Menschenrechtsbildung
Prof. em. Dr. Karl-Peter Fritzsche
veröffentlicht am 10.12.2021
Unter Menschenrechtsbildung versteht man diejenigen Aktivitäten, die Kenntnisse, Werte und Handlungsfähigkeiten vermitteln, die Menschen dabei helfen, ihre Rechte verstehen, nutzen und verteidigen zu können.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Menschenrechte müssen gelernt werden
- 3 Entwicklungsschritte der Menschenrechtsbildung
- 4 Trias der Bildungsdimensionen: UN-Deklaration für Menschenrechtsbildung
- 5 Menschenrechtskompetenzen
- 6 Empowerment
- 7 Trias der Bildungsbedingungen
- 8 Kinderrechtsbildung als Einstieg in die Menschenrechtsbildung
- 9 Zur besonderen Nähe von Menschenrechtsbildung und Politischer Bildung
- 10 Menschenrechtsbildung für und durch Soziale Arbeit
- 11 Kultur der Menschenrechte
- 12 Quellenangaben
- 13 Literaturhinweise
- 14 Informationen im Internet
1 Zusammenfassung
Menschenrechte muss man kennen, anerkennen und können. Da sich der Lerngegenstand „Menschenrechte“ als komplex, kritisch, kontrovers und konfliktreich erweist, benötigt die Menschenrechtsbildung (MRB) angemessene Orientierung. Im Beitrag werden deshalb im Anschluss an eine entwicklungsgeschichtliche Einordnung der MRB zehn inhaltlich orientierende Eckpfeiler skizziert und zehn Kompetenzen zum menschenrechtsorientierten Handeln vorgestellt.
Es werden die drei bekannten Lernziel-Dimensionen einer Bildung „über, durch und für die Menschenrechte“ diskutiert und durch drei Dimensionen ihrer Lernbedingungen „in, von und mit“ ergänzt: MRB in unterschiedlichen Kontexten, von unterschiedlichen BildnerInnen, mit unterschiedlichen Lernenden. MRB gibt es nur in Vielfalt, gleichwohl lässt sich ein normativer Kern bestimmen, der aller Vielfalt zugrunde liegt und an dem sich die Entwicklungsprozesse der Menschenrechte und die Lernprozesse der MRB ausrichten.
Da die Werte, auf denen die Menschenrechte basieren, aber nicht von allen Menschen geteilt werden, sind die Menschenrechte immer auch mit Gegenkräften konfrontiert und Bildung für die Menschenrechte schließt deshalb eine Bildung gegen menschen(rechts)feindliche Positionen und Kräfte ein.
Mit der Kinderrechtsbildung verfügt die Menschenrechtsbildung über einen vielversprechenden frühen Zugang zu den Lernenden, der es möglich macht, durch das Erfahrbarmachen von gleicher Würde und gleichen Rechten eine Grundlage zu bilden für die Anerkennung der Werte der Menschenrechte.
Im Rahmen der sogenannten benachbarten Bildungsansätze der MRB nimmt die Politische Bildung eine besondere Stellung ein: Sie ist das Dach, unter dem sich die MRB entwickeln konnte und sie teilt mit ihr die Zielsetzung mündiger Bürgerschaft. Allerdings weist die MRB über Grenzen Politischer Bildung hinaus, da die Menschenrechte gleiche Rechte nicht nur für alle Staatsbürger, sondern für alle Menschen beanspruchen.
Es ist nicht zuletzt diese Grenzen überschreitende Orientierung der Menschenrechte, die VertreterInnen der Sozialen Arbeit dazu bewegt hat, sie als Menschenrechtsprofession zu entwickeln und Menschenrechtsbildung zum Kern der Ausbildung zu bestimmen.
Da in der Entwicklung einer Kultur der Menschenrechte das wesentliche Ziel der MRB gesehen wird, wird abschließend eine Perspektive auf dieses Konzept eingenommen, die es erlaubt, sowohl die Vielfalt ihrer Zielsetzungen zu präzisieren, als auch Schritte ihrer Umsetzung zu analysieren.
2 Menschenrechte müssen gelernt werden
Menschenrechte müssen gelernt werden, sie sind nicht „selbst-verständlich“. Sie gelten zwar als „angeborene“ Rechte, aber die Menschen müssen gleichwohl erst lernen, sie zu verstehen und zu nutzen und wo nötig auch weiterzuentwickeln. Anknüpfen können sie an die historischen Lernprozesse, in denen Menschenrechte entwickelt und erstritten wurden, um sich vor willkürlicher Macht zu schützen. Aber in der Folge muss ein jeder Mensch immer wieder aufs Neue lernen, wozu wir Menschenrechte brauchen, wogegen sie sich richten und was zu tun ist, um den Anspruch der Menschenrechte Wirklichkeit werden zu lassen. Zu lernen ist auch stets aufs Neue, dass die Werte der Freiheit und der Gleichwürdigkeit, die den Menschenrechten zugrunde liegen, nicht von allen geteilt werden und dass Widerstände die Entwicklung der Menschenrechte begleiten.
Um zu verstehen, was Menschenrechte für einen selbst wie für alle anderen bedeuten können, aber auch wie Menschenrechte die Gesellschaft, den Staat und die internationale Völkergemeinschaft prägen (können), bedarf es besonderer Lernprozesse der MRB. Ohne diese Lernprozesse bleiben Menschen menschenrechtlich ignorant, indifferent und inkompetent. Sie können mit ihren Einstellungen Unfreiheit und Ungleichwertigkeit, Fremdbestimmung und Diskriminierung befördern. Gelingen aber diese Bildungs- und Lernprozesse, dann werden die Menschenrechte zu einer Ressource selbstbestimmten und gleichberechtigten Lebens. Die Chancen und Grenzen dieses Gelingens gilt es immer wieder aufs Neue auszuloten!
3 Entwicklungsschritte der Menschenrechtsbildung
3.1 Aufbruch nach 1948
Die „Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte“ von 1789 war noch ganz vom revolutionären Aufbruch und vom Optimismus einer sich verbreitenden Aufklärung durchdrungen, die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ (AEMR) 1948 war hingegen geprägt von Erfahrungen eines Zivilisationsbruchs und einer totalen Entrechtung. Während es die Aufklärung zuallererst ermöglicht hatte, dass sich Menschen überhaupt als befähigt und berechtigt verstehen konnten, sich unverlierbare und gleiche Rechte zuzusprechen, sollte Bildung gemäß der AEMR künftig sicherstellen, dass alle Menschen diese Rechte überhaupt kennen, verstehen und dann auch achten und verteidigen. Die Erfahrungen mit den „Akten der Barbarei“ (Präambel der AEMR) hatten gezeigt, dass diese zwar von einem totalitären Staat verübt worden waren, dass aber eine fehlende Verankerung der Menschenrechte im Bewusstsein vieler BürgerInnen diese Barbarei mit ermöglicht hatte. Bildung für alle soll künftig zu dieser Verankerung beitragen, um Verletzungen der Menschenrechte vorzubeugen und Angriffe auf sie abwehren zu können.
Bildung erhält durch die AEMR ein doppeltes Profil: Erstens wird sie selbst als Menschenrecht anerkannt, zweitens gilt sie als Voraussetzung, dass Menschen ihre Rechte überhaupt erst wahrnehmen können. Zu beachten ist hierbei, dass die Rechte, die Eingang in die AEMR gefunden haben und auch Inhalte der MRB sind, weit über die Rechte der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte hinausgehen. Wesentliche Erweiterungen sind das Recht auf Nicht-Diskriminierung und die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte, die die bürgerlichen und politischen Menschenrechte ergänzen. Zukunftsweisend ist schließlich die Anerkennung der Menschenwürde als grundlegender humaner Kern, der durch die Menschenrechte zu schützen ist (Fritzsche 2018).
Obwohl sich rückblickend bereits in der AEMR (Artikel 26) Ansätze zu einer Menschenrechtsbildung erkennen lassen, hat sie sich als eine spezialisierte Art der Bildung erst schrittweise mit der internationalen Institutionalisierung und Kodifizierung der Menschenrechte entwickelt. Mit dem Übergang von der rechtlich noch unverbindlichen Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte zu den rechtlich bindenden UN-Menschenrechtskonventionen (seit 1966) gewinnt zudem auch das Recht auf Bildung an Gewicht.
Im nationalen Rahmen entwickeln sich Ansätze einer MRB zunächst unter dem Dach der Politischen Bildung, die aber selbst erst noch Profil gewinnen musste. In Deutschland prägte die Perspektive einer „Erziehung nach Auschwitz“ und der Imperativ des „Nie wieder“ die Bemühungen der Politischen Bildung. Sie sollte für die neu etablierte Demokratie die notwendige Unterstützung der BürgerInnen schaffen. Von Anbeginn war sie mit der Herausforderung konfrontiert, demokratiefeindliche, antisemitische, xenophobe und rechtsextreme Kräfte zurückzudrängen (Widmaier und Steffens 2015).
Bevor sich die MRB als eigenständiger Ansatz ausdifferenziert, ist sie integraler Bestandteil der Politischen Bildung, die mit ihrem Bezug zu Grundrechten und Menschenwürdeschutz zumindest implizit MRB praktiziert. Aber auch nach der eigenständigen Entwicklung der MRB bleibt ihr Verhältnis zur Politischen Bildung stets außerordentlich eng.
3.2 Aufwind nach 1989
1989 ändern sich global die Bedingungen für die Menschenrechte und damit auch die Aufgaben und Chancen für MRB. Nach dem Zusammenbruch des Staatssozialismus und dem Ende der Blockkonfrontation verschwindet eine wesentliche Triebkraft für den bisherigen ideologischen Streit über die gleiche Wertigkeit von politisch-bürgerlichen und wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechten. Die Anerkennung der Unteilbarkeit aller Menschenrechte kann nun zur Leitidee werden (Krennerich 2013).
Nach dem Scheitern sozialistischer Großversuche werden die Menschenrechte zur letzten großen Erzählung von Freiheit und Gleichheit. Auch ehemalige Unterstützer des Sozialismus suchen bei den Menschenrechten eine neue politische Heimat als „letzte Utopie“ (Moyn 2010) des sozialen Wandels. Bereits die AEMR konstatiert in Artikel 28: „Jeder Mensch hat Anspruch auf eine soziale und internationale Ordnung, in welcher die in der vorliegenden Erklärung angeführten Rechte und Freiheiten voll verwirklicht werden können.“ MRB wird als eine Strategie wahrgenommen, zu dieser Ordnung beizutragen.
Nach dem Ende staatssozialistischer Strukturen gewinnt die Frage an Bedeutung, inwieweit die neuen menschenrechtsbasierten Strukturen auch von einem entsprechenden Bewusstsein und Verhalten der Mehrheit der BürgerInnen getragen werden. Dieses Interesse trägt zur Entwicklung eines Konzepts der „Kultur der Menschenrechte“ bei, deren Motor die MRB sein soll.
Der Begriff wird 1993 prominent von der UNESCO im „Weltaktionsplan für Erziehung zu Menschenrechten und Demokratie“ auf dem internationalen Bildungskongress der UNESCO in Montreal eingeführt: „The ultimate purpose of the Plan is to create a culture of human rights“ (UNESCO 1993). Seitdem gewinnt dieser Begriff zunehmend an Bedeutung. Er verweist auf die subjektive Seite der Menschenrechte und unterstreicht, dass die Inhalte und Strukturen der Menschenrechte stets der Unterstützung der Menschen bedürfen und dass dieser Rückhalt nicht selbstverständlich ist.
Es sind die großen UN-Weltkongresse seit 1993 und ihre Aktionspläne, Weltdekaden und Weltprogramme zur MRB, die ihrer Entwicklung inhaltlich und politisch maßgeblich Auftrieb geben (Lenhart 2003; Bösl und Jastrzembski o.J.). Aber auch die meisten UN-Menschenrechtskonventionen stärken das Recht auf Bildung. In der Kinderrechtskonvention wird zudem in Artikel 29 über das Recht auf Bildung hinausgehend das Ziel einer MRB formuliert.
Der Europarat wird ebenfalls zu einem einflussreichen Akteur bei der Stärkung der MRB. Bemerkenswert ist seine „Erfindung“ eines neuen Labels „EDC/HRE“ (Education for Democratic Citizenship/​Human Rights Education), das eine enge bildungspolitische und pädagogisch-praktische Kopplung von Politischer Bildung und MRB zum Ausdruck bringen soll. In der „Europarats-Charta zur Politischen Bildung und Menschenrechtsbildung“ von 2010 (Council of Europe 2014) wird diese Verbindung wirkungsvoll manifest.
Die Beschlüsse der Kultusministerkonferenz von 1980 und 2000 zur MRB zeigen ebenfalls, dass – zumindest auf der deklaratorischen Ebene – die Relevanz der MRB bildungspolitisch anerkannt wurde (Ständige Konferenz 2018).
Eine Art Quantensprung erzielt die MRB in Folge der Expansion von menschenrechtsorientierten nationalen und transnationalen NGOs. Mit ihrer Herstellung wachsamer Öffentlichkeit und der Mobilisierung zivilgesellschaftlicher Kritik werden sie zu einem entscheidenden Machtfaktor der Menschenrechtspolitik (Eckel 2014).
Menschenrechtliche Bewusstseinsentwicklung durch non-formale Bildungsangebote wird zu einer Kernaufgabe der NGOs. Neben denjenigen NGOs, für die MRB eine ihrer vielen Aufgaben war, wie Amnesty International, entwickeln sich auch NGOs, die sich grundlegend auf die MRB konzentrierten wie People’s Movement for Human Rights Learning, zunächst bekannt als People’s Decade for Human Rights Education (PDHRE) – diejenige NGO, die letztlich für die Initiierung und Entwicklung der ersten Weltdekade für MRB verantwortlich war. Die weltweit einflussreichste und aktivste NGO ist Human Rights Education Associates (HREA), die mittlerweile ein globales Portal für Online-MRB etabliert hat.
Auch wenn die Umsetzung der hochgesteckten Ziele weit hinter den Ansprüchen zurückbleibt (Sommer und Stellmacher 2009), gibt es doch eine Dynamik von formalen und non-formalen, nationalen und internationalen menschenrechtsorientierten Bildungsangeboten, die es erlaubt, die MRB im Aufwind zu sehen (Fritzsche 2016, S. 209 f.). In Deutschland ist das Deutsche Institut für Menschenrechte zu einem unverzichtbaren Anbieter von Studien, Materialien und Kursen zur MRB geworden.
4 Trias der Bildungsdimensionen: UN-Deklaration für Menschenrechtsbildung
Als im Dezember 2011 die UN-Generalversammlung die „Erklärung zu Menschenrechtsbildung und -training“ verabschiedet, kommt ein jahrelanges Ringen von Akteuren der Zivilgesellschaften mit staatlichen BildungspolitkerInnen um ein konsensfähiges UN-Dokument zu seinem Abschluss. Die UN-Deklaration ist politisch ein Meilenstein in der internationalen Anerkennung der MRB. Sie konstatiert das Recht eines jeden Menschen auf den Zugang zur MRB, bleibt aber hinter den Vorschlägen aus der Zivilgesellschaft zurück, die v.a. eine deutlichere Artikulation der Bildungsverpflichtungen der Staaten angestrebt hatten (Gerber 2011; Kirchschläger 2017). Konzeptionell bietet die Deklaration allerdings nichts Neues, sondern bündelt international bereits anerkannte Positionen. Gleichwohl ist sie zum maßgeblichen Referenzdokument der MRB geworden, auch weil erstmals eine UN-Deklaration ausschließlich auf die MRB fokussiert.
4.1 Unteilbare Menschenrechtsbildung
Inhaltlich steht die Trias der Lern-Dimensionen Wissen, Werte und Handeln im Mittelpunkt, die nun mit der griffigen Formel von „Bildung über, durch und für die Menschenrechte“ erfasst wird:
„Menschenrechtsbildung und -ausbildung umfasst
- die Bildung über Menschenrechte, die unter anderem darin besteht, Wissen und Verständnis über die Menschenrechtsnormen und -grundsätze, die ihnen zugrunde liegenden Werte und die Mechanismen für ihren Schutz zu vermitteln;
- die Bildung durch Menschenrechte, die unter anderem darin besteht, in einer Weise zu lernen und zu lehren, dass die Rechte sowohl der Lehrenden als auch der Lernenden geachtet werden;
- die Bildung für Menschenrechte, die unter anderem darin besteht, die Menschen zum Genuss und zur Ausübung ihrer Rechte und zur Achtung und Wahrung der Rechte anderer zu befähigen“ (Vereinte Nationen 2011, Artikel 2).
Diese Trias einer Bildung „über, durch und für“ die Menschenrechte ist weithin anerkannt. Auch wenn unterschiedliche Bildungsanbieter die einzelnen Dimensionen unterschiedlich deuten und konkretisieren, herrscht Konsens über das Ziel einer ganzheitlichen, unteilbaren MRB: Sowenig allein die Kenntnisse der Menschenrechte ohne ein Verständnis ihrer Kernideen und ihrer Entwicklungslogik Orientierung bieten können, sowenig das Wissen um die Werte, die den Menschenrechten zugrunde liegen, bereits deren Akzeptanz verbürgt, sowenig würde eine menschenrechtsbasierte Wertehaltung ohne Kenntnisse der Schutzmechanismen der Menschenrechte deren Umsetzung voranbringen. Schließlich bliebe selbst die informierte Anerkennung der Menschenrechte folgenlos, wenn sich damit nicht eine Handlungsbereitschaft verbindet. Allerdings ist die Kurzformel „über, durch und für“ sehr allgemein und bewährt sich erst durch entsprechende Konkretisierungen. Zunächst einmal wird durch die Erklärung nur normativ angezeigt, dass MRB diesen Dreischritt gehen soll, aber es muss von den BildnerInnen dann noch konkretisiert werden, was denn im Rahmen der jeweiligen Dimension der MRB gelernt werden soll. Hierzu werden im Folgenden (4.2–4.5) einige orientierende Überlegungen vorgestellt.
4.2 Lern-Dimension Wissen und Verstehen
Da die Menschenrechte ein sehr komplexer „Lern-Gegenstand“ sind, besteht stets die Anforderung der thematischen Auswahl und der didaktischen Reduktion. Unter Berücksichtigung nationaler und internaler Erfahrungen (Bajaj et al. 2016; Reitz und Rudolf 2014; OSCE 2012) der MRB lassen sich zehn Eckpfeiler benennen, die helfen, das komplexe Wissen über die Menschenrechte zu strukturieren und ihre „Logik“ zu verstehen. Sie sollten von den BildnerInnen an angemessener Stelle des Lernprozesses und in adressatInnenspezifischer Differenzierung thematisiert werden.
- Grundprinzipien der Menschenrechte: Menschenwürde, Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, Solidarität und Universalität
- Menschenrechte als moralische Ansprüche, als politische Forderungen und als rechtliche Garantien
- Inhalte der Menschenrechte und ihre unabgeschlossene Entwicklung
- Entwicklung internationaler und nationaler Institutionen zur Umsetzung und zur Einklagbarkeit der Menschenrechte
- Zunahme anerkannter „verletzlicher Gruppen“ und Entwicklung spezieller Schutzmechanismen
- Ausweitung der Akteure der Menschenrechtspolitik durch NGOs
- Ausweitung der Geltung der Menschenrechte vom Verhältnis Bürger – Staat auf die Verhältnisse der Mitglieder der Gesellschaft untereinander
- Ausweitung menschenrechtlicher Verpflichtung auf die Wirtschaft
- Menschenrechtskritiken zwischen konstruktiver Kritik und fundamentaler Gegnerschaft
- Menschenrechte zwischen Anspruch und Wirklichkeit
Diese Eckpfeiler vermitteln mehr als Faktenwissen über die Menschenrechte, sie vermitteln „Deutungswissen“ (Forum Menschenrechte 2006), das es ermöglicht, ihren ideellen Bauplan und ihre Entwicklungslogik zu verstehen: die Entwicklung politischer und rechtlicher Bedingungen zum Schutz der Menschenwürde aller Menschen. Grundlegend für ein Verständnis der menschenrechtlichen Entwicklung sind auch die Gegenbewegungen, die sie seit Anbeginn herausfordern und die zu einer dauerhaften Auseinandersetzung zwischen Bewegungen für und Bewegungen gegen die Menschenrechte führen.
4.3 Lern-Dimension Werte und Einstellungen
Auch dann, wenn Menschen über ihre Rechte aufgeklärt sind und wenn sie verstehen, dass deren Wertebasis Menschenwürde, Selbstbestimmung, Gleichberechtigung, Solidarität und Universalität sind, ist nicht garantiert, dass sie sie auch akzeptieren und unterstützen. Die Vermittlung menschenrechtsaffiner Einstellungen durch Bildung ist ungleich schwieriger, als Kenntnisse und Verstehen zu vermitteln (Ötsch 2010; Sommer und Stellmacher 2010; Fritzsche 2016). Es besteht aber die begründete Erwartung, dass das Erfahrbarmachen von Menschenrechten im Umgang zwischen BildnerInnen und Lernenden wie auch zwischen den Lernenden die Bereitschaft erhöht, die Werte der Menschenrechte zu übernehmen. Erfahrungen von Anerkennung, Gleichwertigkeit und Partizipation im Bildungsprozess können den Grundstein menschenrechtlicher Werteakzeptanz bilden. Die Zielsetzung, Bildungsprozesse inklusiv und partizipativ zu gestalten, verbindet das normative Argument, bereits im Bildungsprozess die Werte und Rechte manifest werden zu lassen, auf deren Übernahme sich Bildung richtet, mit dem lernpsychologischen Argument des Lernens durch Erfahrung.
4.4 Lern-Dimension Handeln
Damit Menschenrechte nicht nur auf dem Papier stehen, bedarf es der Aktivitäten vieler Menschen. Alles mit einem wahrgenommenen Bezug zu den Menschenrechten kann eine individuelle und/oder kollektive Handlungsanforderung enthalten. Was vom Einzelnen wie auch von Vielen gemeinsam für die Menschenrechte getan werden sollte, variiert nach Situation und Akteuren, nach Betroffenheit und Bedrohung. Es kann von der Wahrnehmung von individuellen Beschwerde- und Klagemöglichkeiten, über die Teilnahme an Debatten über Menschenrechte von Flüchtlingen bis hin zu kollektiven Protestaktionen gegen Diskriminierung reichen. „Für die Menschenrechte“ meint mehr als die Verteidigung einzelner Rechte und die Kritik einzelner Verletzungen. Es geht auch um Gestaltung gesellschaftlicher Verhältnisse und Verhaltensweisen. Bildung für die Menschenrechte beinhaltet dabei stets auch ein „Gegen“: ein Widerständig-Werden gegen ihre Gegner, gegen Ideologien und Politiken der Ungleichwertigkeit, gegen Haltungen der Überlegenheit und Praxen der Diskriminierung.
4.5 Kultur der Rechte und Verantwortung
Die Berücksichtigung aller drei Lern-Dimensionen soll es ermöglichen, dass die Menschen ihren Beitrag zur Entwicklung einer Kultur der Menschenrechte leisten können. Auch die UN-Deklaration übernimmt die Konzeption einer Kultur der Menschenrechte, die die Strukturen der Menschenrechte unterstützt. Mit einem Verantwortungsfokus erhält sie zudem eine neue normative Ebene. Die Deklaration unterstreicht, dass die Einzelnen als Menschenrechtssubjekte nicht als egoistische Individuen missverstanden werden dürfen, sondern dass sie sich als „verantwortungsvolle Mitglieder einer Gesellschaft“ zu verhalten haben (Artikel 4b). Da alle die gleichen Rechte haben, gilt es, sich anerkennend und verantwortungsvoll gegenüber den anderen TrägerInnen der Menschenrechte zu verhalten.
5 Menschenrechtskompetenzen
Menschenrechte muss man nicht nur kennen, sondern auch können! Zur Selbstbestimmung, zur Partizipation und zu verantwortungsvollem Handeln muss man nicht nur berechtigt, sondern auch befähigt werden.
5.1 Handlungskompetenz
Die Handlungsorientierung der MRB wirft die Frage auf: Was müssen Menschen können, um für Menschenrechte aktiv werden zu können? Es geraten somit Kompetenzen ins Zentrum des Bildungsprozesses, die erforderlich sind, um menschenrechtsorientiert handeln zu können.
Handlungskompetenz kann als Dachkompetenz verstanden werden, der andere Kompetenzen „zuarbeiten“. Ohne kompetente Urteile oder soziale Fähigkeiten bleibt Menschenrechtspraxis kaum mehr als guter Wille.
Die im Rahmen der MRB vorgeschlagenen Kompetenzen sind vielfältig (Forum Menschenrechte 2006; OSCE 2012). Die meisten dieser Kompetenzen haben zunächst eine allgemeine Bedeutung für die Lebensbewältigung und können bereits im Rahmen allgemeiner Bildung vermittelt werden. Einige der zu lernenden Kompetenzen (u.a. Konfliktkompetenz, Streitkompetenz, Medienkompetenz) können zudem auch AdressatInnen nützen, die den Menschenrechten gleichgültig bis ablehnend gegenüberstehen. Erst die explizite Anbindung an die Prinzipien der Menschenrechte – Selbstbestimmung, Gleichwürdigkeit, Solidarität, Universalität – qualifiziert sie zu Menschenrechtskompetenzen.
5.2 Urteilsfähigkeit und Wertekompetenz
Menschenrechtliche Urteilskompetenz befähigt auf der Grundlage menschenrechtlicher Normen, die Beurteilung politischer Verhältnisse vorzunehmen (Ständige Konferenz 2000) und auf der Basis von Sach- und von Wertekompetenz ein Handeln für die Menschenrechte zu ermöglichen. Werturteile sollten verallgemeinerungsfähig sein und für alle Menschen gelten können und nicht nur partikulare Interessen einzelner Gruppen zum Ausdruck bringen.
Ein weites Verständnis der Kompetenzen nimmt Einstellungen und Werteorientierung in das Konzept mit auf, als eine Art underlying assumption werden sie mitgedacht. Die so verstandenen Kompetenzen beschreiben, „what a person knows, understands and is able to do, as well as the person’s values and attitudes, i.e. not only what a person is able but also willing to do“ (Council of Europe 2018).
Inwieweit Handlungsfähigkeiten auch durch Handlungsbereitschaft unterstützt werden, inwieweit die Menschen auch das wollen, was sie können, inwieweit MRB sowohl die kognitiven Anteile menschenrechtlicher Kompetenzen als auch die Werteorientierung vermitteln können, bleibt in Praxis und Forschung umstritten (Ötsch 2012; Bertelsmann-Stiftung 2017).
5.3 Kritikkompetenz
Eine wesentliche Teilkompetenz der menschenrechtlichen Urteilskompetenz ist die Kritikkompetenz, denn dem Begriff der Menschenrechte ist eine kritische Perspektive inhärent:
- Kritik an Akteuren, die Menschenrechte missachten und verletzen,
- Kritik an Machtstrukturen, in denen Menschen unterdrückt, diskriminiert und entwürdigt werden,
- Kritik an einer Menschenrechtspolitik des Staates, die nicht ausreichend ihren Verpflichtungen nachkommt, Menschenrechte zu achten, zu schützen und zu fördern,
- Kritik an Deutungen, Diskursen und Ideologien, die das relativieren oder rechtfertigen,
- Kritik an Haltungen, die dem Vorschub leisten,
- Kritik an Bewegungen, die das unterstützen.
MRB, die zur sachgerechten und begründeten Kritik befähigt, wird zur „Schule des kritischen Denkens“, einer Voraussetzung eines aufgeklärten Handelns für die Menschenrechte.
Zum menschenrechtlich orientierten Begriff des kritischen Denkens gehört nicht nur der inhaltliche Bezug auf den Maßstab der Menschenrechte, sondern auch der prinzipielle Bezug auf den Maßstab vernünftigen Denkens und Argumentierens. Kritisches Denken zeichnet sich durch selbstregulative Urteilsbildung aus, der es gelingt, kognitive Verzerrungen zu vermeiden und Urteile statt Vorurteile zu verwenden (Facione 1990; Deutsches Institut für Menschenrechte 2020). In diesem Sinne beinhaltet Kritikfähigkeit auch die Fähigkeit zur selbstkritischen Reflexion und Überprüfung eigener Positionen. Politische Korrektheit und kritisches Denken widersprechen sich.
5.4 Konfliktkompetenz
Kritik an Akteuren, die die Menschenrechte noch nicht, nicht mehr oder überhaupt nicht achten und unterstützen, führt zu Konflikten. Aber auch das Versprechen gleicher Rechte für sozial und ökonomisch Ungleiche beinhaltet ein Konfliktpotenzial. Das oft betonte Friedenspotenzial der Menschenrechte kommt erst zum Tragen, wenn die Menschenrechte zufriedenstellend verwirklicht sind. Menschenrechte, die noch nicht hinreichend verwirklicht sind, fördern hingegen Konflikte. Menschenrechtliche Konfliktkompetenz ist die Fähigkeit, auch gegen die Widerstände anderer Akteure unter Wahrung der menschenrechtlichen Standards für eigene Interessen einzutreten.
5.5 Streitkompetenz
Menschenrechte dienen zwar als Orientierungskompass, aber sie sind doch gleichzeitig Anlass steter Kontroversen. In internationalen Dokumenten sind sie dermaßen auslegungsoffen formuliert, dass es zu widerstreitenden Deutungen kommen muss. Ohne diese Offenheit in der Formulierung würden sie aber nicht die mehrheitliche Zustimmung der politisch, ökonomisch und kulturell unterschiedlich ausgerichteten Staaten erhalten. In Politik und Gesellschaft prägen anschließend dann Deutungskämpfe zwischen politisch und ideologisch unterschiedlich ausgerichteten Akteuren über die angemessene (oder erwünschte) Interpretation die Diskurse. Kontroversen werden auch dadurch bedingt, dass einzelne Menschenrechte in Spannung zueinander treten können, wie auch dadurch, dass einige Menschenrechte in Krisensituationen im Rahmen der Gesetze eingeschränkt werden dürfen. Brisante Kontroversen entzünden sich schließlich auch stets an der Frage nach dem menschenrechtskonformen Schutz von Menschen vulnerabler Gruppen.
Was in der Menschenrechtspolitik kontrovers ist, muss auch von der MRB kontrovers behandelt werden (Kontroversitätsgebot). Lernende dürfen von BildnerInnen nicht auf die eine, angeblich „richtige“ Interpretation festgelegt werden (Heldt 2018, S. 269). Sie müssen befähigt werden, für ihre Interessen und Positionen zu streiten, aber sie müssen auch lernen, zu beurteilen, was im Rahmen anerkannter menschenrechtlicher Standards gefordert werden kann und ob eine Weiterentwicklung dieser Standards durch politische Entscheidungen erreicht werden könnte. Eine besondere Form der Streitkompetenz ist schließlich die Fähigkeit, sich die Gewährleistung von Rechten im Falle wahrgenommener Verletzung durch Beschwerde oder Klage zu erstreiten (Deutsches Institut für Menschenrechte 2016).
5.6 Soziale Kompetenzen
Unter menschenrechtlich basierten sozialen Kompetenzen können v.a. zwei Fähigkeiten verstanden werden: Erstens die Fähigkeit und Bereitschaft, soziale Beziehungen am Maßstab der wechselseitigen Anerkennung gleicher Würde zu orientieren, und zweitens die Fähigkeit, im Engagement für die eigenen Menschenrechte wie die von anderen kommunikative und organisatorische Ressourcen zu mobilisieren und zu nutzen, um erfolgversprechend aktiv werden zu können. Konflikt- und Streitkompetenzen können in diesem Sinne auch als Varianten sozialer Kompetenz verstanden werden.
5.7 Toleranzkompetenz
Auch Toleranz ist eine Variante menschenrechtsbasierter sozialer Kompetenz. Vorausgesetzt ist ein starker Toleranzbegriff, der nichts gemein hat mit dem Gewährenlassen der Machtlosen durch die Mächtigen. Es geht vielmehr darum, die Anerkennung gleicher Rechte mit der Toleranz unterschiedlicher Lebensformen zu verknüpfen. Die Toleranz der Differenz folgt aus der Akzeptanz der Gleichberechtigung. Diese menschenrechtliche Begründung der Toleranz verbindet die Anerkennung der Rechte einer Person mit der Toleranz des Verhaltens der Person (Fritzsche 2017). Es ist auch eine pragmatische Position, die aus der Anerkennung der Person nicht notwendig die Wertschätzung ihres Verhaltens ableitet und damit durchaus Spielraum für Missfallen und Distanz lässt (Forst 2000). In Konstellationen interkultureller und interethnischer Spannungen kann sie zu einer wichtigen Ressource der Nichtdiskriminierung werden.
5.8 Emotionale Kompetenzen
Menschenrechtsrelevantes Handeln wird nicht nur – wenn überhaupt – durch rationale Urteile und vernünftiges Konfliktverhalten motiviert, sondern auch durch unterschiedlichste Emotionen. Sowohl der begeisterte Einsatz für wie das wütende Auftreten gegen Gleichberechtigung kommen ohne die sie motivierenden Emotionen nicht aus. Besondere Aufmerksamkeit verdienen Emotionen, die die Anerkennung und Entwicklung der Menschenrechte behindern: die Lust, andere zu unterwerfen, die Gier zu besitzen, die Freude auszugrenzen, die Angst vor Fremden, der Hass auf „Feinde“. Es gibt auch kein universelles Streben nach Freiheit. Oft prägt eine „Furcht vor der Freiheit“ das Verhalten von Menschen, v.a. wenn die Freiheit als Last und Kontrollverlust erlebt wird, wie es oft in Krisensituationen der Fall ist.
In Zeiten von Angst und Schrecken setzen Menschen eher auf Sicherheit als auf Freiheit und zeigen eine Bereitschaft, Menschenrechte einzuschränken oder preiszugeben. Kein Menschenrecht scheint so unangreifbar zu sein, dass es nicht unter besonderen politischen Bedingungen und bei mangelhafter Gegenwehr wesentlich eingeschränkt werden könnte. Zur Freiheit muss man nicht nur berechtigt sein, sondern zu ihr muss man auch befähigt und ermutigt werden. Wenn Bildung hier frühzeitig präventiv aktiv wird, vermag sie etwas zu erreichen.
Eine weitere Herausforderung besteht in der Ambivalenz von Emotionen. So unverzichtbar Empörung bspw. für eine Mobilisierungs- und Skandalisierungspolitik von NGOs ist, so wenig garantiert das Gefühl der Empörung bereits die Richtung des Engagements. Die Empörungen der sogenannten „Wutbürger“ und die Empörungen über die Empörung haben gezeigt, wie ambivalent Emotionen wirksam werden können und wie unverzichtbar ein Kompass zur Orientierung ist.
Damit Gefühle nicht an die Stelle von überzeugenden Argumenten und guten Begründungen treten, bedarf es emotionaler Kompetenz. Engagement nur auf der Basis von Mitgefühl und Empörung, aber ohne Sachkompetenzen, gefährdet den menschenrechtlichen Erfolg.
5.9 Utopie-Kompetenz
Auch Utopie-Fähigkeit wird als Kompetenzaufgabe der MRB vorgeschlagen (Scherling 2019). Als die Erklärung der Bürger- und Menschenrechte 1789 verabschiedet wurde, stand ihre egalitäre Rhetorik in auffälligem Widerspruch zur exklusiven faktischen Geltung dieser Rechte. Aber obschon viele Menschen damals noch nicht zum Kreis der real gleichberechtigten Menschen dazu gehörten, entfaltete die Menschenrechtsrhetorik eine nicht mehr stillzustellende utopische Attraktivität. Der utopische Überschuss wurde bis heute zu einer Legitimationsquelle des Protests für all die Menschen, die ihren bisherigen Ausschluss aus dem Kreis der Gleichberechtigten nicht mehr hinnehmen wollten. Als schließlich 1989 der Zusammenbruch des Staatssozialismus dem Sozialismus überhaupt sein utopisches Potenzial geraubt zu haben schien, da wurde den Menschenrechten die Qualität der „letzten Utopie“ (Moyn 2010) zugesprochen. Utopie-Fähigkeit als Kompetenzaufgabe der MRB muss ein Doppeltes leisten: Zum einen gilt es, die motivierende Kraft der „konkreten Utopie“ (Kaleck 2021) hin zu einer fortschreitenden „Vermenschenrechtlichung“ zu nutzen, zum anderen gilt es zu verhindern, dass abstrakte Utopien ihre Veränderungsvisionen nicht an reale Ressourcen und Motivkräfte des Wandels koppeln und dadurch zu demotivierenden Enttäuschungen führen müssen.
5.10 Medienkompetenz
Das Recht auf Bildung schließt in einer medialisierten Gesellschaft den Umgang mit allen analogen und digitalen Medien mit ein. Menschenrechtsbasierte digitale Medienkompetenz bedeutet Orientierungssicherheit in der ambivalenten Welt des Netzes. Einerseits kann man es als eine unverzichtbare Ressource und Bereicherung menschenrechtlicher Information, Kommunikation und Kritik nutzen und andererseits vermag man sich gegen Relativierer und Gegner der Menschenrechte zu wehren, für die das Netz ein machtvolles Instrument zur Verbreitung von Propaganda, Hass und Fake News ist (Trültzsch-Wijnen 2017).
6 Empowerment
In einem engen, aber noch nicht ausbuchstabierten Verhältnis stehen die menschenrechtlichen Kompetenzen zum Konzept des Empowerment. Der Prozess des Erlernens menschenrechtlicher Kompetenzen ist als Machtzuwachs für die Lernenden zu verstehen. Menschen, die sich ihrer Rechte bewusst sind und sich für ihre Rechte und die Rechte anderer einsetzen können, erlangen eine neue, bislang nicht gekannte Gestaltungsmöglichkeit für ihr eigenes Leben und für das gemeinsame Leben mit anderen (Herriger 2006). Im Begriff des Empowerment kommt der „Mehrwert“ der Menschenrechte für die Menschen zum Ausdruck. In Bezug auf die Menschenwürde wird eine Ressource eigener Stärke freigelegt, die Grundlage selbstbewussten Handelns werden kann.
7 Trias der Bildungsbedingungen
Die Trias der Lernziele „über, durch, für“ die Menschenrechte ist durch eine Trias der Lernbedingungen „in, von, mit“ zu ergänzen: MRB in unterschiedlichen historisch-politischen Kontexten, MRB von verschiedenen Bildungsanbietern, MRB mit unterschiedlichen AdressatInnen der Bildung. Damit die Menschenrechte „keine verdinglichte Worthülse“ werden (Heldt 2018, S. 46), gilt es, die realen Menschen „hinter“ den Rechten und hinter den „idealen“ Trägern der Menschenrechte in den Blick zu nehmen: ihre Erfahrungen, Verletzlichkeiten, Enttäuschungen, ihre Ideen, Ideologien, Interessen, Erwartungen, Ressourcen. Um MRB gestalten zu können, müssen die BildnerInnen und Lernenden sowie möglichst auch ihre Interaktionsprozesse verstanden werden.
7.1 Kontexte
MRB findet stets in geschichtlich geprägten und politisch prägenden Kontexten statt. Die historischen Erfahrungen von Menschenrechtsverletzungen wie auch die aktuellen Probleme, die das Menschenrechtsprofil einer Gesellschaft kennzeichnen, beeinflussen die Anforderungen an die MRB. Unterschiede in Ausmaß, Verbreitung und Schwere von Verletzungen erfordern unterschiedliche Reaktionen der MRB. Zu langfristig wirksamen Prägungen gehören Diktatur- und Demokratieerfahrungen, zu den kurzfristig wirkmächtigen Kontexten sind globale Migrationsbewegungen oder auch Pandemien zu zählen. Aber auch emanzipatorische Protestbewegungen wie die von „Black Lives Matter“ oder die von VerschwörungstheoretikerInnen gehören zu den Kontexten der MRB. Der stete Wandel der Kontexte erfordert von der MRB Flexibilität in der Schwerpunktsetzung und Weiterbildung der BildnerInnen.
7.1.1 Verschiedenartigkeit der BildnerInnen
MRB wird als formale oder non-formale Bildung von verschiedenen Akteuren und Institutionen in unterschiedlicher Weise angeboten, v.a. von Schulen, Hochschulen, Akademien und NGOs. Nancy Flowers hat schon vor Jahren (2004) beobachtet, dass sich unter den MenschenrechtsbildnerInnen mindestens drei Gruppen identifizieren lassen, die auf Grund ihrer differenten Professionskontexte unterschiedliche Verständnisse der MRB hätten: BildnerInnen aus den nationalen oder internationalen Menschenrechtsinstitutionen, die eher die rechtliche Komponente betonen, BildnerInnen der NGOs, die die politische Dimension und die Perspektive sozialen Wandels betonen und BildnerInnen aus dem Erziehungsbereich, die auf die Werte fokussieren, die den Menschenrechten zugrunde liegen.
Auch Lehrpersonen mit unterschiedlichem Bildungshintergrund wie Philosophie, Politik-, Sozial-, Sozialarbeits-, Bildungs- und Rechtswissenschaft blicken aus unterschiedlichen Perspektiven auf die Menschenrechte und wählen verschiedene Akzente bei den Themen und den zu fördernden Kompetenzen. Lehrkräfte mit einem rechts- und politikwissenschaftlichen Hintergrund betonen, dass es bei den Menschenrechten immer auch um den rechtlichen Schutz vor Verletzungen gehe und diese zu anderen Sanktionen als die Verletzungen moralischer Normen führen. Gegen Rechtsverletzungen kann man Beschwerde oder Klage erheben und sie müssen in einem klar definierten Verfahren als solche anerkannt und verurteilt werden (Kälin und Künzli 2019).
AkteurInnen mit einem Hintergrund aus den Erziehungs- oder Sozialarbeitswissenschaften konzipieren auch Verhältnisse zwischen den Individuen als menschenrechtliche Verhältnisse, sie betonen die ethische Dimension der Menschenrechte und warnen vor einer legalistischen Einseitigkeit des Menschenrechtsverständnisses (Prengel 2020; Spatschek und Steckelberg 2018).
Ergänzend ist zu beobachten, dass die Art und Weise, wie BildnerInnen die Menschenrechte verstehen und MRB praktizieren, auch von ihrem ideologisch-politischen Hintergrund geprägt wird: Je nachdem, ob sie aus sozialen oder ökologischen Bewegungen kommen, ob sie einen politischen Hintergrund haben, der eher dem Liberalismus, Republikanismus oder Sozialismus nahesteht, interpretieren sie die Menschenrechte unterschiedlich und setzen eher liberale, soziale oder transformative Akzente in der MRB (Bajaj et al. 2016).
Quer zu diesen bekannten Unterschieden bilden sich auch unterschiedliche „Schulen“ in der Thematisierung des Anti-Rassismus heraus: Während VertreterInnen der Kritischen Weißsein-Studien die Auffassung vertreten, dass weiße Menschen allein aufgrund ihres Weißseins das Privileg haben, bestimmte Diskriminierungserfahrungen nicht machen zu müssen und dass deshalb auch weiße Anti-RassistInnen in speziellen Anti-Rassismus-Trainings für den kritischen Umgang mit diesem Privileg sensibilisiert werden müssen, widersprechen VertreterInnen eines universalistischen Anti-Rassismus und kritisieren an der Kritik des Weißseins, dass diese selbst rassistische Argumentationsmuster nutzt (ak – analyse und kritik 2013).
7.1.2 Zur Bildung der BildnerInnen
BildnerInnen unterscheiden sich aber nicht nur in ihren professionellen und politischen Biografien und Positionen, sondern auch in ihrer Aus- und Weiterbildung. Eine Studie über GymnasiallehrerInnen in der Schweiz hat gezeigt, dass Lehrpersonen, die sich nicht ausreichend ausgebildet und vorbereitet fühlen, „Widerstände, Ängste und Befürchtungen“ (Rinaldi 2018, S. 264) gegenüber der unterrichtlichen Thematisierung der Menschenrechte äußern und versuchen, zumindest kontroverse Menschenrechtsthemen zu vermeiden.
Eine grundlegende Aus- und Weiterbildung für alle BildnerInnen, die im Bereich der MRB tätig sind, ist unverzichtbar. Lehrpersonen benötigen ausreichende zeitliche Ressourcen und angemessene fachliche Qualifizierung, um das komplexe, kontroverse und konfliktreiche Feld der Menschenrechte für Lernende und mit Lernenden erschließen zu können.
Für Lehrpersonen, die an Orientierungshilfen und Materialien zur MRB interessiert sind, gibt es mittlerweile vielfältige Ressourcen, die auch online verfügbar sind (siehe unten „Informationen im Internet“).
7.2 Verschiedenartigkeit der Lernenden
So verschieden wie die BildnerInnen sind, so verschieden sind auch die Lernenden (Müller 2001; Heldt 2018). Stets bringen sie in den Lernprozess menschenrechtsrelevantes Vorwissen über Staat und BürgerInnen, Vorstellungen über Recht und Gerechtigkeit, Einstellungen gegenüber Minderheiten, Vor-Urteile gegenüber Fremden mit ein. Je nach Alter und Bildungsgrad sind die Vor-Prägungen unterschiedlich stark ausgebildet und verfestigt. Teils gehen sie auf formales Lernen in bisheriger Aus- oder Weiterbildung zurück, teils sind es Ergebnisse informeller, oft netzbasierter Lernprozesse. Teils fungieren sie als förderliche Vorstufen zur MRB, teils wirken sie sich als hinderliche Lernhemmnisse aus. MRB ist gefordert, die unterschiedlichen Lernenden zu erreichen und den Anschluss an die „Welten der Lernenden“ herzustellen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Lernenden nicht nur zeitlich vor den expliziten MRB-Angeboten durch andere Einflussfaktoren sozialisiert wurden, sondern dass zeitgleich zu diesen Angeboten alternative und/oder konkurrierende Lernprozesse ablaufen.
Erfahrungen der MRB haben gezeigt, dass die Lernenden auch ein außerordentlich unterschiedliches Interesse an den Menschenrechten haben. Da gleiche Rechte allen Menschen zustehen, diese aber in ungleichen Lebensverhältnissen mit ungleichen Verletzungserfahrungen oder -risiken leben, fällt die Bedeutung, die sie den Rechten zusprechen, unterschiedlich aus und sie fühlen sich von den Angeboten der MRB unterschiedlich angesprochen. Nicht alle sehen in der MRB ein Angebot des Empowerment.
In Bezug auf das Menschenrechtsinteresse lassen sich pointiert folgende Typen bei den Lernenden unterscheiden, mit denen sich die BildnerInnen konfrontiert sehen:
- Die Verletzlichen: Menschen in vulnerablen Lebenslagen können (!) in den Menschenrechten Instrumente des Schutzes und des Empowerment erkennen und sind bereit, sich für sie zu engagieren und sind interessiert an MRB. Gleichwohl sind die „besonders Benachteiligten“ oftmals diejenigen, die durch Bildung nicht leicht zu erreichen sind.
- Die Engagierten: Manche Lernenden haben bereits vor dem Beginn von MRB-Angeboten eine menschenrechtsaffine Werteorientierung ausgebildet und wollen nun lernen, wo und wie sie menschenrechtlich erfolgreich aktiv werden können. Manche Lernende haben auch bereits Erfahrungen mit menschenrechtlichem Engagement. Sie haben zuerst Empathie, Empörung und Engagement entwickelt, bevor sie sich die erforderlichen Sachkenntnisse des Menschenrechtsschutzes durch MRB aneignen.
- Die Enttäuschten: Lernende mit besonders hohen Erwartungen an die Macht der Menschenrechte können durch Enttäuschungen über eine als wenig erfolgreich wahrgenommene Menschenrechtspolitik eine Menschenrechtsverdrossenheit entwickeln, die das Scheitern der Politik mit dem Scheitern der Menschenrechte überhaupt verwechselt.
- Die Indifferenten: Lernende, die in menschenrechtlich relativ geschützten Verhältnissen leben oder der Auffassung sind, dass dies so sei, entwickeln leicht eine Wahrnehmung der „Rechtssaturiertheit“ und halten die Menschenrechte in Hinblick auf das eigene Leben für wenig bedeutsam. Menschen, die die Menschenrechte als garantierte Selbstverständlichkeiten des Alltags wahrnehmen, „übersehen“ leicht, dass sie verletzlich bleiben. MRB hinterfragt die empfundene Selbstverständlichkeit und zeigt, wie Menschenrechte in Krisenzeiten stets unter Druck geraten können.
- Die Distanzierten: Lernende, die im Rahmen ihrer religiösen und/oder kulturellen Sozialisation durch einen Pflichten- und Gemeinschaftsethos geprägt wurden, stehen den menschenrechtlichen Wertealternativen der individuellen Autonomie und Gleichberechtigung mindestens mit Distanz gegenüber.
- Die Ablehnenden: Menschen, die ihre Interessen und (künftigen) Machtpositionen durch die Menschenrechte in Gefahr sehen, schätzen diese nicht als „Ermächtigung“, sondern als drohenden Machtverlust ein. Sie sind daran interessiert, die Menschenrechte abzulehnen.
8 Kinderrechtsbildung als Einstieg in die Menschenrechtsbildung
Den ersten Zugang zur MRB ermöglicht die Kinderrechtsbildung, ein Bildungsprozess über die Menschenrechte von Kindern, für Kinder und mit Kindern. Kinder sind sowohl die verletzlichste Gruppe als auch die erste Lerngruppe von Menschenrechten und die erste AdressatInnengruppe der MRB. Dies eröffnet die Möglichkeit eines grundlegenden, sich entwickelnden Erlernens der Menschenrechte, das auf relativ wenig ausgeprägte Einstellungen, Stereotype und Vorurteile trifft, die den Menschenrechten entgegenstehen können (Forum Menschenrechte 2011). In besonderem Maße vermag eine Kinderrechtsbildung das zu leisten, was mit der Dimension „Lernen durch die Menschenrechte“ gefordert wird. Insbesondere kann es ihr gelingen, frühzeitig auf Partizipation vorzubereiten und Vorstellungen der Ungleichwertigkeit vorzubeugen.
Wenn Kindern die Erfahrung ermöglicht wird, dass sie trotz aller Unterschiede in Herkunft und Leistung gleiche Würde und gleiche Rechte haben, dann kann das ein früher Schritt zum Lernen der Menschenrechte sein, auch wenn die kognitiven und sozial-moralischen Fähigkeiten altersbedingt noch nicht ausreichen, um die Rechte in ihrem universellen Anspruch erfassen zu können. Es gibt Anzeichen (Edelstein, Krappmann und Student 2014), dass diejenigen, die frühzeitig die Anerkennung gleicher Würde und Rechte erfahren, sich Anerkennung nicht mehr über die Ausgrenzung und Abwertung anderer verschaffen müssen. Wenn zudem schon Kinder erfahren, dass ihre eigenen Freiheiten und Rechte bei den Freiheiten und Rechten der anderen ihre Grenze haben, können sie rechtzeitig lernen, Berechtigung und Verantwortung zusammenzudenken.
Anerkennung ist unverzichtbar, aber nicht genug. Es ist zu beachten, dass auch extremistische und fundamentalistische Gruppierungen ihren (potenziellen) Mitgliedern ein geradezu überhöhtes Maß an Anerkennung bieten. Allerdings ist diese Anerkennung stets exklusiv und reserviert für diejenigen, die dazu gehören. Eine menschenrechtliche Anerkennung muss inklusiv sein, ihre BefürworterInnen sollten aber damit rechnen, dass sie auch bereits im schulischen Raum in Konkurrenz zu anderen Anerkennungsangeboten steht.
Schule ist ein Lernort mit günstigen Gelingensbedingungen für die Kinderrechtsbildung. Allerdings sind Schulen nicht an und für sich schon „kinderrechtstauglich“, sondern müssen es erst werden. In der Zusammenführung des allgemeinen Konzepts der Schulkultur mit der Kinderrechtsbildung und der Inklusiven Bildung hat sich das Konzept der kinderrechtsorientierten Schulen entwickelt, für die es zunehmend „Good Practice“-Beispiele gibt wie auch ermutigende Studien über ihre Wirksamkeit (Fritzsche et al. 2017, S. 128–135).
Schulen sind aber nicht nur Orte der Anerkennung, sondern können auch Orte der Diskriminierung und der Gewalt sein. Zum Erfahrbarmachen der Menschenrechte von Kindern gehört deshalb auch die Erfahrung mit einem menschenrechtlichen Umgang von Diskriminierung und Gewalt in der Schule, auch zwischen den SchülerInnen. Kinder müssen lernen können, dass und wie sie sich gegen Verstöße und Verletzungen wehren und wo sie sich beschweren können. Und die, die diskriminieren und Gewalt ausüben, müssen lernen, dass dies Konsequenzen für sie hat. Schulen brauchen belastbare Institutionen, die garantieren, dass ein Anspruch auf Schutz geltend gemacht werden kann. Sie bedürfen einer institutionellen Absicherung der Kinderrechte in den Schulordnungen oder -verfassungen. Kinderechte-Schulen brauchen Beschwerde- oder Ombudsstellen.
9 Zur besonderen Nähe von Menschenrechtsbildung und Politischer Bildung
Im Rahmen des allgemeinen Menschenrechts auf Bildung hat sich eine Vielzahl von Bildungsangeboten entwickelt und ausdifferenziert, wie v.a. die Friedensbildung, die Interkulturelle Bildung und die Bildung für nachhaltige Entwicklung, die man aufgrund gemeinsamer Schnittflächen mit der MRB als „benachbarte Ansätze“ (Fritzsche und Kirchschläger 2017) oder „verwandte Disziplinen“ (Reitz und Rudolf 2014) bezeichnet.
Eine besondere Beziehung besteht zwischen MRB und der Politischen Bildung:
- MRB hatte ihren Anfang in der Politischen Bildung. Bevor MRB sich als eigenständiger Ansatz ausdifferenzieren konnte, ist sie (zumindest in Deutschland) Bestandteil einer Bildung, die das Demokratiebewusstsein der BürgerInnen fördern will.
- MRB ist auch eine politische MRB, denn die Prozesse der Entwicklung, des Erstreitens und des Umsetzens von Menschenrechten sind Menschenrechtspolitik.
- MRB knüpft an Themen der historisch-politischen Bildung an, die behandeln, wie sich die Bedingungen und Herausforderungen für die Menschenrechte historisch verändert haben.
- Politische Bildung und MRB haben beide in „ihren Reihen“ Kontroversen über Demokratie und über Menschenrechte als „Lebensform“. Beide versuchen, die Verhältnisse der BürgerInnen untereinander ergänzend zum Verhältnis BürgerIn – Staat zu prägen.
- Politische Bildung und MRB haben der Förderung von Verantwortungsbereitschaft eine wachsende Bedeutung zuerkannt.
- Politische Bildung und MRB haben beide eine starke präventive Ausrichtung gegen Demokratie- und Menschen(rechts)-Feindlichkeit, allerdings auch eine Kontroverse über die Ambivalenz von Prävention, die Gefahr laufen kann, Gefährdungsrisiken zu überbewerten und Gestaltungskräfte zu unterbewerten.
- Beide orientieren sich am Kontroversitätsgebot.
- Politische Bildung und MRB sollen als Unterstützung und Korrektiv der jeweiligen Institutionen durch die Entwicklung einer demokratischen politischen Kultur bzw. einer Kultur der Menschenrechte beitragen.
- In der bildungspolitisch zwar von oben initiierten aber praktisch bewährten Verbindung von Education for Democratic Citizenship und Human Rights Education zeigen sich kraftvolle Gemeinsamkeiten und die Chance, voneinander zu lernen.
- MRB unterscheidet sich von Politischer Bildung allerdings durch Folgendes: MRB klärt auch auf über moralische Ansprüche und ethische Begründungen, nicht nur über politische Forderungen der Menschenrechte. Und sie vermittelt Kenntnisse über rechtliche Ansprüche und über Möglichkeiten der Beschwerde- und Klage. Last but not least: MRB bezieht sich auf universelle Menschenrechte, nicht nur auf nationale Bürgerrechte. Diese Differenz macht auch das Alleinstellungsmerkmal der MRB deutlich, das sie von anderen Bildungsansätzen der humanen und gerechtigkeitsorientierten Weltgestaltung unterscheidet: Es ist die Befähigung zu einem selbstbestimmten Leben in gleicher Würde auf der Grundlage eines übergeordneten, universell geltenden Rechts.
10 Menschenrechtsbildung für und durch Soziale Arbeit
Berufe, die wie die Soziale Arbeit schwerpunktmäßig mit Menschen in verletzlichen Situationen zusammenarbeiten, haben sowohl die Möglichkeit, sich für die Menschenrechte dieser Klientel einzusetzen, als auch die Verantwortung, durch ihre Tätigkeiten, die Rechte ihrer Klientel nicht zu missachten.
Innerhalb der Sozialen Arbeit gibt es den Ansatz, Berufsethos, Ausbildung und Praxis systematisch an den Menschenrechten zu orientieren und Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession zu konzipieren (Staub-Bernasconi 2019; Eberlei et al. 2018). Hierbei geht es erstens darum, mit der Orientierung an der Menschenwürde über einen ethischen Kompass für das berufliche Handeln zu verfügen, der letztlich als unüberbietbarer ethischer Trumpf angesehen wird. Zweitens bieten die Menschenrechte für ihre Klientel, die überwiegend Menschen sind, die in verletzlichen Situationen leben, eine Ressource des rechtlichen Empowerment, die für sie oft noch unbekannt ist und deshalb ungenutzt bleibt.
Soziale Arbeit informiert als anwaltschaftliche Menschenrechtsprofession Betroffene über ihre Rechte und die Möglichkeiten der Beschwerde und Klage und unterstützt sie bei deren Vorbereitung und Durchführung. Die Etablierung von Ombudsstellen zählt ebenso zu den Aufgaben der Sozialen Arbeit wie die Nutzung von bestehenden UN-Schutzmechanismen (Prasad 2011; 2019).
Neben der anwaltschaftlichen Ausrichtung der Sozialen Arbeit soll die Menschenrechtsorientierung ihr auch ermöglichen, sich in der Ausübung ihres Berufs menschenrechtskonform zu verhalten. Das Risiko, sich selbst menschenrechtswidrig gegenüber den KlientInnen zu verhalten, besteht einerseits in einer paternalistischen Hilfehaltung, die keinen Raum für die Autonomie der KlientInnen lässt, und andererseits in einer „legalistischen“ Praxis, die v.a. in der Arbeit mit Flüchtlingen Aufträge ausführt und Vorschriften befolgt, die die Menschenwürde der KlientInnen missachten, wie sie bei der Übernahme sicherheitsdienstlicher Tätigkeiten und der Zusammenarbeit mit der Polizei bei Abschiebungen auftreten.
In der Überzeugung, „dass die Würde des Menschen vor drohender Missachtung bedingungslos zu schützen ist und dass die Menschenrechte über den politisch ausgehandelten Rechtsansprüchen stehen“ (Beuchat 2016, S. 62), sucht Soziale Arbeit nach Wegen „zu einem würdevollen Leben für alle Menschen – unabhängig von dem Kriterium einer spezifischen Staatsangehörigkeit“ (Schmitt und Aden 2020, S. 343). Der Bezug auf Menschenrechte und Menschenwürde soll eine Legitimität garantieren, die die Legalität bestehender Gesetze ethisch überbietet. Das ist ihr Trumpf, um sich „mandatswidrigen Aufgaben“ der Sozialen Arbeit widersetzen zu können.
Es gibt aber auch Kritik aus Reihen der Sozialen Arbeit am Konzept der Menschenrechtsprofession und an überzogenen Erwartungen, die damit verbunden werden. Albert Scherr betont, dass der Verweis auf die Menschenrechte kein sicheres Fundament für die Klärung der Frage bietet, was in der Sozialen Arbeit getan und unterlassen werden sowie wie sich Soziale Arbeit zu den weitreichenden Kontroversen dazu verhalten sollte, was menschenrechtlich geboten, zulässig und unzulässig ist. Er konstatiert (durchaus in kritischer Absicht): „Gerade im Falle der Menschenrechte der Flüchtlinge zeigt sich ein Dilemma: Denn die verfassten Menschenrechte stellen keineswegs grundsätzlich das Recht von Staaten in Frage darüber zu entscheiden, wem sie Aufnahme und Schutz gewähren wollen“ (Scherr 2020, S. 328).
Erste empirische Hinweise deuten darauf hin, dass ein Menschenrechtsbewusstsein unter Professionellen der Sozialen Arbeit bislang erst gering ausgeprägt ist (Eckstein und Gharwal 2016). Für die Entwicklung der Sozialen Arbeit zu einer Menschenrechtsprofession braucht es also die entsprechende Aus- und Weiterbildung. MRB wird deshalb zum „Kernbestand eines Menschenrechtsansatzes in der Sozialen Arbeit“ erklärt. Dabei geht es sowohl um die Kenntnisse, Haltungen und das Engagement der Sozialprofessionellen als auch um die menschenrechtliche Bildung ihrer Klientel, damit diese aufgeklärt werden, welche Rechte und welche Verantwortung sie haben, andere nicht zu diskriminieren (Eberlei et al. 2018, S. 198).
Die Entwicklung von Masterstudiengängen macht deutlich, wie fundiert die Ausbildung sein sollte (und sein kann), damit die künftigen PraktikerInnen der Sozialen Arbeit sich kompetent den Menschenrechtsansatz aneignen können. Der Masterstudiengang Soziale Arbeit als Menschenrechtsprofession in Berlin (MRMA) bietet eine Qualifizierungsmöglichkeit zur professionellen Umsetzung der Menschenrechtsthematik in Praxis, Lehre und Forschung Sozialer Arbeit. Das Studium vermittelt sozialprofessionelle Kompetenzen, um auf das komplexe, kontroverse und konfliktreiche Terrain der Menschenrechte in seiner ethischen, politischen und rechtlichen Bedeutung für die Soziale Arbeit vorzubereiten.
11 Kultur der Menschenrechte
Wenden wir uns im letzten Abschnitt noch einmal der Kultur der Menschenrechte zu, auf deren Entwicklung letztlich alle Bemühungen der MRB gerichtet sein sollen. Es haben sich im internationalen Diskurs mittlerweile vier unterschiedliche und durchaus spannungsreiche Zieldimensionen für diese Kultur herausgebildet (Fritzsche 2017; Reitz und Rudolf 2014), die auch unterschiedliche Anforderungen für die MRB nach sich ziehen:
- eine unterstützend-stabilisierende Dimension, die den Ideen und Institutionen der Menschenrechte nachhaltige Anerkennung verschafft,
- eine gesellschaftlichen Zusammenhalt stiftende Dimension, die die Werte, die den Menschenrechten zugrunde liegen, auch zur Basis gesellschaftlicher Beziehungen macht,
- eine kritisch-transformative Dimension, die als Ressource sozialen und politischen Wandels wirkt, wenn die Menschenrechte nicht mehr oder noch nicht ausreichend respektiert, geschützt und gewährleistet werden,
- eine globale Dimension, die den Prozess der universellen Anerkennung aller Menschenrechte ebenso voranbringt wie die Grenzen übergreifende Anerkennung aller Menschen als TrägerInnen von Menschenrechten.
Zum Konzept der Menschenrechtskultur gehört aber nicht nur eine Entwicklung differenzierter Zielsetzungen, sondern auch eine – bislang noch vernachlässigte – Analyse realer Entwicklungsprozesse. Menschenrechte haben neben ihrer objektiven Seite der Inhalte und Institutionen immer schon eine subjektive Seite der Wahrnehmung und Deutung, die der „Stoff“ sind, aus dem die Kultur der Menschenrechte sich entwickelt. Aus analytischer Sicht stellt sich die Frage nach den bereits existierenden Bausteinen (u.a. Streitkultur, Schulkultur, Willkommenskultur) und dem erreichten Entwicklungsprozess einer Menschenrechtskultur. Die Kultur der Menschenrechte ist aus dieser Perspektive nicht nur Ergebnis von MRB, sondern sie wird selbst zu einer Rahmenbedingung der MRB.
Um die Arten, Grade und Konflikte bei der Verwirklichung der Menschenrechtskultur aufzuzeigen, bedarf es empirischer Analysen. Hilfreich dafür sind differenzierende Kategorien wie „rudimentäre“, „fragmentierte“, „polarisierte“, „angegriffene“ und „konsolidierte“ Menschenrechtskultur. Beachtung verdient auch die Frage nach der Belastbarkeit der Menschenrechtskultur, die das Verhältnis von Krise und Unterstützungsbereitschaft in den Blick nimmt.
Weiterhin ist der Begriff der Deutungskultur zielführend. Er ermöglicht erstens, die Differenz zwischen den menschenrechtlichen Deutungs(an)geboten der großen internationalen Organisationen und den gesellschaftlichen Alltagsdeutungen zu analysieren, und zweitens, das Ringen um die Deutungshoheit über die Interpretation der Menschenrechte zwischen Akteuren mit unterschiedlichen Interessen und Ideologien zu untersuchen.
Schließlich ist für das Konzept einer Kultur der Menschenrechte der Begriff einer „mixed culture“ normativ wie analytisch hilfreich (Fritzsche 2017, S. 89). Welche Mischung aus einerseits Kompetenz, Akzeptanz und Engagement und andererseits Ignoranz, Indifferenz und Gegnerschaft hat sich entwickelt? Welche Mischung ist überhaupt erreichbar und erforderlich, um die Menschenrechte zu verwirklichen? Es müssen wohl nicht alle „alles“ wissen, wollen und können, um „die“ Menschenrechte realisieren zu können.
Aus der (politischen) Kulturforschung wissen wir zudem, dass Bildung nur ein Einflussfaktor unter anderen sein kann. Bildung allein vermag keine Kultur zu gestalten. MRB allein kann keine Kultur der Menschenrechte hervorbringen. Historische Traditionslinien, politische Erfahrungen und kulturelle Umbrüche wie auch massenmedial verbreitete Deutungskämpfe von MeinungsführerInnen sind weitere wichtige Faktoren. Gleichwohl gilt: Bildung macht einen wichtigen Unterschied. Angesichts der außergewöhnlichen Erwartungen, die an die MRB gerichtet werden, bedarf es jedoch auch außergewöhnlicher bildungspolitischer Unterstützung für die MRB, damit sie den ihr möglichen Beitrag leisten kann.
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13 Literaturhinweise
Fritzsche, Karl-Peter, Peter G. Kirchschläger und Thomas Kirchschläger, 2017. Grundlagen der Menschenrechtsbildung: Theoretische Überlegungen und Praxisorientierungen. Frankfurt am Main: Wochenschau Verlag. ISBN 978-3-7344-0398-9 [Rezension bei socialnet]
Dies ist eine gemeinsame Schrift von einem Rechtswissenschaftler, einem Philosophen und einem Politikwissenschaftler, die alle drei jahrzehntelange Erfahrung mit der MRB haben.
Heldt, Inken, 2018. Die subjektive Dimension von Menschenrechten: Zu den Implikationen von Alltagsvorstellungen für die Politische Bildung. Wiesbaden: Springer Fachmedien. ISBN 978-3-658-19431-4
Dies ist eine erhellende empirische Studie über das Menschenrechtsbewusstsein von SchülerInnen.
Rinaldi, Stefanie, 2018. Menschenrechtsbildung an Gymnasien: Verständnisse, Chancen und Herausforderungen. Opladen: Budrich UniPress. ISBN 978-3-86388-787-2
Dies ist eine ebenso instruktive empirische Studie über das Menschenrechtsbewusstsein von Lehrpersonen.
14 Informationen im Internet
- Das Deutsche Institut für Menschenrechte und seine Abteilung für Menschenrechtsbildung
- Das Schweizer Menschenrechtsportal
- Das Dänische Menschenrechtsinstitut und seine „Toolbox for Human Rights Education“
- Das Handbuch zur Menschenrechtsbildung für die schulische und außerschulische Bildungsarbeit „Kompass“
- Das Handbuch zur Menschenrechtsbildung mit Kindern „Compasito“
Verfasst von
Prof. em. Dr. Karl-Peter Fritzsche
Otto-von-Guericke Universität Magdeburg
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Es gibt 2 Lexikonartikel von Karl-Peter Fritzsche.
Zitiervorschlag
Fritzsche, Karl-Peter,
2021.
Menschenrechtsbildung [online]. socialnet Lexikon.
Bonn: socialnet, 10.12.2021 [Zugriff am: 23.01.2025].
Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/17584
Link zur jeweils aktuellsten Version: https://www.socialnet.de/lexikon/Menschenrechtsbildung
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