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Suizidalität

Prof. Dr. phil. Norbert Erlemeier, Prof. Dr. med. Hans Wedler

veröffentlicht am 27.10.2017

Synonyme: Suizidgefährdung; Selbstmordgefährdung; Lebensmüdigkeit

Etymologie: lat. sui sich, caedere töten

Englisch: suicidality

Medizinischer Disclaimer: Herausgeberin und Autor:innen haften nicht für die Richtigkeit der Angaben. Beiträge zu Gesundheitsthemen ersetzen keine ärztliche Beratung und richten sich nur an Fachleute.

Suizidalität umfasst alle Formen suizidalen Denkens und Handelns. Suizidalität wird als multifaktorielles Geschehen gesehen, von dem grundsätzlich alle Menschen betroffen sein können. Sie tritt meistens im Gefolge schwerer psychosozialer Krisen, tiefgreifender Verlusterfahrungen und im Umkreis von psychischen Erkrankungen auf.

Suizidalität meint im Kern „das Potential aller seelischen Kräfte und Funktionen, das auf Selbstvernichtung tendiert“ (Haenel und Pöldinger 1986, S. 107). Suizidalität umfasst alle Formen suizidalen Denkens und Handelns und beschränkt sich nicht auf den hierdurch herbeigeführten Tod (Suizid). Umfassender definiert Wolfersdorf: „Suizidalität ist die Summe aller Denk- und Verhaltensweisen von Menschen oder Gruppen von Menschen, die in Gedanken, durch aktives Handeln oder passives Unterlassen den eigenen Tod anstreben bzw. als möglichen Ausgang einer Handlung in Kauf nehmen“ (Wolfersdorf 2008, S. 16).

Suizidalität kann auch als Geschehen verstanden werden, das in verschiedenen Formen und Schweregraden ein Kontinuum durchläuft (Wolfersdorf und Etzersdorfer 2011):

  • Wunsch nach Ruhe und Freisein von allem,
  • daraus folgend Todeswünsche,
  • Suizidgedanken können sich einstellen,
  • Suizidabsichten konkretisieren sich und schließlich werden Suizidhandlungen geplant und ausgeführt.

Diese Phasen sind nur in wenigen Fällen Ausdruck von Freiheit und Selbstbestimmung, sondern meistens als Ausweg, als letzter Schritt aus Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit im Angesicht unerträglichen seelischen oder körperlichen Leidens zu begreifen. Man kann andererseits Suizidintentionen und Suizidhandlungen auch als – oft verzweifelt anmutende – Kommunikationsversuche verstehen, wenn die sprachliche Kommunikation in einem zwischenmenschlichen Konflikt versagt (Späte und Otto 2015).

Suizidintentionen und Suizidhandlungen können sich mithin von der Suizididee über Suizidabsichten zu manifesten Suizidhandlungen verschärfen. Suizidhandlungen mit tödlichem Ausgang sind Suizide im Unterschied zu nicht tödlichen Suizidversuchen.

Suizidalität lässt sich durch Kenntnis von Risiko- und Schutzfaktoren, durch Berücksichtigung unterschiedliche Theorieansätze sowie durch Ansätze der Suizidprävention beeinflussen.

Quellenangaben

Haenel, Thomas und Walter Pöldinger, 1986. Erkennung und Beurteilung der Suizidalität. In: Karl Peter Kisker, Hrsg.: Psychiatrie der Gegenwart, Bd. 2. Krisenintervention, Suizid, Konsiliarpsychiatrie. Berlin: Springer. S. 107–132. ISBN 978-0-387-16359-8

Späte, Helmut F. und Klaus-Rüdiger Otto, 2015. Leben nehmen. Verführung zum Leben – Gedanken zur Suizidverhütung. Leipzig: Ille & Riemer. ISBN 978-3-95420-008-5

Wolfersdorf, Manfred, 2008. Suizidalität: Begriffsbestimmungen, Formen und Diagnostik. In: Manfred Wolfersdorf, Thomas Bronisch und Hans Wedler, Hrsg. Suizidalität: Verstehen – Vorbeugen – Behandeln. Regensburg: Roderer, S. 11–43. ISBN 978-3-89783-631-0

Wolfersdorf, Manfred und Elmar Etzersdorfer, 2011. Suizid und Suizidprävention. Stuttgart: Kohlhammer. ISBN 978-3-17-020408-9

Verfasst von
Prof. Dr. phil. Norbert Erlemeier
Ehem. Mitglied und Sprecher der AG Alte Menschen im Nationalen Suizidpräventionsprogramm für Deutschland
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Prof. Dr. med. Hans Wedler
Ehem. Ärztlicher Direktor Medizinische Klinik 2 - Klinik für Internistische Psychosomatik
Bürgerhospital Stuttgart
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Es gibt 3 Lexikonartikel von Norbert Erlemeier.
Es gibt 4 Lexikonartikel von Hans Wedler.

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