Körperschaftsteuerfreistellungsbescheid
Thomas von Holt
veröffentlicht am 30.05.2019
Mit dem Freistellungsbescheid zur Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer wird für den im Bescheid angegebenen Zeitraum die Freistellung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer („Gemeinnützigkeit“) bestätigt.
Überblick
- 1 Freistellungsbescheid
- 2 Festsetzungbescheid
- 3 Zuwendungsbestätigungen
- 4 Quellenangaben
- 5 Literaturhinweise
1 Freistellungsbescheid
Der Freistellungsbescheid ist keine eigenständige Voraussetzung der Gemeinnützigkeit, sondern dient lediglich als förmliche Anerkennung einer bestehenden Gemeinnützigkeit (sogenannte deklaratorische Wirkung). Die Anerkennung regelt ausdrücklich nur die Freistellung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer. Der Bescheid ist daher kein Grundlagenbescheid (§ 171 Abs. 10 AO), sondern nur ein „informeller“ Nachweis für die Steuerbegünstigung wegen Gemeinnützigkeit nach anderen Steuergesetzen (z.B. Umsatzsteuer, Grundsteuer, Erbschaft- und Schenkungsteuer …), die dort in sehr unterschiedlichem Umfang gewährt wird. Zum Beispiel erstreckt sich die Grundsteuerbefreiung (§ 3 Abs. 1 Nr. 3 GrStG) nicht auf Wohnungen (§ 5 Abs. 2 GrStG). Weiterhin regelt der Freistellungsbescheid die vorläufige Berechtigung zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen (früher: Spendenbescheinigungen) in dem im Bescheid eröffneten Umfang (z.B. ggf. nicht für Mitgliedsbeiträge).
Der informelle Charakter des Freistellungsbescheides für andere Steuerarten resultiert aus dem Umstand, dass formal über die Gemeinnützigkeit bei jeder Steuerveranlagung gesondert entschieden wird (BFH BStBl 1997, 481). Ein die Gemeinnützigkeit bestätigender bestandskräftiger Körperschaftsteuerfreistellungsbescheid schützt daher nicht davor, dass bei der Umsatzsteuerveranlagung für denselben Zeitraum die Steuerbegünstigung wegen fehlender Gemeinnützigkeit versagt wird, z.B. weil der dafür zuständige Sachbearbeiter des Finanzamts oder zuständige Senat des Finanzgerichts/BFH eine restriktivere Sichtweise vertritt. Zur Vereinheitlichung des Verfahrens werden Reformbestrebungen diskutiert (Hüttemann 2018).
Mit dem Freistellungsbescheid wird die Steuerveranlagung der gemeinnützigen Körperschaft für die in dem Bescheid angegebenen Jahre abgeschlossen. Er kann daher immer erst nach Abschluss der in ihm angegebenen Jahre ergehen und bestätigt für diese Jahre die Einhaltung der formalen Voraussetzungen und Beachtung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Anforderungen an die Geschäftsführung (§ 59 AO). Falls ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 64 AO) unterhalten wird, ergeht der Freistellungsbescheid als Anlage zum Körperschaftsteuerbescheid.
Im bundesweiten Vergleich sind gravierende Unterschiede bei der Handhabung der gemeinnützigkeitsrechtlichen Voraussetzungen seitens der Finanzämter festzustellen; auch die Intensität der politischen Einflussnahme ist regional sehr unterschiedlich.
Turnusmäßig überprüft die Finanzverwaltung die Gemeinnützigkeit alle drei Jahre. In den Finanzämtern werden Listen über solche Körperschaften geführt, bei denen nach Einschätzung der Finanzämter oder der ihnen vorgesetzten Dienststellen – aus welchen Gründen auch immer – eine jährliche Überprüfung angezeigt ist.
Wie jeder Steuerbescheid kann der Freistellungsbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 AO) ergehen, wenn sich das Finanzamt die Möglichkeit einer gründlichen Überprüfung offenhalten will. Auch davon abgesehen ist die Bestandskraft des Freistellungsbescheides nicht unbeschränkt. Zum Beispiel kann das Finanzamt einen bestandskräftigen Freistellungsbescheid rückwirkend aufheben, soweit ihm nachträglich Tatsachen oder Beweismittel bekannt werden, die zu einer höheren Steuer führen (§ 173 AO), falls die Festsetzungsverjährung (§ 169 ff. AO) noch nicht abgelaufen ist.
Eine besonders gravierende Verletzung gemeinnützigkeitsrechtlicher Vorschriften kann wie ein „Ausstieg aus der Gemeinnützigkeit“ behandelt und daher zu einer rückwirkenden Aufhebung der Freistellungsbescheide sowie aller weiteren begünstigenden Steuerbescheide der letzten zehn Jahre führen (§ 63 Abs. 2 i.V.m. § 61 Abs. 3 AO).
2 Festsetzungbescheid
Abzugrenzen ist der Freistellungsbescheid vom Festsetzungsbescheid nach § 60a AO, mit dem die Einhaltung der satzungsmäßigen Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit für alle Steuerarten verbindlich festgestellt wird (Grundlagenbescheid). Dieser dient insbesondere nach Gründung der gemeinnützigen Körperschaft bis zum Erlass des ersten Freistellungsbescheides als vorläufiger Nachweis der Steuerbegünstigung.
3 Zuwendungsbestätigungen
Zuwendungsbestätigungen (§ 10b EStG) darf die gemeinnützige Körperschaft nur ausstellen, wenn sie darin das taggenau nicht länger als fünf Jahre zurückliegende Datum eines Freistellungsbescheides (bei Feststellungsbescheiden drei Jahre) eintragen kann (§ 63 Abs. 5 AO) und die Gemeinnützigkeit nicht zwischenzeitlich aberkannt wurde.
4 Quellenangaben
Hüttemann, Rainer, 2018. Gutachten G zum 72. Deutschen Juristentag: Empfiehlt es sich, die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gründung und Tätigkeiten von Non-Profit-Organisationen übergreifend zu regeln? München: C.H.Beck. ISBN 978-3-406-71587-7
5 Literaturhinweise
Winheller, Stefan, Stefan J. Geibel und Monika Jachmann-Michel, Hrsg., 2017. Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht. 1. Auflage. Baden-Baden: Nomos. ISBN 978-3-8487-1061-4 [Rezension bei socialnet]
Hüttemann, Rainer, 2018. Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht. 4. Auflage. Köln: Dr. Otto Schmidt KG. ISBN 978-3-504-06260-6 [Rezension bei socialnet]
Verfasst von
Thomas von Holt
Rechtsanwalt und Steuerberater
Tätigkeitsschwerpunkt Recht und Steuerrecht der Nonprofit-Organisationen
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