Coaching
Peter Schröder
veröffentlicht am 27.03.2019
Coaching ist eine Form professioneller Prozessberatung von Personen in Führungspositionen in Unternehmen und Organisationen mit dem Ziel der Weiterentwicklung und Optimierung des beruflichen Handelns. Eine solche Beratung wird in der Regel von externen BeraterInnen geleistet, es kann aber auch z.B. als Personalentwicklungsmaßnahme durch Führungskräfte für die Mitarbeitenden angeboten werden.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Geschichte
- 3 Präzisierungen
- 4 Settings
- 5 Diskussion
- 6 Quellenangaben
- 7 Informationen im Internet
1 Zusammenfassung
Coaching als Beratungsformat hat seinen Ursprung im Spitzensport, hat seinen Weg genommen über zielorientierte Unterstützung von ManagerInnen, bis es schließlich auch in andere Professionen wie z.B. in soziale Berufe einziehen konnte. Geblieben ist die eindeutige Ausrichtung auf berufliche Fragestellungen, wenngleich in diesem Zusammenhang auch Themen des privaten Kontextes ihren Platz haben.
2 Geschichte
Der Begriff „Coaching“ und „Coach“ stammt als ein interaktives Geschehen ursprünglich aus dem Leistungssport. Während „TrainerInnen“ die physischen Fähigkeiten und Strategien von SportlerInnen gezielt fördern, ist ein Coach für die mentale Unterstützung und für die Optimierung kognitiver und emotionaler Ressourcen beim Coachee zuständig. In den 1970er-Jahren wurde der Coachingansatz zunächst in amerikanischen Unternehmen adaptiert, um Spitzenkräfte im Management zu unterstützen. Daneben etablierte sich ebenfalls in amerikanischen Unternehmen ein weiteres Verständnis von Coaching: Coaching bezeichnet danach einen bestimmten Führungsstil, mit dem Vorgesetzte ihre Mitarbeitenden zur professionellen Weiterentwicklung und Steigerung ihrer Leistungsfähigkeit anregen. Das wurde in Deutschland unter der Überschrift „Führungskraft als Coach“ aufgenommen und weiterentwickelt. Diese Quellen von Coaching charakterisieren das Beratungsformat als stärker ziel- und lösungsorientiert und im Kontext von Wirtschaftsunternehmen anschlussfähiger als beispielsweise das eher im Bereich der Sozialen Arbeit beheimatete Format Supervision. Umgekehrt allerdings ist seit etwa 20 Jahren der Einzug von Coaching auch im Sozial-, Gesundheits- und kirchlichen Bereich zu beobachten, was möglicherweise unter anderem durch gestiegene Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit sozialer Einrichtungen und Organisationen initiiert wurde. In der Folge ist der Unterschied von Supervision und Coaching in den Fachpublikationen umfangreich diskutiert worden, große Supervisionsverbände haben mittlerweile das Format Coaching auch in ihren Verbandsnamen aufgenommen. Man kann also ohne Weiteres von einem Siegeszug des Coachings sprechen.
3 Präzisierungen
Dieser Siegeszug hat als Gegenstück die Gefahr des Bedeutungsverlustes, weil der Begriff „Coaching“ mittlerweile zur modischen Bezeichnung für unterschiedlichste Angebote geworden ist. So wird das Training von Callcenter-Mitarbeitenden als „Telefoncoaching“ bezeichnet, Gesangsunterricht als „Stimmcoaching“, Modeberatung als „Typcoaching“ etc. Das macht deutlich, dass eine sehr weite Definition von Coaching nicht hilfreich ist. So definiert z.B. Migge (2005): „Coaching ist individuelle und kontextbezogene Lebensberatung. Dabei werden Probleme, Ziele, Visionen und Ressourcen geklärt, persönliches Feedback gegeben, Bewältigungs- und Umsetzungsstrategien erarbeitet und trainiert“ (S. 28). König und Volmer (2003) beziehen Coaching deutlicher auf den beruflichen Kontext von Führungskräften: „Coaching ist Beratung von Führungskräften, Experten, Mitarbeitern bei der Erreichung von Zielen im beruflichen Bereich“ (S. 11). Die Diskussion zum Sinn von Coaching als Beratungsformat im beruflichen Kontext oder auch als eine Art der Lebensberatung ist nicht abgeschlossen. Die Deutsche Gesellschaft für Coaching e.V. (DGfC) formuliert: „Coaching ist – im Sinne von Effizienz und Humanität in der Arbeitswelt – sowohl auf die Steigerung beruflicher Qualifikationen als auf die Entfaltung menschlicher Potentiale im Beruf gerichtet. Alle Interaktionen im Coaching unterstützen die Reflexion und Neuorientierung des eigenen Handelns, fördern Klarheit und Prägnanz der professionellen Rolle des Coachees und dienen der Pflege und Erweiterung seiner Leitungs- oder Beratungskompetenz bzw. der Systempflege der jeweiligen Organisation“ (DGfC 2013, S. 3). Damit sieht der Verband Coaching eindeutig als auf das berufliche Feld bezogen. In diesem Kontext können allerdings auch private Themen relevant werden, sodass Coaching auch Effekte im nichtberuflichen Bereich hat.
4 Settings
- Die klassische Form von Coaching ist das Einzelcoaching. Dabei wird eine Person von einem Coach bzw. einer Coachin beraten, der/die in der Regel von außerhalb der Organisation kommt. Der Vorteil des Einzelcoachings besteht darin, dass der/die Coachee die ungeteilte Aufmerksamkeit des Coaches hat. Ein Nachteil kann u.U. daraus entstehen, an Zielen des/der Coachee zu arbeiten, ohne dass mögliche Konsequenzen für das dazugehörige Team bzw. die Abteilung in den Blick geraten.
- Die einseitige Akzentuierung von Einzelinteressen wird im Teamcoaching vermieden. In den meisten Fällen wird für Teamcoaching die Leistung externer CoachInnen in Anspruch genommen. Ziele sind häufig die Verbesserung der Zusammenarbeit oder die Lösung von Konflikten oder auch eine effektivere Nutzung der im Team vorhandenen Ressourcen. Wie Einzelcoaching eine Maßnahme im Rahmen der Personalentwicklung sein kann, so gilt dies für Teamcoaching im Rahmen einer Teamentwicklung.
- Berufstätige aus verschiedenen Arbeitsbereichen oder auch Berufsgruppen können das Angebot eines Gruppencoachings in Anspruch nehmen. Dabei machen Coaches i.d.R. das Angebot einer offenen oder geschlossenen Coachinggruppe, zu der sich Interessierte frei anmelden können.
- Eine Reihe von Firmen und sozialen Organisationen beauftragt interne Personen, häufig PersonalentwicklerInnen, mit dem Coaching von Mitarbeitenden. Dieses organisationsinterne Coaching hat seinen Vorteil in der Passgenauigkeit der Beratung für die jeweilige Organisation, allerdings seinen Nachteil darin, dass Kontextfaktoren möglicherweise nicht kritisch genug reflektiert werden.
- Das Coaching durch Vorgesetzte nimmt ein Konzept auf, das die Entwicklung des Coachings von Beginn an vor allem in amerikanischen Unternehmen begleitet hat. In Deutschland wird diese Form des Coachings meist kritisch gesehen, weil die Gefahr eines Rollenkonfliktes aufseiten der CoachInnen sehr naheliegt, wenn Vorgesetzte gleichzeitig coachen und beurteilen sollen.
- Als eigenes Feld der Coachingarbeit wird auch das Konfliktcoaching beschrieben. Konflikte können teamintern bestehen oder auch zwischen verschiedenen Teams. Auch Konflikte zwischen einzelnen Mitarbeitenden oder zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten sind Gegenstand von Konfliktcoachings. Hier berührt Coaching das Beratungsformat der Mediation.
5 Diskussion
Drei Themen bestimmen die Diskussion um das Format Coaching zurzeit vorrangig: die Frage nach Professionalisierung und Professionsbildung, die Wirksamkeitsforschung und die Frage nach einer wissenschaftlich begründeten Coachingtheorie. Mit der ersten Frage befassen sich, z.T. mit wissenschaftlicher Begleitung, die Verbände, die sich zum „Roundtable der Coachingverbände“ (RTC) zusammengeschlossen haben. Da der Begriff „Coaching“ in Deutschland nicht geschützt ist, droht ein Konturverlust des Formats. Im Zuge der Verständigung am Roundtable ist ein einheitlicher Standard für professionelles Coaching sowie ein Commitment bezüglich der „Profession Coach“ entwickelt worden (RTC 2015). Diese Formulierung grenzt prägnant professionelles Coaching von einem beliebigen Gebrauch ab.
Mit der Wirksamkeit von Coaching beschäftigt sich eine ganz Reihe von Publikationen, eine der aktuellsten dürfte die Dokumentation des Kongresses „Wirkung, Qualität und Evaluation im Coaching“ sein, der 2016 in Olten/Schweiz stattgefunden hat (Wegener et al. 2018). Die Erforschung von Wirkfaktoren im Coaching schließt an die Konzepte der Psychotherapieforschung von Klaus Grawe (v.a. 1994) an, im Bereich des Coachings hat sich besonders Siegfried Greif (z.B. 2016) an der Universität Osnabrück mit der Wirksamkeitsforschung befasst.
In den letzten Jahren ist Coaching zunehmend auch Gegenstand akademischer Forschung geworden. So hat z.B. die Fachhochschule Nordwestschweiz ein „Institut Beratung, Coaching und Sozialmanagement“ gegründet, das auch an Grundsatzfragen des Coachings arbeitet. Dort hat Michael Loebbert (2015) einen ersten umfassenderen Entwurf zur Coachingtheorie vorgelegt.
6 Quellenangaben
DGfC – Deutsche Gesellschaft für Coaching e.V., 2013. Coachingverständnis der DGfC [online]. Espelkamp: DGFC [Zugriff am: 05.02.2019]. Verfügbar unter: https://www.coaching-dgfc.de/Documents/Portal_Files/214/Coachingverständnis_(DGfC).pdf
Grawe, Klaus, 1994. Psychotherapie im Wandel. Göttingen: Hogrefe. ISBN 978-3-8017-0481-0
Greif, Siegfried, 2016. Wie wirksam ist Coaching? Ein umfassendes Evaluationsmodell für Praxis und Forschung. In: Robert H. Wegener, Michael Loebbert und Agnès Fritze, Hrsg. Coaching-Praxisfelder: Praxis und Forschung im Dialog. 2., überarbeitete Auflage. Wiesbaden: Springer VS, S. 161–182. ISBN 978-3-658-10170-1
Migge, Björn, 2005. Handbuch Coaching und Beratung: Wirkungsvolle Modelle, kommentierte Falldarstellungen, zahlreiche Übungen. Weinheim: Beltz. ISBN 978-3-407-36431-9 [Rezension bei socialnet]
König, Eckard und Volmer, Gerda, 2003. Systemisches Coaching: Handbuch für Führungskräfte, Berater und Trainer. 2., unveränderte Auflage. Weinheim: Beltz. (Erstauflage erschienen 2002). ISBN 978-3-407-25266-1 [Rezension bei socialnet]
Loebbert, Michael, 2015. Coaching Theorie: Eine Einführung. Wiesbaden: Springer. ISBN 978-3-658-08437-0 [Rezension bei socialnet]
RTC – Roundtable der Coachingverbände, 2015. Profession: Coach: Ein Commitment des Roundtable der Coachingverbände [online]. Wuppertal: RTC, 13.05.2014 [Zugriff am: 05.02.2019]. Verfügbar unter: https://www.roundtable-coaching.eu/wp-content/uploads/2015/03/RTC-Profession-Coach-2015-03-19-Positionspapier.pdf
Wegener, Robert, Silvia Deplazes, Marianne Hänseler, Hansjörg Künzli, Stefanie Neumann, Annamarie Ryter und Wolfgang Widulle, Hrsg., 2018. Wirkung im Coaching. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. ISBN 978-3-525-40297-9 [Rezension bei socialnet]
7 Informationen im Internet
- Deutsche Gesellschaft für Coaching e.V. (DGfC)
- Roundtable der Coachingverbände (RTC)
- Institut Beratung, Coaching und Sozialmanagement an der Fachhochschule Nordwestschweiz Olten
Verfasst von
Peter Schröder
Pfarrer i.R.
(Lehr-)Supervisor, Coach (DGSv)
Seniorcoach (DGfC) Systemischer Berater (SySt®)
Heilpraktiker für Psychotherapie (VFP)
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Es gibt 5 Lexikonartikel von Peter Schröder.
Zitiervorschlag
Schröder, Peter,
2019.
Coaching [online]. socialnet Lexikon.
Bonn: socialnet, 27.03.2019 [Zugriff am: 15.01.2025].
Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/356
Link zur jeweils aktuellsten Version: https://www.socialnet.de/lexikon/Coaching
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