Rassismus
Dr. Matthias Rangger, Prof.in Dr. Saphira Shure
veröffentlicht am 26.07.2024
Rassismus ist eine dominante gesellschaftliche Differenzordnung, die soziale Wirklichkeit über die Unterscheidung von vermeintlich natürlich (biologisch) oder historisch (ethnisch, kulturell) verschiedenen Menschengruppen maßgeblich rahmt, ordnet und hervorbringt. Die spezifische Art und Weise rassistischen Unterscheidens ist ein Phänomen des Zeitalters der Moderne, das sich sowohl implizit und subtil als auch explizit und in massiver Ausprägung auf allen Ebenen gesellschaftlichen Funktionierens artikuliert.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Begriff und Betrachtungsweisen
- 3 Rassismus in gesellschaftstheoretischer Perspektive
- 4 Rassismus als Phänomen der europäischen/(post-)kolonialen Moderne
- 5 Allgemeine Merkmale von Rassismus
- 6 Typen und Artikulationen von Rassismus
- 7 Artikulationsebenen
- 8 Rassismuskritik und Professionalität
- 9 Quellenangaben
1 Zusammenfassung
„Race does not exist. But it does kill people“ (Guillaumin 1995, S. 107). Mit diesen zwei Sätzen bringt Colette Guillaumin die Widersprüchlichkeit und Brutalität von Rassismus prägnant auf den Punkt. So gibt es „keine wissenschaftliche Grundlage für die Einteilung der Menschheit in biologisch unterscheidbare ‚Rassen‘“ (Hall 2000, S. 7; auch: UNESCO 1978, Artikel 2). Vielmehr gehört der Begriff „Rasse“ mit Robert Miles (2000, S. 20) ausgedrückt auf den „Müllhaufen analytisch nutzloser Ausdrücke“.
Doch auch wenn es „Rasse(n)“ nicht gibt, stellt Rassismus eine über eine Vielfalt an Praxen hergestellte gesellschaftliche Differenzordnung dar, die fiktive rassifizierte Zugehörigkeiten herstellt und deren vielfältige Effekte bis hin zum massenhaften Sterben von Menschen reicht. Und dies nicht nur in der Vergangenheit des Kolonialismus, des Nationalsozialismus oder der Apartheid. Denn auch wenn es mittlerweile eine breite gesellschaftliche Anerkennung der Unangemessenheit der Unterscheidung von Menschen in rassifizierte Gruppen und der moralischen Illegitimität von Rassismus gibt, nimmt Rassismus auch gegenwärtig eine bedeutende Rolle in der Hervorbringung und dem Bestehen der (welt-)gesellschaftlichen Wirklichkeit ein (Andrews 2021; Getachew 2022).
Das subtile Fortbestehen von Rassismus wird vielfach auch darauf zurückgeführt, dass es nach der Shoa sowie nach dem formalen Ende des Kolonialismus und der wissenschaftlichen Delegitimierung des Rassedenkens zu einer breiten Tabuisierung des Rassismusbegriffs kam. Diese „Schwierigkeit, über Rassismus zu sprechen“ (Mecheril und Melter 2010, S. 162) wirkt auch heute noch fort, selbst wenn die Thematisierung von „Rassismus […] gegenwärtig eine Konjunktur im deutschen Diskurs“ erfährt (Sinanoğlu und Polat 2023, S. 7). Neben jahrzehntelangen wissenschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Bemühungen, Rassismus als gesellschaftliches Phänomen anzuerkennen, haben nicht zuletzt der NSU-Komplex, die rassistischen Anschläge in Halle und Hanau sowie die Konjunktur der transnationalen Black-Lives-Matter-Bewegung nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd in den USA zu einer nicht mehr zu vermeidenden Notwendigkeit der Anerkennung der Existenz von Rassismus auch im bundesdeutschen Vergesellschaftungskontext geführt (Füllekruss et al. 2022, S. 9–13).
Im Rahmen der vorliegenden Ausführungen wird Rassismus nicht als „Ausnahmephänomen“ (Terkessidis 1998, S. 10) massiver Gewalt am Rande der Gesellschaft oder einzelner rassistischer Individuen betrachtet. Auch wird Rassismus nicht als Grundcharakteristikum der Menschheit im Allgemeinen, das es immer schon gab und das es zu akzeptieren gilt, aufgefasst. Rassismus wird in den folgenden Ausführungen vielmehr als eine gesellschaftlich dominante Differenzordnung erläutert, die Menschen, basierend auf zumeist vage und diffus bleibenden Rassekonstruktionen, in vermeintlich wesenhafte Gruppen unterteilt und damit Zugehörigkeit und Nicht-Zugehörigkeit von Menschen zu einem bestimmten Kontext herstellt.
Hierzu wird in Abschnitt 2 zum einen der Rassismusbegriff von anderen Begriffen wie Ausländerfeindlichkeit oder Fremdenangst abgegrenzt. Zum anderen werden unterschiedliche Betrachtungsweisen von Rassismus idealtypisch unterschieden. In Abschnitt 3 wird die Perspektive auf Rassismus als (gesamt-)gesellschaftliches Phänomen näher ausgeführt. Abschnitt 4 beschäftigt sich mit der historischen und gesellschaftlichen Spezifizität von Rassismus und stellt diesen als Phänomen der europäischen Moderne heraus. In Abschnitt 5 werden die fünf analytischen Momente Differenzierung, Essenzialisierung, Signifizierung, Hierarchisierung und Hegemonialität zur Bestimmung allgemeiner Kennzeichen von Rassismus vorgestellt. Abschnitt 6 abstrahiert im Anschluss an die allgemeinen Merkmale unterschiedliche Typen und Artikulationen von Rassismus. Die spezifischen Unterschiede verschiedener Typen und Artikulationen werden dann in Abschnitt 7 durch die Unterscheidung verschiedener Ebenen von Rassismus beispielhaft ausgeführt. In Abschnitt 8 werden schließlich einige Schlussfolgerungen für eine rassismuskritische Professionalität markiert.
2 Begriff und Betrachtungsweisen
Die Bestimmung des Begriffs Rassismus ist kein einfaches Unterfangen, scheint der Begriff doch zumeist allen klar zu sein, und bleibt trotzdem oder ausgerechnet deswegen häufig diffus und leer. Dies hat auch damit zu tun, dass im öffentlichen wie wissenschaftlichen Sprechen über diejenigen Phänomene, die dem Gegenstand Rassismus zugeordnet werden können, eine Vielfalt an unterschiedlichen Begriffsbestimmungen sowie eine Vielfalt an unterschiedlichen Perspektiven und normativen Handlungsorientierungen existieren. Diese Vielfalt produziert einen diffusen und entleerten Gebrauch des Begriffs Rassismus, der ein Sprechen über sowie ein Handeln gegen Rassismus schwierig macht.
Um in aktuell vorherrschende Betrachtungsweisen des Gegenstands Rassismus einzuführen, muss also zuerst eine terminologische wie theoretische Klärung mit Bezug auf idealtypisch abzugrenzende Begrifflichkeiten wie theoretische Analyseperspektiven vorgenommen werden. Zudem scheint es insbesondere im deutschsprachigen Kontext notwendig, eine kurze Kontextualisierung der Rede über „Rassen“ bzw. race(s) vorzunehmen.
2.1 Begriffliche Einordnungen
Terminologisch ist es notwendig, den Rassismusbegriff gegenüber den Begriffen Ausländerfeindlichkeit und Fremdenangst abzugrenzen. Beide werden trotz gegenwärtiger Konjunktur der Rassismusvokabel weiterhin als alternative oder substituierende Begrifflichkeiten in öffentlichen deutschsprachigen Diskursen für Phänomene des Rassismus herangezogen (Lutz und Leiprecht 2021, S. 2).
Dabei zeigt sich die Unangemessenheit der Vokabel Ausländerfeindlichkeit etwa darin, dass diese häufig auf Phänomene der Abwertung und Degradierung angewandt wird, die zum einen nicht auf alle formal als Ausländer:innen geltenden Menschen bezogen sind (etwa nicht auf weiß positionierte europäische oder nordamerikanische Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit) und die zum anderen größtenteils Menschen betreffen, die eigentlich formal (deutsche) Staatsangehörige sind und zumeist auch nicht im Ausland leben oder jemals im Ausland gelebt haben (Kalpaka und Räthzel 2000, S. 178).
Ähnlich verhält es sich mit dem Begriff der Fremdenangst. Der Begriff suggeriert einerseits der Menschheit im Allgemeinen eine genetisch veranlagte Angst vor Fremden, andererseits werden in Diskursen über Fremdenangst aber immer nur spezifische Menschen als Fremde konstruiert, so bspw. eher die Schwarze Nachbarin als der weiße Mann in der Berliner U-Bahn. Beide Begriffe bleiben damit in die widersprüchliche Konstruktion von Anderen und Fremden verstrickt, welche die legitimatorische Grundlage der in den Fokus genommenen Phänomene der Abwertung und Degradierung darstellt (Kalpaka und Räthzel 2000; Terkessidis 2004).
Hinsichtlich des theoretischen Verständnisses von Rassismus können enge und weite Betrachtungsweisen unterschieden werden (Leiprecht 2016, S. 227–278).
In engen Betrachtungsweisen wird Rassismus zumeist auf einen spezifischen historischen Kontext (etwa den Nationalsozialismus oder den Kolonialismus) oder als gesellschaftliches Randphänomen (etwa Rechtsextremismus) reduziert (Leiprecht 2016; Räthzel 2010). In diesen Einengungen des Phänomens auf historische oder gesellschaftliche Sonderfälle findet jedoch – bewusst oder unbewusst – eine Bewegung der „De_Thematisierung“ (Shure 2021) grundlegenderer rassistischer Differenzordnungen statt, die den allgemeinen gesellschaftlichen Entstehungskontext von massiver rassistischer Gewalt über die Verlagerung von Rassismus in die Vergangenheit oder in den Extremismus systematisch abblendet (Messerschmidt 2010). Zudem erfolgt in engen Begriffsfassungen „eine Reduktion von Rassismus auf Gewalt, auf bösartiges und intendiertes Verhalten, welches sich explizit zeigt“ (Leiprecht 2016, S. 228).
In weiten Verständnissen hingegen wird Rassismus als Phänomen betrachtet, das es entweder schon immer gab und/oder das allgegenwärtig in den Alltagspraktiken der Menschen ist. In letzterer Betrachtungsweise wird Rassismus dann auch in unbewussten und subtilen Praktiken des Alltags verortet, wie etwa in der sogenannten Herkunftsfrage (Battaglia 2007), in scheinbar „unscheinbaren“ Repräsentationen in den Medien (Hall 2012a; Scheffer 1997) oder in Schulbüchern (Marmer und Sow 2015).
In dieser Betrachtung ist Rassismus nicht nur ein Phänomen der Feindlichkeit oder der Angst gegenüber Differenz. Vielmehr artikuliert sich Rassismus auch in Praktiken der Differenzfreundlichkeit und -vereinnahmung, die bspw. „Kulturen“ im Gestus der Anerkennung als voneinander abgeschlossene Einheiten betrachten (Kalpaka und Mecheril 2010, S. 84–88). Auch deshalb ist die Rede von Ausländerfeindlichkeit oder Fremdenangst irreführend (Kalpaka und Räthzel 2000, S. 178; Terkessidis 2004).
Unabhängig von der Ausrichtung eines bestimmten rassismustheoretischen Ansatzes teilt Rassismus – im Gegensatz zu anderen gesellschaftlichen Differenzordnungen wie Heterosexismus, Ableismus oder Klassismus – die soziale Welt in unterschiedliche „Rassen“ ein, selbst wenn der Rassebegriff mittlerweile weitgehend tabuisiert ist. Im deutschsprachigen Diskurs hat sich auch aufgrund der legitimen Tabuisierung des Rassebegriffes in den vergangenen Jahrzehnten vielerorts die Praxis durchgesetzt, diesen durch den englischen Begriff race zu ersetzen.
Dabei wird vor allem davon ausgegangen, dass der race-Begriff insbesondere im US-amerikanischen Kontext einen Bedeutungswandel von einer essenzialistischen Differenzkategorie hin zu einer sozialwissenschaftlichen Analysekategorie vollzogen hat, die den politischen und kulturellen Konstruktionscharakter von rassifizierten Zuschreibungen verdeutlicht. Dieser Bedeutungswandel hat im deutschsprachigen Diskurs im Hinblick auf den Rassebegriff nicht stattgefunden.
Das Zurückgreifen auf den race-Begriff auch in der deutschsprachigen Verwendung ist deshalb von dem Versuch getragen, zum einen die rassistische Wirksamkeit des Rassebegriffs nicht zu reproduzieren und zum anderen einen anderen Begriff in den Diskurs einzuführen, der den Konstruktionscharakter des Rassedenkens aufzeigt. Demgegenüber kann allerdings einerseits auch eingewandt werden, dass der tatsächliche Bedeutungswandel des race-Begriffs im US-amerikanischen Kontext und/oder der Effekt seiner Übertragung ins Deutsche bezweifelt werden können. Andererseits kann dagegen auch eingebracht werden, dass der Rückgriff auf den race-Begriff lediglich einer Praxis der Verlegenheit und Unbeholfenheit folgt, die nicht nur moralische Gewissheit vortäuscht, sondern noch dazu die Gewaltförmigkeit rassistischer Diskurse und Praktiken verschleiert.
Im vorliegenden Beitrag wird davon ausgegangen, dass weder die eine noch die andere Lösung eindeutig die richtigere oder die falschere ist. Wir sind uns nur sicher, dass die Verwendung des Rassebegriffs ohne Anführungszeichen keine geeignete Variante für ein Sprechen und Schreiben über Rassismus darstellt. Für diesen Beitrag haben wir uns deshalb dafür entschieden, von „Rasse“ in Anführungszeichen zu schreiben und auf Begriffskonstruktionen wie Rassekonstruktion, Rassedenken, Rassebegriff etc. zu rekurrieren, die dessen Konstruktionscharakter aufzeigen.
2.2 Theoretische Einordnungen
Querliegend zur Unterscheidung in enge und weite Begriffsverständnisse können insbesondere für die wissenschaftliche Befassung mit Rassismus individual- oder gesellschaftswissenschaftliche (Leiprecht 2016, S. 231–233) bzw. individualisierende, anthropologisierende und kontextualisierende Perspektiven (Mecheril und Rangger 2022, S. 59–60) auf Rassismus unterschieden werden. Im Folgenden übernehmen wir weitestgehend die Unterscheidung und Darstellung von Mecheril und Rangger (ebd.):
- Als individualisierend werden all diejenigen Konzeptionen von Rassismus bezeichnet, die Rassismus auf der Ebene von individuellen Einstellungen, Charaktereigenschaften (exemplarisch: Adorno 1973) oder Vorurteilen (exemplarisch: Allport 1971) verorten. Mit der Individualisierung von Rassismus tragen auch diese Perspektiven schließlich zu einer Einengung von Rassismus bzw. einer Konstruktion als „Ausnahmephänomen“ bei (Terkessidis 1998, S. 10).
- Anthropologisierende Betrachtungsweisen hingegen, die zumeist auf die Begriffe Fremdenangst oder Xenophobie rekurrieren, neigen zu einer Ausweitung und Verallgemeinerung sozialpsychologischer (exemplarisch: Erdheim 1997) und verhaltensbiologischer (exemplarisch: Eibl-Eibesfeldt 1984) Erklärungsansätze für die gesamte Menschheit, wodurch es zu einer indirekten Legitimation von Rassismus (etwa in Form der Naturalisierung des „Fremdelns“ bzw. der „Fremdenangst“) und der Fortschreibung der zugrundeliegenden Konstruktionen von Fremdheit kommt (als wären bspw. Schwarze Menschen oder Muslim:innen tatsächlich fremd und unbekannte weiß positionierte Menschen vertraut).
- Im Gegensatz zu individualisierenden und anthropologisierenden Perspektiven weisen kontextualisierende Betrachtungsweisen zum einen ein weites Begriffsverständnis auf, das Rassismus als gesellschaftlich verbreitetes und wirksames Phänomen fasst. Zum anderen wird Rassismus auf eine zeitlich gewordene spezifische Herrschaftsordnung und -praxis begrenzt. Kontextualisierende Perspektiven betrachten die Re-/Produktion von Rassismus in institutionellen, organisationalen, repräsentativen, interaktionalen oder auch subjektiven Praktiken (siehe Abschnitt 7) immer in Relation zu den spezifischen (gesamt-)gesellschaftlichen Verhältnissen und können somit allgemein als gesellschaftstheoretische Perspektiven (siehe Abschnitt 3) bezeichnet werden. Kontextualisierende Perspektiven überzeugen insbesondere dadurch, dass sie die Komplexität von Rassismus weder auf einzelne Individuen reduzieren noch als eine transzendentale Größe verallgemeinern.
3 Rassismus in gesellschaftstheoretischer Perspektive
Innerhalb der kontextualisierenden, gesellschaftstheoretischen Betrachtungsweisen können wiederum eher engere von weiteren Perspektiven unterschieden werden: Während die engeren Perspektiven, hier als strukturalistisch verstanden, Rassismen tendenziell auf die Ebene von festen Systemstrukturen reduzieren, rücken weitere Ansätze, hier als poststrukturalistisch verstanden, die Wechselseitigkeit „zwischen Herrschaftsstrukturen und individuellen Alltagsrassismen“ (Räthzel 2010, S. 279) stärker in den Fokus der Betrachtung.
In strukturalistischen Ansätzen wird Rassismus idealtypisch in den materiellen oder ideellen Strukturen einer Gesellschaftsformation verortet und ist diesen inhärent. Dabei werden Strukturen tendenziell als feststehende und autonom vorliegende Systemeigenschaften gedacht, die den Handlungen, Einstellungen und Empfindungen der Subjekte autonom vorangestellt sind. Zur Bekämpfung von Rassismus müssten demnach vor allem die Gesellschaftsstrukturen, bspw. eine kompetitive Klassengesellschaft oder ein rassistischer Staatsapparat, verändert werden. Poststrukturalistische Zugänge weisen vor allem die autonome, kontextübergreifende und starre Gesetzmäßigkeit von Herrschaftsstrukturen zurück und verstehen soziale Wirklichkeit als wechselseitiges, rekursives Hervorbringungsgeschehen zwischen strukturellen Bedingungen und Praktiken von Subjekten, Organisationen etc. Sie öffnen damit den Blick deutlicher für die Komplexität, Ambivalenz, Polyvalenz und Machtförmigkeit sozialer Wirklichkeit, was wiederum keine einfachen Lösungen und Positionierungen im Hinblick auf das Phänomen Rassismus zulässt.
Eine Variante eines poststrukturalistischen Denkens von Rassismus stellt der artikulationstheoretische Zugang der Cultural Studies dar, wie er etwa von Stuart Hall (2012b) im Anschluss an die Hegemonietheorie von Antonio Gramsci (2012) und vielen anderen ausgearbeitet wurde. Im Gegensatz zu einem einseitigen strukturalistischen Denken verweist der Artikulationsbegriff auf ein weniger deterministisches Denken von sozialer Wirklichkeit. Die Artikulationstheorie denkt die übergeordneten Kontextbedingungen und die alltäglichen Praktiken der Subjekte vielmehr in einem Verhältnis der wechselseitigen Hervorbringung zueinander (Grossberg 1999; Hall 2004). In dieser Sichtweise leitet sich soziale Wirklichkeit nicht direkt aus ihren gesellschaftlichen Strukturen ab. Die historisch gewachsenen gesellschaftlichen (Herrschafts-)Verhältnisse und die Differenzordnungen, auf denen diese beruhen, liegen nicht unabhängig und außerhalb sozialer Praxis als feste materielle oder ideologische Strukturen der Herrschaft vor. Vielmehr bedürfen sie der aktiven Hervorbringung und Aufrechterhaltung im alltäglichen und situationsspezifischen Handeln, Denken und Empfinden von Subjekten und Organisationen. In der regelmäßigen Wiederholung konstituieren sie die normativ-präskriptiven Bedingungen weiterer sozialer Praxis und gehen somit dem alltäglichen und situationsspezifischen Handeln, Denken und Empfinden von Subjekten und Organisationen in gewisser, allerdings nicht strukturalistischer Weise voraus, sind sie doch auf die permanente Reproduktion in der alltäglichen Praxis angewiesen.
Das heißt, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse zwar den ermöglichenden und begrenzenden (Artikulations-)Rahmen der alltäglichen Praktiken der – in diesen Verhältnissen sowohl privilegierten als auch marginalisierten – Subjekte, Organisationen und Institutionen darstellen. Gleichzeitig sind die Verhältnisse auf die beständige Reproduktion durch die Subjekte, Organisationen und Institutionen angewiesen. Dadurch tragen die alltäglichen Praktiken allerdings nicht nur zur Reproduktion bei, sondern sind auch ein wichtiger Bezugspunkt der Veränderung der Verhältnisse.
Die hierin implizierte sozialtheoretische Vorannahme der Rekursivität von allgemeinen Bedingungen und spezifischen Praktiken hat im Gegensatz zu strukturalistischen Betrachtungsweisen die Konsequenz zur Folge, dass Rassismus nicht ausschließlich über die Veränderung der materiellen oder ideologischen Gesellschaftsstrukturen überwunden werden kann. Vielmehr verdeutlicht es die komplexe und ambivalente Abhängigkeit der Alltagssubjekte sowie auch der gesellschaftlichen Organisationen, Institutionen und Repräsentationen von übergeordneten rassistischen Differenzordnungen als auch die allgemeine „Involviertheit“ in die Hervorbringung, Aufrechterhaltung und Veränderung ebendieser (Messerschmidt 2016). Aus diesem Grund konstatieren Annita Kalpaka und Nora Räthzel (1986) eine grundlegende „Schwierigkeit, nicht rassistisch zu sein“. Diese Schwierigkeit verhindere eine „einfache ‚Überwindung rassistischer Strukturen‘“ (Mecheril und Melter 2010, S. 150) und erfordere vielmehr die Suche nach „Wege[n] aus dem Rassismus“ (ebd.), die ihren Ausgangspunkt in Verhältnissen nimmt, die grundlegend durch Rassismus strukturiert sind.
In artikulationstheoretischer Betrachtung wird Rassismus folglich als eine dominante gesellschaftliche Differenzordnung verstanden, in der Menschen mittels des impliziten oder expliziten Konstrukts der „Rasse(n)“ in unterschiedliche und asymmetrisch zueinander angeordnete Menschengruppen unterschieden, positioniert und behandelt werden. Als Differenzordnungen werden dabei keine festen Strukturen, wohl aber relativ beständige und eine gewisse Dauerhaftigkeit aufweisende, d.h. verbreitete und wirkmächtige Unterscheidungsweisen begriffen, die Praktiken von Individuen, Organisationen und Institutionen als nachvollziehbare Wiederholungen ermöglichen und begrenzen sowie durch deren Praktiken verfestigt und verändert werden (Mecheril und Vorrink 2013, S. 194–197).
Die Differenzordnung des Rassismus liegt also nicht fest in den Strukturen einer Gesellschaftsformation vor, sondern sedimentiert sich in der wiederholten Wiederholung verbreiteter und wirkmächtiger Unterscheidungsweisen von Individuen, Organisationen und Institutionen. Die der Differenzordnung des Rassismus inhärente Unterscheidungsweise vermag es, soziale Wirklichkeit wirkmächtig herzustellen, zu regulieren und zu sortieren, indem sie eine hierarchische Differenzordnung produziert und universalisiert (= Hegemonisierung vermittels Überzeugung und Zwang). Sie kann so der grundlegenden Unbestimmtheit des Sozialen eine sinnstiftende Bedeutung verleihen.
Diese differenzielle Ordnung des Rassismus kommt nicht von außen in die soziale Wirklichkeit, sondern wird in der sozialen Praxis selbst hergestellt, aufrechterhalten und verändert. Deshalb ist Rassismus als dominante Unterscheidungsweise zum einen nie absolut, sondern bedarf der beständigen Reproduktion und Tradierung auf den unterschiedlichen gesellschaftlichen Artikulationsebenen (siehe Abschnitt 7). Zum anderen ist Rassismus als Unterscheidungsweise von Menschen, die der Unbestimmtheit des Sozialen eine hegemoniale Ordnung verleiht, auch nie lediglich repressiv, sondern immer auch produktiv, indem sie (von Rassismen vermittelte) Selbst-, Fremd- und Weltwahrnehmungsweisen ermöglicht.
Ein solches Verständnis versteht Rassismus neben anderen dominanten Differenzordnungen wie Heterosexismus, Klassismus und Ableismus als einen der zentralen Schauplätze der vielfältigen und polyzentrischen gesellschaftlichen „Stellungskriege“ (Gramsci 2012) um die „angemessene“ Ordnung des Sozialen. In dieser Betrachtung ist Rassismus ein veränderliches und sich permanent in Veränderung befindliches Phänomen, weshalb kein universeller Rassismusbegriff formuliert werden kann, der die zeit- und kontextspezifischen Artikulationen unterschiedlicher Rassismen endgültig zu bestimmen vermag. Denn es gibt lediglich „historisch-spezifische Rassismen“ (Hall 1994, S. 127), die zwar in den gesellschaftsgeschichtlichen Sedimenten tief verankert und von diesen vermittelt sind (etwa dem Kolonialismus). Dennoch unterliegen sie beständiger kontextspezifischer Wandlungen, die zudem auch typologisch als unterschiedliche Typen von Rassismus unterschieden werden müssen, auch weil sie ihre Ursprünge an unterschiedlichen Orten haben (siehe Abschnitt 6). Doch trotz dieser Kontextrelationalität und Pluralität von Rassismus lassen sich allgemeine historische Spuren (siehe Abschnitt 4) und Merkmale (siehe Abschnitt 5) herausstellen, die die Verallgemeinerung unter den Begriff Rassismus für die unterschiedlichen Ursprünge und Typen rechtfertigt.
4 Rassismus als Phänomen der europäischen/(post-)kolonialen Moderne
Rassismus kann nicht als eine spezifische Gewaltpraxis definiert werden, sondern „Rasse“ als symbolische Kategorie ist je nach Kontext und Zeit mit unterschiedlichen Wirkungsweisen verbunden. „Rasse“ als „gleitender Signifikant“ (Hall 2018, Kap. 1) produziert also verschiedene Bedeutungen. Étienne Balibar spricht von „Rasse“ als einer „sehr plastischen und fluiden Kategorie“. Das bedeutet für ihn: „Wenn man die Dinge von einem historischen Standpunkt aus betrachtet, in den man natürlich auch Institutionen, Repräsentationen, Semantiken, pseudowissenschaftliche Diskurse und so weiter einbeziehen muss, erkennt man, dass ,Rasse‘ keine Kategorie ist, deren Bedeutung festgelegt werden kann“ (Balibar 2018, S. 248; Übersetzung der Autor:innen).
Rassismus als Differenzordnung, die in Praktiken und Strukturen der Unterscheidung zum Ausdruck kommt und reproduziert wird, verändert sich dementsprechend mit der Zeit und ist kontextabhängig (Goldberg 2009). Die Logiken rassistischer Unterscheidungen sowie das damit verknüpfte rassistische Wissen, das in diesen Unterscheidungsweisen genutzt und zugleich wiederholt wird, sind allerdings historisch gewachsen und in bestimmten Prozessen verfestigt worden. In unterschiedlichen Ausprägungen und Formen dient Rassismus seit Jahrhunderten der Strukturierung von Weltverhältnissen, das heißt unter anderem der Legitimierung von (kolonialer/​postkolonialer) Ausbeutung und auch Vernichtung.
Die Frage nach den Ursprüngen von Rassismus sowie damit verbunden nach dem durch Rassismus hervorgebrachten und etablierten rassistischen Wissen zur Unterscheidung von Menschen und Menschengruppen kann nicht eindeutig beantwortet bzw. nicht an einem genauen Punkt in der Geschichte festgemacht werden. In dem gesellschaftstheoretischen Verständnis von Rassismus lassen sich allerdings bestimmte historische Prozesse oder Entwicklungen als besonders bedeutsam für die „Erfindung“ eines modernen Rassismus herausstellen (Arndt 2021, S. 205 ff.). Die Spezifizierung „modern“ verweist in diesem Zusammenhang auf die systematischen Verbindungen der Geschichte des Rassismus mit gegenwärtigen Typen und Artikulationen von Rassismus (siehe Abschnitt 6).
4.1 Limpieza de Sangre
Während in historischer Perspektive die Markierung, Unterscheidung sowie Auf- und Abwertung von Menschen und Menschengruppen im europäischen Kontext lange Zeit durch religiöse Klassifizierung und Zugehörigkeit erfolgte, lässt sich die Entstehungsgeschichte des (modernen) Rassismus bis ins Spanien des 15. Jahrhundert zurückverfolgen.
Der Erlass von Toledo (1449) und die damit verbundenen „Estatutos de limpieza de sangre (Statuten von der Reinheit des Blutes)“ (Arndt 2021, S. 103) ermöglichten es, Menschen jüdischen Glaubens in Abgrenzung zu Christ:innen zu identifizieren und abzuwerten (ebd.). Durch die Verbindung des Jüdischseins mit dem Blut wurde die Andersartigkeit der so konstruierten Anderen qua Natur in die Körper eingeschrieben und zu einer unveränderlichen Eigenschaft. Das „biologische Argument“ wurde demnach systematisch vom spanischen Adel eingesetzt, indem die Vorstellung eines „inkommensurablen Unterschieds“ des „Blutes“ (Memmi 2000, S. 193) eine unüberwindbare Differenz schaffte, die die Anderen in ihrem Anderssein nicht nur erzeugt, sondern auch fixiert. „Diese Statuten, die bald von weiteren spanischen Städten eingeführt wurden, benutzten bereits den Begriff raza, Rasse, zur Absetzung von Jüd*innen, aber auch Mauren (also Muslim*innen), Rom*nja sowie Her. (also Ungläubige im Sinne von vom Glauben Abgefallene oder Ketzer*innen)“ (Arndt 2021, S. 103; Herv. i. Orig.).
Albert Memmi beschreibt die weiterführenden und differenziellen Wirkungsweisen dieser biologistischen Vorstellung der Differenz und zeigt sehr anschaulich relevante Etappen der Erfindung von Rassismus auf, die in zentraler Weise durch Wissenschaft gestützt und etabliert wurden:
„Um seine Argumente durchzusetzen, macht rassistisches Denken vor nichts Halt. Es wird einen ,Schädelindex‘ als Maßstab für die geistigen und seelischen Fähigkeiten heranziehen; oder es wird einen bestimmten psychologischen Aspekt des Verhaltens eines Individuums in den Vordergrund stellen und ihn zur Charakterisierung einer ganzen Gruppe verwenden; oder es wird behaupten, ein Gruppenmerkmal entdeckt zu haben, das es dann jedem Mitglied einzeln zuschreibt“ (Memmi 2000, S. 190–191; Übersetzung der Autor:innen).
So waren Praktiken der Vermessung und Kategorisierung von Menschen etwa im Bereich der Medizin und Anthropologie über lange Zeit Teil „moderne[r] ,Rassenkunde‘“ (Castro Varela und Dhawan 2020, S. 39) und letztlich Instrument einer mit wissenschaftlicher Autorität ausgestatteten „Rassentheorie“ des 18. und 19. Jahrhunderts (Arndt 2021, S. 148).
4.2 Rassismus & Aufklärung
Auch die europäische Aufklärung, vorrangig in Gestalt naturwissenschaftlicher und philosophischer Denker, hat einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung des modernen Rassendenkens geleistet und das mit diesem Denken verbundene Wissen verbreitet und durchgesetzt. Die Intensivierung „koloniale[r] Mythen“ über die „Anderen“, über ihre Rückständigkeit und Primitivität, fällt zusammen mit der Intensivierung der Herausbildung des Denkens der Aufklärung (Amesberger und Halbmyr 2008, S. 19) und somit mit den Ideen zivilisatorischer Entwicklungen und Emanzipation, dem Verstandesdenken und der Kritik an der Religion und der mit religiösen Überlegungen verbundenen Idee der „Gott gewollten Krönung der Schöpfung“ (Brumlik 2009, S. 101).
Mit dem Blick auf die Arbeiten bekannter Forscher und Philosophen des 17. und 18. Jahrhunderts, wie Carl von Linné, David Hume oder Immanuel Kant (Arndt 2021, S. 148), kann die Rolle der wissenschaftlichen Wissensproduktion hinsichtlich der Entwicklung und Stärkung von Rassismus verdeutlicht werden. So wurden in den Texten der genannten Autoren unter anderem verschiedene Einteilungen von Menschen und Menschengruppen in „Rassen“ vorgenommen und begründet, das heißt deren Merkmale ausdifferenziert und Hierarchisierungen vorgelegt. In diesen rassistischen Einteilungen und Systematisierungen waren die aufklärerischen Vorstellungen von Entwicklung, Fortschritt und Modernisierung in Abgrenzung zu Rückständigkeit und „Wildheit“ zentrale Bezüge (McCarthy 2015, S. 10), durch welche rassifizierte Andere als „Repräsentanten anderer Entwicklungsstufen galten“ (a.a.O., S. 9): „Deren jeweiliger Entwicklungsgrad wurde regelmäßig als von ihrer Rassenzugehörigkeit bedingt verstanden und zur Rechtfertigung hierarchischer Ordnungen benutzt“ (ebd.).
Rassismus als Macht- und Unterdrückungsverhältnis hat in seiner Entstehungsgeschichte folglich eine enge Verbindung zu Prozessen der Befreiung und Emanzipation. „Das Konzept der Freiheit“, so schreibt Toni Morrison, „entstand nicht in einem Vakuum. Nichts rückt die Freiheit derart ins Licht wie die Sklaverei – wenn sie sie nicht überhaupt erst schuf“ (Morrison 1994, S. 65). Diese vermeintlich widersprüchliche Gleichzeitigkeit bzw. dieses Doppel der Produktion von Freiheit und Zivilisation in Abhängigkeit zur Produktion von Unterdrückung und Dämonisierung beschreibt Stuart Hall (2008) auch über das Bild „The west and the rest“ in seinem gleichnamigen Text. Der Westen entwirft sich als ein spezifisches Wir, das in der negativen und durch die negative Produktion der Anderen – des Restes der Welt – mit positiven Eigenschaften gefüllt wird.
4.3 Kolonialismus & der Westen und der Rest
Während die Idee eines Wir, in dessen Differenz die Anderen entworfen, beschrieben und fixiert werden, im Hinblick auf das Spanien des 15. Jahrhunderts als christlich entworfen war, kann mit Blick auf die „moderne Weltordnung“ von einem „westlichen Wir“ gesprochen werden. Rassismus kann im Anschluss an Hall als Unterscheidungspraxis verstanden werden, die in der Geschichte der Produktion eines „westlichen Wir“ in Abgrenzung zu dem Rest der Welt einen entscheidenden Anknüpfungspunkt hat (Hall 2008). Die Differenz und die damit einhergehende Entwicklung der „Gestalt und Bedeutung“ des Westens (a.a.O., S. 140) wird durch Prozesse der Rassifizierung, durch die Produktion der rassifizierten Anderen, die gewissermaßen den Rest der Welt verkörpern, ermöglicht (Memmi 2000, S. 106).
Diese Perspektive auf die Strukturierung der Welt entlang der Linien „the West“ and „the Rest“ entwickelt Hall mit Bezug auf Edward Said und dessen Analyse im Rahmen seiner Arbeit „Orientalismus“ (1978) – die auch als „Gründungsdokument postkolonialer Theorie“ betrachtet wird (Castro Varela und Dhawan 2020, S. 93). Said rekonstruiert darin die koloniale Erfindung des Orients und damit verbunden die Idee eines modernen okzidentalen „Wir“:
„Wenn der Orientale unvernünftig, verderbt (sündig), kindisch und ,abartig‘ war, so war der Europäer vernünftig, tugendhaft, erwachsen und ,normal‘. Im Übrigen stellt man immer wieder klar, dass der Orientale zwar in einer eigenen wohlgeordneten Welt mit festen, nationalen, kulturellen und epistemischen Grenzen und inneren Gesetzmäßigkeiten lebte. Doch was der Welt des Orientalen ihre Intelligibilität und Identität verlieh, war nicht das Ergebnis seiner eigenen Anstrengung, sondern verdankt sich eher einer komplexen Folge sachkundiger Manipulationen, durch die der Orient durch den Westen identifiziert wurde. […] Weil es aus einer Stärke heraus entstand, kann das Wissen über den Orient diesen selbst, den Orientalen und dessen Welt, gleichsam erschaffen“ (Said 2009/1978, S. 53–54).
Der „sündige“ und „kindische Andere“ soll, muss und kann also durch den „Erwachsenen“ in bestimmter Weise behandelt, gezähmt oder erzogen werden. Die damit verbundene Unterscheidung zwischen westlich und nicht-westlich, zwischen dem „Westen“ und dem „Rest der Welt“, produziert daher auch spezifische Hierarchisierungen. Das entworfene und assoziierte „westliche Wir“ basiert auf dem weniger geografischen als historischen und letztlich ideologischen Konstrukt des „Westens“, das durch die Produktion des Nichtwestlichen entstehen konnte. Erst in der Unterscheidung, und damit in der „Beziehung“, „nahm die Idee des ‚Westens‘ Gestalt und Bedeutung an“ (Hall 2008, S. 140). Dementsprechend entstand das Bild „des Westens“ über den „Rest“ und umgekehrt, denn das Konstrukt „Westen“ arbeitet „mit anderen Bildern und Vorstellungen, mit denen es ein Set bildet: zum Beispiel ‚westlich‘ = städtisch = entwickelt, oder ‚nicht-westlich‘ = nicht-industriell = ländlich = landwirtschaftlich = unterentwickelt“ (a.a.O., S. 139). Gleichzeitig ist das Konstrukt in einer Weise in die sozialen Beziehungen eingewoben, die es wie einen natürlichen Grund für Erzählungen über „den Westen“ erscheinen lässt.
Die Rassifizierung des Anderen, der Prozess der Schaffung einer Gruppe von Anderen und deren Charakterisierung nach vermeintlich natürlichen Merkmalen und die damit verbundene, aber auch scheinbar legitime Abwertung dieser Anderen, geht Hand in Hand mit der Erfindung und Aufwertung eines „Wir“: eines aufgeklärten Europas, wie zum Beispiel Said es analysiert. In diesem Kontext bildet sich auch das Konzept von Nationalstaatlichkeit heraus, das ebenfalls in diese widersprüchlichen Bedingungen eingebunden ist, nämlich als Konzept der Emanzipation und Demokratisierung sowie als Involviert in die Entwicklung und Legitimierung einer kolonialen und von Rassismus durchdrungenen Weltordnung (Goldberg 2002; Castro Varela und Dhawan 2020) (siehe das Merkmal (1) Differenzierung in Abschnitt 5). Entlang dieser unterschiedlichen historischen Linien wird Rassismus als „gesellschaftliches Verhältnis“ (Balibar 1998a, S. 54) deutlich, dessen grundlegende Logiken auch in gegenwärtigen Strukturen und Praktiken wirksam sind.
5 Allgemeine Merkmale von Rassismus
In Anbetracht der historischen und kontextuellen Spezifizität und Vielfältigkeit von Rassismen erfordert die allgemeine Rede von Rassismus die Analyse und Angabe verallgemeinerbarer Kriterien, die eine Auskunft darüber ermöglichen, „was die historisch-spezifischen Fälle von Rassismus gemeinsam haben, um die Bezeichnung zu rechtfertigen“ (Miles 1998, S. 197). In Anlehnung an einen Vorschlag von Paul Mecheril (2003, S. 68–69; siehe auch Mecheril und Melter 2010, S. 156; Mecheril und Rangger 2022, S. 62–63) und der lockeren Einbindung von an anderen Stellen eingebrachten Differenzierungsversuchen (Rommelspacher 2009; Räthzel 2010; Terkessidis 2018) wird hier die Bestimmung der allgemeinen Kennzeichen von unterschiedlichen, kontext- und typspezifischen Artikulationen von Rassismus entlang der fünf analytischen Momente Differenzierung, Essenzialisierung, Signifizierung, Hierarchisierung und Hegemonialität vorgeschlagen (die Darstellung der fünf Merkmale greift maßgeblich auf die Formulierungen in Mecheril und Rangger 2022, S. 62–63 zurück).
5.1 Differenzierung
Rassismus basiert auf der Unterscheidung von Menschen in unterschiedliche Gruppen auf Basis willkürlich gewählter Bedeutungsträger:innen (Haarfarbe, Hautfarbe, Name, Sprache, Kleidung und andere Gegenstände). Die Spezifizität der rassistischen Unterscheidungsweise – im Gegensatz bspw. zu sexistischen, ableistischen oder klassistischen – liegt dabei in der Konstruktion und Produktion von „Rassen“.
Aufgrund der wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskreditierung des Rassebegriffs infolge der Shoa und des Zweiten Weltkriegs artikulieren sich gegenwärtig Rassekonstruktionen jedoch beinahe ausschließlich in anderen Signifikanten wie etwa „Kultur“, „Ethnizität“, „Sprache“ oder „Religion“ (siehe hierzu Abschnitt 6). Da Rassismus zudem historisch in einem Näheverhältnis zum Nationalismus (Miles 1998) bzw. sogar einem Verhältnis der Ko-Artikulation bei der Instituierung von Nationalstaatlichkeit (Goldberg 2002) steht, richtet der Ansatz der Rassismuskritik (zuerst Mecheril 2004) den Fokus auf die Betrachtung der Diffusität natio-ethno-kultureller Ordnungen (Mecheril 2003) und die Frage, inwiefern natio-ethno-kulturelle Unterscheidungsweisen von impliziten oder expliziten Rassekonstruktionen vermittelt sind. Der Ausdruck natio-ethno-kulturelle Zugehörigkeitsordnung „ruft in Erinnerung, dass die sozialen Zugehörigkeitsordnungen, für die Phänomene der Migration bedeutsam sind, von einer diffusen, auf Fantasie basierenden, unbestimmten und mehrwertigen ‚Wir‘-Einheit strukturiert werden“ (Mecheril 2010, S. 14), in der die Bedeutungen der Differenzkategorien „Nation“, „Kultur“, „Ethnizität“ und damit auch von „Sprache“, „Religion“ oder „Rasse“ in diffuser und überbestimmter Weise aufeinander verweisen und ineinander verwoben sind.
5.2 Essenzialisierung
Neben dem Moment der Differenzierung ist für Rassismus bedeutsam, dass die rassifizierten Unterscheidungsweisen als vermeintlich wesenhaft ausgewiesen werden. Diese Form der Essenzialisierung erfolgt entweder auf Basis einer Naturalisierung (Biologisierung) oder auf Basis einer Historisierung (Kulturalisierung) der vorgenommenen Unterscheidungen (siehe hierzu Abschnitt 6). Im Unterschied zu prä-rassistischen Unterscheidungsweisen wie dem christlichen Antijudaismus charakterisieren sich rassistische Unterscheidungen sowohl in naturalisierender als auch in historisierender Ausrichtung insbesondere durch die Essenzialisierung ihrer Unterschiedskonstruktion, die keinen Wechsel von der einen Zugehörigkeitsposition in die andere (bspw. vermittels Konversion) zulässt (Brumlik 2009; Rommelspacher 1998, S. 41–42). Rassismus gilt deshalb auch als europäisch-kolonialmodernes Phänomen (siehe Abschnitt 4), für den „die ‚wissenschaftliche‘ Begründung der Naturalisierung sozialer Unterschiede entscheidend“ ist (Rommelspacher 2009, S. 28).
5.3 Signifizierung
Die Differenzierung und Essenzialisierung von unterschiedlichen Gruppen geht im Rassismus zudem mit der Verknüpfung mit unterschiedlichen Eigenschaften, Mentalitäten, Disponiertheiten, Geschichten, Herkünften etc. einher, die in den bestehenden gesellschaftlichen Sedimenten eine unterschiedliche Wertigkeit erfahren (siehe hierzu Hierarchisierung unten). Die rassistische Konstruktion und Produktion von unterschiedenen Gruppen kann in diesem Zuge als ein polarisierender (Rommelspacher 2009) und dialektischer (Miles 2000) Prozess der Ein- und Ausgrenzung respektive der Eigen- und Fremdkonstruktion und -produktion verstanden werden. In der Konstruktion der Anderen wird das Eigene als das hervorgebracht, das sich eben dadurch auszeichnet, dass es das nicht ist, was dem Anderen zugeschrieben wird. Wird dem Fremden und Anderen etwa der Hang zur Faulheit, Unzivilisiertheit, Hinterlistigkeit etc. zugeschrieben, konstituiert sich das vermeintlich Eigene als fleißig, vernunftbegabt und/oder rechtschaffen (Hall 2008).
5.4 Hierarchisierung
In diesen zumeist bipolaren und dialektischen Konstruktionen innerhalb rassistischer Differenzordnungen ist stets auch ein Moment der hierarchischen Anordnung eingeschrieben, etwa in der Gestalt, dass die vermeintlich Anderen (ihre vermeintliche Kultur, Sprache, Religion etc.) an einem territorial bestimmten Ort nicht legitim anwesend und zugehörig sind. Die hierarchische „Dialektik der Ein- und Ausgrenzung“ (Terkessidis 1998, S. 78) kann in Anlehnung an die Hegemonietheorie von Laclau und Mouffe (2012) als differenzieller Einschluss oder als antagonistischer Ausschluss verstanden werden. So kann etwa der mit dem Anfang des 21. Jahrtausends prominent gewordene Signifikant des sogenannten Migrationshintergrunds als ein Versuch des differenziellen Einschlusses gelesen werden, indem die permanente Anwesenheit von vormals als Ausländer:innen geltenden Gruppen in einem spezifischen Vergesellschaftungskontext (Deutschland, Europa …) zwar plausibilisiert, ihre legitime Zugehörigkeit zu diesem Raum allerdings über die subtile Fortschreibung rassistischer Konstruktionen prekär und fraglich gehalten wird. Im Gegensatz hierzu können öffentliche Artikulationen, die bestimmte Formen der Migration und Anwesenheit als illegal oder als Bedrohung dämonisieren, als Praktiken der Konstruktion und Produktion antagonistischer Anderer betrachtet werden, denen kein Platz im „Inneren“ eines spezifischen gesellschaftlichen Raums gewährt werden soll (Rangger 2024, S. 100–107).
5.5 Hegemonialität
In der sozialen Wirklichkeit können eine Menge an natio-ethno-kulturellen Unterscheidungsweisen ausgemacht werden, die vermittels der konstitutiven Momente der Differenzierung, Essenzialisierung, Signifizierung und Hierarchisierung identifiziert werden können. Zwischen diesen natio-ethno-kulturellen Unterscheidungsweisen ist jedoch ein weiteres Differenzierungskriterium auszumachen. Dieses Merkmal zeigt sich in der (gesamt-)gesellschaftlichen Verbreitung und Wirksamkeit der jeweiligen Konstruktionen il-/legitimer Zugehörigkeit bzw. verdeutlicht sich Rassismus als Differenzordnung schlussendlich auch in dem Merkmal, inwiefern welche natio-ethno-kulturellen Unterscheidungsweisen hegemonial, also gesamtgesellschaftlich dominant sind bzw. werden. Die Wirkung und das Wirksamwerden von natio-ethno-kulturellen Unterscheidungsweisen sind nicht beliebig und bemessen sich nicht an einer „wahrhaftigeren“ Logik der Unterscheidung, sondern sie sind von den historisch sedimentierten Macht- und Herrschaftsverhältnissen eines spezifischen gesellschaftlichen Kontexts abhängig.
In dieser Betrachtungsweise können etwa, wie dies in den vergangenen Jahren mehrfach in öffentlichen Diskursen zum Thema wurde, etwaige Phänomene der Abwertung und Ausgrenzung von weiß positionierten Deutschen nicht als „Deutschenrassismus“ bezeichnet werden (Räthzel 2012, S. 215). Die Rede über den „Rassismus der Minderheiten“ verkennt hierbei zum einen, dass über das Vorliegen von Rassekonstruktionen hinaus, die gesellschaftliche Macht fehlt, um die vorgenommenen Unterschiedskonstruktionen über den singulären und lokalen Kontext hinaus wirksam werden zu lassen. Zum anderen dient die Rede vor allem dazu, „die dominanten Formen von Rassismus in der deutschen Gesellschaft zu negieren bzw. klein zu reden“ (ebd.).
Das Merkmal der Hegemonialität differenziert natio-ethno-kulturelle Unterscheidungsweisen in diejenigen, die sich als wirksame, unhinterfragte und legitime Unterscheidungslogiken in den gewohnten, sedimentierten gesellschaftlichen Macht- und Herrschaftsverhältnissen artikulieren und denjenigen, die diesen lediglich in den ersten vier Momenten, gewissermaßen als Vorformen rassistischer Unterscheidungen, ähneln. Das Merkmal der Hegemonialität „verweist nicht darauf, dass nur bestimmte Subjekte (,Weiße‘) rassistisch sein können (ein solches essenzialistisches Denken wäre der Ideologie des Rassismus verwandt), sondern auf die Kontextspezifität als rassistisch bezeichenbarer Praktiken und Wissensformen“ (Mecheril und Rangger 2022, S. 64).
6 Typen und Artikulationen von Rassismus
So wie es keinen universellen Rassismus gibt, sondern lediglich historisch- und kontextspezifische Artikulationen von Rassismus (Hall 1994, S. 127), gibt es auch nicht den einen allgemeinen Typ von Rassekonstruktion. Vielmehr können unter dem Oberbegriff Rassismus vielfältige Typen unterschiedlicher Rassismen unterschieden werden, die sich wiederum immer nur kontextspezifisch artikulieren.
Betrachtet man unterschiedliche Typen von Rassismus, wird in wissenschaftlichen und öffentlichen Diskursen beispielsweise zwischen
- antimuslimischem Rassismus (Attia 2009),
- Antisemitismus (Stender et al. 2010),
- Kolonialrassismus bzw. Rassismus gegen Schwarze (El Tayeb 2020),
- Gadjé-Rassismus oder Rassismus gegen Rom*nja und Sinti*zze (Stender 2016),
- antiasiatischem Rassismus (Suda et al. 2020)
und anderen Typen (Lutz und Leiprecht 2021) unterschieden.
Die verschiedenen Rassismen unterscheiden sich sowohl in ihren spezifischen Konstruktionen der ab- und ausgegrenzten Gruppen als auch in ihren historischen und kontextuellen Artikulationen und (Dis-)Kontinuitäten maßgeblich.
6.1 Naturalisierende versus historisierende Rassismen
Ihre historisch und kontextuell unterschiedlichen Artikulationen können auf einer abstrakten Ebene in naturalisierende (biologisierende) und historisierende (kulturalisierende) Rassismen unterschieden werden (Goldberg 2002).
Naturalisierende Rassismen argumentieren ihre Rassekonstruktionen insbesondere mit dem Verweis auf vermeintlich biologische Unterschiede des Blutes oder der Gene (Goldberg 2002, S. 74–79). Im Gegensatz hierzu werden historisierende Rassismen vor allem von ethnischen, kulturellen und zivilisatorischen Rassekonstruktionen vermittelt, die in einer Sprache der historisch-evolutionären Fortschrittlichkeit und Andersheit rückgebunden werden (ebd.). Während in biologischen und naturalisierenden Argumentationen zumeist das Existenzrecht der Anderen aufgrund von Minder- oder Überlegenheitskonstruktionen per se abgesprochen wird, argumentieren historisierende Rassismen bevorzugt auf Basis von territorialen Zugehörigkeitsordnungen (etwa: „Kulturkreise“), in denen die unterschiedenen Gruppen ihren jeweiligen historischen Platz einnehmen (Mecheril und Melter 2010, S. 153). Dabei erscheinen historisierende Rassismen jedoch lediglich an der Oberfläche „progressiver“ als die vermeintlich „alten“ naturalisierenden Artikulationen (Goldberg 2002, S. 79).
Aufgrund der verbreiteten öffentlichen wie wissenschaftlichen Anerkennung der Tatsache, dass es keine „keine wissenschaftliche Grundlage für die Einteilung der Menschheit in biologisch unterscheidbare ‚Rassen‘“ (Hall 2000, S. 7) gibt, sind naturalisierende Rassismen zugunsten historisierender Rassismen weitestgehend in den Hintergrund gerückt.
Im Schatten der Gräuel von Kolonialismus und Shoa artikulieren sich die unterschiedlichen Typen von Rassismus gegenwärtig tendenziell unter dem Deckmantel eines post-rassistischen, programmatischen Antirassismus in der Figur eines „Rassismus ohne Rassen“ (Balibar 1998b, S. 28), der auf andere Signifikanten wie „Kultur“ (Balibar 1998b; Leiprecht 2001), „Sprache“ (Dirim 2010) oder „Religion“ (Attia 2009) als „Sprachversteck für ‚Rasse‘“ (Leiprecht 2001, S. 28) zurückgreift (Balibar 1998b, S. 30 f.; Bojadžijev 2015, S. 285 f.).
Doch trotz der Dominanz an historisierenden und kulturalisierenden Rassismen finden sich in der Rede vom „großen Austausch“ und der „Umvolkung“ oder auch in genetischen Einteilungen von Menschen (Plümecke 2014) auch weiterhin naturalisierende Rassekonstruktionen wieder. Auch darf die idealtypische Unterscheidung zwischen naturalisierenden und historisierenden Rassismen nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch historisierende Unterscheidungsweisen zumeist nicht restlos von Vorstellungen einer somatischen Natur bereinigt sind (Goldberg 2002, S. 74; Guillaumin 1995, S. 171).
6.2 Antisemitismus und Rassismus?
Theoretisch umstritten ist auch die Frage, ob Antisemitismus in seinen historischen und kontextuell unterschiedlichen Artikulationen unter den Begriff Rassismus subsumiert werden kann und sollte (Messerschmidt 2016; Kaya und Rhein, 2021; Stender 2010). Eines der zentralen Argumente für eine kategorische Unterscheidung zwischen Rassismus und Antisemitismus bezieht sich darauf, dass im Rassismus die Anderen als minderwertige Andere im Außen konstruiert werden, während im Antisemitismus Juden bzw. Jüdinnen als überlegene und gefährliche Andere im Inneren repräsentiert sind, die die Ambivalenz des Projekts der Moderne verkörpern und deshalb vernichtet werden müssen (Messerschmidt 2021, S. 107).
Häufig wird bei diesen Abgrenzungsversuchen von Rassismus und Antisemitismus der Rassismusbegriff implizit jedoch auf die spezifische Artikulation „Kolonialrassismus“ bezogen, ohne diese Bezugnahme explizit auszuweisen (Kaya und Rhein 2021). Dies steht in der Gefahr, andere Typen von Rassismen, wie antimuslimischen Rassismus oder Gadjé-Rassismus, tendenziell abzublenden oder aber begrifflich gegenüber dem wahren Rassismus abzuwerten (denn warum wird sonst nicht auch konsequent von Kolonialrassismus gesprochen?).
Politisch spricht insbesondere im Vergesellschaftungskontext Deutschland mit seiner Geschichte einiges für die Nicht-Subsumierung von Antisemitismus unter den allgemeinen Rassismusbegriff. Auch die Annahme einer vorherrschenden Gleichsetzung des Rassismusbegriffs im öffentlichen Diskurs mit der Bedeutung „Kolonialrassismus“ kann als gewichtiges begriffspolitisches Argument in diese Richtung gewertet werden. Genauso kann aber auch argumentiert werden, dass eine Singularisierung und Abgrenzung der Spezifizität von Antisemitismus, Kolonialrassismus, antimuslimischen Rassismus etc. zu einer Schwächung der Dehumanisierungskritik, die mit dem Rassismusbegriff verknüpft ist, beitragen kann. Dabei stellt sich bspw. die Frage, ob eine etwaige Singularisierung unterschiedlicher Artikulationen von dehumanisierender Differenzordnungen strukturell eine unterschiedliche Wertigkeit in die jeweilige Ordnung einschreibt und diese nur gegeneinander ausspielt.
Schlussendlich bleibt die Typisierung von unterschiedlichen Rassismen und die Frage nach der Subsumierung unter einen Oberbegriff vor allem eine politische Frage im weitesten Sinne des Politischen, also eine Frage, die auf die letztendliche Unmöglichkeit verweist, das Soziale auf festen Fundamenten zu gründen. Jede begriffliche Einteilung ist letztlich eine politische Entscheidung, die niemals vollends und mit Gewissheit getroffen werden kann, sie sollte aber vor allem auf ihre illegitimen Ausschlüsse hin befragt werden.
7 Artikulationsebenen
Rassismus als soziale Differenzordnung artikuliert sich auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen (Rommelspacher 2009, S. 30 ff.; Hormel und Scherr 2004). Für eine differenzierte Auseinandersetzung ist es sinnvoll, die Ebenen analytisch zu trennen, auch wenn diese durchaus miteinander verwoben, also nicht gänzlich trennscharf sind. Nachfolgend wird von fünf Artikulationsebenen ausgegangen:
- Subjektive Ebene: Rassismus artikuliert sich darüber, wie Menschen sich als bestimmte Subjekte erfahren, das heißt über die jeweiligen Positionierungen (privilegiert/​deprivilegiert) in den gesellschaftlichen Differenzverhältnissen. Die Erfahrungen von rassistisch diskreditierbaren Menschen (d.h. Rassismuserfahrungen) bilden einen Bereich der subjektiven Artikulationsebene von Rassismus. Rassismus wirkt hier unter anderem auf Selbstbilder, Selbstwahrnehmungen und die psychische Gesundheit (Velho 2016; Kupfer und Enge 2023). Ein Beispiel für diese Ebene sind die subjektiven Befürchtungen und Ängste von rassistisch diskreditierbaren Menschen an bestimmte Orte zu gehen oder bestimmte Dinge zu sagen. Zugleich artikuliert sich Rassismus auf der subjektiven Ebene auch über Erfahrungen der Privilegiertheit von Menschen, die nicht rassistisch diskreditierbar sind. So stellt die Erfahrung, sich fraglos und unbesorgt an bestimmten Orten zu bewegen sowie etwa kein Wissen über die möglichen Befürchtungen rassistisch diskreditierbarer Menschen zu haben, die am gleichen Ort und zur gleichen Zeit für diese sehr bedeutsam sein können, auch Ausdruck des durch Rassismus strukturierten Verhältnisses von Privilegierung und Deprivilegierung im Sinne eines „Privileg[s] der Unsichtbarkeit“ dar (Amesberger und Halbmayr 2008).
- Interaktionale Ebene: Während die subjektive Ebene den Blick auf einzelne Menschen und ihre unterschiedlichen Erfahrungen im Kontext von Rassismus richtet, geht es auf der interaktionalen Ebene um „Handlungen und Einstellungsmuster“ und „direkte persönliche Interaktionen“ (Rommelspacher 2009, S. 30). So artikuliert sich Rassismus in Interaktionen zwischen Menschen, in Gestiken und sprachlichen Äußerungen sowie körperlichen Angriffen. Rassismus auf der individuell-interaktionalen Ebene kann sich in explizit rassistischer Rede (rassistischen Beschimpfungen) zeigen, aber auch eher implizit und mit anderen Begriffen und Ansprachen operieren (Çiçek et al. 2014). Logiken der an Rassekonstruktionen anschließenden Unterscheidung finden sich auch in Herkunftsdialogen, also der Frage „Woher kommst du?“ (Battaglia 1995, S. 19).
- Strukturelle Ebene: Rassismus artikuliert sich aber auch strukturell, über etablierte oder normalisierte „gesellschaftsstrukturelle (ökonomische, politische, rechtliche)“ (Hormel und Scherr 2010, S. 11) Vorgaben, Routinen und Verfahrensweisen. Rassismus lässt sich dann eben nicht auf Handlungen von Individuen und konkrete Interaktionen zurückführen, sondern die grundlegende gesellschaftliche Struktur, das „gesellschaftliche System mit seinen Rechtsvorstellungen und seinen politischen und ökonomischen Strukturen“ (Rommelspacher 2009, S. 30) bildet die Ebene der Artikulation von Rassismus. „Der Begriff des strukturellen Rassismus lässt sich […] als Netzwerk sozialer Beziehungen und Praktiken bestimmen, in denen sich rassifizierte Dominanzen und Unterordnungen gesamtgesellschaftlich reproduzieren“ (Stender 2023, S. 20). Als Beispiel kann hier etwa der Wohnungsmarkt angeführt werden, der in vielen gesellschaftlichen Kontexten (wie Deutschland oder der Schweiz) so strukturiert ist, dass Menschen, die aufgrund ihres Namens als „Andere“ markiert werden (zur Konstruktion der „Anderen“ siehe Abschnitt 4.3), auf dem Wohnungsmarkt schlechter gestellt sind: „Ein 2018 durchgeführtes Feldexperiment im Schweizer Wohnungsmarkt zeigt auf, dass Personen, die wegen ihrem türkischen oder kosovo-albanischen Namen rassifiziert werden, weniger häufig zu Besichtigungsterminen eingeladen werden“ (Auer et al. 2022, S. 93).
- Institutionell-organisationale Ebene: Rassismus artikuliert sich in Organisationspraktiken, institutionellen Bedingungen, Normen, administrativen Regelungen oder auch Routinen der Organisationen/​Institutionen (Liebscher und Fritzsche 2010, S. 35). Es geht um die „Strukturen von Organisationen, eingeschliffene[n] Gewohnheiten, etablierte[n] Wertvorstellungen und bewährte[n] Handlungsmaximen“ (Rommelspacher 2009, S. 30) durch die Rassismus ermöglicht, gestärkt oder wiederholt wird. Mit Blick auf die institutionell-organisationale Ebene geraten „auf der Grundlage natio-ethno-kultureller Zugehörigkeitskonstruktionen wirkendes, ausgrenzendes und benachteiligendes Handeln sowie Ausgrenzungs- und Benachteiligungsstrukturen von Organisationen (durch Gesetze, Erlasse, Verordnungen und Zugangsregeln sowie Arbeitsweisen, Verfahrensregelungen und Prozessabläufe) oder von Mitarbeitern der Organisationen im Rahmen der Organisation“ (Heinemann und Mecheril 2016, S. 22) in den Blick. Rassismus artikuliert sich auf institutionell-organisationaler Ebene etwa in der Institution Polizei im Rahmen der Anwendung von homogenisierendem und kulturalisierendem Wissen über die „Anderen“ (Graevskaia et al. 2022), das sehr zentral in Praktiken des racial profiling zum Ausdruck kommt (Thompson 2020, o.S.).
- Diskursiv-repräsentative Ebene: Rassismus artikuliert sich zudem über Bilder in der Presse, in sozialen Medien oder über Literatur. Es geht in diesem Zusammenhang darum, welches Wissen über welche Menschen gesetzt und wiederholt wird, welche Vorstellungen und Assoziationen aufgerufen und verbreitet werden. „Wie werden Menschen und Vorgänge benannt?“ (Liebscher und Fritzsche 2010, S. 38). Welche Bilder von den „Anderen“ werden erzeugt? Schulbücher stellen ein prominentes und wichtiges Beispiel für die Artikulation von Rassismus auf diskursiv-repräsentativer Ebene dar:
„Als Brennglas gesellschaftlicher Prozesse zeugen Curricula und Schulbücher von kolonialen Kontinuitäten und sind ein Kondensat dessen, was als lern- und vermittlungswürdig betrachtet wird. Was im Schulbuch steht, wird als gesichertes Wissen wahrgenommen. Postkolonialität im Bildungskanon fußt auf einem eurozentrischen, binären System, welches die Welt in ‚Fortschrittliche‘ und ‚weniger Fortschrittliche‘ unterteilt und lange ein Modell der nachholenden Entwicklung gepflegt hat. Wer spricht für wen? Wessen Wissen wird weiter marginalisiert? Aus welchen Gründen und auf welche Weise werden rassistische Stereotype und Bilder konstruiert und weiterhin überliefert?“ (Diallo et al. 2021, S. 21)
8 Rassismuskritik und Professionalität
In gesellschaftstheoretischer Betrachtung des Phänomens Rassismus wird professionelles Handeln zu einer prekären Angelegenheit. Denn wenn Rassismus eine dominante, historisch sedimentierte Differenzordnung ist, ist keine Position außerhalb von Rassismus möglich, weder für rassismustheoretisch geschulte oder sich explizit gegen Rassismus positionierende Professionelle noch für durch von Rassismus diskreditierbare und nachteilig betroffene Menschen. Denn als (gesamt-)gesellschaftliches Verhältnis ist Rassismus grundlegend in die Organisation und das Funktionieren der gegebenen (postkolonialen) Weltordnung eingelagert, wie sie sich seit der europäischen Moderne dominant durchgesetzt hat (siehe hierzu Abschnitt 4).
Rassismus ist – hegemonietheoretisch ausgedrückt (siehe Abschnitt 3) – eine der konstitutiven „Stellungskriege“ um die Hervorbringung, Aufrechterhaltung und Veränderung der sozialen (etwa ökonomischen, militärischen, politischen, kulturellen, demokratischen) Verhältnisse im Lokalen wie im Globalen. Dies wird etwa in dem „Privileg der globalen Besitznahme und ungehinderten Bewegungsfreiheit“ (Mbembe zit. n. Kerner 2019, S. 209) manifest, das großteils weiterhin – mit Ausnahme vereinzelter ökonomisch begründeter Sonderfälle – ungebrochen der kolonialen Einteilung der Welt in den Westen und seinen Rest folgt (Kirsch 2019; Mau et al. 2015).
Professionelle, wie alle anderen Subjekte auch, bilden in diesen Verhältnissen nicht nur ihre subjektiven Selbst-, Fremd- und Weltbilder aus (Broden und Mecheril 2010). Vielmehr sind auch ihre Handlungs- und Zurechnungsfähigkeit als Professionelle immer an die ihnen vorausgehenden Bedingungen selbst gebunden. Insofern bringen Professionelle die Verhältnisse, in denen sie handeln, auch immer zu einem gewissen Anteil mit hervor und zwar allein dadurch, dass ihr Status als Professionelle Teil ebendieser gesellschaftlichen Verhältnisse ist und nicht anderer. Beispielsweise muss unter Bedingungen der gesellschaftlichen Vorherrschaft von Integration als normativem Ziel, das auf die Restabilisierung einer von Rassismen vermittelten Regulation des Sozialen abzielt und von sozialen Berufen die Beteiligung an diesem Projekt erwartet, die Logik der Integration zumindest bedingt durch soziale Berufe affirmiert werden (Mecheril und Rangger 2022).
Professionalität kann deshalb nicht per se als gutes und richtiges Handeln erachtet werden, sondern sie ist selbst – im besten Falle – grundlegend durch die Widersprüchlichkeit von Affirmation und Kritik bzw. von Reproduktion und Transformation bzw. Herrschaft und Emanzipation gekennzeichnet. Auch stellt Professionalität kein individuelles Phänomen dar, das bspw. durch die umfangreiche Analyse- und Urteilsfähigkeit der Professionellen gewährleistet werden kann. Vielmehr benötigt professionelles Handeln, Denken und Fühlen professionalisierende Bedingungen, welche die Möglichkeit erhöhen, dass professionelles Handeln, Denken und Fühlen mit höherer Wahrscheinlichkeit eintritt (Heinemann und Mecheril 2018).
Als Ansatz der Ermöglichung eines professionellen Umgangs mit der Komplexität, Ambivalenz und Totalität der sozialen Realität des Rassismus wurde von Paul Mecheril (zuerst 2004) der Ansatz der Rassismuskritik formuliert und mit vielen anderen in den vergangenen Jahre weiterentwickelt (Kooroshy et al. 2023; Kourabas und Mecheril 2022; Mecheril und Melter 2010; Mecheril und Shure 2018; Mecheril und Scherschel 2009).
In ihrer Programmatik ist Rassismuskritik auf die Reflexion dessen ausgerichtet, „in welcher Weise, unter welchen Bedingungen und mit welchen Konsequenzen Selbstverständnisse und Handlungsweisen von Individuen, Gruppen, Institutionen und Strukturen durch Rassismen vermittelt sind und Rassismen stärken“ (Mecheril und Melter 2010, S. 172).
Dabei geht es Rassismuskritik nicht um die Identifizierung des Rassisten oder der Rassistin, das Fällen eines moralischen Urteils über andere oder eine vereinfachte Reduktion der Komplexität von Rassismus auf eine Schwarz-Weiß-Dichotomie (Mecheril 2004, S. 200–205; Mecheril und Melter 2010, S. 170–173), sondern sie zielt vielmehr „darauf ab, auf Rassekonstruktionen beruhende beeinträchtigende, disziplinierende und gewaltvolle Unterscheidungen zu untersuchen, zu schwächen und alternative Unterscheidungen deutlich zu machen“ (Mecheril und Melter 2010, S. 172). Rassismuskritik kann damit als entschlossene und (fehler-)freundliche Praxis der Suche nach Wegen aus dem Rassismus verstanden werden, die nach gerechteren Verhältnissen für alle sucht, ohne sich selbst dabei außerhalb rassistischer Verhältnisse bewegen zu können (ebd.).
Das rassismuskritische Bestreben, zu würdevolleren und weniger durch Rassismen vermittelten Verhältnissen für alle beizutragen, kann gerade unter Bedingungen der historischen und gesellschaftlichen Verankerung von Rassismus nicht den einzelnen Professionellen und auch nicht einzelnen professionellen Organisationen aufgebürdet werden. Trotzdem verdeutlicht insbesondere eine artikulationstheoretische Perspektive (siehe Abschnitt 3) auf Rassismus die Möglichkeit und Notwendigkeit, die jeweils unterschiedlich begrenzten Handlungsspielräume zur Veränderung der Verhältnisse zu nutzen. Um dabei trotz Involviertheit in die Verhältnisse und trotz Komplexität, Ambivalenz und Kontingenz der Verhältnisse der Suche nach besseren Verhältnissen in einem nicht-technologischen Sinne nachzugehen, ist aus rassismuskritischer Perspektive allgemein die Institutionalisierung reflexiver Räume – im Kleinen wie im Großen – notwendig, die eine systematische Professionalisierung mit höherer Wahrscheinlichkeit ermöglichen (Mecheril et al. 2022, S. 301–308). Für eine solche rassismuskritische Professionalisierung sind zusammenfassend mindestens fünf Punkte von Bedeutung:
- Wissen über Rassismus: Die Aneignung von und Auseinandersetzung mit Wissen über Rassismen (Geschichte, Gewordenheit, Theorien, Perspektiven) ist eine bedeutende Grundlage für das Erkennen und die differenzierte Auseinandersetzung mit Rassismen in der sozialen und pädagogischen Praxis. Gleichzeitig ist zum einen jedes Wissen als situiertes Wissen zu betrachten (Haraway 1995) und zum anderen ist die technisch-mechanische Übertragung abstrakten Wissens auf die singuläre Praxis nicht restlos möglich (Wimmer 1996, S. 425), sodass die Bedeutung der Aneignung von Wissen immer auch von einer „systematischen Verankerung der Anerkennung von Nicht-Wissen und Nicht-Wissen-Können, von Kontingenz, Ungewissheit und Ambivalenz“ begleitet wird (Mecheril et al. 2022, S. 308).
- Hinterfragen des Gewöhnlichen: Die Differenzordnung des Rassismus manifestiert sich in den gewöhnlichen Unterscheidungen, welche die soziale Wirklichkeit nach essenzialistischen Einteilungen und Hierarchisierungen in verbreiteter und wirksamer Weise in Gruppen der fraglosen, prekären und verweigerten Zugehörigkeit ordnen (Mecheril und Melter 2010). Deshalb geht es in rassismuskritischer Perspektive gerade darum, die gewöhnlichen Unterscheidungen, welche die alltägliche soziale Praxis durchziehen, auf ihre impliziten theoretischen Voraus-Setzungen und ihre Effekte kritisch zu befragen.
- Reflexion von Involviertheit: Wenn Rassismus eine gesellschaftliche Differenzordnung darstellt, gibt es kein Außerhalb des Rassismus. Für eine rassismuskritische Professionalisierung gilt es dieses „Involviert-Sein“ anzuerkennen und auf seine Effekte und Handlungsmöglichkeiten hin zu reflektieren (Messerschmidt 2016, S. 67). Dies bedeutet unter anderem die eigene gesellschaftliche Positioniertheit und die Positioniertheit anderer Menschen, aber auch die eigenen Selbst-, Welt- und Fremdverständnisse sowie auch diejenigen anderer und die eigenen Begehren und Empfindungen sowie diejenigen anderer immer im Kontext der gegebenen Verhältnisse und ihren differenziell verteilten Ermöglichungen und Begrenzungen zu betrachten (Shure 2023).
- Reflexion von Widersprüchen: Rassismus verdeutlicht in eindrücklicher Weise, inwiefern soziale Wirklichkeit grundlegend durch eine sich selbst subvertierende Widersprüchlichkeit der allgemeinen Unbestimmtheit und der vorübergehend machtvollen Bestimmtheit gekennzeichnet ist (Rangger 2024, S. 153–157; siehe dazu auch den Einstieg mit Guillaumin 1995, S. 107 in Abschnitt 1). Diese „Un_Bestimmtheit“ des Sozialen wirkt sich in besonderer Weise auf professionelles Handeln aus. Professionelles Handeln ist deshalb „als hochgradig komplexes, antinomisch strukturiertes, kontingentes und ungewisses Handeln mit vielfältigen Risiken, nicht intendierten Wirkungen und eigensinnigen Verwendungen durch die Adressaten, bei zugleich hoher Verantwortlichkeit, einer starken Begründungspflicht bei mangelnder ‚Technologie‘ zu kennzeichnen“ (Helsper 2008, S. 163–164). Professionelles Handeln ist deshalb auf die systematische Reflexion der Widersprüchlichkeiten und Ambivalenzen sozialer Praxis im Allgemeinen und professionellen Handelns im Spezifischen angewiesen.
- Kritik und Suche nach Alternativen: Rassismuskritische Professionalisierung kann aber nicht bei der Reflexion von Involviertheiten und Widersprüchlichkeiten stehen bleiben. Letztlich geht es einer rassismuskritischen Professionalisierung vermittels der Institutionalisierung einer kontextualisierenden Reflexivität auch immer um eine Kritik an den Verhältnissen und dem eigenen Beitrag (etwa sozialwirtschaftlicher Berufe) zu diesen Verhältnissen, „die Menschen im Hinblick auf die Möglichkeit einer freieren Existenz behindern, ihre Würde einschränken und sie entmündigen“ (Mecheril 2014, S. 166). Die Kritik der Verhältnisse ist der notwendige Ausgangspunkt für die unbestimmt bleibende Suche nach alternativen Möglichkeiten, die würdevollere Verhältnisse für alle ermöglichen (ebd.).
9 Quellenangaben
Adorno, Theodor W., 1973. Studien zum autoritären Charakter. Frankfurt/M.: Suhrkamp. ISBN 978-3-5183-6607-3
Allport, Gordon W., 1971. Die Natur des Vorurteils. Köln: Kiepenheuer & Witsch. ISBN 978-3-462-00826-5
Amesberger, Helga und Brigitte Halbmayr, 2008. Das Privileg der Unsichtbarkeit: Rassismus unter dem Blickwinkel von Weißsein und Dominanzkultur. Wien: Braumüller. ISBN 978-3-7003-1673-2
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Verfasst von
Dr. Matthias Rangger
Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Bielefeld in der Arbeitsgruppe „Migrationspädagogik und Rassismuskritik“.
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Prof.in Dr. Saphira Shure
Universität Bielefeld
Fakultät für Erziehungswissenschaft
Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Rassismus- und Differenzforschung
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ORCID: https://orcid.org/0000-0003-1254-6409
Es gibt 1 Lexikonartikel von Matthias Rangger.
Es gibt 1 Lexikonartikel von Saphira Shure.