Personalmanagement
Prof. Dr. Georg Kortendieck
veröffentlicht am 27.11.2024
Personalmanagement ist die Gestaltung der Mitarbeitendenaktivitäten in einer Einrichtung. Sie erfolgt indirekt über Strukturen wie Verträge oder Regelungen oder durch Einrichtungskultur sowie direkt durch die Mitarbeitendeführung.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Der Arbeitsmarkt
- 3 Personalmanagement als Systemsteuerung
- 4 Personalmanagement als Verhaltenssteuerung
- 5 Quellenangaben
- 6 Literaturhinweise
1 Zusammenfassung
Personalmanagement (Human Resource Management) ist der konzeptionelle Ansatz, mit der jede Mitarbeitende betreffende Aktivität realisiert werden kann (Scholz 2011). Im Mittelpunkt steht die Managementperspektive, die auch die Personalverwaltung, die auf rein administrative Aufgaben fokussiert ist, und die Personalwirtschaft, die die Mitarbeitenden als Produktions- und Kostenfaktor betrachtet, einschließt. Ausgehend vom Arbeitsmarkt, auf dem die Arbeitsnachfrage auf das Arbeitsangebot trifft, enthält das Personalmanagement die Steuerung des gesamten Managementsystems und der Verhaltenssteuerung (Kolhoff 2019).
Die Systemsteuerung umfasst Personalstrategien, das Zusammenspiel von Personal und Prozessgestaltung, Arbeitsverträge und arbeitsrechtliche Grenzen sowie die Entlohnung von Mitarbeitenden. Die direkte Verhaltenssteuerung geschieht durch Personalbeurteilung, Personalentwicklung und durch Mitarbeitendenführung. Zwischen Systemsteuerung und Verhaltenssteuerung sind die Grenzen fließend. Das Personalmanagement wird dadurch von der Personalabteilung, von den Führungskräften und/oder von beiden gemeinsam geleistet (Helmig und Boenigk 2020): Während Mitarbeitendengespräch, Zielvereinbarung und Mitarbeitendenbeurteilung Aufgabe von Führungskräften sind, hat die Personalabteilung neben administrativen Aufgaben auch Controllingfunktionen. Gemeinsam werden Freiwillige geworben, die Mitarbeitenden ausgewählt und das Personal bei seiner Entwicklung unterstützt.
2 Der Arbeitsmarkt
Auf den verschiedenen Arbeitsmärkten treffen das jeweilige Arbeitsangebot und die Arbeitsnachfrage aufeinander. Die Erwerbstätigkeit im Sozialwesen hat in den letzten Jahren bedeutend zugenommen. Der Verband der freien Wohlfahrtspflege weist 2020 über 800.000 Vollzeitstellen und mehr als 1,2 Millionen Teilzeitstellen aus (BAGFW 2023). 20 Jahre zuvor waren in diesem Bereich 1,1 Millionen Menschen insgesamt beschäftigt. Der in den letzten Jahren deutlich gestiegene Personalbedarf basiert auf Leistungserweiterungen (wie dem Kita-Ausbau), verändertem Bedarf (wie durch das Bundesteilhabegesetz) und der vermehrten Abgänge durch Verrentung geburtenstarker Jahrgänge.
Der Personalbedarf wird durch Personal-Klient:innen-Schlüssel bestimmt. Ob Künstliche Intelligenz und die Digitalisierung der Abläufe Personal ersetzen oder ergänzen kann, wie dies in vielen Branchen prognostiziert wird, ist im Sozialwesen eine offene Frage, da betreuungsintensive Berufe eine geringe Digitalisierungstendenz aufweisen (Klenk 2022). Der gestiegenen Arbeitsnachfrage steht zunehmend ein verringertes Arbeitsangebot gegenüber. Zwar ist die Anzahl der Erwerbstätigen in den letzten Jahren auf 46 Millionen Personen und die der sozialversicherungspflichtigen Personen auf knapp 35 Millionen Personen kontinuierlich gestiegen (Bundesagentur für Arbeit 2024), es zeichnet sich aber demografisch bedingt ein Rückgang der erwerbsfähigen Bevölkerung ab.
Infolge stark steigender Nachfrage nach Personal gehört die Soziale Arbeit einschließlich der Gesundheitsberufe und Pflege zu den Branchen, in denen ein besonders starker Arbeitskräftemangel vorherrscht. Der Personalmangel verursacht bereits jetzt ein reduziertes Angebot an Hilfeleistungen. Um am Arbeitsmarkt erfolgreicher zu sein, setzen viele Einrichtungen auf verstärktes Personalmarketing, das von einer besseren Präsentation der Einrichtung in den sozialen Medien, über Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte, Anerkennung internationaler Berufsabschlüsse, Umschulungsangebote bis hin zur verstärkten Nutzung von Onlineportalen für Bewerbungen reicht.
3 Personalmanagement als Systemsteuerung
3.1 Strategisches Personalmanagement
Strategische Entscheidungen sind Entscheidungen, die einen längeren Zeitraum im Blick haben und grundsätzlich Ziele, Ressourcen und Umwelt als variabel ansehen und die Erfolgspotenziale, die Wettbewerbsausrichtung und die Sicherung der Existenz der Einrichtung und ihrer Arbeitsplätze bestimmen. Solche Entscheidungen sind notwendigerweise unsicher und riskant. Die Einrichtungen, unabhängig, ob sie gewinnorientiert oder gemeinnützig sind, tragen als Arbeitgebende die Risiken ihrer Entscheidungen. Mitarbeitende wollen dagegen als Arbeitnehmer:innen nicht diese Risiken tragen und streben nach Sicherheit. Strategische Personalentscheidungen berücksichtigen, welchen Beitrag das Personal zum Einrichtungserfolg leisten kann, welchen Wert einzelne Berufsgruppen dafür haben, wie sie motiviert sind (extrinsisch oder intrinsisch) und ob sie mit ihren Fähigkeiten leicht oder schwer für die Einrichtung zu gewinnen bzw. zu halten sind (Kortendieck 2019).
Das Personal wird in vielen Einrichtungen als der wichtigste wertschöpfende Faktor angesehen und in der Sozialen Arbeit wird ihm eine besonders hohe Relevanz zugemessen. Der Hilfeprozess ist ohne die Beteiligung von Personen nur schwer vorstellbar. An das Personal in der Sozialen Arbeit werden deshalb erhebliche Anforderungen an Integrität, Vertrauenswürdigkeit, Zuverlässigkeit gestellt und ein hoher Grad an Kompetenz und Empathie erwartet. In Verbindung mit der Notwendigkeit, schnell und umfassend auf die Bedürfnisse der Klienten:innen und Kostenträger reagieren zu können, muss ein erheblicher Teil des Personals als Kapazität aufgebaut und vorgehalten werden. Die damit verbundene vertragliche Bindung führt zu vergleichsweise hohen Personalkosten und gleichzeitig fixen Kosten. Für die freien Träger bedeutet das, dass sie ihre Kapazitäten immer möglichst vollständig ausschöpfen müssen, um keine Verluste zu erleiden.
Der Einsatz von Freiwilligen (als Mitarbeitende) und Ehrenamtlichen (als Mandatsträger:innen) stellt bei den vorherrschenden gemeinnützigen Trägern der Sozialen Arbeit eine weitere Besonderheit dar. Ehrenamtliche, die Vorstandspositionen innehaben, treffen somit die zentralen, strategischen Personalentscheidungen. Weiterhin werden Freiwillige in großer Zahl bei den Wohlfahrtsverbänden (knapp 2 Millionen Personen; BAGFW 2023) zum Teil in der direkten Zusammenarbeit mit der Klientel eingesetzt, ergänzen so das hauptamtliche Personal und dämpfen damit den Personalmangel. Sie stehen zeitlich nicht in dem gleichen Ausmaß und nicht sicher über einen langen Zeitraum zur Verfügung.
Wert und Einzigartigkeit beeinflussen die Unternehmens- und Personalstrategie:
- Sind der Wert der Personalressource und seine Einzigartigkeit gering, bedeutet dies, dass man wenig qualifizierte Arbeitskräfte bei relativ standardisierten Tätigkeiten sucht. Es kommt weniger auf die individuelle Qualität als vielmehr auf reibungslose Abläufe, geringe Kosten und Einhaltung von Vertragsbedingungen an. Zur Personalstrategie gehören dann kurzfristige, genormte Arbeitsverträge, effiziente Personalsuche und eventuell monetäre Anreize bei guter Arbeitsleistung.
- Sind die Arbeitskräfte dagegen zwar einzigartig (Expert:innen), aber für die Einrichtung von untergeordneter Bedeutung, bietet es sich an, diese Arbeitskräfte zu poolen oder über Outsourcing auf sie zuzugreifen. Hier wäre an unterstützende Verwaltungstätigkeiten zu denken, die von kleineren Trägern an größere Verbände abgegeben werden. Dies könnte bspw. auch die Personalabteilung sein.
- Im dritten Fall mit besonderer Bedeutung für das Sozialwesen trifft ein hoher Wert auf eine hohe Vergleichbarkeit der Ressourcen. Hier wäre an ausgebildete Erzieher:innen, Altenpfleger:innen oder Sozialarbeiter:innen zu denken. Ihre Qualifikationen sind für die jeweiligen Tätigkeiten von großer Bedeutung, spezielles Wissen ist entweder für eine vergleichsweise standardisierte Tätigkeit nicht erforderlich (etwa in der Pflege) oder (noch) nicht vorhanden (bei Studienabsolvent:innen). Sie werden auf dem Arbeitsmarkt eingekauft. Aspekte der Personalstrategie können in diesem Zusammenhang eine gute Bezahlung, attraktive Nebenleistungen, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis oder bessere Arbeitsbedingungen als bei der Konkurrenz am Arbeitsmarkt sein.
Ist das Personal wichtig, wertvoll und einzigartig, kann es Quelle erfolgreicher Wettbewerbsvorteile aufgrund von Kernkompetenzen sein. Sie sind bei der Einstellung bereits Talente, die durch interne Entwicklungen so viel spezifisches Wissen erhalten, dass die durch sie erzeugten Wettbewerbsvorteile einzigartig, wertvoll und nicht nachahmbar sind.
3.2 Operatives Personalmanagement
Zum operativen Personalmanagement gehören die Personalplanung, die Gewinnung und Bindung von Personal sowie die Personalentlohnung und die Personalkostensteuerung. Die Personalplanung hat zum Ziel, die effektive und effiziente Bereitstellung der Ressource Personal zu gewährleisten, indem in ausreichender Menge, zu den erforderlichen Zeiten und unter Berücksichtigung der aktuellen Ausstattung neues Personal gewonnen oder bei fehlenden Aufträgen Personal abgebaut werden kann. Dies betrifft den (Neu)Bedarf, den Personaleinsatz (zur Abdeckung der erforderlichen Zeiten, etwa in der Nacht oder am Wochenende in ausreichender Menge), sowie die Verwendung, die auf einen möglichst flexiblen Einsatz des Personals abstellt. Der Personalbedarfsplanung kommt eine besondere Bedeutung in der Erfüllung von vertraglich zugesicherten Betreuungsumfängen zu. Urlaub, Fehlzeiten oder Abgänge müssen einkalkuliert werden, um etwa die notwendige Fachkraftquote aufrechterhalten zu können. Die Frage, welcher Betreuungsschlüssel angemessen ist, hängt von der Einrichtungsart, der Hilfeform, der Zielgruppe und der Konzeption ab und ist zum Teil bereits Voraussetzung für die Erteilung der Betriebserlaubnis (etwa nach §§ 45, 48 SGB VIII). Ferner wird festgelegt, wer als Fachkraft zu gelten hat und wie bspw. Praktikant:innen in welchem Schlüssel angerechnet werden können.
Da Soziale Arbeit überwiegend personalintensive Dienstleistungen umfasst, sind die Anzahl, Qualität und Zusammensetzung des Personals der größte Kostenfaktor im Sozialwesen. Folglich werden von den Kostenträgern nach Maßgabe einer ausreichenden und wirtschaftlichen Versorgung und Betreuung konkrete Personalbedarfe pro Platz oder Gruppe festgelegt und entgolten. Sie unterstellen dabei eine bestimmte Arbeitsproduktivität (geleistete Arbeitsmenge in einer bestimmten Zeit) des Personals. In der Pflege geschieht dies durch Minutenangaben pro Fall und Pflegegrad am Tag.
Ist die Auslastung in der Zukunft nicht genau vorhersehbar, wie etwa im Allgemeinen Sozialen Dienst, versucht man mithilfe analytischer Modelle Schätzungen für den möglichen Personalbedarf mithilfe standardisierter Arbeitsschritte (z.B. Dauer einer Inobhutnahme von der ersten Meldung bis zur Unterbringung bei einem freien Träger) vorzunehmen. Oder man orientiert sich an Vergangenheitswerten und Erfahrungen ähnlicher Kommunen. Schließlich muss der künftige Bedarf anhand sozialer Indikatoren (z.B. Bevölkerungsentwicklung) prognostiziert werden.
Die Ausstattung mit (Fach)Personal und das dadurch zur Verfügung stehende Arbeitsvolumen wird durch Fehlzeiten, Urlaubszeiten oder Ähnliches beeinflusst. Vor allem bei vorgegebenen Personalschlüsseln ist darauf zu achten, dass genügend Reservekräfte vorhanden sind, bzw. die Mitarbeitenden flexibel einspringen. Dies kann mit dem Arbeitszeitgesetz in Konflikt geraten, welches grundsätzlich eine Arbeitszeit von acht Stunden pro Tag vorsieht und in Ausnahmenfällen bis zu 60 Stunden in der Woche zulässt. Diese müssen durch Freizeit wieder ausgeglichen werden. Einer besonderen Bedeutung kommt dabei Bereitschaftsdiensten, die in der Regel Ruhezeiten miteinplanen, und Rufbereitschaften zu. Da Bereitschaftszeiten grundsätzlich Arbeitszeiten sind, müssen die Bedingungen zur Höchstarbeitszeit (maximal 12 Stunden am Tag) beachtet werden.
Die Anzahl der Beschäftigten ist im Sozialwesen in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich gestiegen, was die wachsende Bedeutung der Sozialen Arbeit deutlich macht. Von 2013 bis 2023 stieg die Anzahl der Personen mit einem akademischen Abschluss im Sozialwesen von 283 Tsd. auf 351 Tsd. Personen an. Dabei sind 23 % über 55 Jahre alt (Bundesagentur für Arbeit 2024). Vor einem Kollaps durch den Arbeitskräftemangel warnt eine Studie (Hohendanner et al. 2024). Die Belegschaft altere rapide, es herrsche in allen Qualifikationen ein Mangel, sodass bei steigendem Personalabgang die Einstellungsbedarfe massiv steigen. Klassische Instrumente wie Stellenanzeigen in Printmedien werden durch Online-Recruiting und Employer Branding abgelöst. Sie können den Arbeitskräftemangel jedoch nicht spürbar beseitigen. Die Personalbeschaffung bzw. Gewinnung stellt sich mittlerweile anders dar: Zunehmend finden nicht mehr Bewerbungen beim Unternehmen, sondern Bewerbungen des Unternehmens und der Behörde bei potenziellem Personal statt. Kommt es zur Personalauswahl, sollten geeignete Auswahlmethoden die Fach-, Sozial- und Methodenkompetenz der Bewerber:innen feststellen. Der Validität (Gültigkeit) und Reliabilität (Zuverlässigkeit) der Auswahlinstrumente (Prüfung der Bewerbungsunterlagen und -Zeugnisse, Interviews, Tests und Probezeiten) stehen die Kosten dieser Verfahren gegenüber.
Der Erfolg von Ausschreibung und Auswahlverfahren hängt unter anderem davon ab, welche vertraglichen und inhaltlichen Bedingungen in Aussicht gestellt werden. Im Arbeitsvertrag werden Rechte und Pflichten, die Arbeitszeit, Stellenumfang, eventuelle Befristung und Eingruppierung bzw. Gehalt geregelt. Befristungen dürfen grundsätzlich nur aus sachlichem Grund (Projekt, Krankheits- oder Schwangerschaftsvertretung) ausgesprochen werden. Eine Ausnahme macht § 14 Abs. 2 TzBfG (Teilzeit- und Befristungsgesetz): Demnach ist eine Befristung ohne sachlichen Grund bis zu einem Zeitraum von insgesamt zwei Jahren erlaubt. Innerhalb dieses Zeitraumes dürfen bis zu drei Befristungen ausgesprochen werden. Nach der Studie von Hohendanner et al. (2024) verlieren im Sozialwesen Befristungen an Attraktivität. Ist der Arbeitgeber an einen gängigen Tarifvertrag gebunden, wie dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) oder den allgemeinen Vertragsrichtlinien (AVR) der konfessionellen Wohlfahrtsverbände, werden die Löhne und Arbeitsbedingungen maßgeblich davon beeinflusst. Über 50 % der gewerblichen Einrichtungen verfügen nicht über eine Tarifbindung (Hohendanner et al. 2024; S. 46).
Auch bei intrinsischer Motivation der Beschäftigten spielt eine angemessene, als gerecht empfundene Entlohnung eine wichtige Rolle. Sowohl für die Gewinnung, die Bindung und die Motivation von Mitarbeitenden sind die Organisation, Arbeitsbedingungen, Wertschätzung und die Entlohnung ein zentraler Faktor. Der persönliche Verdienst wird als gerecht angesehen, wenn er als anforderungsgerecht wie leistungsgerecht empfunden wird. Andererseits stellt die Entlohnung für die Einrichtungen und Unternehmen im Sozialwesen den wichtigsten Kostenfaktor da und beeinflusst damit maßgeblich die Erreichung wirtschaftlicher Ziele. Im Sozialwesen müssen die Entgelte für Fachleistungsstunden, Fallpauschalen und Tagessätze die Personalkosten vollständig mit abdecken, will man nicht in Ertrags- und Liquiditätsschwierigkeiten geraten. Tarifsteigerungen, etwa als notwendiger Inflationsausgleich, müssen ebenso Entgeltsteigerungen nach sich ziehen. Im Pflegebereich bedeutet dies, dass die Eigenbeiträge der Gepflegten entsprechend mitsteigen müssen.
Die Entlohnung, festgelegt z.B. im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) mit seinen unterschiedlichen Ausprägungen für Kommunen, Länder und Bund sowie als Eigentarif für das Sozialwesen, ist abhängig von der Eingruppierung und von der Anzahl der Beschäftigungsjahre in einer Gehaltsstufe (beispielhaft hierfür: TVöD Soziales und Erziehung):
Ab der 3. Stufe erreichen die Beschäftigten die nächsthöhere Stufe nach einer bestimmten Laufzeit (3, 4, 5 Jahre) und in Abhängigkeit ihrer Leistung gemäß § 17 TVöD.
Für ihre Arbeitsleistung erhalten die Mitarbeiter:innen monetäre Gegenleistungen. Zu den Entgelten zählen die Tarifgehälter, Leistungsprämien, übertarifliche Zulagen und Mehrarbeitspauschalen. Personalzusatzkosten sind:
- Abgaben zur Sozialversicherung (Arbeitslosen-, Kranken-, Pflege-, Renten-, Unfallversicherung)
- Zusatzversorgung/​betriebliche Altersversorgung
- Lohnfortzahlung im Krankheitsfall
- Urlaubs- und Weihnachtsgeld
- tarifvertragliche Lohnausfälle, z.B. für Heirat, Geburt oder Umzug
- Essens- und Fahrtkostenzuschüsse, Maßnahmen zur Aus-, Fort- und Weiterbildung
- Bereitstellung von Arbeitskleidung, Betriebssporteinrichtungen
- Kosten der Personalverwaltung: Beschaffung, Planung, Beurteilung und Mitarbeitendenführung.
Die Arbeitgeber:innen wiederum müssen zum Gehalt die Beiträge zur Sozialversicherung, zur Zusatzversorgung sowie zur Berufsgenossenschaft bezahlen. Allein die Sozialbeiträge summieren sich auf ca. 20 % des Bruttoentgeltes. Arbeitnehmer:innen dagegen müssen von ihrem Bruttoentgelt ebenfalls ca. 20 % Sozialabgaben und ihre bzw. seine individuelle Einkommensteuer (je nach Lohnsteuerklasse) tragen. Bei Teilzeitkräften, die in einer Partnerschaft leben und deren Partner:innen eine günstigere Steuerklasse haben, besteht so nur ein geringer Anreiz, die Arbeitsstunden auszudehnen, weil mehr als die Hälfte des Zuverdienstes durch Sozialabgaben und Steuern vermindert werden.
Tarifsteigerungen führen für die Einrichtungen dann zu einem gravierenden Problem, wenn die dadurch verbundenen Personalkostensteigerungen von den jeweiligen Kostenträgern nicht (vollständig) durch entsprechend ansteigende Entgelte kompensiert werden. Der Druck zur Kostensenkung durch Abbau von Personal wird ansonsten immer stärker.
4 Personalmanagement als Verhaltenssteuerung
Neben der Systemsteuerung kann das Verhalten des Personals direkt gesteuert werden. Instrumente sind Zielvereinbarung, Beurteilung und Entwicklung. Zusammen oder einzeln stellen sie Elemente des Mitarbeitendengespräches dar, das regelmäßig im Jahr stattfindet (bzw. stattfinden sollte). Das Mitarbeitendengespräch ist zudem das wichtigste Instrument der Mitarbeitendenführung.
4.1 Zielvereinbarungs- und Beurteilungsgespräch
Das Mitarbeitendengespräch stellt eines der zentralen Führungsinstrumente dar. Bestandteile des regelmäßig stattfindenden Gesprächs sind die Zielvereinbarung, die Beurteilung und eventuell die Entwicklung. Es ist wie der gesamte Prozess der Mitarbeitendenführung zeitaufwendig und nicht frei von Konflikten. Die Mitarbeitendenbeurteilung bewertet die zuvor vereinbarte Leistung und das Arbeitsverhalten der Mitarbeitenden. Nach Beurteilungskriterien, die für alle Mitarbeitenden in einer Arbeitsgruppe/​Hierarchieebene gelten, ist sie Diskussionsgegenstand im Mitarbeitendengespräch zwischen direkten Vorgesetzten und Mitarbeitenden. Die Beurteilung der Person an sich ist zu vermeiden, da sie eher einer Verurteilung gleichkommt. Vorteilhaft ist es, der unmittelbaren Fremdbeurteilung durch den Vorgesetzten, die auf Beobachtungen und der Auswertung von Dokumenten beruht, die Selbstbeurteilung der Mitarbeiter:innen entgegenzusetzen und beide als Grundlage für das Beurteilungsgespräch zu wählen.
Ziel des Mitarbeitendengesprächs ist die Steuerung betrieblicher Ablaufprozesse, die Motivation der Mitarbeitenden und Führungskräfte, die Entwicklung der Mitarbeitenden und allgemein die Förderung des Dialogs zwischen Mitarbeitenden und Vorgesetzten, indem es gegenseitig unbewusste Zustände aufdeckt und zum gemeinsamen Erfahrungsinhalt macht. Kommunikatives Ziel ist, den Bereich der gemeinsam geteilten Gesprächsebene, der beiden Gesprächspartner:innen bewusst ist, möglichst groß werden zu lassen. Auch wenn das Zielvereinbarungs- und Beurteilungsgespräch regelmäßig (einmal im Jahr) in den Führungsprozess eingebunden sein sollte, gibt es Anlässe für weitere, anlassbezogene Beurteilungen:
- Einstellungen und Bewerber:innenauswahlgespräche
- Beendigung der Probezeit und Übernahme in ein Arbeitsverhältnis
- interne Stellenbesetzung
- Festlegung und Weiterentwicklung der individuellen Entlohnung
- Auswahl geeigneter Personalentwicklungsmaßnahmen
- Trennung und Verabschiedung
- Zeugniserstellung
Zielvereinbarungen und Mitarbeitendenbeurteilung bedingen einander. Ähnlich den Hilfeplangesprächen bedarf es einer Sollvorgabe, ohne die eine Beurteilung des Ist-Zustandes fragwürdig und überflüssig wird. Wird nur das Verhalten beurteilt, ist ein opportunistisches Wohlverhalten des zu Beurteilenden zu befürchten. Wird dagegen ausschließlich das Leistungsergebnis beurteilt, könnte der „Zweck“ die Mittel heiligen. Aus diesem Grund setzt sich eine effektive Mitarbeitendenbeurteilung immer aus den Komponenten Leistungs- und Verhaltensbeurteilung zusammen. Leistungsziele und angemessenes Verhalten bestimmen sich aus den betrieblichen Zielen, den Vorgesetztenwünschen und den Mitarbeitendeninteressen. Die betrieblichen Ziele selbst resultieren aus den Interessen der unterschiedlichen Stakeholder.
Im Nonprofit-Bereich besteht hierbei die Schwierigkeit, dass die Ziele nicht genügend operationalisiert werden, und daher die Ableitung von Sollkriterien und die Feststellung von Ist-Ergebnissen schwierig und interpretationswürdig ist. Darüber hinaus können eine Reihe von Beurteilungsfehlern bei Vorgesetzten und allgemein von Vermeidungs- und Absicherungsstrategien auf beiden Seiten entstehen. Beurteilungen fallen umso positiver aus, je ähnlicher sich die Personen sind bzw. je mehr eigenes gewünschtes Verhalten beim Anderen gezeigt wird (Halo-Effekt), frühere Beurteilungen gut waren (Serienfehler) oder der erste Eindruck gut war. Hinzu kommen Maßstabfehler bei Beurteilenden, die entweder systematisch zu gut/zu schlecht bewerten.
4.2 Personalentwicklung
Die Personalentwicklung umfasst alle Maßnahmen zur Vermittlung von Qualifikationen, welche die aktuellen und zukünftigen Leistungen von Mitarbeitenden und Führungskräften steigern (durch Bildungsmaßnahmen), sowie Maßnahmen, welche die berufliche Entwicklung unterstützen (Förderung) (Stock-Homburg und Gross 2019). Mitarbeitende und Führungskräfte, die sich weiterentwickeln, vergrößern das Ressourcenpotenzial einer Einrichtung und stellen als Bindungsmaßnahme eine wichtige Alternative zur Personalgewinnung dar. Dies beginnt mit der Sozialisation neu gewonnener Mitarbeitenden in den betrieblichen Arbeitsprozess, um deren Commitment mit den betrieblichen Zielen zu erreichen und auszubauen, über den Ausbau und Transfer des bisherigen Fachwissens auf die betrieblichen Anforderungen, die Anpassung des Wissens und Könnens an neue Umstände (Gesetzesänderungen, neue Maßnahmen, neue Zielgruppen), bis hin zur Verbesserung der Führungsqualität. Die Personalentwicklung stellt sich als Begleitung durch den gesamten betrieblichen Lebenszyklus der Mitarbeitenden dar, von der Einstellung bis hin zum Ausscheiden aus dem Betrieb (Nöbauer2019). Im Mittelpunkt des Personalmanagements steht die Ermittlung des jeweils notwendigen Anforderungsprofils einer Stelle und das ermittelte Fähigkeitenprofil der Mitarbeitenden. Durch Anpassungs- und durch Aufstiegsentwicklung kann das notwendige Anforderungsprofil erreicht werden. Entwicklungsmaßnahmen können sein:
- Into the job: Berufsausbildung, Praktika, Einarbeitung, Trainee-Programme, Patenschaften
- On the job: Mitarbeitendengespräch, Projektarbeit, Übernahme einer Stellvertretung, Job-Enlargement, Job-Enrichment, Job-Rotation
- Off the job: Fachseminare, Planspiele, Coaching, Weiterbildungsabschlüsse und -studium
- Along the job: Laufbahn- und Karriereplanung
- Out of the job: Outplacement (bei Verlust des Arbeitsplatzes), Vorruhestandsregelungen
Welche Maßnahmen effektiv sind, ist keineswegs sicher. Das Personalcontrolling steuert nicht nur die Personalkosten, sondern sollte gleichermaßen die Wirkung des Personalmanagements im Allgemeinen und der Personalentwicklung im Besonderen feststellen und bewerten können. Dabei stellt sich für das Personalmanagement die Frage, ob Maßnahmen wirksam sind und ob sie in der jeweiligen Konstellation mit den Mitarbeitenden wirken (schlechtes Umfeld, schlechtes Training …).
4.3 Mitarbeitendenführung
Die personale Praxis bietet eine Fülle von Ratgebern und Seminaren an, die einen durchgehenden Führungserfolg versprechen. Oft fehlen wissenschaftliche Nachweise, dass dieser oder jener Führungsstil oder diese oder jene Führungstheorie zum Erfolg führen. Die Mitarbeitendenführung ist subjektiv und personenbezogen, handelt absichtsvoll und versucht auf das Handeln von Geführten vor allem in schlecht strukturierten Situationen zum Beispiel durch Feedback und Mitarbeitendengespräche Einfluss zu nehmen (Blessin und Wick 2021).
Welches Verhalten (Führungsstil) erfolgreich ist, wird in Führungstheorien analysiert und erklärt. Führung stellt sich damit als Zusammenspiel von Führungs-/Geführteneigenschaften, dem jeweiligen Verhalten, der Situation und der Reaktion der Geführten auf Führungshandlungen dar. Führungsmodelle versuchen Führungsergebnisse in Bezug auf die Führungsperson (Eigenschaftstheorien), den Geführten (z.B. Rollentheorien), der Auswirkung von Führungsstilen im Handeln von Führungskräften oder durch Bezugnahme auf die Situation zu erklären.
Beliebt sind vor allem Theorien, die von bestimmten Führungseigenschaften ausgehen. Hierbei erweist sich die charismatische Führungstheorie nicht nur als besonders populär, sie kann in bestimmten Situationen (z.B. im Krisenfall) durchaus einen gewissen Führungserfolg entsprechender Führungspersonen feststellen. Weiterentwickelt wurde dieser Ansatz dann zur transformationalen Führung, der der transaktionalen Führung, die auf Anreiz, Austausch und Wirkung abzielt, als überlegen angesehen wird und sich großer Beliebtheit erfreut.
Vor allem die Führungsstiltheorien konnten herausarbeiten, dass der Erfolg von Führungsstilen situationsabhängig ist. Welche Führungsstile zu welcher Situation (klare oder unklare Situation) passen, untersuchen die Kontingenzansätze (z.B. die Reifegradtheorie). Allerdings können die Führungskräfte selbst die Führungssituation herbeigeführt haben.
Was letztlich den Führungserfolg ausmacht, welches Verhalten richtig oder falsch ist, ist empirisch sehr schwer zu beantworten, weil Dynamik und Komplexität konkreter Handlungssituationen nur sehr allgemeine Aussagen zulassen. Blessin und Wick (2021) bevorzugen daher, Bedingungen und Aufgaben auf niedrigerem Abstraktionsgrad herauszugreifen, die sich als besonders relevant, kritisch, weit verbreitet oder zukunftsträchtig erweisen. Hierzu zählen Ansätze vielfältiger Führung (Diversity), Gesundheitsförderung sowie führungsethische Ansprüche, Macht und Abhängigkeit.
5 Quellenangaben
Blessin, Bernd und Alexander Wick, 2021. Führen und Führen lassen. 9. Auflage. Tübingen: UVK-Verlag. ISBN 978-3-8252-8786-3
Bundesagentur für Arbeit, 2024. Blickpunkt Arbeitsmarkt: Akademikerinnen und Akademiker – Sozialwesen, Juni 2024. Nürnberg: Bundesagentur für Arbeit
Bundesarbeitsgemeinschaft für freie Wohlfahrtspflege (BAGFW), 2023. Gesamtstatistik 2020. Berlin: Bundesarbeitsgemeinschaft für freie Wohlfahrtspflege
Helmig, Bernd und Silke Boenigk, 2020. Nonprofit Management. 2. Auflage. München: Verlag Franz Vahlen. ISBN 978-3-8006-5179-5 [Rezension bei socialnet]
Hohendanner, Christian, Jasmin Rocha und Joß Steinke, 2024. Vor dem Kollaps!? Beschäftigung im sozialen Sektor. Berlin: De Gruyter Oldenbourg. ISBN 978-3-11-074781-2
Klenk, Tanja, 2022. Digitalisierung im Bereich sozialer Dienstleistungen – eine Literaturstudie. Duisburg: DIFIS – Deutsches Institut für Interdisziplinäre Sozialpolitikforschung
Kolhoff, Ludger, 2019. Bestandteile der Personalwirtschaft und des Personalmanagements. In: Armin Wöhrle, Hrsg. Personalmanagement – Personalentwicklung. Baden-Baden: Nomos, S. 39–72. ISBN 978-3-8487-4339-1 [Rezension bei socialnet]
Kortendieck, Georg, 2019. Strategisches Personalmanagement. In: Armin Wöhrle, Hrsg. Personalmanagement – Personalentwicklung. Baden-Baden: Nomos, S. 73–99. ISBN 978-3-8487-4339-1 [Rezension bei socialnet]
Nöbauer, Brigitta, 2019. Anforderungen an Personalführung und Vorgesetzte in der Sozialwirtschaft. In: Armin Wöhrle, A., Hrsg. Personalmanagement – Personalentwicklung. Baden-Baden: Nomos, S. 100–147. ISBN 978-3-8487-4339-1 [Rezension bei socialnet]
Scholz, Christian, 2011. Grundzüge des Personalmanagements. 2. Auflage. München: Verlag Franz Vahlen. ISBN 978-3-8006-3597-9
Stock-Homburg, Ruth und Matthias Groß, 2019. Personalmanagement. 4. Auflage. Wiesbaden: Springer Gabler. ISBN 978-3-658-26080-4
6 Literaturhinweise
Christa, Harald, 2018. Personalmarketing. Wiesbaden, Springer VS ISBN 978-3-658-19489-5 [Rezension bei socialnet]
Gmür, Markus und Jean-Paul Thommen, 2011. Human Ressource Management Strategien und Instrumente für Führungskräfte und das Personalmanagement. 3. Auflage. Zürich: Versus-Verlag. ISBN 978-3-03909-098-3
Herzka, Michael, 2019. Gute Führung-Ethische Herausforderungen im Nonprofit-Management. Wiesbaden: Springer VS. ISBN 978-3-658-17093-6 [Rezension bei socialnet]
Jensen, Cornelia, 2022. Personalmanagement in Non Profit Organisationen. Wiesbaden: Springer VS. ISBN 978-3-658-37303-0
Unger, Frank, Uli Sann und Carolin Martin, 2023. Personalführung in Organisationen der Sozialwirtschaft. Wiesbaden: Springer VS. ISBN 978-3-658-36118-1 [Rezension bei socialnet]
Verfasst von
Prof. Dr. Georg Kortendieck
Diplom-Volkswirt, Dekan Fakultät Soziale Arbeit, Ostfalia Hochschule Braunschweig-Wolfenbüttel, Langjähriger Leiter mehrerer Bildungsträger, Professor für Betriebswirtschaftslehre im Sozialen Bereich
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Es gibt 3 Lexikonartikel von Georg Kortendieck.
Zitiervorschlag
Kortendieck, Georg,
2024.
Personalmanagement [online]. socialnet Lexikon.
Bonn: socialnet, 27.11.2024 [Zugriff am: 18.01.2025].
Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/4721
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