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Interkulturelle Kompetenz

Prof. Dr. Thomas Eppenstein

veröffentlicht am 14.02.2019

Interkulturelle Kompetenz gilt als Sammelbegriff für Erwartungen an eine interkulturelle, diversitätsbewusste bzw. interkulturell sensibel ausgerichtete Pädagogik in der Migrationsgesellschaft, sowie an AkteurInnen und Institutionen im Bereich Sozialer Arbeit und Institutionen und Berufsfelder allgemein, die Menschen mit unterschiedlicher kultureller Orientierung und sozialer Disposition adressieren. Neben berufsspezifischen professionellen Kompetenzerwartungen tritt interkulturelle Kompetenz als Bildungserwartung generalisiert an alle Heranwachsenden und Erwachsenen in durch Migrationen, Pluralisierung und Modernisierung gekennzeichneten Gesellschaften in Erscheinung. Begründungszusammenhänge für interkulturelle Kompetenzen ergeben sich in ethnisch oder kulturalistisch aufgeladenen sozialen Konflikten, in Kontexten kultureller Pluralisierung und in Hinblick auf Diskriminierungsfreiheit und die Anerkennung unterschiedlicher Zugehörigkeiten. Interkulturell kompetentes Handeln zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, Verstehens- und Verständigungsprozesse zu initiieren oder aufrecht zu erhalten und dabei die Spannung zwischen universeller Moral und partikularen Ethiken auszubalancieren.

Überblick

  1. 1 Zusammenfassung
  2. 2 Genese, normative Motive und Kontexte
    1. 2.1 Spektrum diverser Konzepte
    2. 2.2 Bezugspunkte für Soziale Arbeit
  3. 3 Begriffliche Klärungen (Kompetenz und Kultur)
    1. 3.1 Geltungsansprüche anhand unterschiedlicher Kompetenzverständnisse
    2. 3.2 Zur Bedeutung unterscheidbarer Verständnisse von Kultur
  4. 4 Wissensbestände, Grundkompetenzen, Fähigkeiten
  5. 5 Quellenangaben

1 Zusammenfassung

Im Folgenden werden Genese, Motive und Kontexte für die Erwartung an eine interkulturell kompetente professionelle Praxis skizziert, begriffliche Klärungen zum Kompetenz- und Kulturverständnis vorgenommen, und zentrale Wissensbestände, spezifische und generalisierbare Haltungen und Fähigkeiten benannt.

2 Genese, normative Motive und Kontexte

Interkulturelle Kompetenzanforderungen werden in Fachkreisen bereits seit den 1990er Jahren in Deutschland gefordert. Entsprechende Lern- und Qualifizierungsprozesse betreffen nicht nur einzelne AkteurInnen, sondern – im Sinne lernender Organisationen – die Institutionen selbst, in denen diese als Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen tätig sind. Im Vollzug eines Perspektivenwechsels von der vormaligen „Ausländerpädagogik“ bzw. „Ausländerarbeit“ innerhalb der Sozialen Arbeit zur „interkulturellen Arbeit“ erfolgt eine Abkehr von MigrantInnen als einer spezifischen Klientel, die es zu assimilieren gilt, hin zu einer inklusiven Perspektive, die wechselseitige Lernprozesse und eine Überschreitung kultureller Differenzen anstrebt. Auch gegenüber Konzepten transkulturellen Lernens greift die interkulturelle Perspektive weiter: Sie sucht nicht allein ein kleinstes gemeinsames Vielfaches, sondern beansprucht neben Formen der wechselseitigen „interkulturellen“ Anerkennung die Hervorbringung von etwas Neuem, das aus der interkulturellen Auseinandersetzung erst entsteht. Der Slogan von der „interkulturellen Kompetenz“ verbindet dabei hohe Anforderungen an pädagogische und soziale Berufe mit dem Versprechen der professionellen Beherrschbarkeit von unterschiedlichsten Herausforderungen in interkulturellen Spannungsfeldern (Auernheimer 2002).

2.1 Spektrum diverser Konzepte

Inzwischen scheint die „interkulturelle Perspektive“ in die Jahre gekommen und zuweilen inflationär als Sprachregelung für ein großes Spektrum an Konzepten und Praxen in Gebrauch zu sein, die von der klassischen kompensatorischen Erziehung bis zu einer diversitätsbewussten Bildung reichen. Diversity-Konzepte changieren dabei in normativer Hinsicht zwischen funktionalen Interessen, die gegebene Vielfalt etwa für jeweilige Unternehmenszwecke fruchtbar zu machen einerseits und emanzipatorischen Perspektiven in Diskriminierungszusammenhängen andererseits.

Normative Grundlagen interkultureller Konzepte werden in der Regel mit Bezügen auf verschiedene Gesellschaftsmodelle multikultureller Einwanderungsgesellschaften, Migration, Rassismus und Ausländerfeindlichkeit, Globalisierungsphänomene, Internationalisierung, Vielfalt und Postmoderne verbunden. Interkulturell kompetente Praxis soll je nach Gewichtung und weltanschaulicher Verortung dazu beitragen, Toleranz zu üben, Zusammenleben zu ermöglichen, Parallelstrukturen aufzuweichen, Gerechtigkeitsvorstellungen zu genügen, Rassismus zu überwinden oder allgemein Herausforderungen „aller Bürger in der Weltgesellschaft, und eben nicht nur einzelner, als defizitär entworfener Klientel“ (Clemens 2015, S. 8) aufzugreifen. Fortschreibungen des Konzeptes betonen darüber hinaus die erforderliche Wahrnehmung unterschiedlich wirksamer Machtstrukturen und problematisieren Differenzkonstruktionen in der semantischen Umschreibung von „Kultur“ (Hamburger 2009). Nicht Kultur, sondern die Verwendungsweisen des Kulturbegriffs in Migrationskontexten stehen in Frage aufgrund ihrer essentialistischen ethnopolitischen und nationalisierenden Überdeterminierung (Hormel und Jording 2016, S. 222 f.).

2.2 Bezugspunkte für Soziale Arbeit

Bezüge für eine interkulturelle Soziale Arbeit ergaben sich aus ganz unterschiedlichen Erfordernissen, z.B. Erfordernissen in Einwanderungsgesellschaften, Erfordernissen durch Migrationen, Erfordernissen im System sozialer Hilfen und in Institutionen, Erfordernissen gegenüber interkulturellen Konflikten, Diskriminierungen, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und Rassismus, Erfordernissen in einer pluralen Gesellschaft oder Erfordernissen gegenüber Globalisierung und Fremdheitserfahrungen. In der Sozialen Arbeit spielen vor allem eine Rolle:

  • Fragen des Zugangs von MigrantInnen zu Sozialen Diensten und die Qualität der Verständigung über Hilfestrategien (Konzeptionierungen unter dem Begriff der „Interkulturellen Öffnung Sozialer Dienste“);
  • Erkenntnisse über Migrationsrisiken und ihre sozialen Folgen;
  • Probleme und Konflikte im Zusammenleben zwischen Einheimischen und Zugewanderten bzw. zwischen MigrantInnen untereinander;
  • Ethnisierungen und Diskriminierungen im sozialen Nahraum oder im Kontakt mit Behörden und Institutionen;
  • Herausforderungen durch die psychosoziale Dimension gescheiterter Migrationsverläufe und
  • Anfragen an eine kultursensible Pflege und Altenhilfe (Eppenstein 2015).

3 Begriffliche Klärungen (Kompetenz und Kultur)

Der alltagssprachliche Gebrauch des Begriffs Kompetenz meint Eignung, Befugnis und Fähigkeiten, um bestimmte spezifische Handlungen vorzunehmen. Im Kontext interkultureller Sozialer Arbeit wird Kompetenz häufig als ein Set kognitiver Fähigkeiten, Handlungs- und Verhaltensoptionen verstanden, die für jeweilige Interaktionen in Migrationskontexten benötigt werden (Hinz-Rommel 1994; Grosch et al. 2000). In kompetenztheoretischer Hinsicht handelt es sich um eine eher schwache Kategorie, also ein Kompetenzverständnis, das nicht als explanative Theorie, sondern hinsichtlich seiner normativ wünschenswerten Performanzen expliziert wird. Was als kompetent bzw. inkompetent gilt, wird jeweils anhand der Anwendungsformen, den Performanzen – nur diese sind ja zu beobachten – von jeweiligen Beobachtern deutend und wertend festgelegt. Ein zentrales Charakteristikum ist der Anspruch auf ein Kompetenzverständnis im Sinne einer reflexiv-kritischen Öffnung für die prinzipielle „Nicht-Vorhersehbarkeit“ interkultureller kommunikativer Situationen (Mecheril 2004, S. 131). Kompetenz erweist sich daher nicht allein in der Akkumulation routinegesteuerter Expertise, sondern in der Fähigkeit, neue, fremde oder unbekannte Situationen angemessen deuten und in die professionellen Handlungsvollzüge integrieren zu können.

3.1 Geltungsansprüche anhand unterschiedlicher Kompetenzverständnisse

Ein intersubjektiver und auf soziale Handlungskompetenzen zielender Geltungsanspruch des Kompetenzverständnisses zielt auf eine Theorie von Fähigkeiten, über die ein Individuum, soll es erfolgreich interagieren können, verfügen muss und ist an die Grundkompetenzen der Perspektivenübernahmefähigkeit, der Ambiguitätstoleranz, der Rollendistanz und der Empathiefähigkeit verwiesen. Auch die Strukturmerkmale sozialer Interaktionen sind zu beachten, unter denen Fähigkeiten erst zur Geltung kommen, die auf eine kombinierende Mobilisierung verfügbarer Ressourcen gerichtet sind. Wie alles soziale Handeln ist interkulturelle Kompetenz erlernbar und steht in Kontrast zu einem ideologischen Verständnis als „Platzanweiser“ für begehrte Positionen der Gesellschaft, wonach als kompetent schlicht gilt, wer Erfolg hat.

Ein professionstheoretischer Geltungsanspruch interkultureller Kompetenz fordert ein gleichzeitig interpretatives Verstehen und situatives Urteilsvermögen in gegebenen praktischen Handlungssituationen, in denen Entscheidungen seitens der Professionellen getroffen werden müssen: Diese sind aufgefordert, selbst handelnd einzugreifen und zeitgleich unklare oder überkomplexe Situationen in der Kommunikation zu deuten. „Kompetenz kann daher als ein Vermögen verstanden werden, einen Zusammenhang von Lernen und Handeln herzustellen, in dem es nicht um die Umwandlung von Wissen in Handlungsroutinen geht, noch das Handeln ohne gleichzeitigen Versuch interpretierenden Verstehens der Situation verstanden wird, auch wenn diese nicht unmittelbar umfassend beurteilbar erscheint. Kompetenz umfasst ein Können, das Wissensbestände zu situativem Deuten und Handeln zu nutzen vermag, ohne dass dieses Können und Wissen zuvor sprachlich explizit verfügbar sein muss, also erst im Handlungsvollzug entsteht“ (Eppenstein und Kiesel 2008, S. 143). Gefragt ist eine „reflexive Professionalität“, bei der Professionelle sich gegenüber ihrer eigenen partikularen kulturellen Orientierung oder ethnischen Gebundenheit in Distanz begeben und dadurch Einstellungen im Sinne eines „methodischen Nationalismus“ bei sich selbst wie gegenüber ihren AdressatInnen überwinden. Dies gilt generell wie in interkulturellen Handlungssituationen, bei denen Risiken von Fehlzuschreibungen und kulturalistischen Deutungen erhöht sind. Kompetenzanforderungen an AkteurInnen Sozialer Arbeit stellen somit eine grundsätzliche Herausforderung an die Professionellen dar, wenn sie unter Wahrung der Integrität ihrer Adressaten und Adressatinnen deren Lage stellvertretend interpretieren und Lösungsoptionen für Probleme generieren wollen, sei es mit oder ohne „Migrationshintergrund“.

Ein Geltungsanspruch interkultureller Kompetenz, der weder strukturalistisch noch kulturalistisch verengt antreten will, benötigt Kenntnisse unterschiedlicher Verständnisse der Kategorie Kultur (Eppenstein 2003). Kultur als ein an Individualität gebundener schöpferischer Formfindungsprozess (Cassirer) wird in demokratischen Kulturen nicht als autoritäre Determinante gesehen, sondern als Symbolwelt, mittels derer wir uns selbst und unserer Mitwelt eine gestaltende Form und Beschreibung verleihen. Kultur meint damit immer eine Dynamik, in der Menschen bestätigend oder verändernd gegenüber der bereits bestehenden kulturellen Dynamik tätig werden.

3.2 Zur Bedeutung unterscheidbarer Verständnisse von Kultur

Im Feld sozialer Praxis hat jedes professionelle soziale Handeln davon auszugehen, dass Professionelle wie ihre Adressaten und Adressatinnen, Einheimische wie Migranten und Migrantinnen in ihrem Verhalten und in ihren Urteilen und Deutungen kulturell befangen sind. Die kulturellen Muster dienen zweifelsfrei der stabilisierenden Orientierung im Alltag (Kultur als Ressource), können aber gleichermaßen zu einer unangemessenen Starrheit in der Beurteilung von Situationen und Personen führen, wenn ein bestimmtes vermeintlich kulturelles Verhalten zwangsläufig in einen Zusammenhang mit der Herkunft der Person gebracht wird. Zugleich ist davon auszugehen, dass im Verlauf von Migrationen, von Integrations- und Desintegrationsprozessen, spezifische Erfahrungen gemacht werden, die nicht mehr kulturell zurückgebunden werden können bzw. neue Muster kultureller Orientierung hervorbringen. Gegenüber einem Begriffsverständnis, das „Kultur“ als Instrument zur Analyse heranzieht, um zu verstehen, wie Menschen ihr jeweiliges Leben führen, problematisiert die Kritik der „Kulturalisierung“ Formen der Reduktion von sozialen Problemen auf eine kulturelle Differenz oder als sprachliches Versteck für rassistische Zuschreibungen.

In Prozessen stellvertretender Deutung, wie sie für professionelles Handeln in sozialen- wie in therapeutischen Praxen maßgeblich sind, führen diese strukturalistischen und kulturalistischen Engführungen in ein Dilemma: Weder kann auf die Dimension der „Kultur“ einfach verzichtet werden, noch kann „Kultur“ leitender Maßstab für Deutungen und Interventionen Sozialer Arbeit sein, wenn dadurch unangemessene Zuschreibungen, Ethnisierungen oder Diskriminierungen hergestellt oder fortgeschrieben werden. In diesem Konfliktfeld zwischen Thematisierung und Dethematisierung von „Kultur“ wird deutlich, dass interkulturelle Kompetenz sich nicht allein in einer kulturaffirmativen Aneignung kultureller Orientierungen, Skripte oder Vorschriften erfüllt, sondern darüber hinaus ein Unterscheidungsvermögen unterschiedlicher Kulturverständnisse und ihrer möglichen Folgen und Nebenwirkungen für die soziale und pädagogische Praxis bedeutsam wird.

4 Wissensbestände, Grundkompetenzen, Fähigkeiten

Interkulturelle Kompetenz erfordert nicht zuerst ein Erlernen von Kulturtechniken, sondern die Fähigkeit, kulturelle Entwicklungen mitzuvollziehen, sich dabei in und zwischen kulturellen Gemeinschaftsbildungen einzubringen und zu bewegen, unterschiedliche Kulturverständnisse hinsichtlich ihrer möglichen Wirkungen zu unterscheiden und verschiedene kulturtheoretische Konzepte hinsichtlich ihrer interkulturellen pädagogischen Relevanz situativ angemessen zu beurteilen.

Interkulturelle Konzepte Sozialer Arbeit betreffen mehrere Ebenen und entsprechende unterschiedliche Interventionsformen:

  • die Ebene der unmittelbaren Kontakte und Kommunikationen mit der Klientel, den AdressatInnen
  • die Ebene von Leitungen und Verantwortlichen in Institutionen und Einrichtungen und
  • die Ebene der Struktur dieser Einrichtungen.

Vor diesem Hintergrund spielen folgende Kompetenzmerkmale eine grundsätzliche Rolle: MitarbeiterInnen pädagogischer und sozialer Institutionen sollten Diskriminierungserfahrungen von ImmigrantInnen in Rechnung stellen und die Schwierigkeit einer unbefangenen Begegnung akzeptieren lernen, sollten Stereotypen und Vorurteile selbstkritisch wahrnehmen und ihre Relevanz für die jeweils aktuelle Begegnungssituation prüfen können und fähig sein, mit Stereotypisierungen von Seiten der anderen umzugehen. Mögliche kulturelle Differenzen auf der Ebene von Verhaltensmustern, Rollen, Normen und/oder Werten sollen erkannt und die Bedeutung differenter Kulturmuster kooperativ erschlossen werden. Im Dialog über differente Normen und Werte können situationsadäquate Regeln der Kooperation ausgehandelt werden.

Damit wird interkulturelle Soziale Arbeit in einen Bildungszusammenhang gestellt, der den Erwerb von Qualifikationen und Kompetenzen auf verschiedenen Ebenen anstrebt:

  1. die Ebene der Haltungen und Verhaltensfähigkeiten, z.B. Ambiguitätstoleranz, Perspektivenübernahmefähigkeiten, Empathiefähigkeiten
  2. die Ebene der Wissensbestände, z.B. Grundlagenwissen über unterscheidbare Migrationsverläufe, rechtliche, politische und soziale Bedingungen, historische und kulturelle Relevanzen
  3. die Ebene der Fähigkeiten und Fertigkeiten, z.B. der Umgang mit unterschiedlichen Verkehrsformen und Höflichkeitsmaßstäben, mit Zeit, Geschenken etc., Gewandtheit im Umgang mit unterschiedlichen Personen mit verschiedenen Kommunikationsstilen.

Interkulturelle Kompetenz wird als Ergebnis „interkulturellen Lernens“ verstanden, das wiederum eine Ansammlung von Teilkompetenzen und Fertigkeiten umfasst. In Hinblick auf spezielles Fachwissen und besondere Methodenkompetenzen differieren die Ansprüche, allerdings besteht Einigkeit darüber, dass zu einer interkulturellen Kompetenz Handlungs- und Reflexionsfähigkeiten gegenüber den jeweiligen eigenen partikularen kulturellen Bindungen gehören. Interkulturelle Lernprozesse sind demnach auch immer Bildungsprozesse „an sich selbst“.

Daneben braucht es immer auch Wissen um historische Kontexte bzw. Narrative sowie spezifische Kenntnisse von Sprachen und jeweiligen Disponiertheiten. Gerade AkteurInnen Sozialer Arbeit, zu deren Aufgaben es gehört, sich in und zwischen verschiedenen sozialen Milieus, Institutionen und Gruppierungen zu bewegen, sich zu verständigen und zu vermitteln, tun dies durch Annäherungen, Hinsehen und Hingehen und nicht abstrakt im Sinne eines allgemeinen Prinzips. Neben der Kenntnis einer gemeinsamen Drittsprache eröffnet Zweisprachigkeit den verstehenden Einstieg in den je spezifischen Kosmos einer Sprache und der durch sie zum Ausdruck gebrachten Stellung zur Welt; Sie ist damit weit mehr als nur Werkzeug zur Übermittlung von Sendbotschaften. Insbesondere emotionale Erlebnisinhalte, die in der Bearbeitung durch beratende oder therapeutische Praxen sozialer Berufe zum Thema werden können, werden gemeinhin in der Muttersprache oder im Dialekt zum Ausdruck gebracht. Ohne jeweils spezifische Ausprägungen interkultureller Kompetenzen im Sinne bikulturell kompetenter MittlerInnen gibt es gesteigerte Risiken des Missverstehens.

Individuelle interkulturelle Kompetenz im Kontext migrationsgesellschaftlicher Aufgaben stößt an Grenzen, da sie nur im Zusammenspiel gesellschaftlicher und politischer Prozesse wirksam werden kann, die Diskriminierungsfreiheit, organisatorische und institutionelle Voraussetzungen, Minderheitenschutz und Gleichstellung verantworten.

5 Quellenangaben

Auernheimer, Georg, Hrsg., 2002. Interkulturelle Kompetenz und pädagogische Professionalität. Opladen: Leske und Budrich. ISBN 978-3-8100-3441-0 [Rezension bei socialnet]

Clemens, Iris, 2015. Erziehungswissenschaft als Kulturwissenschaft: die Potentiale der Netzwerktheorie für eine kulturwissenschaftliche und kulturtheoretische Ausrichtung der Erziehungswissenschaft. Weinheim, Basel: Beltz Juventa. ISBN 978-3-7799-2957-4 [Rezension bei socialnet]

Eppenstein, Thomas, 2003. Einfalt der Vielfalt? Interkulturelle pädagogische Kompetenz in der Migrationsgesellschaft. Frankfurt/ M.: Cooperative Verlag. ISBN 978-3-88442-032-4

Eppenstein, Thomas und Doron Kiesel, 2008. Soziale Arbeit interkulturell: Theorien, Spannungsfelder, reflexive Praxis. Stuttgart: Kohlhammer. ISBN 978-3-17-018621-7 [Rezension bei socialnet]

Eppenstein, Thomas, 2015. Interkulturelle Kompetenz – Zugänge für eine kultursensible Soziale Arbeit. In: Ioanna Zacharaki, Thomas Eppenstein und Michael Krummacher, Hrsg. Interkulturelle Kompetenz: Handbuch für soziale und pädagogische Berufe. Schwalbach /Ts.: Wochenschau/Debus Verlag, S. 35–66. ISBN 978-3-95414-051-0 [Rezension bei socialnet]

Grosch, Harald, Andreas Groß und Wolf-Rainer Leenen, 2000. Methoden interkulturellen Lehrens und Lernens. Saarbrücken: AES.

Hamburger, Franz, 2009. Abschied von der interkulturellen Pädagogik: Plädoyer für einen Wandel sozialpädagogischer Konzepte. Weinheim, München: Juventa. ISBN 978-3-7799-1229-3 [Rezension bei socialnet]

Hormel, Ulrike und Judith Jording, 2016. Kultur/Nation. In: Paul Mecheril, Hrsg. Handbuch Migrationspädagogik. Weinheim: Beltz, S. 211–22. ISBN 978-3-407-83189-7 [Rezension bei socialnet]

Hinz-Rommel, Wolfgang, 1994. Interkulturelle Kompetenz: Ein neues Anforderungsprofil für die Soziale Arbeit. Münster, New York: Waxmann. ISBN 978-3-89325-242-8

Mecheril, Paul, 2004. Einführung in die Migrationspädagogik. Weinheim, Basel: Beltz. ISBN 978-3-407-25352-1 [Rezension bei socialnet]

Verfasst von
Prof. Dr. Thomas Eppenstein
Evangelische Hochschule RWL Bochum Fachbereich Soziale Arbeit, Bildung und Diakonie
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