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Microlearning

Prof. Dr. Werner Sauter

veröffentlicht am 06.07.2020

Weitere Schreibweisen: Micro Learning, Micro-Learning

Synonym: Mikrolernen

Microlearning umfasst kurze formelle, digitalisierte Lerneinheiten, die „on demand“ zwischen selbstorganisierte, kompetenzorientierte Lernphasen eingeschoben werden und die mit einem unmittelbaren Feedback für die Lernenden versehen sind.

Diese Lernaktivitäten basieren auf einer Vielzahl von modularisierten Wissens- und Übungselementen, sogenannten „Wissensnuggets“. Das Ziel ist, Informationen bedarfsgerecht zur Verfügung zu stellen. Damit eignet sich Microlearning sehr gut dazu, Wissen in kleinen Häppchen aufzubauen und zu sichern. Mit sogenannten Microsteps von ca. 3 bis 15 Minuten Dauer, die vom System vorgeschlagen werden (Push-System), können Lernschritte zwischendurch absolviert werden, ohne dass eine spezielle Lernumgebung oder ein größerer Zeitaufwand nötig wären.

Dieser Ansatz erinnert an das „Sandwich-Prinzip“ für die Gestaltung von Lernprozessen. Damit in der Phase des Wissensaufbaus kein „träges Wissen“ vermittelt wird, ist es notwendig, bei Bedarf in die Kompetenzentwicklungsprozesse Phasen der subjektiven Aneignung von Wissen einzuschieben, das umgehend – und damit nachhaltig – im Arbeitsprozess angewandt wird.

In Anlehnung an Baumgartner (2013) leiten sich daraus folgende didaktisch-methodische Herausforderungen ab:

  • Arrangement der Lernumgebung: robuste, störungs- und ablenkungsresistente Gestaltung, sodass das System auch in turbulenten und kurzfristig wechselnden Umgebungen – möglichst auch mobil – genutzt werden kann
  • Abwechslungsreiche Interaktion: vielfältige Aufgaben- und Rückmeldeformen 
  • Social Learning: kooperative und kollaborative Entwicklung von Lösungen.

In der Praxis findet man vor allem folgende Anwendungen (Robes 2010):

  • Autonome Bausteine einer Qualifizierung, z.B. Podcasts zur Vertriebsschulung
  • Initiierung kurzfristigen Lernens, z.B. über regelmäßige SMS-Nuggets („Die Frage des Tages“)
  • Förderung des informellen Lernens, z.B. über den Zugriff auf Erfahrungsberichte
  • Integration in eine kompetenzorientierte Blended Learning Konzeption.

Nach Einschätzung des Autors greift diese Eingrenzung von Micro-Learning jedoch zu kurz. In kompetenzorientierten Lernsystemen steht nicht der Wissensaufbau im Vordergrund, sondern die Veränderung der Handlungsweisen und der Problemlösungsfähigkeit der Lernenden in Hinblick auf die Kompetenzziele. Das erforderliche Wissen, zur rechten Zeit am rechten Ort, ist die notwendige Voraussetzung für diese Lernprozesse. Microlearning birgt ein großes Potenzial für kompetenzorientiertes Lernen, wenn folgende Anforderungen erfüllt werden (Sauter und Sauter 2013):

  • Learning on demand: Das System liefert der LernerIn bei Bedarf das erforderliche Wissen, damit sie ihre Problemstellungen in der Praxis oder in Projekten zeitnah und fundiert lösen kann. Dabei wird ihr nicht nur das formelle Wissen, sondern auch das Erfahrungswissen, das von KollegInnen in Form von Fallstudien, Projekttagebüchern oder Diskussionsbeiträgen eingebracht wurde, passgenau zur Verfügung gestellt.
  • User generated content: Die Inhaltserstellung für Microlearning ist in den meisten aktuellen Systemen sehr einfach gestaltet, sodass die LernerInnen ihre Inhalte selbst aufbereiten können. Damit wird die Grenze zwischen formellem und informellem Wissen aufgeweicht. Der Wissenspool der Unternehmung erhält einen dynamischen Charakter.
  • Lernerorientierte Administration: Bereits heute ist über ein Administrations-Cockpit eine unmittelbare Zuordnung von NutzerInnen und Kursen, das Anlegen von neuen NutzerInnen und Gruppen sowie die Korrektur von Inhalten möglich.

Microlearning befindet sich erst am Anfang einer aufstrebenden Entwicklung. Erfüllen die Microlearning-Systeme mithilfe semantischer Systeme in naher Zukunft die skizzierten Anforderungen, können sie zu einer wertvollen Optimierung selbstorganisierter Kompetenzlernprozesse beitragen.

Quellenangaben

Baumgartner, Peter, 2013. Microlearning – Vier didaktische Herausforderungen [online]. Krems an der Donau: Peter Baumgartner, 23.06.2013 [Zugriff am: 02.07.2020]. Verfügbar unter: https://peter.baumgartner.name/2013/06/23/microlearning-vier-didaktische-herausforderungen/

Robes, Jochen, 2010. Microlearning als neues didaktisches Element [online]. [Zugriff am: 03.01.2017]. Verfügbar unter: http://de.slideshare.net/jrobes/microlearning-4653926

Sauter, Werner und Simon Sauter, 2013. Workplace Learning. Integrierte Kompetenzentwicklung mit kooperativen und kollaborativen Lernystemen. Berlin: Springer Gabler. ISBN 978-3-642-41417-6 [Rezension bei socialnet]

Literaturhinweise

Dräger, Jörg und Ralph Müller-Eiselt, 205. Die digitale Bildungsrevolution: Der radikale Wandel des Lernens und wir ihn gestalten können. München: Dt. Verl.-Anst. ISBN 978-3-421-04709-0 [Rezension bei socialnet]

Erpenbeck, John und Werner Sauter, 2019. Stoppt die Kompetenzkatastrophe! Wege in eine neue Bildungswelt. 2. Auflage. Berlin: Springer Gabler. ISBN 978-3-662-59676-0

Erpenbeck, John und Werner Sauter, 2013. So werden wir lernen! Kompetenzentwicklung in einer Welt fühlender Computer, kluger Wolken und sinnsuchender Netze. Berlin: Springer Gabler. ISBN 978-3-642-37180-6 [Rezension bei socialnet]

Kerres, Michael, 2018. Mediendidaktik: Konzeption und Entwicklung mediengestützter Lernangebote. München: Oldenbourg. ISBN 978-3-486-27207-9 [Rezension bei socialnet]

Verfasst von
Prof. Dr. Werner Sauter
Blended Solutions GmbH
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Es gibt 7 Lexikonartikel von Werner Sauter.

Zitiervorschlag
Sauter, Werner, 2020. Microlearning [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 06.07.2020 [Zugriff am: 12.02.2025]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/28950

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