Verschickungskinder
Prof. Dr. phil. habil. Nando Belardi
veröffentlicht am 17.04.2025
Als Verschickungskinder werden die über 10 Millionen Kinder, die nach Ende des Zweiten Weltkrieges bis in die 1980er-Jahre (angeblich) aus gesundheitlichen Gründen in eigens eingerichtete Kurheime entsendet wurden, bezeichnet.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Vorläufer und Anfänge
- 3 Diagnosen, Organisation und Transport
- 4 Ankunft und Tagesstruktur
- 5 Gewichtszunahme und Gewalterduldung als Kurerfolg
- 6 Strafen und Gewalt
- 7 Medikamentenversuche ohne Einwilligungen
- 8 Sexueller Missbrauch
- 9 Todesfälle
- 10 Zerstörung bisheriger Beziehungen
- 11 Einrichtungsträger
- 12 Personal
- 13 Ursachenerklärungen
- 14 Kontaktreduktion mit den Eltern
- 15 Zurück in der Familie
- 16 Beschwerden
- 17 Heutige Reaktion von Verantwortlichen
- 18 Verallgemeinerbarkeit der Aussagen
- 19 Stand der Forschung über frühe Kindheit damals
- 20 Kritische Stimmen schon damals
- 21 Ende der Kinderkurheime
- 22 Welche Gesetze wurden damals verletzt?
- 23 Kontrollverzicht der Jugendbehörden
- 24 Forschungsfragen
- 25 Organisation von Betroffenen
- 26 Politische Aufarbeitung und Selbsthilfe
- 27 Ausblick
- 28 Quellenangaben
- 29 Literaturhinweise
1 Zusammenfassung
In der Nachkriegszeit bis in die 1980er-Jahre wurden in Deutschland geschätzt über 10 Millionen Kinder zu gesundheitlichen Maßnahmen außerhalb der Elternhäuser verschickt. Dieser zahlenmäßige Umfang zeigt, dass Verschickungskinder sowie ihr Schicksal ein bedeutendes Thema der deutschen Geschichte und ihrer Pädagogik sind.
Grundlagen für die Verschickungen waren ärztliche Diagnosen. Die Aufenthalte fanden bei vielen Einrichtungsträgern statt. Die Finanzierung wurde von Krankenkassen und Rentenversicherungen übernommen. Die Dauer der Aufenthalte betrug häufig sechs Wochen; selten auch länger. Die meisten Kinder waren zwischen vier und zehn Jahren alt.
Qualifikation und Verhaltensweisen des Personals entsprachen nicht dem Stand damaliger Pädagogik. Lieblosigkeit und Gewalt waren vorherrschend. Die pädagogischen Ergebnisse dieser Kuren sind größtenteils negativ. Tausende Menschen empfinden sich heute noch als geschädigt und traumatisiert.
2 Vorläufer und Anfänge
Durch Verstädterung, beengtes Wohnen, Unterernährung sowie Luftverschmutzung kam es vor allem bei der ärmeren Bevölkerung seit Ende des 19. Jahrhunderts vermehrt zu Volkskrankheiten (v.a. Tuberkulose). Um die Gesundheit betroffener Kinder zu verbessern, entstanden Kinderkurheime als Teil des Gesundheitswesens. Diese Einrichtungen befanden sich oft an Kurorten an der Nord- und Ostsee oder in den Bergen. Seit 1950 boomte dieser Wirtschaftszweig.
Dieser Artikel befasst sich ausschließlich mit den Kinderkurheimen in der ehemaligen Bundesrepublik Deutschland vor der Wiedervereinigung. Von Teske (2024) existiert ein Beitrag über die noch weniger erforschte Situation in der ehemaligen DDR. Einen Anfang machte Julia Todtmann mit ihrer Masterarbeit über das staatliche Kinderkurwesen der DDR. Damals sollen über zwei Millionen Kinder, also drei Prozent eines Jahrgangs, verschickt worden sein. 78 Prozent hatten vor allem negative Erfahrungen gemacht (Todtmann 2024).
3 Diagnosen, Organisation und Transport
Eine zentrale Rolle an der Erfassung, Diagnostik sowie den Vorbereitungen zum Versand von Kindern hatten Schulärzt:innen, Amtsärzt:innen wie auch Kinder- und Hausärzt:innen inne; auch Schulen sowie Gesundheits- und Jugendämter waren eingebunden. Als Gründe (Diagnosen) für Verschickungen wurden genannt: Untergewicht, Fehlentwicklungen, Wachstumsschäden, Erkrankungen der Atemwege. Aus heutiger Sicht waren viele dieser Diagnosen nicht korrekt. Es gab auch andere Ursachen für die Verschickung: Überlastete Eltern, Hausbau oder es sollte ein Geschwister- bzw. Freundeskind begleitet werden. Schmuhl erwähnt eine Quelle wonach 70 bis 80 Prozent der Kinder „nicht als kurbedüftig“ galten (2023, S. 67).
Damit die Heime wirtschaftlich arbeiten konnten, mussten sie voll ausgelastet sein. Eltern sollten Anträge und Dokumente unterschreiben. Es mussten Kostenträger gefunden werden. Nach den vorläufigen Bewilligungen kam die Aufforderung, die Kinder zu bestimmten Entsendeterminen mit vorgeschriebenem Gepäck an Bahnhöfen abzuliefern. Meistens wurden sie in überbelegten Sonderzügen der Bundesbahn transportiert. Pro Zug war zu wenig Begleitpersonal mit bis zu 800 Kindern unterwegs. Mindestens zwei Kinder kamen wegen mangelhafter Aufsicht schon bei den Transporten ums Leben. Niemand wurde zur Rechenschaft gezogen. Eine alleinerziehende arme Mutter erhielt 1.000 DM als Entschädigung für ihr totes Kind (Gilhaus 2023, S. 58 f.).
4 Ankunft und Tagesstruktur
Die Ankunft an den Kurorten wird für viele Kinder nach Abschied und Anreise als „Schockstarre“ beschrieben (Schmuhl 2023, S. 149 ff.). Plötzlich waren fremde Personen für sie zuständig. Die vertrauten Gegenstände (Puppen, Teddys oder sonstige Übergangsobjekte) wurden weggenommen. Geschwister oder andere Kinder, die (oft ohne Diagnose) als Begleitung für die Kur mit angeworben wurden, kamen meistens in andere Gruppen.
Der Alltag bestand aus einer rigiden Tagesstruktur, die in ihrer arbeitsteiligen Form an industrielle Produktionsprozesse erinnerte: Aufstehen, Toilettengang, Waschen, Essen, medizinische Anwendungen, Märsche, Ruhepausen sowie verschiedene Therapien, die aus heutiger Sicht teilweise fragwürdig erscheinen wie Baden in kaltem Wasser, Lichttherapie, Kriechtherapie.
5 Gewichtszunahme und Gewalterduldung als Kurerfolg
Bei vermeintlich unterernährten Kindern wurde die Gewichtszunahme als Erfolg der Behandlung angesehen. Das Gewicht wurde bei Antritt der Kur dokumentiert. Zum Ende der Kur sollte ein höheres Gewicht vorliegen. Die Kinder mussten häufig billige, ungewohnte und oft unappetitliche Nahrung zu sich nehmen. In vielen Fällen wurden sie dazu angehalten „bis zum Erbrechen [zu] essen“. Außerdem wurden sie mit Zwangsernährung bedroht (Röhl 2022, S. 139). An erster Stelle der Aufzählung traumatischer Erlebnisse aus diesen Kuren steht der Umgang mit dem Erbrochenen (Schmuhl 2023, S. 167). Dann erst folgten die Themen Strafen und Gewalt.
6 Strafen und Gewalt
Viele Kinder wurden öffentlich beschämt und geschlagen. Auch die Toilettengänge waren reglementiert. Es gab Bloßstellungen bei Einnässen und Einkoten. Der Kinderarzt Kleinschmidt empfahl den Aufsichtspersonen: Man sollte sich „nicht hinreißen lassen, ins Gesicht zu schlagen – es gibt eine bessere Stelle“ (Miquel 2022, S. 44).
7 Medikamentenversuche ohne Einwilligungen
In den Heimen wurden auch Beruhigungsmittel verabreicht. Weiterhin fanden in einigen Einrichtungen Medikamentenversuche ohne Kenntnis der Eltern statt. Ein hoher Beamter beanstandete nicht den Tod eines Kindes, sondern die teure Medikamentenrechnung. Diese wurde dann vom Heimarzt reduziert (Gilhaus 2023, S. 158).
Wagner hatte über Medikamentenmissbrauch an Heimkindern geforscht und auf die heute noch bestehenden ungleichen Machtverhältnisse aufmerksam gemacht. So saßen bei einem Beschwerdegespräch drei ehemalige Heimkinder siebzehn Vertretern von Bund, Ländern und Kirchen gegenüber. Viele dieser Vertreter waren Volljuristen (2023, S. 21).
Als gesichert gelten die Medikamentenversuche an der Kinderheilstätte Aprath im Bergischen Land (Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinder-Verschickungen e.V. 2024). Nach einer Fachtagung am 26. Februar 2024 kam es zu einem bundesweiten Medienecho (Polanz 2024; weitere Informationen findet man bei Tebarth 2024).
8 Sexueller Missbrauch
Es wurde auch von sexueller Gewalt berichtet; etwa bei den „medizinischen Untersuchungen“. Eine Befragte erzählte, dass sie 1979 im Alter von sechs Jahren im DAK-Heim „Haus Hamburg“ (Bad Sassendorf, Westfalen) mehrfach von einem älteren Arzt vergewaltigt wurde (Schmuhl 2023, S. 202). Erst im Jahre 2009 kehrte dieses verdrängte Erlebnis im Rahmen einer Traumatherapie wieder in die Erinnerung der nun erwachsenen Frau zurück. Auch Gilhaus schrieb von sexuellem Missbrauch durch das Personal (2023, S. 163 f.). Lorenz ergänzt, dass man in Stuttgart gegen einen Arzt wegen „Unzucht mit Kindern“ in einem AWO-Heim ermittelte. Es wurde keine Anklage erhoben (2021, S. 148 f.).
9 Todesfälle
Manchmal endeten die Zwangsernährungen in den Kurheimen tödlich. Im Archivamt des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe sind rund 20 Todesfälle in Kurkliniken aktenkundig (Gilhaus 2023, S. 147). Im Kinderheim Waldhaus der Diakonie in Bad Salzdetfurth erstickt der siebenjährige „Stefan“ an seinem Erbrochenem. Im selben Jahr kam es zu zwei weiteren Todesfällen (a.a.O., S. 75 f.). Daraufhin wurde die Einrichtung geschlossen. Röhl berichtet von drei Todesfällen in einem Heim auf Rügen (2022, S. 117).
10 Zerstörung bisheriger Beziehungen
Röhl beschreibt die bewusste Zerstörung von bisherigen Beziehungen und vertrauten Milieus (2022, S. 36 f.). Kontakte mit den Eltern wurden zensiert und manipuliert. Besuche waren verboten.
Schmuhl, Autor einer anerkannten Studie über die Kinderkuren der Deutschen Angestelltenkrankenkasse (DAK) äußerte sich zusammenfassend in einem Interview zu den Absichten hinter diesen „Kinderkuren“:
„Der Grundgedanke ist der: Kinder müssen aus schädlichen großstädtischen Milieus genommen werden, für längere Zeit, sonst ist das unergiebig. Das bringt dann nichts. Der Bruch mit dem Herkunftsmilieu muss rigoros sein, damit sie wirklich dem veränderten Milieu ausgesetzt sind und es wirken kann. Und neben diesen Faktoren wie Licht, Luft, Bewegung spielt auch ein erzieherisches Moment eine Rolle. Die moderne Familie, wie sie sich in der Stadt entwickelt, ist für Kinder nicht gut. Die müssen raus, die müssen zu einer Gemeinschaft geformt werden. Man muss sich ein- und unterordnen können“ (Gilhaus 2023, S. 44).
Die hier beschriebene Pädagogik erinnert an Familienzerstörung und Kindermanipulation in Diktaturen.
11 Einrichtungsträger
Im ersten Jugendbericht der Bundesregierung von 1965 wurden 839 Verschickungsheime erwähnt. Im selben Jahr soll es in den Heimen über 56.000 Betten gegeben haben. Dabei befanden sich etwa 15 Prozent im Bereich der Öffentlichen sowie 32 Prozent bei den Freien Trägern (Caritas, Diakonie/​Innere Mission, Rotes Kreuz, Arbeiterwohlfahrt u.a.). Knapp 53 Prozent wurden privat betrieben (Röhl 2022, S. 32).
Im Vorbericht einer noch nicht veröffentlichten Studie von Nützenadel et al. wird sogar von über 2.000 Heimen ausgegangen. Darin wurden als Träger angegeben: Privat: 33 Prozent, Caritas: 20 Prozent, Diakonie: 11 Prozent, Kommunen: 9 Prozent, Arbeiterwohlfahrt 5 und Deutsches Rotes Kreuz 4 Prozent (2024, S. 11). Vor allem der hohe Anteil von gewinnorientierten sowie oft kleinen Einrichtungen erschwert eine nachträgliche Aufklärung. Viele haben keine Rechtsnachfolger. Kontrollen kamen kaum vor.
Röhl berichtete von einem seltenen Fall einer Heimschließung wegen sexuellen Missbrauchs (2022, S. 69). Auch Gilhaus schildert die behördliche Schließung eines Heimes der Diakonie, nachdem drei Kinder an ihrem eigenen Erbrochen erstickt waren (2023, S 75 f.).
12 Personal
Als Heimärzte und -ärztinnen fungierten in den Anfangsjahren Mediziner:innen, die oft eine NS-Vergangenheit hatten. Es gab Heimleitungen mit oder ohne pädagogische Ausbildung. In den ersten Jahren nach 1950 dominierten Pflegerinnen („Tanten“), die in der NS-Zeit ausgebildet wurden. Oft waren auch kirchliche Schwestern für den Alltag verantwortlich. In den DAK-Heimen führte ein „niedrig angesetzter Personalschlüssel“ (Schmuhl 2023, S. 250) bei den Betreuerinnen oft zu einem Zwölfstundentag mit bis zu zwanzig Kindern.
13 Ursachenerklärungen
Wie konnte es dazu kommen, dass in den Jahrzehnten zwischen 1950 und 1990 über zehn Millionen Kinder in den „Kurheimen“ von weltanschaulich sehr unterschiedlichen Trägern so schlecht behandelt wurden?
Einige Ärzte waren Mitglieder bei der SS. Einer von ihnen leitete nach 1945 auf Borkum ein Kindersanatorium. Im Jahre 1964 wurde er wegen Kriegsverbrechen zu lebenslanger Haft verurteilt (Röhl 2022, S. 82; Lorenz 2021, S. 118, S. 99).
Trotzdem ist die Erklärung, dass es sich bei den „Verschickungsheimen“ um die Folgen der NS-Pädagogik handelte, zu kurz gegriffen. Denn aus wissenschaftlicher Sicht gab es keine einheitliche NS-Pädagogik. Alles, was Kindern zwischen 1933 und 1945 angetan wurde, war schon lange vor 1933 erdacht und erprobt (Kappeler 2000). Vieles davon konnte nach 1945 in den „Kinderkurheimen“ unter Ausschluss der Öffentlichkeit weiter ausgeübt werden.
Ein erster Zugang zu den Ursachen kann die Beschäftigung mit der „Schwarzen Pädagogik“ (Rutschky 2001) sein, einer Sammlung von Texten über inhumane Erziehungspraktiken, die es schon Jahrzehnte vor der NS-Diktatur gegeben hatte. Ein zweiter Zugang ist Chamberlains Buch über „Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind“ (2020). Zusätzlich verweist Röhl auf die „Biografische Prägung“ des Heimpersonals während des Nationalsozialismus.
Schmuhl hebt hervor, dass die damaligen „Kinderkurheime“ auch „totale Institutionen“ im Sinne von Goffman (1961) gewesen seien. Das gesamte Leben der Kinder sei reglementiert und entmenschlicht worden (Schmuhl 2023, S. 120 ff.). Erst durch die „Psychiatrie-Enquete“ kam eine langsame Lockerung „totaler Institutionen“ zustande (Bundesregierung 1975).
Zu den Ursachen führt Röhl weiterhin die Punkte „NS-Geschichte der Kinderheilkunde“, „Balneologie sowie Klimaheilkunde und -therapie“ wie auch „Medizinische Forschungen“ auf. Dabei gehe es auch um „Ökonomie und Rendite“. Das betrifft vor allem die vielen kleinen privaten Anbieter.
Als letzten Ursachenstrang erwähnt Röhl die wirtschaftlichen Interessen von Heimbetreibern, Wohlfahrtsverbänden, der Kurärzte und -ärztinnen, aber auch der Kurorte selbst. Die Gewinne der Branche sollen jährlich etwa 100 Millionen DM betragen haben (Röhl 2022, S. 289). Lorenz spricht von einer „Kurversorgungsindustrie“ (2021, S. 294).
Lübben hatte in ihrem Buch „Ware Kurkind“ über die Verhältnisse in Heimen des Stadtstaates Bremen geforscht (2023, S. 235 ff.). So schickte das Jugendamt von Bremen in den 1960er-Jahren jährlich etwa 3.500 Kinder in zehn verschiedene Heime. Die jährlichen Kosten für die Stadt betrugen knapp eine Million DM (S. 14).
14 Kontaktreduktion mit den Eltern
Die Verhaltensweisen vieler Akteure in den Heimen, aber auch der meist untätigen Aufsichtsgremien zeigen, dass Eltern und Kinder nicht wertgeschätzt wurden. Man glaubte, das bessere Konzept zu haben: Es gab Briefzensur. Eltern durften die Kinder nicht besuchen. Wenn sie das doch versuchten oder die Kinder mitnehmen wollten, wurde ihnen gedroht, die finanziellen Kosten der Kuren übernehmen zu müssen.
15 Zurück in der Familie
Ein Junge war fassungslos, dass seine Eltern „so etwas zugelassen“ hatten. Ein Mädchen äußerte: „Ich hab’ dieser Familie nie wieder vertraut“ (Schmuhl 2023, S. 205). Lorenz schrieb, dass „sich der Bericht einer Mutter aus dem Jahre 1973 über die Kur ihrer gerade 21 Monate alten Tochter wie das Protokoll eines vorsätzlichen ärztlichen Kunstfehlers“ lese (2021, S. 31). Denn nach der Rückkehr kannte das Kind weder Mutter noch ältere Schwester und sagte: „Oh, meine Tante Mama und meine Wester“ (S. 33). Wenn Kinder nach der Rückkehr von ihren schlimmen Erlebnissen erzählten, klagten sie (direkt oder indirekt) auch die Eltern an. Viele Eltern hatten, vielleicht auch aus Schuldgefühlen, nach der Heimkehr nicht richtig nachgefragt. Auf diese Weise entstanden jahrzehntelange Tabus in den Familien. Verdrängungen und Traumata konnten sich in der nächsten Generation fortsetzen.
16 Beschwerden
Wenn es überhaupt zu Beschwerden von Eltern kam, wurden diese entweder nicht beantwortet oder abgewiesen. Es wurde angedroht, rechtliche Schritte einzuleiten. Ein Vater klagte 1955–1956 anwaltlich wegen der Schädigung seines Sohnes gegen den Württembergischen Landesfürsorgeverband (Lorenz 2021, S. 105 ff.). Der beschuldigte Heimleiter zeigte offen seine „Verachtung für die Kurkinder“, indem er behauptete, dass diese zum großen Teil aus der „sozialen Hefe des Volkes stammen und sich auch so aufführen“ (Lorenz 2021, S. 109).
Viele Eltern lebten in ärmlichen Verhältnissen. Was sollten sie gegen Trägerorganisationen und Krankenkassen mit eigenen Anwälten, sowie Ärzte und Betreuerinnen unternehmen?
Selten wurde schon damals in den Medien über Elternbeschwerden und Todesfälle berichtet. Heimschließungen waren die seltene Ausnahme (Röhl 2022, S. 268). Die Stadt Hamburg schickte Kinder in das Heim Linden Au. Im Jahre 1971 wurde in der Presse über einen Skandal in dieser Einrichtung geschrieben (Ballin Stiftung und Sozialbehörde Hamburg 2024, S. 9). Auch jüngere Praktikantinnen, die oft besser als die älteren Pflegepersonen ausgebildet waren, übten schon 1967 Kritik. Die Antwort des Heimträgers lautete sinngemäß, dass sich Praktikantinnen „kein Urteil erlauben könnten“ (Röhl 2022, S. 116). Lorenz schildert die Kritik einer 18-jährigen Kinderpflegerin aus dem Jahre 1969 (2021, S. 276 ff.). In den Archiven der Stadt Bremen kann man den Beschwerdebrief von Praktikantinnen aus dem Jahre 1972 lesen und was daraus geworden ist. Das Bundesgesundheitsministerium erklärte sich für nicht zuständig (Lübben 2023, S. 97, S. 303).
17 Heutige Reaktion von Verantwortlichen
Gilhaus erwähnt die schwierige Suche nach den Tätern des sexuellen Missbrauchs an mindestens zwölf Kindern in einem Heim der Thuiner Franziskanerinnen. Zunächst wurde ein Schuldeingeständnis abgelehnt, dann nach zehn Jahren des Protestes doch eingeräumt (2023, S. 165 ff.). Die Sache ist schon lange verjährt. Die DAK veröffentlichte eine Pressemitteilung, in der es hieß: „Besonders stark betroffen, so die in der vorliegenden Studie vertretene These, waren Kinder, die keine sichere Bindung zu ihren Eltern hatten – hier wurden schon bestehende Beziehungsmuster verfestigt und verstetigt“ (DAK 2023). Bindung und Beziehung sind allerdings nicht dasselbe. Soll dies im Umkehrschluss bedeuten, dass Kinder mit sicherer Bindung zu ihren Eltern weniger geschädigt wurden? Schmälert oder entschuldigt das die Gewalttaten und Rechtsverletzungen?
18 Verallgemeinerbarkeit der Aussagen
Die bisher vorliegenden Daten sind wenig repräsentativ. Obwohl in der Hamburger Studie nur Interviews von 22 Personen ausgewertet wurden, schreiben die Autoren: Es wurde deutlich, dass es sich „nicht etwa nur um Einzelfälle handelte“ (Ballin Stiftung und Sozialbehörde Hamburg 2024, S. 229). Die Fernsehsendung Report Mainz wertete 1.000 öffentlich zugängliche Erfahrungsberichte aus. Darin hatten 93 Prozent der ehemaligen Verschickungskinder die Kur als negativ bewertet und 61 Prozent angegeben, dass sie unter den Spätfolgen leiden würden (Report Mainz 2019; Röhl 2023 S. 197 f.).
Schmuhl konnte 17 Personen, darunter fünf Männer, befragen. Diese waren zum Zeitpunkt der ersten Verschickung zwischen vier und 13 Jahren alt und sowie in unterschiedlichen Heimen untergebracht (2023, S. 137). Nur zwei dieser 17 Personen blicken „ohne negative Emotionen auf ihre Kur zurück“ (S. 210).
Bei 15 der insgesamt 17 befragten Erwachsenen „löst die Erinnerung an ihre Kur starke negative Emotionen aus“ (S. 210): Psychischer Terror, Ekel vor den Speisen mit der Folge von Essstörungen bis in die Gegenwart, Verlustängste, Bindungsstörungen, Gefühle von Minderwertigkeit, Schwierigkeiten, sich auf neue Situationen und Beziehungen einzulassen (fremde Menschen, neue Arbeit, Urlaub). „Viele Interviewpartnerinnen und -partner leiden noch immer unter den traumatischen Erinnerungen an die Kur und ringen um ihr seelisches Gleichgewicht“ (S. 220).
Im Sinne von Transgenerationaler Weitergabe kann man davon ausgehen, dass auch in den nächsten Generationen negative Folgen dieser millionenfachen Verschickungen vorkommen werden (Morè 2024).
Zunehmend kommt es auch zu biografischen Darstellungen von Verschickungskindern. Einige davon sind auf der Internetseite des Vereins Aufarbeitung Verschickungskinder (AVK NRW) dargestellt. Miquel kommt in seiner Studie zu dem Ergebnis, dass etwa 10 bis 20 Prozent der Angehörigen der Geburtenjahrgänge 1945 bis 1985, also etwa neun Millionen Menschen, in NRW „in Kinderkuren verschickt wurden“ (2022, S. 31 f.).
19 Stand der Forschung über frühe Kindheit damals
Schon in den 1940er-Jahren erschienen auf Englisch die ersten Studien von Spitz über Bindungsstörungen in der frühen Kindheit (1969). Erikson beschrieb 1957 das „Urvertrauen“ als wichtigen Faktor für menschliche Entwicklung. Seit den 1960er-Jahren wurden die ersten Beschreibungen der Bindungstheorie von Bowlby bekannt (Bowlby 1969). Von Fürstenau kam 1969 mit „Soziologie der Kindheit“ eine interdisziplinäre Zusammenstellung des internationalen Forschungsstandes zu diesen Themen heraus. Viele dieser Forschungsergebnisse waren Lehrgegenstand an Universitäten und wurden an den psychologischen, pädagogischen und sozialpädagogischen Ausbildungsstätten vermittelt.
20 Kritische Stimmen schon damals
Von Wendt erschien 1975 die Publikation „Kindererholung. Ein sozialpädagogisches Curriculum. Lorenz schreibt darüber: „Die Schrift macht deutlich, dass sich kein Verantwortlicher in den Kindererholungsheimen weder heute noch für die 1970-er und 1980-er Jahre darauf zurückziehen kann oder konnte, es nicht besser gewusst zu haben“ (2021, S. 79). Zwölf Jahre später wurde im Ärzteblatt geschrieben, dass es bei den Kinderkurheimen auch um die „Suche nach Marktlücken“ ging. Man sollte das „aufgeblähte und medizinisch nicht notwendige Rankenwerk“ lichten. Das Kinderkurwesen sei „so stark von ökonomischen Interessen und sozialen Träumereien beeinflußt“. Weshalb konnten wirklich notwendige Behandlungen nicht „wohnsitznah“ angeboten werden? (nach Lübben, S. 2023, S. 236 f.).
21 Ende der Kinderkurheime
Eine neue Elterngeneration wollte seit den 1980er-Jahren ihren Kindern nicht mehr wochenlange Fehlzeiten in der Schule zumuten. Auch sollten die Ferien gemeinsam verbracht werden. Es kam zu abnehmenden Belegungen in den Heimen. Die Wirtschaftlichkeit ging zurück. Nach dem jetzigen Forschungsstand haben die Beschwerden bei Behörden und Politik nicht zum Rückgang der Belegungen beigetragen.
22 Welche Gesetze wurden damals verletzt?
Schwarze Pädagogik gab es vor und nach 1945. In den Schulen Bayerns wurde die Prügelstrafe erst in den 1980er-Jahren abgeschafft (Gilhaus 2023, S. 129). Bundesweit galt für Eltern: „Seit dem Jahr 2000 ist das Prügeln der eigenen Kinder in Deutschland eine Straftat“ (S. 283). Grundrechte wurden millionenfach verletzt: „Würde des Menschen“ (Art. 1 GG), „Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit“ (Art. 2 GG). Aus dem strafrechtlichen bzw. zivilrechtlichen Bereich kommen noch hinzu: Körperverletzung (körperlich und psychisch), Verletzung der Obhutspflicht, Freiheitsberaubung, Unzucht mit Kindern. Es bleibt abzuwarten, wie Bund, Länder und Kommunen mit den millionenfachen Folgen von Unrecht umgehen.
23 Kontrollverzicht der Jugendbehörden
Die Heime wurden selten kontrolliert. Beispielsweise kontrollierte das rheinische Landesjugendamt im Rahmen der Rechtsaufsicht zwischen 1964 bis 1979 nur vier Heime (Miquel 2022, S. 43). Im Jahre 1979 fällte das Bundesverwaltungsgericht ein Urteil, wonach Minderjährige nach den damaligen Gesetzen (§ 78 JWG) nicht der Heimaufsicht unterliegen, wenn der Aufenthalt überwiegend einem „Zweck dient“, welcher außerhalb „der Jugendhilfe liegt“ (Tebarth 2023, S. 19 f.). Bekanntlich gehörten die Kinderkurheime zum Gesundheitswesen. Große Träger konnten sich von der Heimaufsicht per Antrag durch „Befreiungsverfügungen“ freistellen lassen (Schmuhl 2023, S. 262). Andere Heime wurden lediglich formal über Fragebogenaktionen überprüft (Miquel 2022, S. 43 f.). Dabei war nach Meinung von Schmuhl „allen Beteiligten“, also Heimen, Fachverbänden, Kostenträgern und den Ämtern klar, „dass die offiziellen Richtlinien in der Praxis nicht eingehalten wurden“ (2023, S. 263).
24 Forschungsfragen
Gilhaus (2023, S. 10) publizierte seit 2017 in den Medien Beiträge über die Verschickungskinder. Ihr Buch von 2023 enthält viele Hinweise auf Medienberichte und Internetquellen (S. 310 ff.). Röhl widmete sich schon vor ihrem 2021veröffentlichten bahnbrechendem Buch „Das Elend der Verschickungskinder“ diesem Thema. Zeitlich parallel kam es zu Medienberichten. Weiterhin ist das Buch von Lorenz (2021) hervorzuheben. Alle drei Journalistinnen und haben sich großen Verdienst erworben. Sie gingen auch persönliche Risiken ein, von mächtigen Organisationen wirtschaftlich ruiniert zu werden.
Viel später widmeten sich Fachwissenschaftler:innen dem Thema. Auch öffentlich finanzierte Forschungsinstitute haben das Thema „Verschickungsheime“ nicht oder erst spät aufgegriffen (Röhl 2022, S. 19). Auch vom Deutschen Jugendinstitut, der größten Einrichtung dieser Art in Europa, liegen bisher keine Forschungen vor.
Inzwischen haben Träger, Bundesländer und Kommunen Untersuchungen unterstützt. Nützenadel et al. erforschen im Auftrag der Deutschen Rentenversicherung Bund, der Diakonie Deutschland, dem Deutschen Roten Kreuz sowie dem Caritasverband die „Geschichte der Kinderkuren und Kindererholungsmaßnahmen“ (2024, S. 3).
Einige Forschungsfragen: Für Betroffene ist wichtig zu wissen, wo bin ich wann gewesen? Wie finde ich Schicksalsgenossen zum Austausch und zum Begehen der ehemaligen Heime? Wichtig ist der Zugang zu den Archiven. Anfragen von Einzelnen wurden oft abschlägig beschieden.
Weitere Fragen sind: Wie verlief das Leben von Millionen von Kindern nach den Verschickungen? Kann man die Schädigungen erforschen, systematisieren und bewerten? Dazu gehören wahrscheinlich: Misstrauen in menschliche Beziehungen, Bindungsstörungen, Trennungen, Scheidungen, Kompensationen (Krankheiten, Suchten)? Wie kann man den Betroffenen den Lebensabend erleichtern? Wo blieben die Gewinne der Träger? Welches sind die volkswirtschaftlichen Kosten für die Gemeinschaft?
25 Organisation von Betroffenen
Die Aufarbeitung der NS-Zeit lehrt uns, dass Klärung des Versagens von Politik und Institutionen um so eher möglich ist, wenn die Tätergeneration nicht mehr aktiv am politischen Leben teilnimmt. Aber dann werden viele der Betroffenen auch nicht mehr am Leben sein. Wie können sich die Opfer organisieren, um Druck auf Politik und Träger der Heime auszuüben? Einiges davon ist bei den heutigen Verschickungskindern schwer möglich. Im Vergleich zu den Heimkindern („Runder Tisch Heimerziehung“) sind es zwar viele Millionen mehr. Aber diese leben vereinzelt, sind vielleicht nicht informiert und haben wenig Möglichkeit der Einflussnahme. Hinzu kommt, dass viele Betroffene vielleicht nicht wissen, dass ihre Lebensprobleme mit der Verschickung in der Kindheit zu tun hatten.
26 Politische Aufarbeitung und Selbsthilfe
Nordrhein-Westfalen: Im Landtag von NRW behandelte man 2020 eine kleine Anfrage: „Trauma Verschickungskinder. Wie unterstützt die Landesregierung die Aufarbeitung?“ Im Januar 2021 wurde der Verein „Aufarbeitung Kinderverschickung NRW“ (AKV-NRW e.V.) gegründet. Danach hatte der Landtag von Nordrhein Westfalen am 26. November 2021 einstimmig die Einrichtung eines „Runden Tisches“ zu diesem Thema angeregt. Ein Jahr später erschien die Studie von Miquel über die Verschickungskinder in Nordrhein-Westfalen. In Köln kam es zur Einrichtung eines Büros des Vereins „Aufarbeitung Kinderverschickung“. Es wird vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW gefördert. Auf der Internetseite des Vereins kann man folgende Aktivitäten sehen: Veranstaltungen, Begegnungen, Hilfen bei der Heim- und Archivsuche, Schreibwerkstatt, Selbsthilfegruppen (auch über Video), Beratungstelefon, Newsletter sowie eigene Forschungen (Aufarbeitung Kinderverschickung NRW o.J.).
Baden-Württemberg: Zwischen 2021 bis 2024 bestand in Baden-Württemberg ein von der Landesregierung zeitlich begrenztes Projekt zur Aufarbeitung der Kinderverschickung. Den Abschlussbericht kann man im Internet nachlesen (Landesarchiv Baden-Württemberg 2025).
Hamburg: Im Jahre 2024 wurde in Kooperation der Ballin-Stiftung sowie der Sozialbehörde Hamburg und der Ev. Hochschule Rauhes Haus eine Studie über die Kinderverschickungen veröffentlicht (Ballin-Stiftung e.V. und Sozialbehörde Hamburg 2024).
Berlin: Anja Röhl hat ein großes Verdienst an der Bekanntmachung des Schicksals der Verschickungskinder. Von Berlin aus gründeten sie und andere den Verein „Aufarbeitung und Erforschung von Kinder-Verschickungen“. Gegenwärtig bereitet der Verein eine Petition vor (Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinder-Verschickungen e.V. 2025).
Bundestag/​Bundesregierung: Am 27. Mai 2020 kam es zu einem Beschluss der Familienministerkonferenz der Länder. Darin forderte man den Bund auf, das von der Initiative Verschickungskinder gewünschte Forschungsprojekt zu unterstützen (Lorenz 2021, S. 294). Am 20. März 2024 fand im Paul-Löbe-Haus eine öffentliche Anhörung im Familienausschuss des Deutschen Bundestages zum Thema Verschickungskinder mit Betroffenen und Expert:innen statt.
27 Ausblick
Die in diesem Artikel zitierten Quellen zum Thema „Verschickungskinder“ kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass es sich um ein großes, aber im Umfang sowie den Folgen für künftige Generationen, noch unerforschtes Fehlverhalten von Politik und Organisationen geht. Inzwischen haben einzelne Träger bzw. deren Rechtsnachfolger ihr Versagen eingestanden sowie teilweise auch eigene Forschungen finanziert oder unterstützt. Den Betroffenen geht es vor allem um Anerkennung, wie auch um weitere Hilfen für wissenschaftliche Aufarbeitung, Begegnungen sowie Fortsetzung der Selbsthilfe-Projekte. Es ist nicht bekannt, dass ein Träger neben der Bitte um Entschuldigung auch finanzielle Entschädigung angeboten hatte. Ob am „Runden Tisch“ auch über Entschädigung und vor allem durch wen, wie und an wen gesprochen wird, ist noch offen.
28 Quellenangaben
Aufarbeitung Kinderverschickung NRW e.V. (AKV-NRW, e.V.), [ohne Jahr]. Aufarbeitung Kinderverschickung NRW [online]. Issum: AKV-NRW e.V. [Zugriff am: 10.01.2025]. Verfügbar unter: https://kinderverschickungen-nrw.de/
Ballin-Stiftung e.V. und Sozialbehörde Hamburg, Hrsg., 2024. Hamburger Kinderverschickungen 1945–1980. Erfahrungen und Hintergründe. Abschlussbericht zur Auftragsstudie der Ballin Stiftung und der Sozialbehörde Hamburg. Weinheim: Beltz, Juventa. ISBN 978-3-7799-8032-2
Bowlby, John, 1969. Bindung. München: Kindler
Bundesregierung, 1975. Bericht über die Lage der Psychiatrie in der Bundesrepublik Deutschland. (Psychiatrie-Enquete). Bundestags-Drucksache 7/4200
Chamberlain, Sigrid, 2020. Adolf Hitler, die deutsche Mutter und ihr erstes Kind: Über zwei NS-Erziehungsbücher. Gießen: Psychosozial-Verlag. ISBN 978-3-930096-58-9
DAK, 2023. Verschickungskinder: DAK-Gesundheit legt Studie vor und bittet Betroffene um Entschuldigung. Pressemeldung vom 26. April 2023
Erikson, Erik, H., 2005 [1957]. Kindheit und Gesellschaft. Zürich: Pan-Verlag. Neuausgabe: Stuttgart: Klett-Cotta. ISBN 978-3-608-94212-5
Fürstenau, Peter, 1969. Soziologie der Kindheit. Heidelberg: Quelle u. Meyer
Gilhaus, Lena, 2023. Verschickungskinder: Eine verdrängte Geschichte. Köln. Kiepenheuer und Witsch. ISBN 978-3-462-00288-1
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Tebarth, Bastian, 2024. Klinik Aprath. Citizen-Science-Projekt Kinderverschickung-NRW (CSP-KV-NRW) [online]. Issum: Aufarbeitung Kinderverschickungen-NRW e.V. [Zugriff am: 27.01.2025]. Verfügbar unter: https://kinderverschickungen-nrw.de/wuppertal
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Verein Aufarbeitung und Erforschung von Kinder-Verschickungen e.V., 2025. Homepage [online].Berlin: Anja Röhl [Zugriff am: 13.04.2025]. Verfügbar unter: https://Verschickungsheime.de
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29 Literaturhinweise
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Stand April 2024. Rezensionsaufsatz mit wissenschaftlicher Literatur und biografischen Werken
Kappeler, Manfred, 2000. Der schreckliche Traum vom vollkommenen Menschen: Rassenhygiene und Eugenik in der Sozialen Arbeit. Marburg: Schüren Presseverlag. ISBN 978-3-89472-163-3
Hintergründe über das Menschenbild in der Medizin vor 1933
Röhl, Anja, 2021. Heimweh: Verschickungskinder erzählen. Gießen: Psychosozial-Verlag. ISBN 978-3-8379-3117-4 (Print), 978-3-8379-7808-7 (E-Book-PDF)
Verfasst von
Prof. Dr. phil. habil. Nando Belardi
Bergisch Gladbach bei Köln, em. Universitäts-Professor und Lehrstuhlinhaber für Sozialpädagogik an der TU Chemnitz. Tätigkeit als Gastprofessor in Hongkong, Wolgograd, Bozen und Chengdu
Supervisor (DGSv), Psychotherapie (HPG)
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