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Corporate Sustainability Reporting Directive

Dr. Alexander Nolte

veröffentlicht am 01.08.2024

Abkürzung: CSRD

Deutsch: Richtlinie zur unternehmensbezogenen Nachhaltigkeitsberichterstattung

Rechtlicher Disclaimer: Herausgeberin und Autor:innen haften nicht für die Richtigkeit der Angaben. Beiträge zu Rechtsfragen können aufgrund geänderter Rechtslage schnell veralten. Sie ersetzen keine individuelle Beratung.

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (kurz CSRD) ist eine Richtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2022, die den Rechtsrahmen für eine verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung für bestimmte Unternehmen schafft.

Überblick

  1. 1 Zusammenfassung
  2. 2 Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung
  3. 3 Erweiterung des Anwenderkreises
  4. 4 Erweiterung der inhaltlichen Berichtspflichten
  5. 5 Erweiterung der Prüfungspflichten
  6. 6 Ausblick und Bedeutung
  7. 7 Quellenangaben

1 Zusammenfassung

Die Corporate Sustainability Reporting Directive verpflichtet insbesondere im bilanzrechtlichen Sinne als groß geltende Unternehmen zu einer Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die CSRD folgt auf die Non-Financial Reporting Directive (NFRD) – umgangssprachlich häufig auch als CSR-Richtlinie bezeichnet – und erweitert sowohl den Anwenderkreis als auch die inhaltlichen Berichtspflichten erheblich. Zusätzlich wird auch eine inhaltliche Prüfungspflicht der Angaben durch eine:n externe:n Prüfer:in implementiert. Die erweiterten Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung gelten uneingeschränkt auch für Sozialunternehmen, sofern sie die entsprechenden Größenkriterien erfüllen.

2 Entwicklung der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Mit der NFRD aus dem Jahre 2014 hat der europäische Gesetzgeber erstmalig einen Rechtsrahmen für eine verpflichtende Nachhaltigkeitsberichterstattung geschaffen – allerdings nur für einen sehr begrenzten Kreis von Unternehmen. Die NFRD gilt für große Unternehmen von öffentlichem Interesse – also im Wesentlichen für börsennotierte Unternehmen sowie für Banken und Versicherungen. Diese verpflichteten Unternehmen mussten erstmalig zum 01.01.2017 über ihr Engagement in Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelangen berichten (Eufinger 2015, S. 425). Die Richtlinie wurde mit den § 289b ff. HGB (Handelsgesetzbuch) in deutsches, nationales Recht umgesetzt. Gemäß § 289b Abs. 1 und 3 HGB ist die nichtfinanzielle Erklärung entweder als Teil des Lageberichts oder als gesonderte nichtfinanzielle Erklärung außerhalb des Lageberichts zu veröffentlichen. Eine inhaltliche Prüfungspflicht der Angaben durch eine:n externe:n Prüfer:in besteht nach der NFRD nicht; es ist lediglich eine Prüfung des Vorliegens der nichtfinanziellen Erklärung durch eine:n Abschlussprüfer:in sowie eine inhaltliche Prüfung der Angaben durch den Aufsichtsrat vorgesehen (Eufinger 2015, S. 427).

3 Erweiterung des Anwenderkreises

Mit der CSRD wird nun die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf inhaltlicher Ebene sowie bezüglich des Anwenderkreises massiv erweitert. Alle großen Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 3 HGB müssen für Geschäftsjahre, die ab dem 01.01.2025 beginnen, einen verpflichtenden Nachhaltigkeitsbericht veröffentlichen (Bafin 2023). Dazu gehören alle Unternehmen, die zwei der drei Kriterien

  1. Bilanzsumme > 25 Mio. €
  2. Umsatzerlöse > 50 Mio. € und
  3. mehr als 250 Arbeitnehmer:innen

überschreiten. Insbesondere im oftmals verbandlich organisierten sozialwirtschaftlichen Bereich gibt es zudem eine Vielzahl von Unternehmen, die über satzungsmäßige Regelungen dazu verpflichtet sind, wie große Kapitalgesellschaften im Sinne des § 267 Abs. 3 HGB zu berichten. Auch diese Unternehmen sind ab dem 01.01.2025 von den Regelungen der CSRD betroffen. In quantitativer Hinsicht bedeutet diese Erweiterung des Anwenderkreises im Vergleich zur CSR-Richtlinie eine Steigerung von ca. 500 auf ca. 15.000 verpflichtete Unternehmen in Deutschland (Heichl und Henselmann 2024, S. 75).

4 Erweiterung der inhaltlichen Berichtspflichten

Im Hinblick auf die inhaltlichen Berichtspflichten ist über alle drei Säulen des Nachhaltigkeitsbegriffes zu berichten: Umwelt, Soziales und Governance. Dabei ist stets das Prinzip der Doppelten Wesentlichkeit (Double Materiality) zu beachten. Es sind also einerseits die Auswirkungen der Umwelt auf das Unternehmen relevant (finanzielle Wesentlichkeit), andererseits aber auch die Auswirkungen des Unternehmenshandelns auf seine Umwelt (ökologische und soziale Wesentlichkeit). Die bereits aus der Finanzberichterstattung bekannte Outside-In-Perspektive der finanziellen Wesentlichkeit wird somit um eine Inside-Out-Perspektive der ökologischen und sozialen Wesentlichkeit erweitert (WPK 2024). Die Berichtspflichten werden durch die European Sustainability Reporting Standards (ESRS) konkretisiert, die als Rechnungslegungsstandards für den Themenkomplex Nachhaltigkeit gesehen werden können und verpflichtend anzuwenden sind. Die Nachhaltigkeitsberichterstattung gemäß CSRD hat integriert in den Lagebericht zu erfolgen (Heichl und Henselann 2024, S. 76).

5 Erweiterung der Prüfungspflichten

Während die CSR-Richtlinie keine verpflichtende Prüfung der nichtfinanziellen Erklärung durch eine:n externe:n Abschlussprüfer:in vorsieht und lediglich der Aufsichtsrat für die Prüfung der Erklärung verantwortlich ist, wird mit der CSRD auch eine inhaltliche Prüfungspflicht der Nachhaltigkeitsberichterstattung implementiert, die stufenweise auf das Niveau der Lageberichtsprüfung ausgeweitet werden soll (Needham, Warnke und Müller 2023, S. 45). Zunächst ist die externe Prüfung mit begrenzter Sicherheit (limited assurance) durchzuführen, später dann mit hinreichender Sicherheit (reasonable assurance). Für beide Prüfungssicherheitsniveaus sollen europäische Prüfungsstandards von der Europäischen Kommission mittels delegiertem Rechtsakt angenommen werden (WPK 2024). Dabei sollen die Standards für die Prüfung mit begrenzter Sicherheit bis zum 01.10.2026 vorliegen, die Standards für die Prüfung mit hinreichender Sicherheit bis zum 01.10.2028 (Heichl und Henselmann 2024, S. 76). Das Prüfungssicherheitsniveau der hinreichenden Sicherheit entspricht dem Sicherheitsniveau der üblichen Jahresabschlussprüfung. Die perspektivisch durchzuführende Prüfung mit hinreichender Sicherheit ist somit wesentlich umfangreicher als die zunächst vorgeschriebene Prüfung mit begrenzter Sicherheit (Needham, Warnke und Müller 2023, S. 45).

6 Ausblick und Bedeutung

Durch die substanzielle Erweiterung des Anwenderkreises und der inhaltlichen Berichtspflichten in Verbindung mit der Pflicht zur externen Prüfung steigt die Relevanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung massiv. Während die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf Grundlage der CSR-Richtlinie in ihrer Bedeutung eher als Annex zur finanziellen Berichterstattung zu sehen war, gleicht sich der Stellenwert der Nachhaltigkeitsberichterstattung mit der CSRD immer mehr der klassischen, finanziellen Berichterstattung an. Für die Unternehmenspraxis sind neben der CSRD auch die Diskussionen und Bestrebungen um Lieferkettenregulierung auf nationaler und EU-Ebene relevant, die ebenfalls in den Themenbereich der unternehmerischen Nachhaltigkeit fallen.

Durch die deutliche Ausweitung des Anwenderkreises ist auch eine Vielzahl von Unternehmen in der Sozialwirtschaft von den Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung erfasst. Hinzu treten oftmals ergänzende Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung aufgrund von satzungsmäßigen oder verbandsinternen Regelungen. Tempo und Umfang der Nachhaltigkeitsregulierung auf nationaler und EU-Ebene lassen zudem vermuten, dass die Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auch weiterhin ausgeweitet werden. Insofern empfiehlt sich für Unternehmen der Sozialwirtschaft – auch unabhängig von konkreten gesetzlichen Berichtspflichten – eine frühzeitige Befassung mit dem Themenkomplex der unternehmerischen Nachhaltigkeit, um auf weitere Regulierungsschritte vorbereitet zu sein.

7 Quellenangaben

Bafin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht), 2023. Nachhaltigkeitsberichterstattung – CSRD [online]. Bonn: Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, 20.12.2023 [Zugriff am: 01.07.2024]. Verfügbar unter: https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/SF/CSRD/CSRD_node.html

Eufinger, Alexander, 2015. Die neue CSR-Richtlinie – Erhöhung der Unternehmenstransparenz in Sozial- und Umweltbelangen. In: Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (EuZW). 25(11), S. 424–428. ISSN 0937-7204

Heichl, Veronika und Klaus Henselmann, 2024. Nachhaltigkeitsberichterstattung im Wandel: Von der NFRD zu CSRD – Empirische Analyse von Unternehmen der DAX-Familie im Geschäftsjahr 2022. In: Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung (IRZ). 19(2), S. 75–82. ISSN 1862-5533

Needham, Sean, Lisa Warnke und Stefan Müller, 2023. Grünes Licht für die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD): Ein Überblick über die finalisierten Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung. In: Zeitschrift für Internationale Rechnungslegung (IRZ). 18(1), S. 41–46. ISSN 1862-5533

WPK (Wirtschaftsprüferkammer), 2024. Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) [online]. Berlin: Wirtschaftsprüfungskammer [Zugriff am: 01.07.2024]. Verfügbar unter: https://www.wpk.de/nachhaltigkeit/​kompass/​regulatorische-anforderungen/​corporate-sustainability-reporting-directive/

Verfasst von
Dr. Alexander Nolte
Berater bei der Eliotax GmbH Steuerberatungsgesellschaft
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