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Strategisches Management

Prof. Dr. Harald Christa

veröffentlicht am 16.03.2018

Das strategische Management ist eine betriebswirtschaftliche Disziplin, die sich auf Fragen der grundsätzlichen Richtung der Unternehmensentwicklung konzentriert und die Identifizierung, den Aufbau sowie die Sicherung von langfristigen Erfolgspotenzialen zum Ziel hat.

Überblick

  1. 1 Geschichte und Bedeutung im Sozialunternehmen
  2. 2 Verortung des strategischen Managements im Unternehmen
  3. 3 Strategisches Management als Prozess
  4. 4 Instrumente
  5. 5 Strategische Konzepte
  6. 6 Ziele
  7. 7 Quellenangaben
  8. 8 Literaturhinweise

1 Geschichte und Bedeutung im Sozialunternehmen

Erste Veröffentlichungen zum strategischem Management in betriebswirtschaftlichen Zusammenhängen sind in den 1960er und 1970er Jahren in den USA entstanden, namentlich werden Alfred Chandler, Igor Ansoff und Kenneth Andrews immer wieder als theoretische Pioniere genannt (bspw. Müller-Stewens und Lechner 2016). Einer der führenden Vertreter der Strategieforschung ist gegenwärtig der Kanadier Henry Mintzberg. Seit den 1990er Jahren ist das strategische Management innerhalb der Betriebswirtschaftslehre ein akademisch fest etablierter Bereich. Auch große Unternehmensberatungen wie die Boston Consulting Group oder McKinsey weisen entsprechende Sektionen auf. Führende deutschsprachige Lehrbücher haben Harald Hungenberg, Martin K. Welge und Andreas Al-Laham sowie Franz Xaver Bea und Jürgen Haas veröffentlicht.

Eine kritische Diskussion über den Nutzen des strategischen Managements wird insbesondere im Hinblick auf die Frage geführt, inwieweit es Unternehmen einerseits gelingt, mit begrenzter Rationalität bzw. Subjektivität bei Entscheidungen umzugehen, sowie andererseits den Umstand konstruktiv zu berücksichtigen, lediglich über eine selektive bzw. unvollständige Menge, der für eine rationale Entscheidung notwendigen Informationen verfügen zu können (Welge und Al-Laham 2012).

Das strategische Management ist in manchen Feldern der Sozialwirtschaft noch nicht sehr ausgeprägt, auch die Rezeption in der sozialwirtschaftlichen Literatur erfolgt noch zögerlich. Neben kulturellen Gründen sind vor allem die Schwierigkeiten einer langfristigen Orientierung sozialwirtschaftlicher Unternehmen in immer noch stark von politischen Vorgaben geprägten Sozialmärkten zu nennen. Andererseits stehen Pflege und Gesundheitswirtschaft unter einem mittlerweile erheblichen Profilierungs- und Konkurrenzdruck, sodass Fragen der Analyse und Strategiefindung sowie der Implementierung und Steuerung zumindest dort künftig noch weiter in den Vordergrund rücken werden.

2 Verortung des strategischen Managements im Unternehmen

Die institutionelle Zuständigkeit für das strategische Management im Managementgefüge eines Unternehmens wird in der Literatur üblicherweise wie folgt festgelegt (bspw. Steinmann, Schreyögg und Koch 2013):

Tabelle 1: Managementebenen und Aufgaben
Managementebene Aufgaben
Normatives Management Entwicklung der Visionen und Festlegen der Werthaltungen des Unternehmens und seiner Führungspersonen
Strategisches Management Bestimmen der Ziele des Unternehmens und der Maßnahmen zur mittel- bis langfristigen Realisierung
Operatives Management Organisation und Steuerung der laufenden Aktivitäten des Unternehmens

Während die obere Managementebene für die Visionen und Werthaltungen verantwortlich ist, konzentriert sich das mittlere Management auf strategische Elemente, insbesondere die Ziele sowie die damit korrespondierenden mittel- bis langfristig angelegten Umsetzungsfragen. Das untere (operative) Management ist zuständig für die tendenziell kurzfristigen Aufgaben der Organisation und Steuerung im Unternehmen.

Das strategische Management sozialer Organisationen kann sich ebenso auf die verbandliche Ebene beziehen wie auf die von Trägern, Einrichtungen und Geschäfts- bzw. Leistungsfelder (wie z.B. ambulante Pflege). Die Verantwortung für das strategische Management ist im sozialwirtschaftlichen Bereich in der Geschäftsführung, ggf. auch Bereichs- oder Einrichtungsleitung, zu verorten.

3 Strategisches Management als Prozess

Die wesentlichen Elemente und idealtypischen Schrittfolgen werden in der einschlägigen Literatur als Prozess des strategischen Managements folgendermaßen beschrieben:

Abbildung: Strategisches Managements als Prozess
Abbildung 1: Strategisches Managements als Prozess (eigene Darstellung, vgl. auch Steinmann, Schreyögg und Koch 2013)

Auf Grundlage der Beobachtung, Prognose und Bewertung der Umweltsituation (Chancen und Risiken) und der Unternehmensanalyse (interne Stärken bzw. Möglichkeiten und Schwächen bzw. Grenzen) werden Strategieoptionen entwickelt, welche in eine strategische Wahl münden. Die Vorbereitung der Umsetzung erfolgt durch strategische Programme. Die anschließende Realisation (Strategie-Implementierung) wird von einer laufenden strategischen Kontrolle begleitet.

4 Instrumente

Dem strategischen Management steht eine Reihe von Instrumenten zur Verfügung.

Unterschieden werden kann dabei in eine strategische Ebene sowie eine Ebene der Planung, Umsetzung und Kontrolle (Steuerung).

Tabelle 2: Instrumente des strategischen Managements
Instrumentale Ebene Instrumente
Strategische Analyse Umfeldanalyse, SWOT-Analyse, Portfolioanalyse, Stakeholderanalyse, Benchmarking
Strategische Planung, Umsetzung und Kontrolle (Steuerung) Balanced Scorecard

Auf der Ebene der strategischen Analyse sind für soziale Verbände, Einrichtungen und Träger neben der Umfeld-, der SWOT- und der Portfolioanalyse vor allem die Stakeholderanalyse und das Benchmarking von Bedeutung. Im Bereich der strategischen Planung, Umsetzung und Kontrolle ist das Instrument der Balanced Scorecard hervorzuheben, welches in den vergangenen zwanzig Jahren eine wachsende Anwendung insbesondere in größeren Trägern erfahren hat.

Beispiele

  • Umfeldanalyse: Ein Träger der Behindertenhilfe stellt fest, dass ein zunehmender Bedarf an Wohnformen mit höherem Selbstständigkeitsgrad entsteht und richtet seine Angebotsstrategie darauf ein.
  • SWOT-Analyse: Eine Kita ermittelt im Rahmen einer Befragung, dass ein hoher Anteil der Eltern mehr musische Elemente im pädagogischen Konzept wünschen. Da dies von den Mitarbeitenden aber nicht geleistet werden kann, stellt die Einrichtung ihre Fortbildungsstrategie darauf ein und ist bestrebt, vor allem solche ErzieherInnen zu akquirieren, die eine entsprechende Kompetenz bereits aufweisen.
  • Portfolioanalyse: Ein Sozialunternehmen der Jugendhilfe mit starkem Schwerpunkt auf offener Arbeit muss davon ausgehen, dass mittelfristig die Bereitschaft der Kommune zur Förderung solcher Maßnahmen weiter sinken wird. Der Träger entwickelt daher eine ausgewogenere Portfolio-Strategie und entwickelt sukzessive mehr Angebote im Bereich der Hilfen zur Erziehung.
  • Benchmarking: Ein Träger der sozialen Arbeit stellt im Benchmarking fest, dass seine Verwaltungsausgaben vergleichsweise sehr hoch sind. Daraufhin entwickelt er eine dezidierte Kostensenkungsstrategie in diesem Sektor der Kostenarten.
  • Stakeholderanalyse: Im Rahmen einer Zufriedenheitsanalyse stellt eine Kita fest, dass die Kommune unzufrieden ist mit dem Umstand, dass die Einrichtung an bislang keinem Modellprojekt teilgenommen hat. Der Träger ermutigt die Kitaleitung (auch mit personeller Unterstützung) zu einem Engagement in einem Projekt zur Sozialraumöffnung von Kindertagesstätten.
  • Balanced Scorecard: Im Rahmen der Strategie „Optimale Kundenbeziehungen“ haben die Erziehungshilfen eines Trägers der Jugendhilfe folgende Ziele vereinbart: die Kapazitätsauslastung im Jahr xx liegt bei 94 Prozent, die Zufriedenheit der Kostenträge ist bis dahin von 2,7 auf 1,6 gestiegen, die Hilfeplanziele wurden bis dahin zu 86 Prozent erreicht, die Fort- und Weiterbildung konzentriert sich vorwiegend auf pädagogische Maßnahmen zur Realisierung der Hilfeplanziele.

5 Strategische Konzepte

In der Betriebswirtschaftslehre werden verschiedene strategische Konzepte diskutiert, die auch für sozialwirtschaftliche Organisationen von Relevanz sein können bzw. sind:

Tabelle 3: Strategische Konzepte und deren Fokus
Strategische Konzepte Schwerpunkte
Ressourcenökonomische Ansätze Stärken und Ressourcen der Organisation
Industrieökonomische Ansätze Balanced Scorecard
Wertorientierte Ansätze Interessengruppen bzw. Stakeholder
Systemorientierte Ansätze Herstellung und Aufrechterhaltung von Handlungsfähigkeiten in der Organisation

Neben den ressourcenökonomischen Konzepten, welche sich auf die Stärken und Ressourcen der Organisation konzentrieren, sind die industrieökonomischen Ansätze zu nennen, welche die Bedarfe und Bedürfnisse der Kunden in den Mittelpunkt ihrer Strategie stellen und damit dem Charakter der Bedarfsdeckung sozialer Organisationen entsprechen. Auch die Überlegungen der wertorientierten Ansätze können von sozialwirtschaftlichen Unternehmen in das strategische Management einbezogen werden, da diese Ansätze die Interessengruppen bzw. Stakeholder fokussieren. Systemorientierte Konzepte schließlich sind an der Herstellung und Aufrechterhaltung von Handlungsfähigkeiten in der Organisation ausgerichtet und können vom strategischen Management sozialwirtschaftlicher Unternehmen als legitimes Anliegen ebenfalls herangezogen werden.

6 Ziele

Der Erfolg des strategischen Managements kann lediglich auf der Basis von präzise formulierten Zielstellungen angestrebt und gemessen werden. Entsprechende Ziele können vom sozialwirtschaftlichen Unternehmen im Bereich des Ertrags ebenso wie in Markt- oder Leistungskategorien formuliert und in Hinblick auf ihre Erreichung überprüft werden.

Tabelle 4: Beispiele für Zielbereiche und Ziele
Bereich Beispiele
Ertrag Auslastungszahlen, Absatzzahlen, Überschüsse
Markt Marktanteil, neue NutzerInnen
Leistung Qualität, Kosten, Social Return On Investment

Zu beachten ist, dass alle wesentlichen Zielgrößen zu quantifizieren bzw. zu operationalisieren sind, um eine Steuerung zu gewährleisten. Eine kontinuierliche Messung bzw. Überprüfung der Leistungserreichung ist ebenso notwendig wie die Anknüpfung der Strategie an weitere betriebswirtschaftliche Funktionen wie bspw. an das operative Führen mit Zielen.

7 Quellenangaben

Müller-Stewens, Günther und Christoph Lechner, Christoph, 2016. Strategisches Management. Wie strategische Initiativen zum Wandel führen. 5. überarbeitete Auflage. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag. ISBN 978-3-7910-3439-3 [Rezension bei socialnet]

Welge, Martin K. und Andreas Al-Laham, 2012. Strategisches Management. Grundlagen – Prozess – Implementierung. 6. aktualisierte Auflage. Wiesbaden: Gabler Verlag. ISBN 978-3-8349-2476-6

Steinmann, Horst, Georg Schreyögg und Jochen Koch, 2013. Management. Grundlagen der Unternehmensführung. 7. vollst. überarb. Auflage. Wiesbaden: Gabler Verlag. ISBN 978-3-8349-2213-7

8 Literaturhinweise

Buchholz, Liane, 2013. Strategisches Controlling. Grundlagen – Instrumente – Konzepte. 2. Auflage. Wiesbaden: Gabler Verlag. ISBN 978-3-8349-4006-3
Guter systematischer Überblick über alle wichtigen Instrumente des strategischen Controllings

Christa, Harald, 2013. Strategisches Controlling. In: Uwe Bettig, Harald Christa, Wolfgang Faust und andere. Betriebswirtschaftliche Grundlagen in der Sozialwirtschaft. Baden-Baden: UTB, S. 231-247. ISBN 978-3-8252-3569-7 [Rezension bei socialnet]
Strategisches Management und strategische Steuerung für soziale Träger und Einrichtungen, auch anhand von Beispielen verdeutlicht

Kortendiek, Georg, 2017. Strategisches Management im sozialen Bereich. Analyseinstrumente, Strategien, Planungshilfen. 2. Auflage. Regensburg; Walhalla. ISBN 978-3802954733
Darstellungen der Techniken und Methoden strategischen Managements, die anhand von Beispielen aus dem sozialen Bereich verdeutlicht werden

Müller-Stewens, Günther und Christoph Lechner, Christoph, 2016. Strategisches Management. Wie strategische Initiativen zum Wandel führen. 5. überarbeitete Auflage. Stuttgart: Schäffer-Poeschel Verlag. ISBN 978-3-7910-3439-3 [Rezension bei socialnet]
Umfassende Darstellung des Strategischen Managements, es wird dabei auch Gewicht auf die Fragen der Umsetzung von Strategien gelegt.

Steinmann, Horst, Georg Schreyögg und Jochen Koch, 2013. Management. Grundlagen der Unternehmensführung. 7. vollst. überarb. Auflage. Wiesbaden: Gabler Verlag. ISBN 978-3-8349-2213-7
Standardwerk mit einem umfassenden und gut verständlichen Überblick u.a. zum strategischen Management

Welge, Martin K. und Andreas Al-Laham, 2012. Strategisches Management. Grundlagen – Prozess – Implementierung. 6. aktualisierte Auflage. Wiesbaden: Gabler Verlag. ISBN 978-3-8349-2476-6
Renommiertes Lehrbuch mit gut verständlicher Einführung in das gesamte Spektrum des strategischen Managements

Verfasst von
Prof. Dr. Harald Christa
Professor für Sozialmanagement an der Evangelischen Hochschule Dresden mit Schwerpunkt Sozio-Marketing, Strategisches Management, Qualitätsmanagement/ fachliches Controlling.
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Es gibt 10 Lexikonartikel von Harald Christa.

Zitiervorschlag
Christa, Harald, 2018. Strategisches Management [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 16.03.2018 [Zugriff am: 09.09.2024]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/1038

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