesarbeitsgemeinschaften konstituiert haben“ (Klausch und Struck 2002, S. 473), wie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), die sich für die gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen einsetzt, oder die Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (BAJ), die den Schutz und die Förderung junger Menschen in den Mittelpunkt stellt. Weitere BAGs, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W), widmen sich sozialen Herausforderungen wie der Bekämpfung von Obdachlosigkeit, während die BAG Sozialmanagement und Sozialwirtschaft (BAG SMW) Wissenschaft und Forschung in der Sozialwirtschaft unterstützt.
2 BAGs in unterschiedlichen Kontexten (Auswahl)
2.1 Lebensphasen
Einige Bundesarbeitsgemeinschaften (BAGs) richten ihre Arbeit an den spezifischen Bedürfnissen verschiedener Altersgruppen aus:
- Kinder und Jugendliche: BAGs widmen sich dem Schutz, der Förderung und der Integration von jungen Menschen, um ihnen eine sichere Entwicklung und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (BAJ): Vertritt den präventiven, erzieherischen und gesetzlichen Kinder- und Jugendschutz mit dem Ziel, Kinder und Jugendliche zu schützen und zu stärken.
- Berufsorientierung und Übergang: Für junge Menschen mit besonderen Förderbedarf bieten BAGs Unterstützung beim Übergang ins Berufsleben durch spezialisierte Programme und Netzwerke.
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (BBW): Unterstützt junge Menschen mit Behinderungen oder besonderem Förderbedarf beim Übergang ins Berufsleben.
- Ältere Generationen: Ältere Menschen profitieren von BAGs, die sich auf Pflege, Altersvorsorge und gesellschaftliche Teilhabe konzentrieren, um ein würdevolles Altern zu fördern.
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO): Fördert die gesellschaftliche Teilhabe älterer Menschen, organisiert den Deutschen Seniorentag und setzt sich für Pflege, Altersvorsorge und Gesundheitsfragen ein.
2.2 Arbeitsfelder
In spezifischen Arbeitsfeldern engagieren sich BAGs in vielfältigen sozialen und beruflichen Themen, um konkrete Herausforderungen anzugehen:
- Rehabilitation und Inklusion: Unterstützung von Menschen mit Behinderungen durch berufliche Qualifizierung und den Aufbau inklusiver Strukturen.
- Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR): Fördert die Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt und entwickelt inklusive Strukturen durch innovative Strategien.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM): Unterstützt die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und den Übergang in den allgemeinen Arbeitsmarkt.
- Wohnungslosenhilfe: Entwicklung und Umsetzung von Strategien zur Bekämpfung von Wohnungslosigkeit sowie Prävention.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W): Entwickelt Präventionsstrategien gegen Wohnungslosigkeit, organisiert Fachkonferenzen und bietet Beratung für Betroffene.
- Gesundheit und Patientenrechte: Sicherstellung einer gerechten Gesundheitsversorgung und Schutz der Rechte von Patient:innen.
- Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen und -Initiativen (BAGP): Setzt sich für die Rechte und Interessen von Patient:innen ein, insbesondere im Hinblick auf gerechte Gesundheitsversorgung.
- Straffälligenhilfe: Förderung der Wiedereingliederung Straffälliger in die Gesellschaft und die Arbeitswelt.
- Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG-S): Entwickelt Konzepte zur gesellschaftlichen Wiedereingliederung Straffälliger und unterstützt Einrichtungen der Straffälligenhilfe.
- Psychiatrische Versorgung: Unterstützung bei der Dezentralisierung psychiatrischer Angebote und der patientenzentrierten Versorgung.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde (BAG GPV): Entwickelt Leitlinien für eine moderne psychiatrische Versorgung.
2.3 Netzwerke
BAGs agieren als zentrale Netzwerke, die verschiedene Akteure zusammenbringen. Diese Netzwerke ermöglichen:
- Den Austausch von Wissen und Best Practices zwischen NGOs, staatlichen Institutionen und wissenschaftlichen Einrichtungen.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit (BAG Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit): Setzt sich für eine soziale Stadt- und Kommunalentwicklung ein, fördert soziale Netzwerke in benachteiligten Stadtteilen, berät Kommunen bei sozialen Projekten und stärkt bürgerschaftliches Engagement.
- Die Förderung des Informationsflusses, um innovative Lösungen für soziale Herausforderungen zu entwickeln.
- Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmanagement / Sozialwirtschaft (BAG SMW): Fördert Wissenschaft und Forschung im Bereich Sozialmanagement und Sozialwirtschaft.
- Die Koordination von gemeinsamen Projekten, die auf regionale, nationale und internationale Herausforderungen reagieren.
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW): Koordiniert die Arbeit der Wohlfahrtsverbände, pflegt Kontakt zu relevanten politischen Gremien und Entscheidungsträgern und wirkt an der Gesetzgebung mit.
2.4 Governance
BAGs übernehmen eine bedeutende Rolle als intermediäre Organisationen in der politischen Landschaft. Sie agieren als Brücke zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik. Sie vertreten die Anliegen ihrer Mitglieder und Zielgruppen und setzen sich für sozialpolitische Verbesserungen ein.
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW): Die BAGFW ist ein zentraler Akteur in der Governance sozialpolitischer Prozesse. Sie vertritt die Interessen der Wohlfahrtsverbände auf Bundesebene, fördert den Dialog zwischen Politik und Zivilgesellschaft und arbeitet in allen sozialpolitischen Angelegenheiten mit den Gebietskörperschaften und anderen öffentlichen Trägern zusammen.
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH): Diese BAG setzt sich u.a. für die gleichberechtigte Teilhabe von behinderten Menschen an einem inklusiven Arbeitsmarkt ein.
3 Bedeutung von BAGs
Bundesarbeitsgemeinschaften tragen zur Weiterentwicklung der Sozialen Arbeit bei, fördern innovative Lösungen und setzen Standards. Durch die Bündelung von Ressourcen, die Förderung des fachlichen Austauschs und die Mitgestaltung politischer Prozesse leisten BAGs einen wesentlichen Beitrag zu einer inklusiveren und gerechteren Gesellschaft.
4 Quellenangaben
Groß, Michael, 2024. BAGFW im Wandel: 100 Jahre soziale Verantwortung. In: Sozialwirtschaft. 34(5). S. 7–10. ISSN 1619-2427
Handschuh, Christian und Bernhard Bleyer, 2024. Fruchtbare Zusammenarbeit auf neutralem Verhandlungsboden. Neue Caritas Spezial. (3). S. 6–10. ISSN 1438-7840
Klausch, Peter und Norbert Struck, 2002. „Dachorganisationen“ der Sozialen Arbeit — eine Übersicht. In: Werner Thole, Hrsg. Grundriss Soziale Arbeit [online]. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 465–479. PDF e-Book. ISBN 978-3-531-18616-0 [Zugriff am: 18.04.2025]. Verfügbar unter: https://doi.org/10.1007/978-3-322-91357-9_26
5 Informationen im Internet
- Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (BAJ)
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Berufsbildungswerke (BBW)
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO)
- Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR)
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen (BAG WfbM)
- Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG W)
- Bundesarbeitsgemeinschaft der PatientInnenstellen (BAGP)
- Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe (BAG-S)
- Bundesarbeitsgemeinschaft Gemeindepsychiatrischer Verbünde (BAG GPV)
- Bundesarbeitsgemeinschaft Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit (BAG Soziale Stadtentwicklung und Gemeinwesenarbeit
- Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmanagement und Sozialwirtschaft (BAG SMW)
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW)
- Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)
Verfasst von
Prof. Dr. Ludger Kolhoff
Professor für Soziales Management an der Fakultät Soziale Arbeit der Ostfalia (Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel). Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Sozialmanagement/Sozialwirtschaft an Hochschulen e. V.
Website
Mailformular
Es gibt 3 Lexikonartikel von Ludger Kolhoff.