Einfache Sprache
Dr. Isabel Rink, Rebecca Schulz
veröffentlicht am 08.04.2025
Einfache Sprache ist eine Variante des Deutschen, die verständlicher ist als die Allgemeinsprache, aber die nicht so stark optimiert ist wie die Leichte Sprache.
Überblick
1 Grundlegendes Konzept
Viele allgemein- und fachsprachliche Texte setzen weit oberhalb der Wissensbestände durchschnittlicher Adressat(inn)en an, selbst wenn sie sich gezielt an Lai(inn)en richten. Deshalb ist es sinnvoll, diese komplexen Inhalte so aufzubereiten, dass sie sich an den Bedarfen eines sehr breiten Publikums orientieren. So kann Verständlichkeit für möglichst viele Leser(innen) ermöglicht werden. Ein Mittel dafür ist Einfache Sprache, bei der es sich um eine sprachliche Variante des Deutschen handelt. Sie ist verständlicher als die Allgemeinsprache, jedoch nicht so stark vereinfacht wie die Leichte Sprache (Bredel und Maaß 2016).
Damit liegt Einfache Sprache im Sprachkontinuum zwischen Leichter Sprache und Standardsprache, wie die nachfolgende Grafik zeigt:

2 Entstehung
Einfache Sprache ist kein neues Phänomen. Das Interesse für diese verständlichkeitsoptimierte Varietät ist mit der Bekanntheit von Leichter Sprache stetig gewachsen. Seit Mai 2024 gibt es die DIN-Norm 8581–1: Einfache Sprache – Anwendung für das Deutsche, um Übersetzer(inne)n und Textschaffenden Regeln für die sprachliche Umsetzung an die Hand zu geben. Die Normierung wurde von der Praxis angestoßen, um die sprachliche Umsetzung einheitlich zu regeln.
3 Zielgruppe
Einfache Sprache ist nicht verpflichtend und richtet sich an eine Zielgruppe, die verständlichkeitsoptimierte Inhalte benötigt.
Die Ergebnisse der leo-Studie (2019) zeigen, dass 16,8 Millionen erwachsene Menschen in Deutschland gering literalisiert sind. Das bedeutet, dass sie Lese- und Schreibkompetenzen haben, die nicht über das Niveau am Ende der Grundschule hinausgehen (Grotlüschen et al. 2019, S. 5). Dieser Personenkreis kann von Inhalten in Einfacher Sprache profitieren. Darüber hinaus richtet sich Einfache Sprache an Lai(inn)en, für die allgemein- und fachsprachliche Inhalte zu komplex sind.
4 Ziel
Das grundlegende Ziel von Einfacher Sprache besteht darin, „Texte für ein allgemeines Lesepublikum verständlich [zu machen]“ (DIN 8581–1:2024-05). Dies wiederum baut auf der Erkenntnis auf, dass Textoptimierung zu einer verbesserten Lesbarkeit und einer größeren Verständlichkeit führt (Groeben und Christmann 1989). Einfache Sprache ist nicht an das Merkmal Behinderung gekoppelt, vielmehr bestimmt sie sich nach dem Zweck des Textes und der Rezeptionssituation.
5 Umsetzung
Einfache Sprache bewegt sich flexibel zwischen der Standardsprache und Leichter Sprache. Die sprachliche Ausgestaltung richtet sich nach der Zielgruppe und dem Zweck des Textes. Dies soll in Abbildung 1 durch den Pfeil mit zwei Spitzen verdeutlicht werden.
Einfache Sprache ist nicht statisch, sondern kann je nach Zielgruppe und Zweck in der Komplexität variieren. Mit Blick auf die Zielgruppe ist es wichtig, Eigenschaften wie beispielsweise das Vorwissen, die Lesekompetenz und den kulturellen Hintergrund in die Texterstellung mit einfließen zu lassen. Dies hat für die konkrete Umsetzung Auswirkungen auf die Wort-, Satz- und Textebene:
- Auf Wortebene sollen hauptsächlich bekannte und kurze Wörter verwendet werden.
- Auf Satzebene gilt, überwiegend Hauptsätze oder kurze Satzgefüge zu verwenden. Nebensätze sollten nicht zu verschachtelt sein.
- Verneinungen sollen vermieden werden, wenn eine positive Darstellung möglich ist.
Bei der Übersetzung oder Erstellung eines Textes in Einfache/r Sprache ist zu berücksichtigen, dass sich Entscheidungen auf Wort- und Satzebene auf den gesamten Text auswirken. Deshalb gilt es, die Zielgruppe und die Rezeptionssituation zu berücksichtigen.
Der Text in Einfacher Sprache unterscheidet sich nicht wahrnehmbar von den Textsortenkonventionen des Ursprungstextes. Dies kann dazu beitragen, dass Einfache Sprache zu einer höheren Akzeptanz bei den Leser(inne)n führt.
6 Quellenangaben
Bredel, Ursula und Christiane Maaß, 2016. Ratgeber Leichte Sprache: Die wichtigsten Regeln und Empfehlungen für die Praxis. Berlin: Dudenverlag. ISBN 978-3-411-75618-6
Christmann, Ursula und Norbert Groeben, 1989. Textoptimierung unter Verständlichkeitsperspektive. In: Gerd Antos und Hans P. Krings, Hrsg. Textproduktion [online]. Berlin: Max Niemeyer Verlag, S. 165–196 [Zugriff am: 01.04.2025]. PDF e-Book. doi:10.1515/9783110962109.165
DIN Deutsches Institut für Normung e.V., 2024 [DIN 8581–1:2024-05]. Einfache Sprache – Anwendung für das Deutsche – Teil 1: Sprachspezifische Festlegungen. Berlin: DIN Media GmbH. ISBN 978-3-410-38985-9
Grotlüschen, Anke, Klaus Buddeberg, Gregor Dutz, Lisanne Heilmann und Christopher Stammer, 2019. LEO 2018 – Leben mit geringer Literalität. Pressebroschüre [online]. Hamburg: Universität Hamburg [Zugriff am: 01.04.2025]. Verfügbar unter: https://leo.blogs.uni-hamburg.de/publikationen/
Verfasst von
Dr. Isabel Rink
Leitung Landeskompetenzzentrum für Barrierefreiheit Niedersachsen
bei der Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen, Nds. Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, Hannover
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Kompetent barrierefrei – Kompetenzzentrum für ein barrierefreies Hamburg
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