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Konzeption (Kindertageseinrichtung)

Prof. Dr. Tassilo Knauf

veröffentlicht am 29.06.2021

Die Konzeption ist eine schriftliche Ausführung der pädagogischen Schwerpunkte einer Kindertageseinrichtung. Im Sinne einer Konzeptionsentwicklung ist die Erstellung als Prozess zu verstehen, an dem alle Mitarbeiter*innen beteiligt sind.

Überblick

  1. 1 Zusammenfassung
  2. 2 Zum Begriff und zur Geschichte
  3. 3 Geht Kita-Praxis heutzutage auch ohne Konzeption?
  4. 4 Konzeption und pädagogische Qualität
  5. 5 Konzeptionsentwicklung als Prozess
  6. 6 Organisationsentwicklung
  7. 7 Autor*innen der Konzeption
  8. 8 Inhalte und formale Gestaltung der Konzeption
  9. 9 Schritte der Konzeptionserstellung
  10. 10 Adressat*innen
  11. 11 Quellenangaben

1 Zusammenfassung

Mit dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) von 1991 wurde in Kindertageseinrichtungen die Idee der Konzeption eingeführt. Dies ist ein Textdokument, in dem ein Team

  • die Schwerpunkte seiner professionellen pädagogischen Arbeit
  • die Rahmenbedingungen seiner Arbeit
  • die Strukturen der täglich bzw. auch im Jahreskreis sich wiederholenden Aktivitäten
  • seine pädagogischen Grundüberzeugungen
  • seine institutionellen und personellen Partner und
  • seine Qualitätsansprüche dokumentiert.

Adressat*innenen der Konzeption sind Eltern, Träger, Verantwortliche in der Kommune, andere pädagogische Einrichtungen, pädagogisch interessierte Externe sowie die Mitglieder des Teams selber.

Die Konzeption sollte im Rahmen eines Prozesses entstehen, in dem sich die Beteiligten über Ziele, Strukturen und Bedingungen ihrer Arbeit und ihrer Zusammenarbeit Klarheit verschaffen. Dieser Prozess kann als Organisationsentwicklung verstanden werden.

Die Qualität einer Konzeption wird vor allem durch die Einbeziehung möglichst aller am pädagogischen Handeln in der Kindertageseinrichtungen beteiligten Personen und durch die Regelmäßigkeit der Revision gesichert.

Die Konzeption ist im Laufe der letzten drei Jahrzehnte zu einem Standardelement der elementarpädagogischen Praxis geworden. Seine Erstellung, inhaltliche Ausrichtung und regelmäßige Aktualisierung wird von vielen Jugendämtern regelmäßig überprüft.

2 Zum Begriff und zur Geschichte

Mit der Verabschiedung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes (KJHG) im Jahr 1991 wurde für viele Kindertageseinrichtungen das Erstellen einer Konzeption zu einer neuen Selbstverständlichkeit. Träger erwarteten zunehmend, dass Kitas in der Lage sind, ihre Arbeit und die gemeinsamen pädagogischen Grundüberzeugungen im Team in eine schriftliche Form zu bringen und öffentlich zu präsentieren.

Nicht wenige Teams arbeiten schon an der zweiten, dritten oder sogar vierten „Generation“ ihrer Konzeption. Die Gründe für eine Neufassung der Konzeption können vielfältig sein (Glöckner 2021, S. 10 f.), z.B. weil

  • Teams sich in Arbeitsweisen und Ansprüchen weiterentwickelt haben,
  • sie ihre erste Konzeption noch nicht als ein authentisches, ehrliches Arbeitsdokument empfinden,
  • sie gravierenden Veränderungen im Personal (z.B. in Leitungsfunktionen) ausgesetzt sind und sie die Notwendigkeit sehen, in der neuen Personalzusammensetzung auch einen neuen Versuch zu unternehmen, ihr professionelles Selbstverständnis schriftlich zu fassen.

Der Begriff „Konzeption“, leitet sich ab vom lateinischen concapere (zusammenfassen, zusammennehmen) ab. Viele Teams sprechen alltagssprachlich vom „Konzept“. „Konzept heißt erste Niederschrift – erste Fassung […] Danach bedeutet Konzept das Festhalten einer Idee, eines Gedankens oder Einfalls und zwar in einer vorläufigen Form“ (Küfler 1994, S. 7).

Eine „Konzeption“ ist dagegen etwas Verbindlicheres. Armin Krenz (1996, S. 13 f.) definiert sie so: „Eine Konzeption ist eine schriftliche Ausführung aller inhaltlichen Schwerpunkte, die in dem betreffenden Kindergarten/​einer Kindertagesstätte für die Kinder, die Eltern, die Mitarbeiterinnen selbst, dem Träger und die Öffentlichkeit bedeutsam sind. Dabei spiegelt die Konzeption die Realität wider und verzichtet auf bloße Absichtserklärungen. Jede Konzeption ist damit individuell und trifft in ihrer Besonderheit nur für diese spezifische Einrichtung zu, um das besondere Profil zu verdeutlichen und unverwechselbar […] zu sein. Ihre Aussagen sind für alle Mitarbeiterinnen verbindlich“.

Stärker den Prozesscharakter betont Ludger Pesch (1996b, S. 174): „Unter einer pädagogischen Konzeption verstehe ich den Zusammenhang von Aussagen über Erziehungsziele, pädagogische Standards und Umsetzungsmaßnahmen, der eine ideelle Grundlage für das Handeln in der Einrichtung bildet. Die notwendige Transparenz, aber auch die Überprüfbarkeit und die Möglichkeit der Weiterentwicklung erfordert dabei eine schriftliche Fassung“.

Eine aktuelle Charakterisierung des Begriffs „Konzeption“ stammt von Margit Franz (2019, S. 7), sie verknüpft die Interpretationen von Krenz und Pesch und legt Wert auf die Konkretisierung der Konzeptionsinhalte: „Eine Konzeption ist eine umfassende schriftliche Zusammenstellung, in der Grundaussagen über Auftrag, Leistungsangebot, Pädagogik, pädagogisches Handlungskonzept, Bild vom Kind, Bildungsverständnis, Erziehungsziele, Beziehungsgestaltung, Organisationsform, Kooperationen, Rahmenbedingungen, Visionen […] formuliert sind. Sie ist die Visitenkarte, das Aushängeschild und Portfolio einer Einrichtung mit Außenwirkung“.

Die Idee, pädagogische Arbeit, ihre Begründungen und Ziele in Text (und Bildern) zu dokumentieren und damit nach innen und außen transparent zu machen, stammt aus Reggio Emilia in Norditalien. Dort begann man um 1970 die Fülle von Ideen und Erfahrungen, die in den kommunalen Kindertagesstätten gesammelt wurden, zu verschriftlichen, zusammenzufassen und damit für das eigene Team, für Eltern, den Träger und alle Interessierten als Spiegel des Erreichten und als Programm für die Weiterentwicklung fest zu halten (Knauf 2017). Über Besuchergruppen in Reggio Emilia, Veröffentlichungen und Fortbildungsangebote gelangte die Idee zwei Jahrzehnte später nach Deutschland.

3 Geht Kita-Praxis heutzutage auch ohne Konzeption?

Es gibt immer noch Einrichtungen, die bis heute noch keine Konzeption vorgelegt haben oder an einer vor Jahren erstellten Kita nicht weiterarbeiten (Pesch 1996a, S. 14 f.). Hierfür gibt es ganz verschiedene Motive:

  • Jahrzehntelang ging es ohne Konzeption; warum soll es nicht auch weiterhin ohne sie gehen?
  • Wir haben im Team unsere gemeinsamen pädagogischen Überzeugungen. Das müssen wir nun nicht auch noch aufschreiben.
  • Wir arbeiten situationsbezogen, wobei jeder von uns seine Stärken einbringt. Ein festgeschriebenes Konzept würde uns in unserer Arbeit unnötig einengen.
  • Die Konzeption würde uns zur gläsernen Einrichtung machen, die vom Träger und vor allem von den Eltern ständig kontrolliert wird.
  • Wir leiden ständig unter Zeitmangel. Den Luxus intensiver Diskussionen über Punkt und Komma von Konzeptionstexten können wir uns einfach nicht leisten.

Solche und andere Vorstellungen verbinden sich häufig auch mit der Meinung, „Konzeption“ wäre ein Thema der 1990er Jahre, das durch die Diskussion um den Bildungsauftrag, den länderspezifischen Bildungsplan und um die Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen abgelöst worden sei. Aber bis heute gilt: Eine Betriebserlaubnis für eine Kita kann nur erteilt werden, wenn eine Konzeption vorgelegt worden ist. Das ist in § 45 Abs. 3 SGB VIII seit 1991 festgelegt (Glöckner 2021, S. 10).

4 Konzeption und pädagogische Qualität

Der Bildungsauftrag lässt sich in der einzelnen Einrichtung nur umsetzen, wenn das Team der Einrichtung

  • Aufgaben und Ziele seiner Arbeit aus der diffusen Bereitschaft, für die Kinder da zu sein, herausgeholt und konkretisiert hat,
  • nach neuen Wegen sucht, um eine bessere Übereinstimmung zwischen pädagogischen Zielen und pädagogischer Praxis herzustellen.

Die wesentlichen Aspekte, die dafür sprechen, an der Konzeption zu arbeiten, sind ihre Wirkungen in Hinblick auf

  • Qualitätsorientierung
  • Prozessorientierung (wir bleiben nicht stehen!)
  • Verbindlichkeit
  • Transparenz
  • Verbesserung von Motivation und Arbeitszufriedenheit.

Die Qualitätsorientierung der Konzeption ergibt sich vor allem aus der unmissverständlichen Klärung von Aufgaben, Zielen, deren Umsetzungsbedingungen und Beurteilungskriterien, zu der das Team bei der Konzeptionsentwicklung gelangt. Die Qualität der Arbeit ergibt sich nicht aus der Überzeugung: Hauptsache die Kinder fühlen sich wohl und die Eltern sind zufrieden. Qualität ist orientiert an Ziel- und Aufgabendefinitionen sowie Bewertungsmaßstäben (Kamiske und Brauer 1999, S. 160 ff.) Oft ist die Arbeit an der Konzeption die entscheidende Chance, in der sich Teammitglieder*innen der Bedeutung und der Prinzipien qualitätvoller Arbeit bewusst werden. Sie tun dies, indem sie die persönlichen, meist unbewussten und oft auf Krisenfälle bezogenen pädagogischen Überzeugungen und Wertvorstellungen artikulieren, kommunizieren und einer kritischen Diskussion unterziehen, um Konsense zu finden.

5 Konzeptionsentwicklung als Prozess

Konzeptionsentwicklung ist vor allem zu sehen als ein Kommunikations- und Reflexionsprozess, an dem alle Mitarbeiter*innen der Einrichtung und im Idealfall auch die Vertreter*innen der Eltern beteiligt sind. Bestandteile dieses Prozesses sind „Innen-“ und „Außenschau“; denn es geht in ihm darum, die heimlichen Theorien des pädagogischen Handelns sichtbar und kommunizierbar zu machen und genau hinzuschauen auf die meist nicht hinterfragten Strukturen und Produkte alltäglichen Handelns. Das geht in der Regel nicht ohne Konflikte und Krisen. Krisen können aber heilsam sein. In ihnen kann gelernt werden, dass es nicht um richtig oder falsch geht, sondern um die Suche nach den Ressourcen und Potenzialen im Team und um die Suche nach einer Basis gemeinsamer Überzeugungen, die das Team nach innen und außen stark machen kann (Knauf 2003, S. 245 ff.).

6 Organisationsentwicklung

Eine der wichtigsten Strategien zur Förderung pädagogischer Qualität und damit auch der Konzeptionsentwicklung ist die Organisationsentwicklung (OE). Der OE-Ansatz hat eine seiner Wurzeln in den sozialpsychologischen Forschungen und Experimenten Kurt Lewins in den 1940er Jahren am Massachusetts Institut of Technology. Schon in dieser frühen Phase der Entwicklung des Ansatzes kristallisierte sich das 3-Phasen-Modell der Organisationsentwicklung heraus:

  1. Situationsanalyse: Eine Organisation, deren Leistung auf der Zusammenarbeit von Menschen beruht, kann ihre Effektivität dann verbessern, wenn alle Mitglieder der Organisation in einen gemeinsamen und demokratischen Prozess der Überprüfung und Neubewertung von Handlungszielen und Arbeitsweisen der Organisation eintreten
  2. Neudefinition von Zielen und Handlungsstrategien: Dieser Prozess kann zwar von externen Beratern oder Moderatoren angestoßen oder begleitet werden, er ist aber im Wesentlichen ein innerer Prozess der Gewinnung neuer oder veränderter Ideen, Prinzipien und Handlungsweisen auf der Basis konstruktiver Auseinandersetzung mit Gewohnheiten und Konventionen
  3. Stabilisierung des neuen Gesamtkonzepts von Überzeugungen, Zielen und Handlungspraktiken: Dieser Prozess führt dazu, dass sich die Teammitglieder schrittweise auf eine veränderte Wahrnehmung gemeinsamer Werte, Verpflichtungen und alltäglicher Arbeitsstrukturen einstellen und diese praktizieren.

Der in den USA lehrende Sozialpsychologe Edgar Schein hat Lewins Ausgangsmodell der Organisationsentwicklung weitergeführt. Er definiert „Organisationskultur“ als die Gesamtheit der „Werte, Normen und Grundannahmen, die sich aus der persönlichen Lerngeschichte eines Teams oder einer Organisation ergeben“ (o.V. 2021).

In Anschluss an das Konzept der Organisationsentwicklung sind speziell für die Konzeptionsentwicklung Schrittfolgen des gemeinsamen Handelns entworfen und erprobt worden (Erath 1996 S. 148 ff; Hollmann und Benstetter 2000, S. 94 ff.). Dabei wird eine externe Prozessbegleitung oft als sehr hilfreich eingeschätzt, weil sie neutraler und gezielter die notwendigen Schritte initiieren und stützen kann (o.V. 2002, S. 38 ff; Pesch 1996b, S. 175 f.). Ziel ist es dabei, die Grundsätze der Arbeitstransparenz, der Verbindlichkeit der einrichtungsbezogenen Arbeitsprinzipien sowie der Verbesserung von Berufsmotivation und Arbeitszufriedenheit sicher zu stellen und zu verknüpfen.

7 Autor*innen der Konzeption

Das Team erstellt die Konzeption, um sich und den Adressat*innen, den „Kunden“ der Kita, Klarheit über die pädagogischen Überzeugungen, Werte und alltäglichen Handlungspraktiken des Kita-Teams zu vermitteln. Daher sind zunächst die pädagogischen Fachkräfte und alle, die in der Kita arbeiten, die entscheidenden Autor*innen der Kita. Wenn wir von Bildungs- und Erziehungspartnerschaft mit den Eltern sprechen, dann ist es naheliegend, auch Eltern in die Konzeptionserstellung einzubeziehen. Dann könnte die Konzeption ein Bild von der pädagogischen Arbeit eines Teams abgeben, das verschiedene Perspektiven auf den pädagogischen Alltag und die dahinterstehenden Werte und Grundannahmen wirft. Eltern für eine Mitarbeit zu gewinnen, ist allerdings schwierig. Sie sehen sich vorrangig als Kunden, die eine hohe Qualität des Kita-Produkts Bildung – Erziehung – Betreuung erwarten. Eltern, vor allem Elternvertretungen, können sich aber zur Mitarbeit bereitfinden, wenn sie ihre Erfahrungen und Wünsche als Kita-Eltern zu Papier bringen oder ein Fallbeispiel schildern, wie Mitarbeiter*innen und Eltern gemeinsam ein Alltagsproblem gelöst haben (Jacobs 2019, S. 24 ff.).

Die Konzeption wird als Gemeinschaftswerk aller Beteiligten glaubwürdig, wenn auch Kinder zu Wort kommen. Das kann z.B. geschehen, wenn ein Ausschnitt aus einem Morgenkreisgespräch wiedergegeben wird und vor allem, wenn Bilder und Zeichnungen der Kinder Alltagssituationen in der Kita veranschaulichen und zugleich Farbe und Lebendigkeit in die oft textlastige Struktur der Konzeption bringen (ebd., S. 28 ff.).

8 Inhalte und formale Gestaltung der Konzeption

Die Orientierung an den Prinzipien Dialog und Diskussion birgt Gefahren, wenn Ziele und Inhalte aus dem Blick geraten. Daher ist die frühzeitige Stoffsammlung und Ordnung der möglichen Inhalte für den Konzeptionsentwicklungsprozess ebenso wichtig, wie eine gut strukturierte Visualisierung der (Zwischen-) Ergebnisse (Franz 2019, S. 8 ff.). Inhalte der Konzeption könnten dann sein:

A Rahmenbedingungen der pädagogischen Arbeit in unserer Kita:

  • Die „Visitenkarte“ (Name, Anschrift, Träger, Personen, Räume, Zeitstruktur)
  • das Umfeld unserer Kita
  • die Chronik unserer Kita
  • Lebensumfeld, kulturelle Besonderheiten und Lebensalltag der Familien unserer Kita

B Die pädagogische Praxis in unserer Kita:

  • Pädagogische Ziele und Prinzipien:
    • unser Bild vom Kind
    • unsere pädagogische Haltung als Fachkräfte
    • unsere Vorstellung von Bildung
    • Orientierung an pädagogischen Ansätzen
    • die Rechte der Kinder in unserer Kita (auch Glöckner 2021, S. 36 ff.)
  • Pädagogische Handlungselemente:
    • Pädagogische Raumgestaltung und Öffnung der Einrichtung
    • Eingewöhnung
    • Sicherung von Basiskompetenzen der Kinder
    • Umgang mit individueller Verschiedenheit und kultureller Vielfalt
    • Partizipation der Kinder in unserer Kita
    • Tagesrhythmus
    • Freispiel
    • Projekte
    • Bildungsdokumentation
    • Bewegung
    • Mahlzeiten
    • Feste
    • Gesundheitsförderung
    • Schulvorbereitung
    • Beschwerdemanagement
    • Erzieherinnenrolle
    • Zusammenarbeit im Team (ebd., S. 69 ff.).

C Das Netzwerk der pädagogischen Arbeit in unserer Kita:

  • Zusammenarbeit mit Eltern
  • Kooperation mit der Grundschule
  • Vernetzung in der Gemeinde und Öffentlichkeitsarbeit
  • Formen der Qualitätssicherung in der Kita
  • Alleinstellungsmerkmale, Besonderheiten unserer Kita.

Die Menschen, die in den Einrichtungen arbeiten und leben, sollten stolz auf „ihre“ Konzeption sein können. Daher ist auf ihre äußere Gestaltung, ihre Ästhetik wert zu legen. Der Text sollte übersichtlich, nie „überladen“ strukturiert sein. Er sollte durch Kinderzeichnungen und Fotos illustriert sowie durch Zitate und Gedichtausschnitte bereichert sein.

9 Schritte der Konzeptionserstellung

Für den Prozess der Konzeptionserarbeitung ist es sinnvoll, sich vorher gemeinsam eine Arbeitsstrategie überlegt zu haben. Diese könnte sich an folgenden Fragen orientieren:

  • In welchem Zeitraum soll die Konzeption erstellt werden?
  • Wie steht unser Träger zu dem Thema Konzeption?
  • Brauchen wir für die Konzeptionserstellung eine professionelle Begleitung?
  • Wie sollten wir auf den Bildungsplan unseres Bundeslandes eingehen?
  • Müssen wir rechtliche Vorgaben berücksichtigen (Urheberrecht, Datenschutzgesetze)?
  • Wie soll die fertige Konzeption aussehen?
    • Welchen Umfang sollte sie haben?
    • Wie können wir eine möglichst übersichtliche Gliederung strukturieren?
    • Wie können wir die Konzeption lebendig gestalten, z.B. durch Fotos, Bilder, Zeichnungen, wörtlichen Aussagen der Kinder, Einsatz von Farbe?
  • In welcher Reihenfolge bearbeiten wir die Texte? Vorschlag:
    1. Erst einmal sich verständigen über Ziele, Prinzipien und Handlungselemente unserer pädagogischen Praxis
    2. Arbeitsteilig die Rahmenbedingungen unserer Arbeit zusammentragen
    3. Ebenfalls arbeitsteilig das Netzwerk der pädagogischen Arbeit in unserer Kita zusammentragen.
  • Wie verteilen wir die Arbeit im Team?
    • Wer recherchiert zu den Rahmenbedingungen?
    • Wer macht einen Textvorschlag für das Thema „Netzwerk“?
    • Wer überführt die Diskussionsergebnisse über die Ziele, Prinzipien und Handlungselemente der pädagogischen Praxis in Textbausteine?
    • Wie sichern wir, eine gemeinsame Überarbeitung der Texte?
    • Wer kümmert sich um Bilder und Kindertexte?
    • Wer kümmert sich um Layout und grafische Gestaltung?
      In der Regel sollten (mindestens) zwei Teammitglieder für diese Punkte verantwortlich sein!
  • Wo lassen wir die Konzeption drucken?
  • In welcher Auflage soll die Konzeption erscheinen?
  • Wie stellen wir die Konzeption öffentlich vor?
  • Wie verteilen und verbreiten wir unsere Konzeption?
  • Wie geht es nach der Konzeptionserstellung und -veröffentlichung weiter?
    • Wie wollen wir mit der Konzeption im Arbeitsalltag arbeiten?
    • Wie prüfen wir, ob die Konzeption auch unseren Arbeitsalltag zu strukturieren hilft?
    • Gibt es Schwachstellen der Konzeption?
    • Wie entwickeln wir unsere Konzeption weiter?

Dieser Prozess der schrittweisen Entwicklung einer Arbeitsstruktur für die Konzeptionserstellung klärt nicht nur die Arbeitsweise, sondern – fast nebenbei – auch die Umrisse inhaltlicher Aussagen; denn der Prozess der Konzeptionserarbeitung macht an Beispielen deutlich, was dem Team wichtig ist und wie es seine Zusammenarbeit sieht. Die Umsetzung des Programms der Konzeptionserarbeitung enthält aber noch eine Reihe von Stolpersteinen. Damit das Team über sie hinwegkommt, seien noch einige Arbeitstipps zusammengestellt:

  1. Das gesamte Aktionsprogramm bis zur öffentlichen Vorstellung der Konzeption sollte in mehrere selbstständige Arbeitsschritte aufgegliedert werden. Zwischen ihnen sollten Zeitpuffer verbleiben, damit alle Teammitglieder sich ohne Hektik mit den gefundenen Lösungen und Formulierungen identifizieren können oder auch noch eine Notbremse für Änderungen ziehen können. So werden Übersichtlichkeit, Struktur und Partizipation gesichert.
  2. Die sozialen Arbeitsformen sollten variiert werden: Das gesamte Team erarbeitet die Grundannahmen zu jedem Teilaspekt; Klein- oder Partnergruppen überführen diese Grundannahmen in einen Fließtext. Eine andere Klein- oder Partnergruppe liest die gefundene Formulierung gegen. Abschließend werden die einzelnen Textbausteine im Gesamtteam vorgestellt, diskutiert, „abgesegnet“ oder überarbeitet. In den unterschiedlich dimensionierten Diskussionsgruppen soll ein dialogisches Gesprächsklima herrschen: sich Zeit nehmen, zuhören, konstruktive Kritik üben, an der Sache diskutieren, Gemeinsamkeiten suchen.
  3. Die Themen, ihre Teilaspekte, die vereinbarten pädagogischen Schwerpunkte und weitere Stichpunkte können und sollten in Mindmaps visualisiert werden. Damit werden einprägsame begriffliche Kernpunkte in einer flexiblen, übersichtlichen Struktur festgehalten.

10 Adressat*innen

Die Konzeption wird mit ihrer Gestaltung zu mehr als einer Visitenkarte. Sie wird nach einer relativ aufwendigen Erarbeitung zu einem gemeinsamen gehalt- und wertvollen „Schatz“ des Teams, auch wenn ihre Wirkzeit auf 4 bis 7 Jahre beschränkt ist. Sie soll Eltern ansprechen, aber nicht den Eltern aufgedrängt werden. Sie ist wichtig für den Träger (Glöckner 2021, S. 97), der sich oft auch um eine zusammenfassende „Trägerkonzeption“ oder um eine Abstimmung der Konzeptionsgestaltung „seiner“ Einrichtungen bemüht. Auch für Bewerber*innen auf vakante Stellen, Sponsor*innen oder Kolleg*innen aus anderen Einrichtungen sind Kenntnisnahme und Studium der Konzeption bedeutungsvoll.

Wichtig ist aber auch, dass die Teammitglieder die Konzeption nutzen, um für die kleinen und größeren Entscheidungen im pädagogischen Alltag Orientierung und vielleicht auch konkrete Praxishinweise zu bekommen. Die Konzeption kann dann für die Teammitglieder, insbesondere für die Kolleg*innen, die noch nicht lange dem Team angehören, so etwas wie ein Nachschlagewerk sein. Sie kann dann auch als eine Art „Arbeitsmappe“ gestaltet sein: nicht gebunden, sondern ein Ringbuch oder Ordner, in dem auch handschriftliche Notizen gemacht werden können (Jacobs 2019, S. 22). Diese Notizen können dann bei einer anstehenden Überarbeitung genutzt werden.

Darüber hinaus ist die Erarbeitung und Nutzung der Konzeption ein wichtiger und immer wieder neu wirksamer Impuls für die Pflege einer Teamkultur, in der wechselseitiges Vertrauen, Transparenz, Ressourcenorientierung, wertschätzende Kommunikation, das Vermitteln von Feedback und konstruktives Konfliktmanagement eine zentrale Rolle spielen (ebd., S. 91 f.).

Die Konzeption ist schließlich zentrales Element der Öffentlichkeitsarbeit. Diese zielt darauf ab,

  • Bildung, Erziehung und Betreuung jüngerer Kinder als Teil des öffentlichen Lebens ins Bewusstsein der Menschen im Umfeld der Kita zu rücken,
  • das Profil der einzelnen Kita im Wettbewerb der Kindertageseinrichtungen deutlich und attraktiv zu machen,
  • Neugier auf die Besonderheiten der Einrichtung in der Öffentlichkeit zu wecken,
  • das Interesse politischer Entscheidungsträger für die einzelne Einrichtung zu stimulieren,
  • den Stolz des Teams auf seine Einrichtung zu stärken (ebd., S. 98 f.).

11 Quellenangaben

Erath, Peter, 1996. Ein Modell zur Konzeptionsentwicklung in Kindertageseinrichtungen. In: KiTa aktuell MO. (7-8), S. 147–151. ISSN 0941-4347

Franz, Margit, 2019. Schritt für Schritt zur eigenen Kita-Konzeption. München: Don Bosco

Glöckner, Ulrike, 2021. Kita-Konzeption: Schritt für Schritt gemeinsam entwickeln. München: Verlag Herder. ISBN 978-3-451-38657-2

Hollmann, Elisabeth und Sybille Bensteller, 2000. In sieben Schritten zur Konzeption: wie Kindertageseinrichtungen ihr Profil entwickeln. Seelze-Velber: Kallmeyer. ISBN 978-3-7800-5703-7

Jacobs, Dorothee, 2019. Die Konzeptionswerkstatt in der Kita. 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Weimar: Verlag Das Netz. ISBN 978-3-937785-98-1

Kamiske, Gerd F. und Jörg-Peter Brauer, 1999. Qualitätsmanagement von A bis Z. München: Hanser. ISBN 978-3-446-21217-6

Knauf, Tassilo, 2003. Der Einfluss pädagogischer Konzepte auf die Qualitätsentwicklung in Kindertageseinrichtungen. In: Wassilios E. Fthenakis, Hrsg. Elementarpädagogik nach PISA. Freiburg: Herder, S. 243–263. ISBN 978-3-451-28062-7

Knauf, Tassilo, 2017. Reggio. Berlin: Cornelsen. ISBN 978-3-589-24781-3 [Rezension bei socialnet]

Krenz, Armin, 1996. Die Konzeption – Grundlage und Visitenkarte einer Kindertagesstätte. Freiburg i. Br.: Herder. ISBN 978-3-451-23630-3

Küfler, Walter, 1994.Konzepterstellung – Mode oder Notwendigkeit. In: Treffpunkt Kindertagesstätte – Forum Sozialpädagogik. 7(6), S. 7–8. ISSN 0938-0965

Ohne Verfasser, 2002. Basiswissen Kita: Konzepte entwickeln – Bildung planen. Sonderheft der Zeitschrift „Kindergarten heute“. Freiburg i. Br: Herder

Ohne Verfasser, 2021. Edgar Schein. In: Wikipedia [online]. 11.02.2021 [Zugriff am: 10.04.2021]. Verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Edgar_Schein

Pesch, Ludger, 1996a. Jede Veränderung beginnt bei mir selbst: Konzeptionsentwicklung geschieht nicht im Schlaf. In: Welt des Kindes. (5), S. 13–17. ISSN 0373-5885

Pesch, Ludger, 1996b Konzeptionsentwicklung und -umsetzung als gemeinsamer Prozess. In: KiTa aktuell MO. (9), S. 174–176. ISSN 0941-4347

Verfasst von
Prof. Dr. Tassilo Knauf
Promotion in Kulturwissenschaften; 28 Jahre tätig als Professor für Erziehungswissenschaft in Essen sowie als Gastprofessor an verschiedenen deutschen Universitäten.
Aktiv in Weiterbildung, Beratung, Coaching, Qualitätsmanagement und Publizistik mit den Schwerpunkten Reggio-Pädagogik, Konzeptionsentwicklung, Bildungsdokumentation, pädagogische Raumgestaltung, Arbeit mit Kindern unter 3 Jahren sowie Übergang zur Grundschule.
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Zitiervorschlag
Knauf, Tassilo, 2021. Konzeption (Kindertageseinrichtung) [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 29.06.2021 [Zugriff am: 13.10.2024]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/5960

Link zur jeweils aktuellsten Version: https://www.socialnet.de/lexikon/Konzeption-Kindertageseinrichtung

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