Sozialpsychologie
Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff
veröffentlicht am 22.11.2024
Sozialpsychologie befasst sich als Teildisziplin der Psychologie mit der Beschreibung und Erklärung von sozialem Verhalten zwischen Einzelpersonen sowie in bzw. zwischen sozialen Gruppen.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Ursprung der modernen Sozialpsychologie
- 3 Exkurs: Gruppendynamik
- 4 Themenblöcke der Sozialpsychologie
- 5 Themen der Sozialpsychologie
- 6 Anwendung
- 7 Quellenangaben
1 Zusammenfassung
Die Psychologie stellt eine wissenschaftliche Disziplin dar, die die Sozialpsychologie als Teildisziplin beinhaltet (Bierhoff und Petermann 2014). Diese befasst sich mit der Beschreibung und Erklärung von Gedanken, Gefühlen und Verhaltensweisen von Zielpersonen, die auf andere Personen bezogen sind. Dies beinhaltet Handlungen zwischen Einzelpersonen (z.B. Paarbeziehung), in sozialen Gruppen (z.B. Interessengruppen) und zwischen sozialen Gruppen (z.B. Frauen und Männern). Sie umfasst also interpersonelles Verhalten zwischen Einzelpersonen und Intergruppen-Verhalten zwischen Personen, die sich als Teil einer Gruppe identifizieren und somit eine soziale Identität aufweisen.
Die Beschreibung erfolgt in der Regel durch die Verwendung von Klassifikationssystemen, die auf definitorischer Klärung, Beobachtung, einschließlich Quantifizierung, und begrifflicher Zusammenfassung beruhen. Die wissenschaftliche Erklärung basiert auf Theorien, die Begriffe miteinander in Beziehung setzen, indem Hypothesen aufgestellt werden (häufig als Wenn-dann-Formulierungen). Die sozialpsychologischen Hypothesen sollen die empirische Forschung anregen und leiten sowie durch Forschungsergebnisse widerlegbar sein.
2 Ursprung der modernen Sozialpsychologie
2.1 Einordnung
Die Sozialpsychologie ist eines der grundlegenden Fächer der Psychologie, die in ihrer Bedeutung mit der Allgemeinen und der Differentiellen Psychologie vergleichbar ist. Sie ist gleichzeitig ein umfassendes Grundlagenfach und ein weitgefächertes Anwendungsfach.
Die bekannteste Definition der Sozialpsychologie, die auf Gordon W. Allport zurückgeht, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Sozialpsychologie ist das Studium der Reaktionen des Individuums auf soziale Stimulation (Allport 1968).
Während durch den Begriff der „sozialen Stimulation“ die unabhängigen Variablen der Sozialpsychologie gekennzeichnet sind – die wirkliche, erinnerte oder antizipierte Anwesenheit anderer –, ergibt sich im Hinblick auf die abhängigen Variablen („Reaktionen“), dass Gedanken, Gefühle und offenes Verhalten im Mittelpunkt stehen.
Diese Definition der Sozialpsychologie ist sehr weit gefasst. Neben der wirklichen Anwesenheit anderer (z.B. in Arbeitsgruppen, die um einen Tisch sitzen) wird auf die erinnerte und antizipierte Anwesenheit anderer verwiesen. Somit umfasst Sozialpsychologie auch Gedanken bezogen auf andere Menschen („Wenn mein Lehrer das Unglück sehen könnte, würde er von mir erwarten, dass ich eingreife!“) und Zukunftsorientierung („Ich muss immer berücksichtigen, wie sich eine Situation in der Zukunft entwickeln kann“).
2.2 Begründung der modernen Sozialpsychologie
Untersuchungen zur Sozialpsychologie waren ursprünglich eng mit der englischsprachigen psychologischen Forschung verbunden, vor allem mit einem amerikanischen Hintergrund. Der Begründer der modernen Sozialpsychologie – Kurt Lewin – war ein deutscher Wissenschaftler, der aufgrund politischer Verfolgung in die USA emigrierte, wo er auf der Grundlage der Feldtheorie (ausgehend von der Physik) seinen sozialwissenschaftlichen Ansatz entwickelte (Hauser, Frey und Bierhoff 2016).
Die Grundidee von Lewin besteht darin, dass menschliches Verhalten eine Funktion von Person und Umwelt darstellt. Verhalten = f(p, u), wobei p für Person und u für Umwelt steht. Nicht die objektive, sondern die wahrgenommene Umwelt ist als Determinante des Verhaltens entscheidend. Die Person bringt ihre Ziele und Bestrebungen, Ängste und frühere Erfahrungen sowie die Erinnerungen daran in die soziale Situation mit. Das bezieht sich auf
- die Gegenwart bezüglich der Kräfte, die zum aktuellen Zeitpunkt wirksam sind,
- die Vergangenheit, wie sie in Erinnerungen weiterlebt,
- die Zukunft, die in Erwartungen und Wünschen zum Ausdruck kommt.
Lewin starb 1947 im Alter von 56 Jahren im US-Bundesstaat Massachusetts. Eines seiner Mantras lautete: „Es gibt nichts, was so praktisch wäre wie eine gute Theorie“ (Hauser, Frey und Bierhoff 2016, S. 62). Damit wird der Theoriebezug der angewandten Forschung hervorgehoben. Gleichzeitig betont Lewin den Praxisbezug der Psychologie, der zum Beispiel in seinen Studien zur Einstellungsänderung, Gruppendynamik und Führungsforschung zum Ausdruck kommt.
Darauf aufbauend haben die amerikanischen Sozialpsychologen Jones und Gerard (1967) das vermutlich einflussreichste Lehrbuch der Sozialpsychologie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts geschrieben, das bis heute eine wichtige Quelle von Grundlagenwissen und theoretischer Inspiration darstellt (Jones und Gerard 1967). Edward Jones' Denken und Forschen war entscheidend durch die konsequente Betonung der empirischen Forschung unter Zugrundelegung von psychologischen Theorien gekennzeichnet.
3 Exkurs: Gruppendynamik
3.1 Erforschung
In Gruppen entsteht eine Gruppendynamik, deren Bedeutung durch Kurt Lewin hervorgehoben wurde (Forsyth 2010; Bierhoff und Rohmann 2013). Für die Untersuchung wird auf Methoden der Sozialpsychologie wie Team- und Organisationsentwicklung in der Arbeits- und Organisationspsychologie sowie Gruppentherapie in der klinischen Psychologie verwiesen.
Die Erforschung der Gruppendynamik kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden:
- individuelle Ebene (= Mikroebene): Eigenschaften und Handlungen eines Individuums in einer Gruppe (z.B. Fähigkeit, Motivation und Emotionen des Einzelnen)
- Gruppenebene (= Mesoebene): umfasst z.B. den Zusammenhalt in der Gruppe, Gruppengröße, die Zusammensetzung und die Struktur der Gruppe (z.B. Geschlechterzusammensetzung, soziale Hierarchien und Leistungen einer Gruppe)
- organisationale Ebene (= Makroebene): Merkmale der sozialen Organisation, die Einfluss auf die Gruppe haben (siehe Beispiel)
3.2 Beispiel
Gruppendynamik lässt sich besonders facettenreich durch Musikorchester veranschaulichen. Das Material dazu liefert eine umfangreiche empirische Studie von Orchestern, die in mehreren Ländern parallel durchgeführt wurde (Allmendiger, Hackman und Lehman 1996). Die Daten wurden bezogen auf 78 Berufsorchester gesammelt, die in den USA, Großbritannien sowie dem ehemaligen West- und Ostdeutschland in den Jahren 1990 und 1991 erhoben wurden. Die Ergebnisse der Studie waren aufschlussreich für das Verständnis der Leistung von Gruppen, einschließlich der Gruppen, deren Leistung auf einem hohen Niveau angesiedelt ist.
- Die Mikroebene bezog sich auf die individuellen Beiträge der Gruppenmitglieder (Musiker und Dirigenten). Auf dieser Ebene ließ sich feststellen, dass die Orchesterleistung besonders durch das Talent und die Motivation der Musiker einerseits und die Arbeitsweise des Dirigenten andererseits beeinflusst wird. Es war z.B. zu erkennen, dass Orchester besser abschnitten, deren Dirigent regelmäßig vor Ort war und viel Zeit mit dem Orchester verbrachte.
- Für die Mesoebene wurde gezeigt, dass die Geschlechterzusammensetzung des Orchesters zu beachten ist. Das hing damit zusammen, dass die Orchester zum Zeitpunkt der Untersuchung vielfach eine große Umstellung erlebten, weil der Anteil der weiblichen Mitglieder größer wurde. Dadurch wurden Anpassungsschwierigkeiten ausgelöst.
- Die Makroebene erwies sich als bedeutsamer Einflussfaktor. Das wurde durch den Vergleich der nationalen Standorte deutlich: Orchestermusiker in Deutschland waren insgesamt zufriedener als ihre Kolleginnen und Kollegen in englischsprachigen Ländern.
Der Standort eines Orchesters beeinflusste auch, inwieweit sich die Geschlechterzusammensetzung auf die Einstellung gegenüber dem Orchester auswirkte: In der Bundesrepublik wurde gezeigt, dass die Einstellungen der Orchestermusiker gegenüber dem Orchester mit zunehmendem Frauenanteil negativer wurden, während in den USA dieser Zusammenhang geringer ausfiel. Da die Untersuchung 1990/1991 stattfand, müsste untersucht werden, ob die Tätigkeit von Frauen in Orchestern vor dem Hintergrund der zunehmenden beruflichen Gleichstellung zwischen Mann und Frau heutzutage weniger negative Reaktionen hervorruft.
- Zwischen den drei Ebenen bestanden komplexe Zusammenhänge. So beeinflusste die Qualität des Spiels einzelner Musiker die Leistung auf der Ebene des Orchesters. Die finanziellen Ressourcen hatten wiederum einen Einfluss darauf, inwieweit Spitzenmusiker engagiert wurden.
4 Themenblöcke der Sozialpsychologie
Die wichtigste Grundlage für soziale Prozesse ist der soziale Vergleich; Einstellungen und Kommunikationsprozesse sind darüber hinaus grundlegend.
4.1 Sozialer Vergleich als Grundlage
Menschen vergleichen sich mit anderen, um ihre Leistung zu beurteilen, aber auch, um ihre sozialen Erfahrungen einzuschätzen. In der Regel wird die Beurteilung von Leistungsgüte relational durchgeführt. Danach entspricht eine sehr gute Leistung einer Person der Feststellung, dass sie sehr viele leistungsstarke andere Personen übertrifft. Soziale Vergleiche verbinden die Person mit anderen Menschen. Sie dienen der Unsicherheitsreduktion.
„Wie ist mein Leistungsniveau in Mathematik einzuschätzen?“
„Wie gut läuft es in meiner Ehe?“
Antworten auf solche Fragen geben Aufschluss über die relative Position einer Person auf einer Urteilsdimension verglichen mit anderen. Sie befriedigen das Bedürfnis, die eigenen Fähigkeiten und Meinungen zu bewerten. Dafür sind Vergleiche mit ähnlichen anderen besonders nützlich und werden deshalb vielfach bevorzugt.
4.2 Einstellungen
Ein wichtiges Bindeglied zwischen Individuum und Gesellschaft ist die Einstellung, die ein soziales Orientierungssystem darstellt (Bohner und Wänke 2002). Einstellungen beinhalten eine Bewertung eines Einstellungsobjekts („mag ich“, „mag ich nicht“). Sie beruhen auf Werten und kommen in Meinungen zum Ausdruck, die sich auf das Einstellungsobjekt beziehen und die kognitive Komponente der Einstellung darstellen.
Ein Beispiel sind politische Einstellungen, die in Parteipräferenzen enthalten sind. Zugrunde liegende Werte sind beispielsweise Gedankenfreiheit und Demokratie. Wenn das Einstellungsobjekt eine Partei ist, beziehen sich die Meinungen z.B. auf politische Positionen der Partei, wie sie in Wahlprogrammen enthalten sind. Schließlich hängt die Einstellung mit der Verhaltensintention zusammen, wie sie in der Absicht zum Ausdruck kommt, eine bestimmte Partei zu wählen.
Viele Einstellungsdimensionen sind bipolar, weil sie sich auf kontroverse Themen beziehen: Man kann für oder gegen Diäten zur Gewichtsregulation sein bzw. für oder gegen das regelmäßige Einnehmen von Vitaminen. Typischerweise wird in einer Botschaft, die sich auf Einstellungen bezieht, versucht, eine bestimmte Position, also eine der beiden Seiten, in der Botschaft zu vertreten und die Gegenseite zu widerlegen.
4.3 Kommunikation
Kommunikation kommt entweder sprachlich oder nonverbal zum Ausdruck (Blanz, Florack und Piontkowski 2014). Sie verwendet Botschaften. Die Struktur einer Botschaft bezieht sich darauf, ob alle Argumente in eine Richtung weisen (einseitige Kommunikation) oder ob auch Gegenargumente berücksichtigt werden (zweiseitige Kommunikation). In diesem Zusammenhang besteht die Möglichkeit, Gegenargumente zu nennen und zu widerlegen. Das Gefühl der Empfänger einer Botschaft hängt damit zusammen, welche Wirkung sie erzeugt. So kann eine Botschaft beispielsweise sowohl Angst (z.B. „Rauchen erzeugt Krebs“) als auch Zuversicht (z.B. „Wenn Du aufhörst zu rauchen, steigt Deine Lebensqualität“) auslösen. Eine Botschaft kann Wohlfühlqualitäten haben, die eine positive Stimmung erzeugen, oder auch pessimistisch wirken.
Was durch die Kommunikation bewirkt wird, hängt davon ab, ob die Argumente einen Prozess des Nachdenkens bei der Zielperson erzeugt haben und verstanden wurden. In negativer Stimmung wird bei der Analyse von Argumenten eher kritisch vorgegangen, während gute Stimmung eher zu einer oberflächlichen Analyse eines Sachverhalts führt.
Für den Erfolg der Kommunikation ist es entscheidend, ob der Inhalt der Botschaft akzeptiert oder zurückgewiesen wird. Weiterhin ist für die Langzeitwirkung der Kommunikation relevant, ob die Argumente und die Schlussfolgerungen daraus behalten oder schnell wieder vergessen werden.
4.4 Weitere Themenblöcke
Neben diesen grundlegenden Themenblöcken gibt es weitere, die für die Sozialpsychologie relevant sind.
4.4.1 Soziale Kognitionen
Soziale Kognitionen betonen subjektive Sichtweisen der sozialen Wirklichkeit, die mit der individuellen Informationsverarbeitung zusammenhängen (Fiske und Taylor 2017). Sie liegen der Eindrucksbildung zugrunde. Soziale Kognitionen sind vielfach durch Positions-Effekte gekennzeichnet, weil in der zeitlichen Abfolge frühe Eindrücke besonders prägend sind. Weiterhin fällt darunter die Ursachenzuschreibung (Attribution) und die Psychologie des Selbst, die mit sozialer Bewertung durch andere zusammenhängt.
4.4.2 Soziale Motive
Genauso umfassend ist der Themenblock der sozialen Motive, der aus der Motivationsforschung abgeleitet wird (Bowlby 1984). Die wichtigsten sozialen Motive sind: Streben nach Zugehörigkeit (affiliation), interpersonale Attraktion, soziale Bindung, Aggression, prosoziales Verhalten sowie Streben nach Fairness und Gerechtigkeit.
4.4.3 Soziale Gruppe und soziale Interaktion
Die soziale Dimension des Verhaltens wird besonders durch die Themenblöcke soziale Gruppe und soziale Interaktion zum Ausdruck gebracht (Stangor 2016).
Soziale Gruppen sind sehr vielfältig und umfassen z.B. Arbeitsgruppen und Freizeitgruppen. Gruppen bilden Intergruppenbeziehungen. Diese generalisieren über einzelne Gruppenmitglieder und legen den Fokus auf die Identität der Gruppe. Gruppen können miteinander konkurrieren und tragen soziale Konflikte aus, wenn sie Interessengegensätze entwickeln.
Soziale Interaktion beinhaltet die Prozesse der sozialen Abstimmung unter Menschen, die sich begegnen. Das kann sowohl die Feinabstimmung sein, wie sie für das reibungslose Abwechseln unter den Akteur:innen und Akteuren erforderlich ist, als auch allgemein die Kommunikation, die sprachlich gesteuert wird, aber auch nonverbal stattfindet. Soziale Interaktion betrifft Prozesse der sozialen Einflussnahme. Sie hängt im problematischen Sinn mit der Entstehung sozialer Abhängigkeit zusammen sowie im positiven Sinn mit der Überwindung sozialer Dilemmata.
4.4.4 Anwendung
Die Anwendung der Sozialpsychologie beinhaltet z.B. die Überwindung von Interessengegensätzen zwischen Gruppen. Bekannte Beispiele sind die Ferienlager-Experimente, bei denen gezeigt wurde, dass sich Feindseligkeit zwischen Gruppen durch Konkurrenz aufbauen und durch die Teilnahme aller Gruppenmitglieder an gemeinsamen Projekten wieder abbauen lässt.
Die Theorie des realistischen Gruppenkonflikts von Muzafer Sherif (1966) basiert auf der Hypothese, dass soziale Konflikte zwischen Gruppen durch den Wettbewerb um knappe Ressourcen entstehen. Zur Prüfung dieser Hypothese wurden Feldexperimente in einem Sommer-Ferienlager durchgeführt. Die Teilnehmenden wurden willkürlich in zwei Gruppen aufgeteilt, die untereinander Wettbewerbe austrugen, bei denen nur eine Gruppe gewinnen konnte. Die Durchführung dieser Wettbewerbe erzeugte Feindseligkeit zwischen den Gruppen und Gruppensolidarität innerhalb der Gruppen.
Von besonderer Bedeutung ist die Fortsetzung des Experiments, die dem Ziel diente, den Gruppenkonflikt abzubauen. Dazu wurden übergeordnete Ziele für die verfeindeten Gruppen geschaffen. Es ging z.B. um die Reparatur einer gemeinsamen Leitung, die beide Gruppen mit Wasser versorgte. Die Reparatur war nur gemeinsam zu schaffen. Durch die Kooperation über die Gruppengrenze hinweg wurde die Gruppenfeindseligkeit abgebaut. In der Anwendung dieser Forschung kann es um die Beilegung von Konflikten gehen, die zwischen sozialen Gruppen bestehen
5 Themen der Sozialpsychologie
Während die Themenblöcke eine allgemeine Orientierung liefern, verweisen die einzelnen Themen der Sozialpsychologie auf konkrete Phänomene, die im Mittelpunkt der sozialpsychologischen Forschung stehen. Die wichtigsten Themen der Sozialpsychologie sind in Tabelle 1 zusammengefasst. Sie können jeweils einem Themenblock zugeordnet werden, der einen speziellen Inhalt betont. Die Tabelle erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vielmehr wurden Themen berücksichtigt, die in der Sozialpsychologie häufig diskutiert werden und die in empirischen Untersuchungen enthalten sind.
Thema | Themenblock |
---|---|
aggressives Verhalten | Soziale Motive |
Anwendung der Sozialpsychologie zur Lösung sozialer Probleme | Anwendung |
Attribution | Soziale Kognition |
Autoritätsgehorsam | Soziale Interaktion |
Auflösung von Beziehungen | Soziale Motive |
Bestätigung vorgefasster Meinungen | Soziale Kognition |
Einsamkeit | Soziale Motive |
Einstellungsänderung | Einstellung |
Einstellung und Verhalten | Einstellung |
Enge Beziehungen | Soziale Motive |
Fairness und Gerechtigkeit | Soziale Motive |
Führung | Soziale Gruppe |
Gruppenleistung | Soziale Gruppe |
Intergruppenbeziehung | Soziale Gruppe |
interpersonelle Attraktion | Soziale Motive |
Konfliktmanagement | Soziale Interaktion |
Konformität mit Normen | Soziale Interaktion |
Konsistenz und Dissonanz | Einstellung |
Liebe und Partnerschaft | Soziale Motive |
Medieneinfluss auf Kommunikation | Soziale Interaktion |
Mortalitätssalienz | Soziale Motive |
Minderheiteneinfluss | Soziale Gruppe |
Konformität vs. Wettbewerb | Soziale Interaktion |
periphere und zentrale Verarbeitung sozialer Information | Einstellung |
physische Attraktivität | Soziale Motive |
Positions-Effekt | Soziale Kognition |
prosoziales Verhalten | Soziale Motive |
Psychologie des Selbst einschließlich Selbstwert | Soziale Kognition |
Reduktion von Stigmatisierung und sozialer Diskriminierung | Soziale Kognition |
selbsterfüllende Prophezeiung | Soziale Kognition |
sozialer Vergleich | Grundlage |
soziales Dilemma | Soziale Interaktion |
selektive Informationsaufnahme | Soziale Kognition |
soziale Leistungsaktivierung (social facilitation) | Soziale Interaktion |
soziale Bindung | Soziale Motive |
soziale Rolle | Soziale Gruppe |
sozialer Einfluss | Soziale Interaktion |
soziale Norm | Soziale Gruppe |
Stereotyp | Einstellung |
überlegtes vs. geplantes Handeln | Einstellung |
Vorurteil | Einstellung |
soziale Identität | Soziale Gruppe |
zentrale/​periphere Einstellungsänderung | Einstellung |
Zugehörigkeit (affiliation) | Soziale Motive |
6 Anwendung
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass sich die Anwendung von sozialpsychologischem Wissen vor allem auf die Bewältigung sozialer Probleme, die Lösung interpersoneller Konflikte und die Anpassung an neue Herausforderungen erstreckt. Letzteres bezieht sich z.B. auf die Verwendung von Internet und sozialen Medien. Dabei erweist sich Wissen über soziale Vergleiche, Einstellungen, soziale Interaktionen und soziale Gruppen als besonders nützlich. Weitergehende Informationen finden sich in der „Enzyklopädie der Psychologie“ (Bierhoff und Frey 2016a, 2016b, 2017).
7 Quellenangaben
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Allport, Gordon W., 1968. The historical background of modern social psychology. In: Gardner Lindzey und Elliot Aronson, Hrsg. The handbook of social psychology. 2. Auflage. Reading, MA: Addison-Wesley Pub. Co., S. 1–80
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Bierhoff, Hans-Werner und Dieter Frey, Hrsg., 2016a. Selbst und soziale Kognition. Göttingen: Hogrefe. ISBN 978-3-8017-0563-3
Bierhoff, Hans-Werner und Dieter Frey, Hrsg., 2016b. Soziale Motive und soziale Einstellungen. Göttingen: Hogrefe. ISBN 978-3-8017-0564-0
Bierhoff, Hans-Werner und Dieter Frey, Hrsg., 2017. Kommunikation, Interaktion und soziale Gruppenprozesse. Göttingen: Hogrefe. ISBN 978-3-8017-0565-7
Bierhoff, Hans-Werner und Franz Petermann, 2014. Forschungsmethoden der Psychologie. Stuttgart: Kohlhammer. ISBN 978-3-8017-2183-1
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Verfasst von
Prof. Dr. Hans-Werner Bierhoff
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Bierhoff, Hans-Werner,
2024.
Sozialpsychologie [online]. socialnet Lexikon.
Bonn: socialnet, 22.11.2024 [Zugriff am: 19.02.2025].
Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/993
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