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Jugendfreiwilligendienst

Dr. phil. Hubert Kolling

veröffentlicht am 08.05.2024

Geltungsbereich: Deutschland

Jugendfreiwilligendienste – im Sinne des Jugendfreiwilligendienstegesetzes (JFDG) handelt es sich dabei um das freiwillige soziale Jahr (FSJ) und das freiwillige ökologische Jahr (FÖJ) – fördern die Bildungsfähigkeit der Jugendlichen und gehören zu den besonderen Formen des bürgerschaftlichen Engagements.

Überblick

  1. 1 Zusammenfassung
  2. 2 Jugendfreiwilligendienste im Kontext der Freiwilligendienste
  3. 3 Rechtliche Grundlage
  4. 4 Geschichtliche Entwicklung
  5. 5 Ziele
  6. 6 Rahmenbedingungen
  7. 7 Einsatzbereiche und Tätigkeitsfelder
  8. 8 Träger
  9. 9 Pädagogische Begleitung
  10. 10 Aktuelle Entwicklung
  11. 11 Quellenangaben
  12. 12 Literaturhinweise
  13. 13 Informationen im Internet

1 Zusammenfassung

Von den vielfältigen Freiwilligendiensten in Deutschland verfügen nur die Jugendfreiwilligendienste (JFD) und der Bundesfreiwilligendienst (BFD) über eine umfassende gesetzliche Grundlage. Ein Jugendfreiwilligendienst steht dabei etwa im sozialen Bereich in Form eines FSJ (freiwilliges soziales Jahr), im ökologischen Bereich in Form eines FÖJ (freiwilliges ökologisches Jahr) sowie im Ausland in Form eines Internationalen Jugendfreiwilligendienstes (IJFD) jungen Menschen offen, die die Vollschulzeitpflicht erfüllt und das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Da sich der Jugendfreiwilligendienst, bei dem es sich um eine in einem zeitlich festgelegten Rahmen zu leistende, überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene handelt, als „Bildungsdienst“ zur Verbesserung der Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit von Jugendlichen versteht, kommt der pädagogischen Begleitung und der fachlichen Anleitung der Freiwilligen eine besondere Bedeutung zu.

2 Jugendfreiwilligendienste im Kontext der Freiwilligendienste

In Deutschland gibt es eine Vielzahl und sehr unterschiedliche Formen von Freiwilligendiensten, die sich hauptsächlich an junge Menschen bis zum Alter von 27 Jahren richten und in einem zeitlich festgelegten Rahmen zwischen einigen Monaten und einem ganzen Jahr oder mehr als überwiegend praktische Hilfstätigkeit in gemeinwohlorientierten Einrichtungen sowohl auf nationaler als auch auf internationaler Ebene geleistet werden können (BMFSFJ 2008, S. 13).

Neben den Jugendfreiwilligendiensten (FSJ und FÖJ), die sowohl im Inland als auch (seit 1993) im Ausland geleistet werden können, ist hier auch der – 2011 in Folge der Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht und dem damit verbundenen Wegfall des Zivildienstes beziehungsweise der Zivildienstleistenden neu geschaffene – Bundesfreiwilligendienst (BFD) zu nennen. Zugleich existieren auch Internationale Freiwilligendienste (IFD) auf Grundlage gesetzlicher Rahmenbedingungen oder verbindlicher Richtlinien, die unterschiedliche Auslandsdienste anbieten, wie der Europäische Freiwilligendienst und der Internationale Jugendfreiwilligendienst.

Von den vielen Freiwilligendiensten in Deutschland verfügen nur die Jugendfreiwilligendienste (FSJ und FÖJ) und der BFD – mit dem Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG) und dem Gesetz über den Bundesfreiwilligendienst (BFDG) – über eine umfassende gesetzliche Grundlage. Sie bieten im Unterschied zu den meisten anderen Diensten wichtige Schutzfunktionen wie die gesetzliche Sozialversicherung und den fortdauernden Anspruch auf Kindergeld (BMFSFJ 2008, S. 17).

Ein wesentlicher Unterschied der Rahmenbedingungen der Formate Jugendfreiwilligendienste (FSJ und FÖJ) und dem Bundesfreiwilligendienst (BFD) besteht – außer der im BFD möglichen und im FSJ und FÖJ nicht möglichen Einbeziehung der über 27-Jährigen – in unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen hinsichtlich der Organisation und Verwaltung sowie hinsichtlich der Finanzstrukturen. Konkret werden FSJ und FÖJ seit Jahrzehnten gemeinsam mit den Ländern administriert und bezuschusst (der Bund fördert hier nur den Bereich der pädagogischen Begleitung), während der 2011 eingeführte BFD ausschließlich durch den Bund administriert und bezuschusst wird.

Nach Ansicht der Bundesregierung bilden die unterschiedlichen Freiwilligendienste in ihrem Nebeneinander und Miteinander „eine vielfältige Engagement-Landschaft für Männer und Frauen jeden Alters, deren Differenziertheit eine breitestmögliche Wahlfreiheit bietet für eine Vielzahl von Interessenten“ (Deutscher Bundestag 2018, S. 10).

3 Rechtliche Grundlage

Die Jugendfreiwilligendienste finden ihre rechtliche Grundlage im „Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten“ (Jugendfreiwilligendienstegesetz – JFDG) vom 16. Mai 2008 (BGBl. I S. 842), das zuletzt durch Artikel 80 des Gesetzes vom 20. August 2021 (BGBl. I S. 3932) geändert worden ist. Mit dem am 1. Juni 2008 in Kraft getretenen Gesetz wollte das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) das FSJ und FÖJ „noch attraktiver“ machen. Hierzu wurde nicht nur „der Bildungsaspekt gestärkt“, sondern auch die Freiwilligendienste zeitlich flexibler gestaltet und neue Kombinationsmöglichkeiten geboten. Seither ist es zum Beispiel möglich, In- und Auslandsdienste miteinander zu verbinden und so die eigenen Lebensplanungen noch besser in Einklang zu bringen (BMFSFJ 2008, S. 4).

4 Geschichtliche Entwicklung

In den 1950er-Jahren ergriffen vor allem die beiden christlichen Kirchen entsprechende Initiativen, ein Jahr karitativ tätig zu werden, die sich zunächst jedoch nur an junge Frauen richteten. Nachdem auch andere Verbände der Freien Wohlfahrtspflege ein FSJ anboten, wurde 1964 das „Gesetz zur Förderung eines Freiwilligen sozialen Jahres“ (SozDiG; heute: JFDG) verabschiedet, das die Durchführung, die Zulassung von Trägern sowie die Zielgruppe und deren Status regelte (Huth 2015, S. 17). Nachdem 1986 der Andere Dienst im Ausland (ADiA) eingeführt (und als Wehrersatzdienst anerkannt) wurde, folgte auf gesetzlicher Grundlage 1993 das freiwillige ökologische Jahr (FÖJ), das seither wie das freiwillige soziale Jahr (FSJ) auch im Ausland geleistet werden kann. 2002 wurden die Jugendfreiwilligendienste im „Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres und anderer Gesetze“ (FSJÄndG) zusammengeführt und seit 2008 im „Gesetz zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten“ (Jugendfreiwilligendienstegesetz – JFDG) geregelt.

5 Ziele

Das zentrale Merkmal der Jugendfreiwilligendienste besteht in ihrem vom Gesetzgeber formulierten Bildungsauftrag, wie er im Jugendfreiwilligendienstegesetz (JFDG) herausgehoben wird. Der Auftrag als „Bildungsdienst“ zur Verbesserung der Ausbildungs- und Beschäftigungsfähigkeit (BMFSFJ 2023a, S. 1) liegt dementsprechend in der Förderung der „Bildungsfähigkeit der Jugendlichen“, wie es in § 1 Abs. 1 JFDG heißt.

Im Übergang von der Jugend zum Erwachsensein bieten die Freiwilligendienste jungen Erwachsenen Gelegenheiten zur Übernahme sozialer Verantwortung, zur Erprobung ihrer Fähigkeiten sowie zur persönlichen und beruflichen Orientierung. Junge Menschen können auf diese Weise eine Auszeit im Sinne eines Moratoriums nutzen, die ihnen zum einen die Möglichkeit gibt, sich selbst auszuprobieren und zu orientieren, und die zum anderen einen „Ernstcharakter“ hat, der die Entwicklung gesellschaftlicher Verantwortung fördert (Huth 2015, S. 25).

6 Rahmenbedingungen

Die Rahmenbedingungen für die Jugendfreiwilligendienste werden durch das Gesetz zur Förderung der Jugendfreiwilligendienste (JFDG) vorgegeben. Das Gesetz gibt den allgemeinen Rahmen vor und macht grundlegende Vorgaben für die Teilnahme von Freiwilligen an diesen Diensten, zum Beispiel die Dauer des Freiwilligendienstes, welche Träger Jugendfreiwilligendienste anbieten dürfen und welche arbeitsrechtlichen und arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und Fragen des Datenschutzes zu beachten sind.

Demnach können einen Jugendfreiwilligendienst solche Personen („Freiwillige“) leisten, die

  1. die Vollzeitschulpflicht erfüllt, aber das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben,
  2. einen freiwilligen Dienst
    • ohne Erwerbsabsicht, außerhalb einer Berufsausbildung und vergleichbar einer Vollzeitbeschäftigung leisten oder
    • ohne Erwerbsabsicht, außerhalb einer Berufsausbildung und vergleichbar einer Teilzeitbeschäftigung von mehr als 20 Stunden pro Woche leisten, sofern ein berechtigtes Interesse der Freiwilligen an einer Teilzeitbeschäftigung vorliegt,
  3. sich aufgrund einer Vereinbarung zur Leistung des freiwilligen Dienstes für eine Zeit von mindestens sechs Monaten und höchstens 24 Monaten verpflichtet haben und
  4. für den freiwilligen Dienst
    • nur unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung sowie ein angemessenes Taschengeld erhalten dürfen oder
    • anstelle von unentgeltlicher Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung entsprechende Geldersatzleistungen sowie ein angemessenes Taschengeld erhalten dürfen.
      „Angemessen“ ist ein Taschengeld dabei, wenn es 6 Prozent der in der allgemeinen Rentenversicherung geltenden Beitragsbemessungsgrenze nicht übersteigt. Bei einem freiwilligen Dienst vergleichbar einer Teilzeitbeschäftigung ist dieser Prozentsatz zu kürzen (§ 2 Abs. 1 JFDG).

Vom Träger kann auch ein kombinierter Jugendfreiwilligendienst im In- und Ausland angeboten werden, wenn insgesamt eine Dauer von 18 zusammenhängenden Monaten nicht überschritten wird und die Einsatzabschnitte im In- und Ausland jeweils mindestens drei Monate dauern (§ 7 JFDG).

Auch Ausländerinnen und Ausländer können an den Jugendfreiwilligendiensten teilnehmen. Voraussetzung ist, dass sie über einen Aufenthaltstitel verfügen, der sie zur Erwerbstätigkeit berechtigt. Freiwilligen aus dem Ausland kann grundsätzlich auch speziell für die Teilnahme am Freiwilligendienst eine Aufenthaltserlaubnis durch die zuständigen Ausländerbehörden erteilt werden.

Die Jugendfreiwilligendienste werden grundsätzlich in Vollzeit geleistet. Falls dies aus bestimmten Gründen nicht möglich ist (etwa, weil Kinderbetreuung, die Pflege von Angehörigen, gesundheitliche Gründe oder eine Behinderung einem Vollzeitdienst entgegenstehen) und die Träger/Einsatzstelle zustimmen, ist auch ein Teilzeitdienst möglich, wobei die Wochenstundenzahl nicht unter 20 liegen darf.

Die Teilnehmenden an den Jugendfreiwilligendiensten sind grundsätzlich gesetzlich sozialversichert. Die Beiträge für die Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen-, Renten- und Unfallversicherung leisten die Träger beziehungsweise die Einsatzstellen. Darüber hinaus besteht grundsätzlich bis zum 25. Lebensjahr ein Anspruch auf Kindergeld und alle daran geknüpften staatlichen und tariflichen Folgeleistungen (Huth 2022, S. 11).

Während des Einsatzes erhalten die Freiwilligen normalerweise ein Taschengeld. Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung können gestellt beziehungsweise als Geldersatzleistungen gezahlt werden.

Die Servicestelle Jugendfreiwilligendienste beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) steht an einem Freiwilligendienst interessierten Personen, Trägern, Einsatzstellen und den Freiwilligen selbst beratend und unterstützend zur Seite (BMFSFJ 2023a, S. 2).

7 Einsatzbereiche und Tätigkeitsfelder

Die Freiwilligendienstformate FSJ/FÖJ und BFD können grundsätzlich in der gleichen Art in gemeinwohlorientierten Institutionen im sozialen und Umweltbereich umgesetzt werden, wobei sie als überwiegend praktische Hilfstätigkeiten geleistet werden und dem Prinzip der „Arbeitsmarktneutralität“ entsprechen müssen. Entsprechend der in §§ 3 und 4 JFDG und § 3 BFDG festgelegten Einsatzbereiche werden die Freiwilligendienste insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe, einschließlich der außerschulischen Jugendbildung und Jugendarbeit, der Wohlfahrts-, Gesundheits- und Altenpflege, der Behindertenhilfe, der Kultur und Denkmalpflege, des Sports und der Integration bis hin zum Zivil- und Katastrophenschutz geleistet (Wagner 2015, S. 62).

Nach Ansicht des BMFSFJ gibt es „für jede und jeden passende Angebote, um den eigenen Horizont zu erweitern und sich im Arbeitsalltag zu erproben“ (BMFSFJ 2019, S. 2). Die Einsatzbereiche und Tätigkeitsfelder im Jugendfreiwilligendienst sind dementsprechend äußerst vielfältig:

  • Sozialer Bereich, z.B. in Kindergärten oder Kindertagesstätten, in Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern, im ambulanten Sozial- oder Pflegedienst, Sanitäts- und Rettungsdienst, im Zivil- und Katastrophenschutz;
  • Kultur und Denkmalpflege, beispielsweise in Gedenkstätten, Museen, Kulturvereinen, Archiven, am Theater oder in Jugendclubs;
  • Bildung, z.B. an Förder- und Ganztagsschulen oder Jugendbildungsstätten;
  • Sport, beispielsweise im Sportverein oder Sportverband, im Bewegungskindergarten oder bei Freizeitangeboten im Sportbereich;
  • Integration und Inklusion, z.B. in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung oder in der Integration von Menschen mit Flucht- oder Migrationshintergrund;
  • Ökologischer Bereich (insbesondere für ein freiwilliges ökologisches Jahr), z.B. im verbandlichen Umwelt- und Naturschutz, in Naturschutzzentren, in Landschaftspflege und Gartenbau, Land- und Viehwirtschaft, Forstwirtschaft, Umwelttechnik und erneuerbaren Energien, in Tierpflege, Umweltbildung, Umweltwissenschaften und Umweltämtern.

8 Träger

Nach dem JFDG sind als Träger der Jugendfreiwilligendienste im Inland insbesondere:

  1. die Verbände, die in der Bundesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege e.V. (BAGFW) zusammengeschlossen sind, und ihre Untergliederungen,
  2. Religionsgemeinschaften mit dem Status einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft und
  3. die Gebietskörperschaften sowie nach näherer Bestimmung der Länder sonstige Körperschaften des öffentlichen Rechts

zugelassen (§ 10 Abs. 1 JFDG). Darüber hinaus kann die zuständige Landesbehörde auch solche Einrichtungen zulassen, die für eine den Bestimmungen des JFDG entsprechende Gewähr bieten (§ 10 Abs. 2 JFDG).

Als Träger der Jugendfreiwilligendienste im Ausland werden nach Vorgabe des JFDG juristische Personen zugelassen, die

  1. Jugendfreiwilligendienste oder kombinierte Jugendfreiwilligendienste (In- und Ausland) durchführen und Freiwillige für einen Dienst im Ausland vorbereiten, entsenden und betreuen,
  2. Gewähr dafür bieten, dass sie aufgrund ihrer nachgewiesenen Auslandserfahrungen ihre Aufgabe auf Dauer erfüllen und den ihnen nach dem Gesetz obliegenden Verpflichtungen nachkommen,
  3. ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten Zwecken dienen und
  4. ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Über die Zulassung eines Trägers des FSJ im Ausland und des FÖJ im Ausland entscheidet die zuständige Landesbehörde (§ 10 Abs. 3 JFDG).

9 Pädagogische Begleitung

Über die biografische Orientierungsfunktion hinaus bieten die Freiwilligendienste berufliche Orientierung und Möglichkeiten zum Erwerb berufsrelevanter, fachlicher und sozialer Kompetenzen. Dabei kommt der pädagogischen Begleitung und der fachlichen Anleitung der Freiwilligen eine besondere Bedeutung zu, damit es aufseiten der Freiwilligen im Rahmen ihrer Einbindung in die Tätigkeitsabläufe in den Einrichtungen nicht zu Überforderungen und Frustration kommt und der Wunsch nach eigener Qualifikation und Kompetenzerwerb den Charakter eines Freiwilligendienstes nicht überlagert (Huth 2015, S. 25).

Die pädagogische Begleitung der Jugendfreiwilligendienste im Inland umfasst die an Lernzielen orientierte fachliche Anleitung der Freiwilligen durch die Einsatzstelle, die individuelle Betreuung durch pädagogische Kräfte des Trägers und durch die Einsatzstelle sowie die Seminararbeit. Es werden ein Einführungs-, ein Zwischen- und ein Abschlussseminar durchgeführt, deren Mindestdauer je fünf Tage beträgt. Die Gesamtdauer der zum Jugendfreiwilligendienst gehören Begleitseminare, deren Teilnahme verpflichtend ist, beträgt – bezogen auf eine zwölfmonatige Teilnahme am Jugendfreiwilligendienst – mindestens 25 Tage. Wird ein Dienst über den Zeitraum von zwölf Monaten hinaus vereinbart oder verlängert, erhöht sich die Zahl der Seminartage um mindestens einen Tag je Monat der Verlängerung. Die Seminarzeit gilt als Dienstzeit und die Teilnahme ist verpflichtend. Die Freiwilligen wirken an der inhaltlichen Gestaltung und Durchführung der Seminare mit (§ 5 Abs. 2 JFDG).

Nach diesen Vorgaben wird auch der Jugendfreiwilligendienst im Ausland pädagogisch begleitet beziehungsweise von einem zugelassenen Träger sichergestellt. Zur Vorbereitung auf den Jugendfreiwilligendienst und während des Dienstes im Ausland erfolgt die pädagogische Begleitung in Form von Bildungsmaßnahmen (Seminaren oder pädagogischen Veranstaltungen), durch fachliche Anleitung durch die Einsatzstelle und die individuelle Betreuung durch pädagogische Kräfte der Einsatzstelle oder des Trägers, wobei die Freiwilligen an der inhaltlichen Gestaltung und Durchführung der Bildungsmaßnahmen mitwirken. Die Gesamtdauer der Bildungsmaßnahmen beträgt, bezogen auf eine zwölfmonatige Teilnahme am Jugendfreiwilligendienst im Ausland, mindestens fünf Wochen. Die Teilnahme an den Bildungsmaßnahmen gilt als Dienstzeit; die Teilnahme ist Pflicht.

Die pädagogische Begleitung soll in der Weise erfolgen, dass jeweils in der Bundesrepublik Deutschland vorbereitende Veranstaltungen von mindestens vierwöchiger Dauer und nachbereitende Veranstaltungen von mindestens einwöchiger Dauer stattfinden. Falls der Träger ein Zwischenseminar im Ausland sicherstellen kann, das regelmäßig bis zu zwei Wochen dauern kann, verkürzen sich die vorbereitenden Veranstaltungen entsprechend (§ 6 Abs. 2 JFDG).

Das Bundesfamilienministerium fördert auf Grundlage der Förderrichtlinien-Jugendfreiwilligendienste (RL-JFD) vom 11. April 2012 die pädagogische Begleitung der Freiwilligen mit einem trägerbezogenen Festbetrag von bis zu 200 EUR pro Monat (Die Bundesregierung 2020).

10 Aktuelle Entwicklung

Davon ausgehend, dass Freiwillige in den Jugendfreiwilligendiensten (FSJ und FÖJ) und im Bundesfreiwilligendienst (BFD) „jedes Jahr einen großen Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt“ leisten und „die Demokratie durch gesellschaftliche Teilhabe und zivilgesellschaftliches Engagement“ stärken, hat das Kabinett der Bundesregierung am 1. November 2023 mit dem „Freiwilligen-Teilzeitgesetz“ einen Gesetzesentwurf zu den Freiwilligendiensten beschlossen, der mehrere Punkte enthält, um die Freiwilligendienste noch attraktiver zu machen. Das Gesetz – der Bundestag muss den Maßnahmen im Zuge eines Gesetzgebungsverfahrens noch zustimmen, wobei ein Inkrafttreten des Gesetzes im Laufe des Jahres 2024 erwartet wird – möchte insbesondere zur Verbesserung der Teilzeitmöglichkeiten und des Taschengeldes beitragen und zusätzliche Mobilitätszuschläge ermöglichen (BMFSFJ 2023b).

Bisher müssen Freiwillige unter 27 Jahren ein berechtigtes Interesse an einem Teilzeitdienst aufgrund von besonderen persönlichen Lebensumständen nachweisen. Zukünftig sollen sie unabhängig von besonderen Lebensumständen einen Teilzeitdienst leisten dürfen. Für alle Freiwilligen gilt weiterhin, dass dieser mehr als 20 Stunden pro Woche umfassen muss, damit der Freiwilligendienst sozialversicherungsrechtlich ihre Hauptbeschäftigung ist. Es bleibt zudem dabei, dass alle am Dienstverhältnis Beteiligten mit einem Teilzeitdienst einverstanden sein müssen.

Darüber hinaus sollen die Einsatzstellen den Freiwilligen je nach ihrem Ermessen ein höheres Taschengeld und zusätzliche Mobilitätszuschläge zahlen dürfen. Bisher erhalten die Freiwilligen für ihr Engagement ein Taschengeld, dessen Höhe individuell mit den Einsatzstellen vereinbart wird. Dabei gilt eine Obergrenze, die zwar dynamisch ist und jährlich angepasst wird, deren Berechnungsgrundlage jedoch seit Einführung nicht angepasst wurde. Das Freiwilligen-Teilzeitgesetz sieht diese Anpassung nun vor. Konkret soll dabei die Obergrenze, auf Basis der für 2024 geltenden Werte, um 151 EUR steigen: Von 453 EUR auf 604 EUR monatlich. Zusätzlich können Einsatzstellen nun Mobilitätszuschläge zahlen. Im Ergebnis können Freiwillige damit deutlich mehr Taschengeld erhalten als bisher (BMFSFJ 2024).

Nach Ansicht des Kompetenzzentrums Jugend-Check (KomJC) – ein vom Deutschen Forschungsinstitut für öffentliche Verwaltung (FÖV) durchgeführtes Projekt, das vom BMFSFJ auf Basis einer Grundlagenvereinbarung langfristig gefördert wird und im August 2017 die Arbeit aufgenommen hat – wird durch das „Freiwilligen-Teilzeitgesetz“ für Personengruppen, die bisher ihr berechtigtes Interesse nachweisen mussten, durch den Wegfall der Nachweispflicht der Zugang zu den Jugendfreiwilligendiensten (FSJ und FÖJ) und dem BFD in Teilzeit vereinfacht. Letztlich erweiterte sich dadurch der Kreis potenzieller Interessenten von Freiwilligen um jene jungen Menschen, die aufgrund der bisherigen Notwendigkeit des Nachweises eines „berechtigten Interesses“ vom Ausüben eines Freiwilligendienstes abgesehen haben, da nunmehr diese Hürde entfällt. Die mögliche Erhöhung des Taschengeldes könnte dazu führen, dass sich einerseits mehr junge Menschen das Ausüben eines Freiwilligendienstes leisten können, andererseits hiermit auch die Wertschätzung der Arbeit der Freiwilligen gesteigert werden könnte (KomJC 2023).

11 Quellenangaben

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), 2023a. Die Jugendfreiwilligendienste [online]. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 19.05.2023 [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/​themen/​engagement-und-gesellschaft/​freiwilligendienste/​jugendfreiwilligendienste

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), 2023b. Gesetz zur Erweiterung der Teilzeitmöglichkeit in den Jugendfreiwilligendiensten sowie im Bundesfreiwilligendienst für Personen vor Vollendung des 27. Lebensjahres und zur Umsetzung weiterer Änderungen (Freiwilligen-Teilzeitgesetz) [online]. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 26.04.2024 [Zugriff am: 02.05.2024]. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/​service/​gesetze/​gesetz-zur-erweiterung-der-teilzeitmoeglichkeit-in-den-jugendfreiwilligendiensten-sowie-im-bundesfreiwilligendienst-fuer-personen-vor-vollendung-des-27-lebensjahres-und-zur-umsetzung-weiterer-aenderungen-freiwilligen-teilzeitgesetz--230298

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), 2024. Bundestag berät Entwurf des Freiwilligen-Teilzeitgesetzes [online]. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 19.01.2024 [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/​aktuelles/​alle-meldungen/​bundestag-beraet-entwurf-des-freiwilligen-teilzeitgesetzes-235476

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Hrsg. 2019. Jugendfreiwilligendienste – Drei Wege, Neues zu entdecken. Freiwilliges Soziales Jahr – Freiwilliges Ökologisches Jahr – Internationaler Jugendfreiwilligendienst [online]. 2. Auflage. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.jugendfreiwilligendienste.de/jugendfreiwilligendienste/​jugendfreiwilligendienste-drei-wege-neues-zu-entdecken-206766

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [BMFSFJ], Hrsg. 2008. Für mich und für andere: Freiwilliges Soziales Jahr, Freiwilliges Ökologisches Jahr. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend

Deutscher Bundestag, 2018. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten […] – Drucksache 19/3640 vom 31.07.2018: Entwicklungen der Freiwilligendienste [online]. Berlin: Deutscher Bundestag [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://dserver.bundestag.de/btd/19/036/1903640.pdf

Die Bundesregierung, 2020. Richtlinien zur Förderung der Jugendfreiwilligendienste nach dem Jugendfreiwilligendienstegesetz sowie des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes nach der Richtlinie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Richtlinie zur Umsetzung des „Internationalen Jugendfreiwilligendienstes“ vom 20. Dezember 2010, geändert am 17. April 2014 sowie 25. Mai 2018, zuletzt geändert am 29. Mai 2020 (GMBl 2020, 393) (Förderrichtlinien Jugendfreiwilligendienste – RL-JFD) [online]. Berlin: Bundesministerium des Innern und für Heimat [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.verwaltungsvorschriften-im-internet.de/bsvwvbund_01012021_11530721300101.htm

Huth, Susanne, 2015. Ausgangssituation, Ziele und Vorgehen. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Hrsg. Abschlussbericht der gemeinsamen Evaluation des Gesetzes über den Bundesfreiwilligendienst (BFDG) und des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG) [online]. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, S. 17–49 [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/93202/​de7b1c8ea1a882cf01107cb56bab4aa9/​abschlussbericht-gesetz-ueber-den-bundesfreiwilligendienst-und-jugendfreiwilligendienst-data.pdf

Huth, Susanne, 2022. Freiwilligendienste in Deutschland. Stand und Perspektiven [online]. Güterloh: Bertelsmann Stiftung [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/​files/​Projekte/​Migration_fair_gestalten/​Freiwilligendienste_in_Deutschland_2022_INBAS.pdf

Kompetenzzentrum Jugend-Check, 2023. Freiwilligen-Teilzeitgesetz (Stand 11.10.2023) [online]. Berlin: Kompetenzzentrum Jugend-Check [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.jugend-check.de/alle-jugend-checks/​freiwilligen-teilzeitgesetz/

Wagner, Susanne, 2015. Bewertungen und Wirkungen aus Sicht der Einsatzstellen. In: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Hrsg. Abschlussbericht der gemeinsamen Evaluation des Gesetzes über den Bundesfreiwilligendienst (BFDG) und des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG) [online]. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, S. 232–244 [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/93202/​de7b1c8ea1a882cf01107cb56bab4aa9/​abschlussbericht-gesetz-ueber-den-bundesfreiwilligendienst-und-jugendfreiwilligendienst-data.pdf

12 Literaturhinweise

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Hrsg., 2015. Abschlussbericht der gemeinsamen Evaluation des Gesetzes über den Bundesfreiwilligendienst (BFDG) und des Gesetzes zur Förderung von Jugendfreiwilligendiensten (JFDG) [online]. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/93202/​de7b1c8ea1a882cf01107cb56bab4aa9/​abschlussbericht-gesetz-ueber-den-bundesfreiwilligendienst-und-jugendfreiwilligendienst-data.pdf

Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2016. Zeit, das Richtige zu tun: Freiwillig engagiert in Deutschland – Bundesfreiwilligendienst, Freiwilliges soziales Jahr, Freiwilliges ökologisches Jahr [online]. 3. Auflage. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend 01.10.2016 [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.bmfsfj.de/resource/blob/95554/​58cc5ee1e5a2ed055087db4296c5c19d/​zeit-das-richtige-zu-tun-fsj-foej-bfd-data.pdf

Eichhorn, Jaana, 2020. Jugendfreiwilligendienste – Orte politischer Bildung. Eine Expertise für das Deutsche Jugendinstitut [online]. Materialien zum 16. Kinder- und Jugendbericht. München: Deutsches Jugendinstitut e.V. [Zugriff am: 15.02.2024]. PDF e-Book. ISBN 978-3-86379-380-7. Verfügbar unter: https://www.dji.de/fileadmin/​user_upload/​dasdji/​publikationen/​Broschüren_2021_online/​2020-Jugendfreiwilligendienste%20%E2%80%93%20Orte%20politischer%20Bildung.pdf

Guggenberger, Bernd, Hrsg. 2000. Jugend erneuert Gemeinschaft. Freiwilligendienste in Deutschland und Europa. Eine Synopse. Baden-Baden: Nomos. ISBN 978-3-7890-6272-8

Liebig, Reinhard, 2021. Freiwilligendienste. In: Ralph-Christian Amthor, Brigitta Goldberg, Peter Hansbauer, Benjamin Landes und Theresia Wintergerst, Hrsg. Kreft/​Mielenz Wörterbuch Soziale Arbeit. 9., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Weinheim: Beltz Juventa, S. 329–332. ISBN 978-3-7799-3869-9 [Rezension bei socialnet]

Liebing, Savannah, 2023. Freiwilligendienste in Deutschland – Möglichkeiten einer Neuordnung [Bachelorarbeit] [online]. Meißen: Hochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege (FH), Fortbildungszentrum des Freistaates Sachsen [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://opus.bsz-bw.de/hsf/frontdoor/​index/​index/​docId/2880

Slüter. Uwe, Hrsg. 2011. Jugendfreiwilligendienste: Herausforderungen und Positionen. Düsseldorf: Haus Altenberg

Stemmer, Philipp, 2009. Freiwilligendienste in Deutschland: Eine Expertise zur aktuellen Landschaft der Inlands- und Auslandsfreiwilligendienste in Deutschland im Auftrag des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB). Berlin: Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH [Zugriff am: 15.02.2024]. Verfügbar unter: https://www.wzb.eu/system/​files/docs/sine/expertise_stemmer-zze_0.pdf

13 Informationen im Internet

Verfasst von
Dr. phil. Hubert Kolling
Krankenpfleger, Diplom-Pädagoge und Diplom-Politologe
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Zitiervorschlag
Kolling, Hubert, 2024. Jugendfreiwilligendienst [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 08.05.2024 [Zugriff am: 19.02.2025]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/2094

Link zur jeweils aktuellsten Version: https://www.socialnet.de/lexikon/Jugendfreiwilligendienst

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