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Compliance (Medizin, Psychologie)

Prof. Dr. Angelika Franz

veröffentlicht am 25.01.2019

Gegenteil: Non-Compliance

Etymologie: engl. compliance Einwilligung, Willfährigkeit

Haynes hatte 1986 Compliance als das Ausmaß definiert, „in dem das Verhalten einer Person in Bezug auf die Einnahme eines Medikamentes, das Befolgen einer Diät oder die Veränderung des Lebensstils mit dem ärztlichen oder gesundheitlichen Rat korrespondiert“ (Schäfer 2017, S. 14). Das sich darin ausdrückende Rollenverständnis von ÄrztIn und PatientIn wird gegenwärtig als paternalistisch, die Autonomie, Kompetenz und Lebenswelt von PatientInnen ignorierend, zurückgewiesen. Die Behandlungsentscheidung sei stattdessen kooperativ zu treffen, halten PatientInnen daran fest, basiert das nicht auf Gehorsam, sondern auf ihrem Überzeugtsein. Das bedeutet einen Paradigmenwechsel im fachlichen Verständnis, er soll mit dem Begriff Adhärenz angezeigt werden. Mit unterschiedlicher Zielsetzung erwartet und fördert auch Politik Partizipation und Mitarbeit der PatientInnen.

Dem Begriffswechsel folgt die Fachliteratur jedoch nicht durchgängig. AutorInnen, deren thematische und praktische Auseinandersetzung mit Therapiemitarbeit sich über Jahrzehnte erstreckt, behalten den Begriff Compliance unter Verweis auf ein modernes Begriffsverständnis, das PatientInnen als ExpertInnen in eigener Sache anerkennt, bei (Faller 2017; Petermann und Mühlig 1998, S. 74; Petermann 2004). Und andererseits liegt in manchen Veröffentlichungen dem Begriffsgebrauch Adhärenz kein in Richtung Kooperation verändertes Rollenverständnis zugrunde (Ludwig 2008). Damit weisen beide Konzepte zurzeit noch begriffliche Unschärfen auf (vgl. im Hauptartikel zu Adhärenz besonders Kapitel 2). Zudem ist Partizipation im Rahmen der Behandlungsbeziehung aus Sicht der PatientInnen zumeist weniger realisiert als von ihnen gewünscht.

Quellenangaben

Faller, Hermann, Andrea Keusch und Karin Meng, 2017. Patientenschulung und Psychoedukation. In: Uwe Koch und Jürgen Bengel, Hrsg. Anwendungen der medizinischen Psychologie. Göttingen: Hogrefe, S. 163–182. ISBN 978-3-8017-0578-7

Ludwig, Anja, 2008. Der Einfluss sozialer Faktoren auf den Umgang mit komplexen Medikamentenregimen [Dissertation] [online]. Eine explorative Studie zum Medikamentenkonsum in der Gruppe allein lebender, mehrfach erkrankter, alter Frauen. Bremen: Universität Bremen. [Zugriff am: 18.06.2018]. Verfügbar unter: https://d-nb.info/99461215X/34

Petermann, Franz, Hrsg., 1998. Compliance und Selbstmanagement. Göttingen: Hogrefe. ISBN 978-3-8017-1184-9

Petermann, Franz und Stephan Mühlig, 1998. Grundlagen und Möglichkeiten der Compliance-Verbesserung.In: Franz Petermann, Hrsg. Compliance und Selbstmanagement. Göttingen: Hogrefe, S. 73–102. ISBN 978-3-8017-1184-9

Petermann, Franz, 2004. Non-Compliance. Merkmale, Kosten und Konsequenzen. In: Managed Care [online]. 13.07.2004 [Zugriff am: 12.05.2018]. Verfügbar unter: https://www.tellmed.ch/tellmed/Fachliteratur/Managed_Care/Managed_Care_Nr_4_2004.php

Schäfer, Christian, 2017. Patienten-Compliance: Adhärenz als Schlüssel zum Therapieerfolg. 2. Auflage. Wiesbaden: Springer Fachmedien. ISBN 978-3-658-13002-2

Verfasst von
Prof. Dr. Angelika Franz
Evangelische Hochschule für Soziale Arbeit Dresden
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