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Nichteheliche Lebensgemeinschaft

Prof. Dr. Susann Kunze

veröffentlicht am 19.11.2024

Synonyme: Eheähnliche Lebensgemeinschaft; Eheähnliche Gemeinschaft; Kohabitation; Lebensgemeinschaft

Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bildet eine auf Dauer angelegte Partnerschaft, bei welcher das Paar nicht verheiratet ist und zusammenlebt.

Überblick

  1. 1 Zusammenfassung
  2. 2 Zum Begriff
  3. 3 Ein Blick in die Geschichte
    1. 3.1 Nichteheliche Lebensgemeinschaft bis in die 1970er-Jahre
      1. 3.1.1 Verbote
      2. 3.1.2 Zur Entstehung der „wilden Ehe“
      3. 3.1.3 Die Rolle der Kirche
      4. 3.1.4 Gründe für nichteheliche Lebensgemeinschaften
    2. 3.2 Wertewandel und Lebensformen
    3. 3.3 Entwicklungen seit den 1970er-Jahren bis heute
  4. 4 (Nichteheliche) Lebensgemeinschaften in der amtlichen Statistik in Deutschland
  5. 5 Rechtliche Rahmenbedingungen
    1. 5.1 Unterhaltsrecht und Rechte bei gemeinsamen Kindern
    2. 5.2 Tod einer Partnerin/​eines Partners
    3. 5.3 Steuerrecht
    4. 5.4 Sozialrecht
  6. 6 Quellenangaben
  7. 7 Literaturhinweise

1 Zusammenfassung

Eine nichteheliche Lebensgemeinschaft bildet eine Lebensform, bei welcher ein Paar ohne formale Eheschließung eine auf Dauer angelegte Partnerschaft eingeht und zusammenlebt. Diese Lebensform ist gekennzeichnet durch emotionale Verbundenheit, wirtschaftliche Bindungen, Zusammenleben und gemeinsame Haushaltsführung. Das Paar kann, muss jedoch nicht, gemeinsame Kinder haben.

2 Zum Begriff

Der Terminus nichteheliche Lebensgemeinschaft hat sich in Deutschland etabliert, teilweise wird von Jurist:innen auch der Begriff „eheähnliche Lebensgemeinschaft“ verwendet. Im Gegensatz dazu findet sich im angelsächsischen Raum und in Frankreich der Begriff der cohabitation, welcher sich in Deutschland trotz seiner Neutralität nicht durchsetzen konnte (Burkart 2018, S. 124). Kohabitation

„[…] ist weniger wertbelastet als der Terminus ‚nichteheliche Lebensgemeinschaft‘, bei dem die abwertenden (‚nichtehelich‘), aber auch die ideologischen Untertöne (‚Lebensgemeinschaft‘) nicht zu übersehen sind. Außerdem ist nicht immer klar, ob sich der Begriff nur auf zusammenlebende Paare bezieht oder auch auf getrennt lebende Paare – im Unterschied zu ‚Kohabitation‘, was ‚Zusammenwohnen‘ bedeutet“ (Burkart 2018, S. 124).

So zeigt bereits die Terminologie Unschärfen und Wertigkeiten, welche in ihrem Gebrauch zu reflektieren sind. Diese wurden zumindest in den amtlichen Statistiken abgeschwächt: Seit dem Jahr 2017 wird in diesen nur noch von Lebensgemeinschaften gesprochen, welche in gemischtgeschlechtliche (vorher nichteheliche Lebensgemeinschaften) und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften unterschieden werden (Statistisches Bundesamt 2024b). Da u.a. im Rechtswesen weiterhin von nichtehelichen Lebensgemeinschaften gesprochen wird, wird dieser nachfolgend trotz der genannten Vorbehalte gegenüber dem Begriff vorrangig verwendet.

3 Ein Blick in die Geschichte

Die Möglichkeit einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist im Kontext der gesellschaftlichen Werte und Normen zu betrachten.

3.1 Nichteheliche Lebensgemeinschaft bis in die 1970er-Jahre

3.1.1 Verbote

In vielen Gesellschaften war die Ehe eine zentrale Institution, welche stark in religiösen und rechtlichen Traditionen verankert war und durch Recht und Kirche geschützt wurde. Im Römischen Reich war die nichteheliche Lebensgemeinschaft zeitweise rechtlich nicht anerkannt, jedoch gesellschaftlich akzeptiert. Auch im Kirchenkonzil von Toledo im Jahr 400 wurde sie noch nicht geahndet. Die Kirche akzeptierte diese Lebensform jedoch nur, um die soziale Ordnung aufrechtzuerhalten. Erst im 13. Jahrhundert wurde die nichteheliche Lebensgemeinschaft von der Kirche verboten. Ab dem 14. Jahrhundert gab es auch auf der weltlichen Ebene in Städten und Ländern erste Verbote dieser Lebensform. Im Jahr 1530 wurde sie im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation mittels Reichspolizeiordnung verboten. Zugleich hatten Paare immer mehr Schwierigkeiten, die Voraussetzungen für die Eheschließung zu erfüllen (Venger 2004, S. 23–29).

3.1.2 Zur Entstehung der „wilden Ehe“

Im 18. und 19. Jahrhundert wurde die „wilde Ehe“ mit strafrechtlicher Verfolgung und kirchlichen Sanktionen geahndet. Wurde eine nichteheliche Lebensgemeinschaft aufgedeckt, musste das Paar sich trennen. Dennoch gab es in dieser Zeit auch eine Zahl nichtehelicher Lebensgemeinschaften, welche im 19. Jahrhundert anstieg und von Zeitgenossen mit Sittenverfall etikettiert wurde (Möhle 1999, S. 183–185). Angesichts der drohenden Strafen und Sanktionen sowie ihrer gesellschaftlichen Ächtung wurden nichteheliche Lebensgemeinschaften im Verborgenen geführt. Im Zuge dessen kann nur ansatzweise durch Geburtsregister erfasst werden, wie verbreitet diese Lebensform war (Möhle 1999, S. 186).

3.1.3 Die Rolle der Kirche

Hintergründe für die Entstehung nichtehelicher Lebensgemeinschaften in dieser Zeit können unter anderem im Einfluss der kirchlichen Bestimmungen gefunden werden, welche vor der Einführung der Zivilehe eine rechtswirksame Eheschließung, Ehescheidung oder Wiederverheiratung verhindern konnten. Lehnte die Kirche diese ab, blieb die „wilde Ehe“ oder das Konkubinat die einzige Alternative, um doch noch als Paar in einer Partnerschaft zusammenleben zu können (Möhle 1999, S. 187–188). So erlaubte z.B. der Ehebruch die Scheidung. Jedoch war es der ehebrechenden Person nicht erlaubt, erneut zu heiraten, geschweige denn die Person zu heiraten, mit welcher sie den Ehebruch begangen hatte. Dies wurde im Jahr 1900 auch im Familienrecht unter § 1312 BGB gesetzlich verankert (Möhle 1999, S. 190). „Die Entstehung Nichtehelicher [sic] Lebensgemeinschaften war in diesem Zusammenhang nicht unbedingt bewußte [sic] Abkehr von der Institution Ehe insgesamt oder Ausdruck eines Individualisierungsprozesses, allenfalls Teil des Säkularisierungsprozesses“ (Möhle 1999, S. 187).

3.1.4 Gründe für nichteheliche Lebensgemeinschaften

Weitere Hintergründe für die Entstehung nichtehelicher Lebensgemeinschaften waren nach Möhle (1999, S. 192–193)

  • die teilweise bestehende Praxis der Verweigerung der Heiratserlaubnis aus wirtschaftlichen Gründen, wenn also die Vermögenslage es nicht ermöglichte, eine Familie zu versorgen;
  • der Ausschluss von Bevölkerungsgruppen aus der Heiratserlaubnis, wie z.B. Gesellen, Dienstboten oder Soldaten;
  • das Heimatrecht, nach welchem in die Gemeinde zugewanderte Personen das Heiratsrecht verweigert werden konnte.

Im Jahr 1868 wurden im Norddeutschen Bund die gesetzlichen Ehebeschränkungen aufgehoben. In der Folge stieg in den 1870er-Jahren die Zahl der Eheschließungen rasant an. Jedoch blieben die Restriktionen gegen die nichtehelichen Lebensgemeinschaften bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts bestehen, wie z.B. auch der Kuppelei-Paragraf veranschaulicht. Nach diesem machten sich Vermieter strafbar, wenn sie ihre Wohnung an unverheiratete Paare vermieteten (Möhle 1999, S. 193–195). Dieser wurde erst im Jahr 1973 abgeschafft (Nave-Herz 2010).

3.2 Wertewandel und Lebensformen

Der Wandel gesellschaftlicher Normen und Werte hat die nichteheliche Lebensgemeinschaft als Lebensform zunehmend attraktiv gemacht. Häufig wird sie als Ausdruck von Individualisierungstendenzen und einer zunehmenden Ablehnung institutioneller Rahmenbedingungen verstanden.

So zeigen die Untersuchungen Ronald Ingleharts (1990), wie tiefgreifend sich der Wertewandel auf gesellschaftliche Strukturen und Lebensentwürfe auswirkt. Seine empirischen Untersuchungen des World Values Survey verdeutlichen, wie sich materialistische Werteorientierungen, welche Sicherheit, Wohlstand, Akzeptanz und Anpassung hervorheben, zu postmaterialistischen Werteorientierungen weiterentwickeln, in welchen Zusammengehörigkeit, Selbstverwirklichung und die Verbesserung der eigenen Lebensqualität priorisiert werden (Gabriel 2022, S. 150). Inglehart begründet diese Werteverschiebung mit dem zunehmenden und anhaltenden Wohlstand und Entwicklungsstand von Gesellschaften (Inglehart 1998, S. 66–68).

Diese Werteverschiebung, welche im Rahmen der Entwicklung der Wohlstandsgesellschaft seit den 1960er-Jahren zunahm, förderte die Pluralisierung von Lebensformen, auch indem klassische Lebensentwürfe hinterfragt und individuelle Entscheidungen zu Lebensentwürfen und zwischenmenschlichen Beziehungen zunehmend akzeptiert und gelebt wurden. Dieser Wandel besteht bis in die aktuelle Gegenwart fort (Lück und Diabaté 2015, S. 63).

Im Zuge dessen findet auch eine Abkehr von traditionellen (religiösen) Autoritäten und Wertebildern sowie ein Wandel der Geschlechterrollen statt. Die gesellschaftliche Offenheit für alternative Lebensmodelle gegenüber der Ehe nimmt in der Folge zu (Reese-Schäfer 2007, S. 157). Dies fördert auch die Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften.

Der von Inglehart beschriebene Wertewandel wird v.a. durch die jüngeren Generationen, welche in relativem Wohlstand aufgewachsen sind, vorangetrieben, da diese stärker zu postmaterialistischen Werten tendieren als ältere Generationen, die möglicherweise ökonomische Unsicherheiten erlebt haben (Berning und Ziller 2022, S. 315).

Die Entwicklung nichtehelicher Lebensgemeinschaften ist somit eng mit dem von Inglehart beschriebenen Wertewandel verbunden.

3.3 Entwicklungen seit den 1970er-Jahren bis heute

Nichteheliche Lebensgemeinschaften haben seit den 1970er-Jahren im westlichen Kulturkreis rapide zugenommen. Insbesondere in den skandinavischen Ländern wurde diese Lebensform schnell sehr beliebt. So waren z.B. in Schweden im Jahr 1970 ca. 7 % aller Paare in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, der Anteil stieg bis zum Jahr 1990 auf 20 %. Hintergrund dessen war die verfolgte Sozialpolitik, welche die für die Eheschließung bestehenden Anreize zunehmend abschaffte (Burkart 2018, S. 125).

Sozialpolitik und die daraus resultierenden rechtlichen Regelungen beeinflussen das Zusammenleben in unterschiedlichen Lebensformen. Vor diesem Hintergrund steht eine Studie von Gassen und Perelli-Harris (2015), die 12 europäische Länder hinsichtlich der Prävalenz nichtehelicher Lebensgemeinschaften sowie ihrer Rechte und ihres Schutzes in diesen Ländern genauer untersucht.

Die Häufigkeit der nichtehelichen Lebensgemeinschaft unterscheidet sich nicht nur in Bezug auf das Alter – so sind jüngere Personen unter 25 Jahren häufiger in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft als z.B. Personen zwischen 25 und 44 Jahren. Auch unter den europäischen Ländern zeichnen sich Unterschiede ab. Während in Schweden, Norwegen und Estland das Lebensmodell – auch mit gemeinsamen Kindern – häufiger als in den anderen untersuchten Ländern gewählt wird, ist es in der Ukraine, Litauen und Russland ein eher selten gewähltes Lebensmodell.

Die Verbreitung der nichtehelichen Lebensgemeinschaften korreliert dabei nicht zwingend mit den gesetzlichen Regelungen, welche diese absichern. Während in der Ukraine nichteheliche Lebensgemeinschaften einen nahezu ähnlichen rechtlichen Schutz wie Ehen genießen, ist diese Lebensform dort relativ selten; Estland zeigt das umgekehrte Bild. Dies weist auf komplexe, noch weiter zu erforschende Dynamiken hin. In Ländern wie Norwegen oder Schweden durchlaufen hingegen die Prävalenz nichtehelicher Lebensgemeinschaften und die Entwicklung rechtlicher Regelungen und Schutzmaßnahmen eine eher parallele Entwicklung. Insgesamt lässt sich in allen 12 untersuchten Ländern jedoch die Tendenz beobachten, dass Ehen weiterhin rechtlich stärker abgesichert sind als nichteheliche Lebensgemeinschaften.

4 (Nichteheliche) Lebensgemeinschaften in der amtlichen Statistik in Deutschland

Nichteheliche Lebensgemeinschaften werden in der amtlichen Statistik seit dem Jahr 2017 als gemischt- oder gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften bezeichnet. Im Jahr 2023 gab es in Deutschland 3,4 Mio. Lebensgemeinschaften (16,5 % aller Paarhaushalte), darunter 3,3 Mio. gemischtgeschlechtliche Lebensgemeinschaften (16,0 % aller Paarhaushalte). Ca. 1/3 dieser Paare haben Kinder, von denen der größte Teil unter 18 Jahren alt ist (Statistisches Bundesamt 2024a).

Generell nimmt der Anteil der Lebensgemeinschaften zu. Von 1996 bis 2022 haben Lebensgemeinschaften ohne minderjährige Kinder im Haushalt um 73,9 % und mit minderjährigen Kindern um 123,8 % zugenommen (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2024). Amtliche Zahlen für die Zeit davor sind aus der amtlichen Statistik schwer ermittelbar, da sie nicht explizit erfasst wurden und im Zuge dessen einzig sozialwissenschaftliche Erhebungen Schätzungen zur Verbreitung der nichtehelichen Lebensgemeinschaft erlauben (Klein 1999, S. 74).

Generell ist zwar der Anteil der Lebensgemeinschaften in den neuen Bundesländern (21,2 %) höher als in den alten Bundesländern (15,4 %; Statistisches Bundesamt 2024a), jedoch fällt der aufgeführte Zuwachs in den alten Bundesländern bei den Lebensgemeinschaften mit minderjährigen Kindern (186,1 %) stärker aus als in den neuen Bundesländern (58,1 %). Hintergrund dessen ist das Ausgangsniveau (Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung 2024).

5 Rechtliche Rahmenbedingungen

Im deutschen Recht ist die nichteheliche Lebensgemeinschaft als solche nicht im Familienrecht verankert. Für Personen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gelten die allgemeinen Gesetze, welche auch für andere Formen des Zusammenlebens anwendbar sind. Wesentliche Unterschiede zur Ehe bestehen insbesondere in den Bereichen:

  • Unterhaltsrecht,
  • Erbrecht,
  • Steuerrecht und
  • Sozialrecht.

5.1 Unterhaltsrecht und Rechte bei gemeinsamen Kindern

Scheitert eine Partnerschaft, gelten bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften folgende gesetzliche Grundlagen.

Anders als bei verheirateten Paaren besteht zwischen Partner:innen in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft grundsätzlich keine gesetzliche Unterhaltspflicht. Jedoch besteht bei einer Trennung je nach Einzelfall ein möglicher Ausgleichsanspruch für gemeinschaftsbezogene Zuwendungen (BGH, Urteil v. 9.7.2008, XII ZR 179/05; Urteil v. 6.5.2014, X ZR 135/11).

Leben die Partner:innen in einer verfestigten Partnerschaft, leben sie also seit mindestens vier Jahren in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft oder sind Eltern eines gemeinsamen Kindes, kann das Kind vom Partner/von der Partnerin angenommen werden (§ 1766a BGB).

Hat das Paar gemeinsame Kinder, besteht gemäß § 1615l BGB für diese eine Unterhaltspflicht. Auch ist das Paar nach der Trennung gemäß § 1626 BGB für die gemeinsame elterliche Sorge verantwortlich und hat für den kindlichen Umgang mit beiden Eltern zu sorgen.

5.2 Tod einer Partnerin/​eines Partners

Lebenspartner:innen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft sind im Erbrecht nicht automatisch erbberechtigt. Einzig ein Testament oder Erbvertrag ermöglicht im Falle des Todes Zuwendungen an Lebenspartner:innen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass – anders als bei verheirateten Paaren – der Steuerfreibetrag aktuell auf 20.000 € festgelegt ist, da nicht verheiratete Lebenspartner:innen unter die Steuerklasse III der Erbschaftssteuer fallen.

Stirbt eine Person, welche ein Wohnmietverhältnis vertraglich geschlossen hat, hat im Falle eines gemeinsamen Haushalts der/die Partner:in nach § 563 BGB das Recht, das Mietverhältnis zu übernehmen. Bei einem bereits vorher geschlossenen gemeinsamen Mietvertrag haben beide Partner:innen das gleiche Besitzrecht an der Wohnung, weshalb das Mietverhältnis automatisch mit dem/der überlebenden Partner:in weiterbesteht.

5.3 Steuerrecht

In steuerlicher Hinsicht werden nichteheliche Lebensgemeinschaften nicht wie Ehen behandelt. Die Partner:innen werden jeweils einzeln veranlagt.

5.4 Sozialrecht

Spezifische Arten staatlicher Unterstützungsleistungen berücksichtigen die nichteheliche Lebensgemeinschaft derart, dass das Einkommen beider Partner:innen berücksichtigt wird. Das Arbeitslosengeld bleibt davon unberührt.

Anders sieht es beim Bürgergeld und bei der Sozialhilfe aus. Beim Bürgergeld wird bei der Feststellung der Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 2 SGB II auch das Einkommen und Vermögen der/des Partnerin/​Partners berücksichtigt, da hier eine Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 Satz 3 SGB II vorliegt. So kann entweder kein Leistungsanspruch aufgrund des Einkommens und Vermögens der/des Partnerin/​Partners vorliegen oder diese Person hat ebenfalls einen Leistungsanspruch.

Bei der Sozialhilfe wird gemäß § 39 SGB XII vermutet, dass ein Zusammenleben mit einer Haushaltsgemeinschaft sowie gemeinsamem Wirtschaften einhergeht und damit der Bedarf gedeckt wird. Auch in diesem Fall wird in der Folge das Einkommen und Vermögen beider Partner:innen überprüft und es wird davon ausgegangen, dass bei entsprechendem Einkommen und Vermögen einer der beiden Personen die andere in der Folge nicht leistungsberechtigt ist. Hintergrund dieser Regelungen ist, dass gemäß § 20 SGB XII eheähnliche Lebensgemeinschaften nicht bessergestellt werden als Ehen. Damit wird auch Art. 6 Abs. 1 GG berücksichtigt (Schutz der Ehe).

6 Quellenangaben

Berning, Carl C. und Conrad Ziller, 2022. Verbreitung und Entwicklung rechtsextremer Einstellungen in Ost- und Westdeutschland. In: Martin Elff, Kathrin Ackermann und Heiko Giebler, Hrsg. Wahlen und politische Einstellungen in Ost- und Westdeutschland. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden, S. 307–338. ISBN 978-3-658-35171-7

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung, 2024. Veränderung der Lebensformen der Bevölkerung in Deutschland (2022 gegenüber 1996) [online]. Wiesbaden: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung [Zugriff am: 23.08.2024]. Verfügbar unter: https://www.bib.bund.de/Permalink.html?cms_permaid=1217822

Burkart, Günter, 2018. Soziologie der Paarbeziehung: Eine Einführung. Wiesbaden: Springer VS. ISBN 978-3-658-19405-5

Gabriel, Oscar W., 2022. Politische Partizipation: Eine Einführung in Theorie und Empirie. Wiesbaden: Springer Fachmedien Wiesbaden. ISBN 978-3-658-34257-9

Inglehart, Ronald, 1990. Culture Shift in Advanced Industrial Society. Princeton: Princeton Univ. Press. ISBN 978-0-691-18674-0

Inglehart, Ronald, 1998. Modernisierung und Postmodernisierung: Kultureller, wirtschaftlicher und politischer Wandel in 43 Gesellschaften. Frankfurt: Campus. ISBN 978-3-593-35750-8

Klein, Thomas, 1999. Verbreitung und Entwicklung Nichtehelicher Lebensgemeinschaften im Kontext des Wandels partnerschaftlicher Lebensformen. In: Thomas Klein und Wolfgang Lauterbach, Hrsg. Nichteheliche Lebensgemeinschaften. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 63–94. ISBN 978-3-8100-2344-5

Lück, Detlev und Sabine Diabaté, 2015. Was ist Familie? Familienleitbilder und ihre Vielfalt. In: Kerstin Ruckdeschel, Sabine Diabaté und Norbert F. Schneider, Hrsg. Familienleitbilder in Deutschland: Kulturelle Vorstellungen zu Partnerschaft, Elternschaft und Familienleben. Opladen: Barbara Budrich, S. 61–76. ISBN 978-3-8474-0809-3

Möhle, Sylvia, 1999. Nichteheliche Lebensgemeinschaft in historischer Perspektive In: Thomas Klein und Wolfgang Lauterbach, Hrsg. Nichteheliche Lebensgemeinschaften: Analysen zum Wandel partnerschaftlicher Lebensformen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 183–204. ISBN 978-3-8100-2344-5

Nave-Herz, Rosemarie, 2010. Die nichteheliche Lebensgemeinschaft – eine soziologische Analyse [online]. München: Staatsinstitut für Frühpädagogik und Medienkompetenz (IFP), 16.03.2010 [Zugriff am: 23.08.2024]. Verfügbar unter: https://www.familienhandbuch.de/familie-leben/​partnerschaft/​herausforderung-konflikte/​dienichtehelichelebensgemeinschaftsoziol.php

Reese-Schäfer, Walter, 2007. Politisches Denken heute: Zivilgesellschaft, Globalisierung und Menschenrechte. München: Oldenbourg Wissenschaftsverlag. ISBN 978-3-486-71128-8

Statistisches Bundesamt, 2024a. Jahr 2023, Paarformen. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, 02.04.2024 [Zugriff am: 23.08.2024]. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/​Gesellschaft-Umwelt/​Bevoelkerung/​Haushalte-Familien/​Tabellen/​3-1-paare.html?nn=208888

Statistisches Bundesamt, 2024b. Lebensgemeinschaft. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, 2024 [Zugriff am: 23.08.2024]. Verfügbar unter: https://www.destatis.de/DE/Themen/​Gesellschaft-Umwelt/​Bevoelkerung/​Haushalte-Familien/​Glossar/​lebensgemeinschaften.html

Venger, Sonja, 2004. Gesetzliche Regelung der Rechtsverhältnisse nichtehelicher Lebensgemeinschaften: Zur Notwendigkeit und inhaltlichen Ausgestaltung eines solchen Gesetzes im Rechtsvergleich mit den Regelungen in Frankreich, den Niederlanden, Belgien und Katalonien. Berlin: Tenea. ISBN 978-3-86504-105-0

7 Literaturhinweise

Burkart, Günter, 2018. Soziologie der Paarbeziehung: Eine Einführung. Wiesbaden: Springer VS. ISBN 978-3-658-19405-5

Lück, Detlev und Sabine Diabaté, 2015. Was ist Familie? Familienleitbilder und ihre Vielfalt. In: Kerstin Ruckdeschel, Sabine Diabaté und Norbert F. Schneider, Hrsg. Familienleitbilder in Deutschland: Kulturelle Vorstellungen zu Partnerschaft, Elternschaft und Familienleben. Opladen: Barbara Budrich, S. 61–76. ISBN 978-3-8474-0809-3

Verfasst von
Prof. Dr. Susann Kunze
IU Internationale Hochschule · Fernstudium, Erfurt
Professorin für Kindheitspädagogik
Studiengangsleiterin Kindheitspädagogik (B.A.) im Fernstudium
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Es gibt 4 Lexikonartikel von Susann Kunze.

Zitiervorschlag
Kunze, Susann, 2024. Nichteheliche Lebensgemeinschaft [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 19.11.2024 [Zugriff am: 13.12.2024]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/29389

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