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Erstspracherwerb

Dominika Paula Gornik, Prof. Dr. Tanja Jungmann

veröffentlicht am 25.05.2020

Die erste Sprache, die ein Kind erwirbt, wird als Erstsprache oder Muttersprache bezeichnet. Synonyme sind Primäre Sprache und L1 (Jung und Günther 2016; Jungmann 2012).

Der Begriff Erstsprache hebt innerhalb einer potenziellen Mehrsprachigkeit die Sprache hervor, die in der Sprachbiografie eines Menschen am bedeutendsten ist. Werden von Geburt an zwei Sprachen simultan als Erstsprachen erworben (z.B. Erstsprache der Mutter: Deutsch, Erstsprache des Vaters: Türkisch), spricht man vom bilingualen Erstspracherwerb (siehe Zweitspracherwerb).

Die Erstsprache bzw. die Erstsprachen werden durch die Kinder im natürlichen Sprachkontext in Interaktion mit den primären Bezugspersonen erworben (Glück und Rödel 2016). Eine für den schulischen Lernerfolg grundlegende Sprachkompetenz im phonologisch-phonetischen, lexikalisch-semantischen, morphologisch-syntaktischen und pragma-kommunikativen Bereich wird in den ersten fünf bis sechs Lebensjahren erreicht (Jungmann 2012; Deutsch und Mogharbel 2007; siehe Sprachentwicklung).

Es wird davon ausgegangen, dass es sich beim Erstspracherwerb um einen impliziten, nicht bewussten Lernprozess handelt. Sprache ist humanspezifisch und hat eine biologische Basis. Das Kind ist für den Spracherwerbsprozess vorbereitet. Ohne die sprachliche Umwelt wäre der Erwerbsprozess allerdings nicht möglich. Zwischen inneren Voraussetzungen und Lernmechanismen seitens des Kindes und Lernbedingungen in der Umwelt muss eine lernbegünstigende Passung bestehen (siehe Spracherwerb).

Probleme beim Erstspracherwerb können in Schwierigkeiten mit der Aussprache von Lauten, Lautverbindungen und Wörtern, beim Aufbau des Wortschatzes oder in der Konstruktion von Sätzen bestehen. Neben diesen hörbaren Störungen können auch Schwierigkeiten mit dem Sprachverständnis und der Fähigkeit über die gesprochene Sprache nachzudenken (metasprachliche Fähigkeiten, wie z.B. die phonologische Bewusstheit oder die Wortbewusstheit) vorliegen und das schulische Lernen erschweren (Jung und Günther 2016; siehe Sprachstörung).

Quellenangaben

Deutsch, Werner und Christliebe El Mogharbel, 2007. Erstsprachlernen. In: Hermann Schöler und Alfons Welling, Hrsg. Handbuch Sonderpädagogik. Teil: Bd. 1., Sonderpädagogik der Sprache. Göttingen: Hogrefe, S. 5–27. ISBN 978-3-8017-1708-7

Glück, Helmut und Michael Rödel, Hrsg., 2016. Metzler Lexikon Sprache. 5., aktualisierte und überarbeitete Auflage. Stuttgart: Metzler Verlag. ISBN 978-3-476-02641-5

Jung, Britta und Herbert Günther, 2016. Erstsprache, Zweitsprache, Fremdsprache: eine Einführung. 3., überarbeitete und erweiterte Auflage. Weinheim: Beltz. ISBN 978-3-407-25731-4

Jungmann, Tanja, 2012. Praxis der Sprach- und Kommunikationsförderung. Dortmund: Borgmann Media. ISBN 978-3-938187-67-8 [Rezension bei socialnet]

Verfasst von
Dominika Paula Gornik
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Prof. Dr. Tanja Jungmann
Universität Oldenburg, Professur für Sprache und Kommunikation und ihre sonderpädagogische Förderung unter besonderer Berücksichtigung inklusiver Bildungsprozesse
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