Perspektivwechsel
Unter einem Perspektivwechsel versteht man zunächst eine bewusste Änderung der Betrachtungsweise. Als Grundelement im Psychodrama ermöglicht er eine erweiterte Wahrnehmung der Realität durch Techniken wie Rollentausch und Spiegeln.
Der Perspektivwechsel ist im Psychodrama integraler Bestandteil der erweiterten Realität (Surplus-Reality), die auf der Bühne sichtbar wird. Das Ziel eines Perspektivwechsels ist nicht nur, dass der bzw. die Protagonist:in neue Erkenntnisse gewinnt, sondern auch eine Selbstkritik.
Die für einen Perspektivwechsel eingesetzten Techniken auf der Bühne sind vor allem der Rollentausch und das Spiegeln. Im Rollentausch wird die Perspektive anderer Personen der Alltagsrealität, die im Protagonistenspiel durch Hilfs-Iche vertreten sind, eingenommen. Durch das Spiegeln gewinnt der bzw. die Protagonist:in eine Außenansicht auf die von ihm bzw. ihr inszenierte Situation und wird so gewissermaßen zu seinem bzw. ihrer eigenen Berater:in. Tiefenpsychologisch betrachtet wechselt der bzw. die Protagonist:in auf die Erwachsenenebene.
In der Auswertungsphase kann er bzw. sie zusätzliche Perspektiven durch das Rollenidentifikationsfeedback der Gruppenmitglieder erhalten, in dem sie sich mit der Perspektive einer Person im Protagonistenspiel identifizieren. Durch die zuvor geteilte Anteilnahme im Sharing ist es dem bzw. der Protagonist:in möglich, auch dieser Perspektive Relevanz beizumessen.
Durch die Verbindung des Perspektivwechsels mit eigenem inneren Erleben kann der bzw. die Protagonist:in auch einschätzen, inwieweit die gewonnenen Handlungsoptionen für ihn bzw. sie auch tatsächlich realisierbar sind.
Literaturhinweise
Ameln, Falko von und Josef Kramer, 2014. Psychodrama: Grundlagen. 3., vollst. überarb. Auflage. Heidelberg: Springer Medizin. ISBN 978-3-642-44920-8
Hutter, Christoph, 2000. Psychodrama als Experimentelle Theologie. Münster: Lit-Verlag. ISBN 978-3-8258-4666-4 [Rezension bei socialnet]
Verfasst von
Thomas Wittinger
Mailformular
Es gibt 25 Lexikonartikel von Thomas Wittinger.