Triangulation
Dr. Anna Brake
veröffentlicht am 28.04.2025
Der Begriff der Triangulation bezeichnet die Idee, bei der empirischen Erforschung sozialer Phänomene unterschiedliche Perspektiven zu berücksichtigen, indem bei der Erhebung von Daten verschiedene Methoden eingesetzt werden. Darüber hinaus werden aber auch andere Möglichkeiten der Triangulation diskutiert.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Triangulation nach Norman Denzin
- 3 Kritik und Debatte um Triangulation
- 4 Begriffliche Abgrenzung zwischen Triangulation und Mixed-Methods-Forschung
- 5 Begründungslinien für den Einsatz triangulierender Zugänge
- 6 Grundlegende Designs methoden-triangulierender Zugänge
- 7 Herausforderungen triangulierender Forschung
- 8 Quellenangaben
1 Zusammenfassung
Das Konzept der Triangulation geht wesentlich auf den Soziologen Norman K. Denzin zurück, der darunter ursprünglich die Kombination verschiedener Datenerhebungsmethoden, Datenquellen, theoretischer Perspektiven und beteiligter Forschender innerhalb einer Untersuchung verstand, die sich mit dem Ziel verbindet, eine höhere Validität der Forschungsbefunde zu gewährleisten. Vor dem Hintergrund der Kritik an Denzins Validierungsmodell entwickelte sich ein erweitertes Verständnis von Triangulation, das stärker die Chance auf einen tiefergehenden, facettenreicheren Zugriff auf den Untersuchungsgegenstand betont.
Für eine spezifische Form der Triangulation, bei der qualitative und quantitative Methoden kombiniert werden, hat sich der Begriff der Mixed-Methods-Forschung etabliert, der häufig synonym zum Begriff Triangulation verwendet wird, aber etwas Unterschiedliches bezeichnet. Insgesamt können triangulierend angelegte Untersuchungen sehr unterschiedliche Formen annehmen, was darauf zurückzuführen ist, dass jeweils sowohl unterschiedliche Begründungslinien als auch unterschiedliche Untersuchungsdesigns im Feld triangulierender Forschung anzutreffen sind.
2 Triangulation nach Norman Denzin
Obwohl der aus der Landvermessung stammende Begriff der Triangulation schon zuvor in zwei verschiedenen Arbeiten (Campbell und Fiske 1959; Webb et al. 1966) Einzug in die Methodenliteratur gehalten hatte, war es das Verdienst von Norman Denzin, dieses Konzept in seinem Buch „The Research Act“ aus dem Jahr 1970 erstmalig systematisch auszuarbeiten. Er definierte Triangulation als „the combination of methodologies in the study of the same phenomena“ (Denzin 1970, S. 297) und unterschied vier verschiedene Formen der Triangulation.
- Methoden-Triangulation
Hier werden verschiedene Methoden und Techniken der Datenerhebung miteinander kombiniert. Unterschieden werden dabei zum einen eine Triangulation across-method, bei der unterschiedliche Methoden für die Datenerhebung genutzt werden. Die wohl am stärksten verbreitete Form einer solchen across-method-Triangulation besteht in der Kombination von mündlichen Befragungen in Form von qualitativen Interviews und standardisierten schriftlichen Befragungen in Form von Fragebogen-Untersuchungen. Zum anderen unterscheidet Denzin within-methods-Triangulationen, bei welchen verschiedene Techniken einer Methode gemeinsam zum Einsatz kommen. Damit ist gemeint, dass zwar eine Methode eingesetzt wird, allerdings mit dieser in verschiedenen Varianten gearbeitet wird: So könnten zum Beispiel qualitative Interviews teilweise klassisch mit sprachlichen Erzählaufforderungen durchgeführt werden sowie teilweise mit visuellen Erzählaufforderungen (z.B. Fotografien). - Daten-Triangulation
In Untersuchungen mit Daten-triangulierenden Zugängen werden für die Analyse unterschiedliche Datenquellen herangezogen. Die Unterschiedlichkeit kann dabei aus verschiedenen Quellen stammen: Daten können - zu verschiedenen Zeitpunkten (in längsschnittlichen Designs)
- an verschiedenen Orten (z.B. bei regional vergleichenden Studien)
- oder bei verschiedenen Beteiligtengruppen erhoben werden (z.B. im Rahmen einer parallelen Befragung von Lehrkräften, ihren Schülern und Schülerinnen und deren Eltern).
- Forschenden-Triangulation
Bei dieser Art der Triangulation ergibt sich die Multiperspektivität daraus, dass verschiedene Forschende in einem Untersuchungsteam zusammenarbeiten und ihre jeweiligen differenten Perspektiven in den Forschungsprozess einbringen. So könnten im Rahmen einer Beobachtungsstudie - zeitgleich unterschiedliche Beobachtende zum Einsatz kommen oder
- das erhobene Datenmaterial wird von verschiedenen Forschenden unabhängig voneinander ausgewertet.
- Theorie-Triangulation
Im Zuge einer solchen theoretischen Triangulation werden Datenerhebung und Datenanalyse gezielt entlang unterschiedlicher theoretischer Modellierungen organisiert. Deren jeweilige Blickwinkel und Scharfstellungen werden dabei systematisch in einen Gesamtanalyserahmen für die Untersuchung integriert.
Die Methoden-Triangulation stellt die mit Abstand am häufigsten praktizierte und in der Methodenliteratur diskutierte Variante von Triangulation dar. Wie deutlich geworden ist, bezieht sich das Konzept der Triangulation jedoch keineswegs nur auf die Kombination unterschiedlicher Datenerhebungsmethoden. Entsprechend definiert auch Flick – sich stark auf Denzin beziehend – Triangulation als
„die Einnahme unterschiedlicher Perspektiven auf einen untersuchten Gegenstand oder allgemeiner: bei der Beantwortung von Forschungsfragen“ (Flick 2011, S. 10).
Dabei sind die verschiedenen Varianten der Triangulation nicht vollständig unabhängig voneinander zu denken oder nur jeweils exklusiv in Untersuchungen zum Einsatz zu bringen. Flick et al. (2012, S. 102) weisen darauf hin, dass verschiedene triangulierende Zugänge im Rahmen einer Untersuchung kombiniert werden können, solange durch deren Einsatz tatsächlich substanziell unterschiedliche Perspektivierungen realisiert werden, die für die empirische Bearbeitung der Forschungsfragen nützlich sind.
3 Kritik und Debatte um Triangulation
Mit seinem ursprünglichen Verständnis von Triangulation verband Denzin die Strategie, durch die Kombination unterschiedlicher Perspektivierungen insgesamt eine höhere empirische Belastbarkeit der Befunde zu erreichen. So war seine Vorstellung, dass mit dem Einsatz mehrerer Datenerhebungsmethoden deren jeweilige Schwächen und Grenzen sich wechselseitig kompensieren könnten, sodass auf diesem Wege insgesamt ein weniger (durch Methodenartefakte) verzerrtes Bild des Untersuchungsgegenstands erreicht werden könne. Da die von ihm entwickelten Vorschläge zur Triangulation insgesamt darauf zielten, die Konsistenz der Ergebnisse zu prüfen, d.h. deren Gültigkeit unabhängig von methodischen Zugängen und Forschenden aufzuzeigen, wird das von ihm ursprünglich vorgelegte Konzept von Triangulation als Validitätsmodell bezeichnet. An diesem Validitätsmodell entzündete sich heftige Kritik vor allem vonseiten qualitativer Forschender, wobei sich hier grundlegend unterschiedliche Kritiklinien unterscheiden lassen.
- Ein grundlegender Einwand bezog sich auf Denzins mangelnde Berücksichtigung der fundamental unterschiedlichen Wirklichkeits- bzw. Realitätsvorstellungen in der qualitativen und quantitativen empirischen Sozialforschung. Im Rahmen einer across-methods-Triangulation könnten nicht voraussetzungslos qualitative und quantitative Zugänge kombiniert werden, da die qualitative Forschung grundlegend davon ausgehe, dass soziale Wirklichkeit sozial konstruiert sei, wohingegen die quantitative Forschung auf der Grundannahme einer beobachterunabhängigen Realität basiere.
- Denzin definiert Triangulation als „the combination of methodologies in the study of the same phenomena“ (Denzin 1970, S. 297). Kritisch wurde hier diskutiert, dass eine solche Vorstellung zu wenig in Rechnung stelle, dass unterschiedliche methodische Zugänge ihren Untersuchungsgegenstand jeweils auf unterschiedliche Weise hervorbringen und es daher unsinnig sei, von der Untersuchung eines „same phenomena“ auszugehen.
- Ein weiterer Kritikpunkt zielte auf die erkennbar werdende Orientierung an einem aus der quantitativen Forschung stammenden Validitätskonzepts, wonach empirische Befunde dann als besonders zuverlässig gelten, wenn sie sich über verschiedene Quellen (d.h. Methoden, Beobachtende, Beteiligtengruppen, Orte usw.) kongruent zeigen. Moniert wurde hier, dass Befunde gerade dann (auch theoretisch) sehr weiterführend und interessant sein können, wenn Nicht-Übereinstimmungen erkennbar werden und so z.B. die Unterschiedlichkeit der Perspektiven unterschiedlicher Beteiligtengruppen zutage tritt (Wilson 1982).
Diese Einwände veranlassten Denzin, sein ursprüngliches Validierungsmodell zu überdenken und seine Konzeption von Triangulation neu auszurichten, indem er sie nun als einen „attempt to secure an in-depth understanding of the phenomenon in question“ versteht und sie ausdrücklich nicht mehr als Strategie der Validitätsabsicherung verkürzt sehen möchte (Denzin 2012, S. 82).
Diese Neuformulierung des Triangulationskonzeptes, die auf die Zielperspektive einer tiefergehenden, facettenreicheren Rekonstruktion des Untersuchungsgegenstands abstellt, trifft auf breit geteilten Konsens und wird in der Methodenliteratur als Komplementaritätsmodell der Triangulation bezeichnet. Nicht länger die Erhöhung der Validität der Befunde oder die Vermeidung von systematischen Verzerrungen stellen die zentrale Begründung für den Einsatz triangulierender Zugänge dar, sondern das Ziel, über die beschriebenen Formen der Perspektivierung insgesamt zu einem umfassenderen, tieferen und komplexeren Verständnis des untersuchten Phänomens zu gelangen.
4 Begriffliche Abgrenzung zwischen Triangulation und Mixed-Methods-Forschung
Im Zuge der Weiterentwicklung multimethodischen Forschens hat seit Ende der 1990er-Jahre neben Triangulation ein anderer Begriff in der sozialwissenschaftlichen Methodenliteratur sehr stark an Bedeutung gewonnen, die sog. Mixed-Methods-Forschung (Kelle 2022). Mit diesem Begriff verbindet sich das strategische Ziel, neben einerseits quantitativer und andererseits qualitativer Forschung ein drittes Forschungsparadigma zu etablieren. Der Begriff Mixed-Methods-Forschung wird häufig als Synonym für Triangulation verwendet, da zwischen beiden deutliche konzeptionelle Überlappungen bestehen. Diese haben zu einiger Begriffsverwirrung und zu Missverständnissen geführt, sodass zum Teil sogar gefordert wurde, den Begriff der Triangulation aufzugeben (Fetters und Molina-Azorin 2017). Dennoch lassen sich Triangulation und Mixed-Methods-Forschung begrifflich-konzeptionell genauer in ihren wechselseitigen Bezügen bestimmen.
Unter Mixed-Methods-Forschung werden ausschließlich Formen methodenintegrativen Forschens gefasst, welche dezidiert eine Kombination qualitativer und quantitativer Methoden in einem Forschungsvorhaben realisieren (Baur, Kelle und Kuckartz 2017, S. 5).
Einer weithin geteilten Definition von Mixed-Methods-Forschung zufolge handelt es sich um Forschung,
„in which a researcher or team of researchers combine elements of qualitative and quantitative research approaches (e.g. use of qualitative and quantitative viewpoints, data collection, analysis, inference techniques) for the broad purpose of breadth and depth of understanding and corroboration“ (Johnson, Onwuegbuzie und Turner 2007, S. 123).
In dieser Weise abgegrenzte Mixed-Methods-Forschung kann also als eine spezifische Form einer across-method-Triangulation verstanden werden.
Gleichzeitig – und hier dürfte eine Quelle für die Begriffsverwirrung liegen – bleibt der Begriff der Triangulation innerhalb der Mixed-Methods-Methodenliteratur denjenigen Untersuchungen vorbehalten, die eine Kombination qualitativer und quantitativer Methoden gezielt mit der Intention einsetzen, auf diesem Wege eine höhere Validität der Befunde zu erreichen. So definiert auch Bryman (2008, S. 163) Triangulation als „the process of checking on the validity of a set of findings from one method by comparing it with findings from another method.” Innerhalb der Mixed-Methods-Methodenliteratur hat sich also das ursprüngliche Validitätsmodell Denzins erhalten.
Mit dem Ziel der Stärkung der Validität der Befunde ist jedoch nur eine Begründungslinie markiert, mit welcher multimethodisches Forschen legitimiert wird. Vor allem für die qualitativ-quantitativ across-methods-Triangulation, also für Mixed-Methods-Forschung, ist der Ertrag dieser Form der Triangulation systematisiert worden.
5 Begründungslinien für den Einsatz triangulierender Zugänge
Ein besonderes Potenzial für ein vertieftes Verständnis des Untersuchungsgegenstands durch den Einsatz triangulierender Zugänge wurde vor allem der Kombination von qualitativen und quantitativen Methoden innerhalb einer Untersuchung zugesprochen. Diese Variante der across-methods-Triangulation gehört daher auch zu den am stärksten angewandten Formen der Methodentriangulation.
Greene, Caracelli und Graham (1989) arbeiten auf der Basis einer systematischen Sichtung empirischer Evaluationsstudien fünf Argumentationslinien heraus, mit denen diese Variante der Methoden-Triangulation qualitativer und quantitativer Zugänge begründet wird:
- Triangulation
Mit der Kombination qualitativer und quantitativer Methoden ist das Ziel verbunden, eine Bestätigung und Validierung der Forschungsergebnisse zu erreichen. Wenn beide Methoden konvergierende Befunde hervorbringen, dann kann von einer höheren Glaubwürdigkeit und Gültigkeit der Forschungsresultate ausgegangen werden. - Komplementarität
Durch den Einsatz beider Methoden soll in der Analyse des Untersuchungsgegenstands Multiperspektivität erreicht und ein umfassenderes und tieferes Verständnis ermöglicht werden, indem durch die methodischen Zugänge der Untersuchungsgegenstand jeweils methodenspezifisch konstituiert werden kann. - Entwicklung
Hier zielt die Begründung darauf, dass die Auswertung der durch die zeitlich vorgelagerte Methode zutage geförderten Befunde dazu genutzt werden sollen, um den anderen nachfolgenden Untersuchungsstrang in seinem (methodischen) Zuschnitt und seiner Ausrichtung angemessener gestalten zu können (z.B. durch die Entwicklung eines geeigneten standardisierten Fragebogens auf der Basis einer qualitativen Vorstudie oder durch die Festlegung der Stichprobe der qualitativen Teilstudie auf der Grundlage der Ergebnisse einer vorangehenden quantitativen Untersuchung). - Initiation
Die Kombination qualitativer und quantitativer Zugänge zielt auf die Entdeckung neuer Perspektiven, indem die Befunde aus dem einen Zugang als Anregung bzw. Ausgangspunkt für die Entwicklung neuer Fragen an die Daten des anderen Zugangs genutzt werden sollen. (Vermeintlich) widersprüchliche Befunde können so durch gezielte wechselseitige Bezugnahme genauer erhellt werden. - Expansion
Im Gegensatz zur Komplementaritäts-Strategie erfolgt hier die Begründung nicht von den Methoden her, sondern über die zusätzlichen Dimensionen und Perspektiven des Untersuchungsgegenstandes, die durch das multimethodische Vorgehen gezielt adressiert werden sollen und die möglicherweise in der ausgearbeiteten Fragestellung einzeln benannt sind.
In einer späteren Arbeit hat Bryman (2008) – ebenfalls auf der Basis einer Analyse empirischer Arbeiten – diese Begründungslinien weiter ausdifferenziert und erweitert und so z.B. soziale Prozessanalysen als weiteren Anwendungsfall identifiziert, bei denen quantitative Methoden besonders gut das Ergebnis und qualitative Methoden den Prozess sozialer Veränderungen zu fassen vermögen.
6 Grundlegende Designs methoden-triangulierender Zugänge
Auch für die Frage der Forschungsdesigns sind entsprechende Modelle am deutlichsten für die Methoden-Triangulation qualitativer und quantitativer Zugänge ausgearbeitet worden. Dabei lassen sich diese wesentlich entlang dreier zentraler Dimensionen systematisieren:
- entlang der zeitlichen Reihenfolge des Einsatzes beider Teilstränge (Sequenzialität),
- entlang der Gewichtung des qualitativen und des quantitativen Strangs an der Gesamtuntersuchung und schließlich
- entlang des Grads an realisierter Integration der beiden Teilstränge.
Auf der Basis dieser Dimensionen lassen sich mit Creswell und Plano Clark (2018) idealtypisch vier grundlegende Forschungsdesigns (core designs) unterscheiden, aus denen alle elaborierteren Designs abgeleitet werden können:
- Erklärendes sequenzielles Design (explanatory sequential design)
In der deutschsprachigen Methodenliteratur wird dieses Design auch als Vertiefungsmodell bezeichnet (Döring und Bortz 2016, S. 28). Hier bildet die quantitative Studie mit ihren auf Breite und Generalisierbarkeit angelegten Daten den Ausgangspunkt und die im Anschluss durchgeführte qualitative Studie ist mit dem Ziel verbunden, die statistischen Befunde vertiefend lebensweltlich anzureichern, um so zu einem tiefergehenden Verständnis sozialer Zusammenhänge zu kommen. - Exploratives sequenzielles Design (exploratory sequential design)
Bei diesem Design steht die qualitative Studie am Anfang. Sie dient dazu, die nachfolgende quantitative Hauptstudie methodisch abzusichern, indem z.B. die Hypothesenbildung oder die Entwicklung des Erhebungsinstruments für die Hauptuntersuchung unterstützt wird. Für die Gewinnung der Befunde spielt die qualitative Studie keine direkte Rolle. Die deutschsprachige Methodenliteratur kennt dieses Design als Vorstudienmodell. - Konvergentes Design (convergent design)
Hier werden qualitative Daten nicht sequenziell erhoben, sondern in jeweils eigenständigen Teilstudien parallel, um dann im Anschluss bei der Auswertung die Befunde aufeinander zu beziehen und so zu einem erweiterten Verständnis des Untersuchungsgegenstands zu kommen. - Eingebettetes Design (embedded design)
Eingebettete Designs weisen den höchsten Grad an Integration auf, weil einer der beiden Stränge Teil des jeweils anderen Strangs ist. Die jeweils eingebettete Methode hat dabei sekundären Status und dient zur Unterstützung und Anreicherung der eigentlichen Hauptstudie. Sowohl der qualitative als auch der quantitative Strang können dabei die eingebettete Methode darstellen.
In der deutschsprachigen Methodenliteratur wird darüber hinaus noch ein weiteres Design unterschieden:
- Verallgemeinerungsmodell
Hier handelt es sich um ein sequenzielles Design, bei dem die auf der Basis einer eigenständigen qualitativen Teilstudie zuvor gewonnenen Befunde im Anschluss in einer quantitativen Teilstudie auf ihre Generalisierbarkeit geprüft werden. So könnte z.B. untersucht werden, ob sich auf der Basis von Interviews gewonnene Typen in einer repräsentativen Stichprobe wiederfinden und wie stark verbreitet sie dort anzutreffen sind (Mayring 2001). Das Verallgemeinerungsmodell grenzt sich vom Vorstudienmodell dadurch ab, dass beide Teilstränge mit gleichem Gewicht an der Gesamtstudie beteiligt sind.
7 Herausforderungen triangulierender Forschung
Triangulierende empirische Forschungsansätze bieten auf der einen Seite ein hohes Potenzial, um zu substanzielleren und facettenreicheren Einsichten hinsichtlich des Forschungsgegenstands zu kommen. Gleichzeitig birgt ein triangulierendes empirisches Arbeiten aber auch erhebliche Herausforderungen, welche den Forschenden in besonderer Weise abverlangen, ihre triangulierend angelegte Studie sorgfältig zu planen und zu begründen.
- Zeit- und Ressourcenaufwand: Triangulierende Forschungszugänge sind in der Regel mit einem deutlich höheren zeitlichen, finanziellen und personellen Forschungsaufwand verbunden, der alle Etappen des Forschungsprozesses umfasst, in besonderer Weise aber bei der Datenerhebung und der Datenauswertung zu Buche schlägt.
- Hohe Anforderungen an die Methodenkompetenz der Forschenden: Im Falle methoden-triangulierender Forschungsansätze sind vertiefte und breit aufgestellte Kenntnisse der (ggf. qualitativen und quantitativen) Methodologie und Methoden empirischer Forschung erforderlich. Darüber hinaus braucht es eine Haltung der Offenheit, sowohl das qualitative als auch das quantitative Forschungsparadigma als grundlegend legitime Forschungstraditionen anzuerkennen.
- Grenzen der Integrationsmöglichkeiten: Das Zusammenführen der unterschiedlichen Perspektiven in triangulierenden Forschungszugängen stellt die Forschenden vor hohe Komplexitätsanforderungen. Die Frage, wie forschungspraktisch tatsächlich eine echte Integration realisiert und so eine Befundlage gewonnen werden kann, die aus mehr besteht als der Summe ihrer Teile, muss als größte und bisher noch zu wenig bearbeitete Herausforderung triangulierender Forschung gesehen werden.
- Differente wissenschaftstheoretische Grundpositionen: Vor allem bei einer qualitativ-quantitativ across-methods-Triangulation bleibt Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage, wie die grundlegenden Disparitäten in den ontologischen und epistemologischen Prämissen des Erkenntnisprozesses vermittelt werden können. Der bloße (im Pragmatismus verankerte) Verweis darauf, dass diese Forschungsstrategie in der Praxis funktioniere und sich dort als nützlich und brauchbar erweise, greift ebenso zu kurz, wie ein technizistisch verkürzter Standpunkt, demzufolge Datenerhebungsmethoden und Studiendesigns und wissenschaftstheoretische Paradigmen als weitgehend unabhängig voneinander zu betrachten seien.
Abschließend kann das, was Knappertsbusch (2023) für multimethodisches und für Mixed-Methods-Forschung fordert, auch als ein spezifisches Gütekriterium triangulierender Zugänge insgesamt markiert werden: Die Notwendigkeit einer reflexiven Methodologie, welche die Spezifität und das Potenzial unterschiedlicher Zugänge sorgfältig auslotet und anerkennt und so den Vereinfachungen und Verkürzungen eines unvermittelten Pluralismus widersteht.
8 Quellenangaben
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Creswell, John W. und Vicki L. Clark, 2018. Designing and conducting mixed methods research. 3. Auflage. Los Angeles: Sage. ISBN 978-1-4833-4437-9
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Mayring, Philipp, 2001. Kombination und Integration qualitativer und quantitativer Analyse. In: Forum Qualitative Sozialforschung/​Forum Qualitative Social Research [online]. 2(1) [Zugriff am: 27.05.2024]. ISSN 1438-5627. doi:10.17169/​fqs-2.1.967
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Verfasst von
Dr. Anna Brake
Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Professur für Soziologie und empirische Sozialforschung der Universität Augsburg
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