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Kundenbeschwerde

Gisela Meese

veröffentlicht am 09.12.2018

Eine Kundenbeschwerde ist eine kritische Rückmeldung eines Kunden, der mit einem Produkt oder einer Dienstleistung unzufrieden ist. Jede Äußerung von Unzufriedenheit ist eine Beschwerde, auch wenn das angesprochene Problem sofort gelöst oder behoben werden kann. Im Kontext des Qualitätsmanagements wird ein Kunde, der eine Beschwerde vorbringt, als Beschwerdeführer bezeichnet.

Überblick

  1. 1 Zusammenfassung
  2. 2 Unterschied zwischen Reklamation und Beschwerde
  3. 3 Ursachen für Kundenbeschwerden
  4. 4 Erstbeschwerden und Folgebeschwerden
  5. 5 Zunahme von Kundenbeschwerden
  6. 6 Gründe, Beschwerden gegenüber dem Unternehmen nicht zu äußern
  7. 7 Quellenangaben
  8. 8 Literaturhinweise

1 Zusammenfassung

Mit Beschwerden äußert der Kunde seine subjektiv erlebte Unzufriedenheit mit einem Produkt oder einer Dienstleistung. Reklamationen sind Beschwerden, bei den sich der Kunde auf einen Rechtsanspruch berufen kann. Beschwerdeursachen können in der Person (Mitarbeiter), dem Produkt oder der Dienstleistung und in den Prozessen (Abläufen) liegen. Wenn Erstbeschwerden nicht oder nicht zufriedenstellend bearbeitet werden, entstehen Folgebeschwerden, die ungleich schwerer zu lösen sind. Mit den wachsenden Ansprüchen von Kunden wächst auch ihre Bereitschaft, Kritik zu äußern. Dies führt zu einem Anstieg der Beschwerden. Dennoch gibt es viele Gründe, warum Kunden ihre Beschwerden gegenüber dem Unternehmen nicht äußern. Jede Beschwerde, die nicht geäußert oder angemessen beachtet wird, bedeutet ein Reputationsrisiko für das Unternehmen. Auch vergibt das Unternehmen die Chance, aus den Beschwerden wertvolle Informationen für eine kontinuierliche Qualitätsverbesserung zu gewinnen. Im Rahmen des Beschwerdemanagements wird die systematische Behandlung von Beschwerden und ihre Auswertung sichergestellt.

2 Unterschied zwischen Reklamation und Beschwerde

Eine Reklamation ist eine Beschwerde, bei der sich der Kunde auf einen konkreten Rechtsanspruch berufen und diesen geltend machen kann. In der Regel werden seine Ansprüche begründet durch einen Verkaufsvertrag oder gesetzliche Bestimmungen wie beispielsweise Gewährleistungsansprüche. Reklamationen sind als eine eigene Ausprägung von Beschwerden ebenfalls Gegenstand eines Beschwerdemanagements.

3 Ursachen für Kundenbeschwerden

Beschwerden entstehen überall dort, wo Kunden die Qualität eines Produktes, einer Dienstleistung oder einer Verhaltensweise eines Mitarbeiters direkt erleben. Der Eindruck des Kunden gründet sich auf seine subjektive Erfahrung von dem, was für ihn zugänglich und beobachtbar ist. Wenn der Kunde eine Diskrepanz erlebt zwischen seiner Erwartung und subjektiv erlebter Einlösung der Erwartung entsteht Unzufriedenheit. Diese löst möglicherweise eine Beschwerde aus.

Die Ursache von Kundenbeschwerden lassen sich nach dem 3-P-Modell (Haeske 2001, S. 32) drei Bereichen zuordnen:

  1. Person: Neben der fachlichen Kompetenz erwarten „Kunden“ vom Personal ein dienstleistungs- und kundenorientiertes Verhalten. So kann ein Mitarbeiter, der im Kontakt mit dem Kunden steht, Anlass für eine Beschwerde geben.
  2. Produkt (oder Dienstleistung): Das Produkt ist mangelhaft oder es entspricht den Erwartungen des Kunden nicht. Auch Dienstleistungen können als „Produkt“ verstanden werden.
  3. Prozess: Abläufe, die nicht kundenorientiert sind, verursachen häufig Beschwerden.
Tabelle 1: 3-P-Modell für die Ursachen von Kundenbeschwerden nach Haeske
Person Produkt/Dienstleistung Prozess
  • Fehlende Kunden- und Serviceorientierung
  • Falsches Rollenverständnis
  • Fehlendes Engagement
  • Mangelhafte Fachkompetenz
  • Mangelhafte kommunikative Kompetenz
  • Fehlende Sozialkompetenz
  • etc.
  • Probleme bei der Nutzung des Produktes
  • Mängel des Produktes
  • Mangelhafte/fehlende Produktinformationen
  • Unvollständigkeit
  • etc.
  • Abläufe sind nicht transparent und nachvollziehbar für den Kunden
  • Ansprechpartner sind nicht zu ermitteln oder schwer zu erreichen
  • Lange Wartezeiten
  • etc.

4 Erstbeschwerden und Folgebeschwerden

Wenn eine Erstbeschwerde aus Sicht des Kunden nicht zufriedenstellend bearbeitet oder vielleicht gar nicht beachtet wird, kommt es nicht selten zu einer Folgebeschwerde. War ein Kunde zunächst mit der Qualität eines Produktes unzufrieden, ärgert er sich jetzt darüber, dass der Mitarbeiter kein Interesse an seiner Kritik zeigte oder seine Erstbeschwerde wirkungslos blieb. Die Verärgerung des Kunden bezieht sich nun nicht nur auf den ursprünglichen Beschwerdeanlass, sondern auch auf den mangelhaften Umgang mit seiner Beschwerde. Das Problem besteht jetzt auf mehreren Ebenen und ist ungleich schwerer zu lösen.

5 Zunahme von Kundenbeschwerden

Die Ansprüche der „Kunden“ wachsen, ebenso ihr Selbstbewusstsein und damit ihre Bereitschaft Kritik auszusprechen. Es ist für sie naheliegend, sich bei Unzufriedenheit zu beschweren. Wenn das Unternehmen keine Beschwerdewege anbietet, besteht das Risiko, dass Kunden ihre Beschwerden außerhalb des Unternehmens verbreiten. Mit dem rasanten Wachstum der Sozialen Medien ist dafür ein viraler Verbreitungsweg entstanden, bei dem Einzelmeinungen mit geringem Aufwand einer großen Öffentlichkeit mitgeteilt werden können. Für Unternehmen bedeutet diese negative Mundpropaganda ein erhebliches Reputationsrisiko.

6 Gründe, Beschwerden gegenüber dem Unternehmen nicht zu äußern

Viele Kunden äußern ihre Unzufriedenheit nicht. Die Gründe sind vielschichtig:

  • Der Kunde befürchtet eine unangenehme Situation oder einen Konflikt.
  • Der Ansprechpartner ist schwer zu ermitteln oder nicht zu erreichen.
  • Der Kunde hat in einer ähnlichen Situation schlechte Erfahrungen gemacht.
  • Ihm fehlt das Vertrauen in ein funktionierendes Beschwerdemanagement („Ob ich mich beschwere oder nicht – es passiert sowieso nichts!“).
  • Er kennt seine Rechte als Verbraucher nicht und weiß nicht, dass er das Recht hat, eine Beschwerde zu äußern.
  • Er verfügt nicht oder nicht ausreichend über die erforderliche Ausdrucksfähigkeit oder beherrscht die Sprache nicht.

Mit jeder nicht geäußerten Beschwerde verliert das Unternehmen die Chance, den Kunden noch einmal umzustimmen. Kunden, die mit der unternehmerischen Reaktion auf ihre Beschwerde zufrieden waren, zeichnen sich durch eine höhere Zufriedenheit aus als die Kunden, die keinen Anlass für eine Beschwerde hatten. Dieses empirisch belegte Phänomen wird als Beschwerdeparadoxon bezeichnet.

Da das Unternehmen den Inhalt einer nicht mitgeteilten Beschwerde nicht kennt, kann diese auch nicht ausgewertet werden. So fehlen diese Informationen, um die eigene Produkt- oder Dienstleistungsqualität kontinuierlich zu verbessern und kundengerechter zu gestalten. Kunden, die ihre Unzufriedenheit gegenüber dem Unternehmen nicht äußern, berichten möglicherweise an anderer Stelle davon, sodass auch hier ein Reputationsrisiko für das Unternehmen besteht. Es liegt deshalb im Interesse des Unternehmens, dass Beschwerden mitgeteilt werden. Viele Firmen oder Organisationen machen dem Kunden Angebote, seine Beschwerden möglichst komfortabel und zeitnah mitzuteilen (Beschwerdestimulation). Sie sorgen für eine professionelle Beschwerdeannahme. Beides bewirkt bereits eine Deeskalation von Kundenbeschwerden.

7 Quellenangaben

Haeske, Udo 2001. Beschwerden und Reklamationen managen: Kritische Kunden sind gute Kunden! 1. Auflage. Weinheim und Basel: Beltz Verlag, S. 32. ISBN 978-3-407-36373-2

8 Literaturhinweise

Stauss, Bernd, Wolfgang Seidel, 2014: Beschwerdemanagement: Unzufriedene Kunden als profitable Zielgruppe. 5. Auflage. München, Wien: Hanser. ISBN 978-3-446-43966-5
Nach wie vor ist dies das Standardwerk zum Beschwerdemanagement. Es liegt jetzt in fünfter, vollständig überarbeiteter Auflage vor.

Ratajczak, Oliver, Hrsg., 2012. Erfolgreiches Beschwerdemanagement: Wege zu Prozessverbesserungen und Kundenzufriedenheit. Wiesbaden: Gabler Verlag. ISBN 978-3-658-00557-3

Verfasst von
Gisela Meese
M.A., Organisationsentwicklerin (IHK), Systemischer Business Coach (ECA-zert.)
Offizielle Kooperationspartnerin des Bundesverbands Beschwerdemanagement für Gesundheitseinrichtungen (BBfG) e.V.
Langjährige Verantwortung bei UNICEF Deutschland für Aufbau und Pflege der Spenderkontakte sowie für das professionelle Beschwerdemanagement
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Zitiervorschlag
Meese, Gisela, 2018. Kundenbeschwerde [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 09.12.2018 [Zugriff am: 16.09.2024]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/28340

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