Wohngemeinnützigkeit
Der Begriff der Wohngemeinnützigkeit beschreibt die Schaffung und Überlassung von bezahlbarem Wohnraum an Menschen, die infolge ihrer finanziellen Situation und/oder körperlichen sowie geistigen Verfassung auf Unterstützung der Allgemeinheit angewiesen sind.
Überblick
- 1 Zusammenfassung
- 2 Spannungen im Wohnungsmarkt
- 3 Geschichtliche Entwicklung
- 4 Heutige Handhabung der Wohngemeinnützigkeit
- 5 Ergänzung des Gemeinnützigkeitsrechts durch das Jahressteuergesetz 2024
- 6 Weitere Impulse zur Mobilisierung im Wohnungsmarkt
- 7 Ausblick
- 8 Quellenangaben
1 Zusammenfassung
Die Wohngemeinnützigkeit umfasst alle Fördertatbestände in Deutschland, die Anreize liefern, um bezahlbaren Wohnraum für Bevölkerungsgruppen zu schaffen, deren Einkommens- und Vermögenssituation nicht ausreicht, um die überdurchschnittlich hohen Mieten gerade in Großstädten und Ballungszentren dauerhaft zahlen zu können. Ebenso erfasst der Begriff die Schaffung eines speziellen Wohnungsangebots, das den besonderen Bedürfnissen alter sowie kranker Menschen bzw. Menschen mit Behinderungen gerecht wird, um diesen ein möglichst langes Leben außerhalb von stationären Versorgungsformen zu ermöglichen.
Das Wohnungsangebot im Rahmen der Wohngemeinnützigkeit soll sich mithin insbesondere an wirtschaftlich und/oder körperlich hilfsbedürftige Personen richten. Betroffen sind vielfach Familien mit Kindern, Auszubildende, Studierende und Rentner:innen, aber auch Menschen mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen sowie Behinderungen insbesondere in dicht besiedelten Gebieten. Durch steuerliche Förderungen, bürokratische Vereinfachungen und öffentliche Zuschüsse soll es für Investoren interessant werden, benötigten und bedarfsgerechten Wohnraum zu schaffen und diesen bestenfalls zu vergleichsweise günstigen Konditionen vornehmlich an die gewünschte Zielgruppe dauerhaft zu vermieten.
2 Spannungen im Wohnungsmarkt
Insbesondere in Ballungszentren, Groß- und Universitätsstädten ist seit Jahren zu beobachten, dass sich die Lage am ohnehin schwierigen Wohnungsmarkt durch das zu knappe Angebot und die teils immens steigenden Preise und Kosten für Mieter und Mieterinnen zunehmend verschlechtert. Zwar wirken steigende Löhne bzw. Sozialleistungen und die gesetzliche Mietpreisbremse entgegen, das aber nicht zuverlässig und nicht flächendeckend. Die Lage ist und bleibt angespannt, da es zu wenig bezahlbaren, aber auch zu wenig bedarfsgerechten Wohnraum in Deutschland gibt.
Die seit Jahren im Raum stehende Forderung nach bezahlbarem Wohnraum, insbesondere für Familien mit Kindern, Auszubildende, Studierende und Rentner:innen, aber auch nach bedarfsgerecht gebautem Wohnraum für kranke Menschen und Menschen mit Behinderungen in Ballungszentren gerät infolgedessen immer mehr in den Fokus. Im Jahr 2023 wurden rund 294.400 Wohnungen bezugsfertig, politisch geplant war jedoch die Errichtung von mindestens 400.000 Wohnungen pro Jahr.
Um den Wohnungsbau in Deutschland weiter anzukurbeln, mehrten sich die Forderungen nach einer Wiedereinführung der Wohngemeinnützigkeit, die schon lange Zeit Tradition in Deutschland hatte. Die SPD-geführte Bundesregierung ab 2021 – die einstige Ampelkoalition – hatte das Thema in ihrem Koalitionsvertrag verankert (Bundesregierung 2021).
3 Geschichtliche Entwicklung
Die sog. Wohnungsgemeinnützigkeit bzw. Wohngemeinnützigkeit hat eine lange Geschichte in Deutschland und war bis 1990 ein wesentlicher Baustein für die Bereitstellung sozialen Wohnraums. Bereits im 19. Jahrhundert gab es in Preußen Steuerbefreiungen für gemeinnützige Wohnungsunternehmen, deren bis dahin teils inkonsistente rechtliche Grundlagen später in der Weimarer Republik durch die Gemeinnützigkeitsverordnung (GemVO v. 01.12.1930) zusammengefasst und vereinheitlicht wurden. Später wurden die Regelungen der GemVO einem eigenständigen Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG v. 29.02.1940) zugeführt, das mit leichten Änderungen und großer Bedeutung im deutschen Wohnungsmarkt bis zu seiner Aufhebung zum 01.01.1990 Bestand hatte.
Durch die steuerliche und teilweise zuschussfinanzierte Förderung gemeinwohlorientierter Wohnungsunternehmen in verschiedenen Rechtsformen wurden Anreize geschaffen, entsprechenden Wohnraum zu errichten und anzubieten. Voraussetzung war unter anderem, dass der betreffende Wohnraum dauerhaft als preiswerter sozialer Wohnraum für Menschen mit geringem Vermögen diente. Die Miethöhen waren auf die sogenannte Kostenmiete gedeckelt, die den tatsächlichen Aufwand einschließlich der Finanzierungskosten beinhaltete. Auf diese Weise wurde ein Mietpreisniveau teilweise 10 bis 30 % unterhalb der üblichen Marktmiete geschaffen. Gerade in Ballungsräumen hatten gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen eine zentrale Bedeutung, schließlich entfielen sogar bis zu einem Drittel des Wohnungsangebotes auf sie (Kuhnert und Leps 2021). Einige der seinerzeit entstandenen Wohnungsbaugesellschaften, viele davon in der Rechtsform der Genossenschaft, existieren heute noch – allerdings ohne von den sehr weitreichenden Steuervorteilen im Körperschaft-, Gewerbesteuer-, Vermögens-, Grundsteuer- und Grunderwerbsteuergesetz der Vergangenheit zu profitieren.
4 Heutige Handhabung der Wohngemeinnützigkeit
Die Wohngemeinnützigkeit führt im Vergleich zu ihrer Bedeutung bis 1990 heute ein Schattendasein. Es existieren sog. gemeinnützige Vermietungsgenossenschaften, die ihre Wohnungen nur an Mitglieder vermieten, für diese errichten oder erwerben, jedoch ansonsten keine nennenswerten Tätigkeiten entfalten. Diese Körperschaften erlangen heute noch eine Körperschaftsteuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 10 KStG (Körperschaftsteuergesetz). Ähnlich ist die Situation der sog. von den zuständigen Landesbehörden begründeten oder anerkannten gemeinnützigen Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes, die nach § 5 Abs. 1 Nr. 12 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sind.
In der Praxis führen die Bezeichnungen bzw. Firmierungen der vorstehenden Unternehmen regelmäßig zu Schwierigkeiten gerade bei Kooperationen mit Körperschaften, die gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke im Sinne der §§ 51 ff. AO verfolgen. Auch wenn gemeinnützige Vermietungsgenossenschaften und Siedlungsunternehmen das Präfix „gemeinnützig“ im Namen führen, unterliegen sie nicht den engen Voraussetzungen des Gemeinnützigkeitsrechts nach den §§ 51 ff. AO. Letztere Körperschaften erlangen ihre Körperschaftsteuerbefreiung über § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG, wenn sie die formellen Voraussetzungen im Sinne des § 60 AO (Satzungsmäßigkeit) und die Voraussetzungen der tatsächlichen Geschäftsführung nach § 63 AO durch die Verfolgung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke erfüllen.
Den zuletzt genannten gemeinnützigen Körperschaften im Sinne der §§ 51 ff. AO ist es allerdings ebenfalls möglich, bezahlbaren Wohnraum für hilfsbedürftige Personen zu schaffen. Jedoch ist dabei darauf zu achten, welcher der vier Sphären einer gemeinnützigen Körperschaft das Vermietungsengagement zuzuordnen ist. Grundsätzlich ist jede langfristige Vermietungsaktivität gemeinnütziger Körperschaften von der Körperschaft- und Gewerbesteuer befreit, da diese der steuerbefreiten Sphäre der Vermögensverwaltung zugeordnet wird. Limitierender Faktor einer gemeinnützigen Körperschaft ist allerdings, dass eigenmittelfinanzierte Gebäudeerrichtungen oder -erwerbe in der Vermögensverwaltung nur durch sogenannte freie Mittel, wie z.B. die der freien Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO zulässig sind. Der Bestand freier Mittel einer gemeinnützigen Körperschaft ist jedoch zumeist nicht in ausreichendem Umfang vorhanden oder lässt sich nicht ohne letzten Zweifel ermitteln, was zu Unsicherheiten mit Blick auf den Status der Gemeinnützigkeit führt und daher derartige Vorhaben nach aktueller Gesetzeslage meist konterkariert.
Bei genauerer Betrachtung der Rechtslage wird man feststellen, dass das Gemeinnützigkeitsrecht bislang keine ausdrückliche, gesetzliche Grundlage im Sinne einer expliziten Wohngemeinnützigkeit durch gemeinnützige Körperschaften vorsieht. Allerdings hat das Gemeinnützigkeitsrecht durch höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes mit Urteil vom 24.07.1996 – I R 35/94 Unterstützung erhalten. Der entscheidende Senat des BFH bestätigte die Körperschaftsteuerbefreiung einer früher nach WGG befreiten GmbH, die Wohnungen an unterstützungsbedürftige Personen vermietet und Kirchenvermögen verwaltet (BFH Urteil v. 24.07.1996 - I R 35/94 BStBl 1996 II S. 583). In seinen Leitsätzen machte er deutlich, dass eine GmbH, die entsprechend ihrer Satzung die ihr gehörenden Wohnungen vorrangig an Personen vermietet, die die Voraussetzungen des § 53 Nr. 1 oder 2 AO erfüllen, gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit sein kann. Die Steuerbefreiung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Teil der Wohnungen an nicht oder nicht mehr unterstützungsbedürftige Personen vermietet wird. Diese Rechtsprechung findet bis heute Anwendung und ermöglichte ohne konkrete gesetzliche Verankerung bereits die Steuerbefreiung von Wohnraumüberlassung in Form eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege nach § 66 AO. Neben der Körperschaft- und Gewerbesteuerbefreiung für entsprechende Tätigkeiten wurde gemeinnützigen Körperschaften damit die Möglichkeit eröffnet, zeitnah zu verwendende Mittel im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO zur Finanzierung der Immobilien zu verwenden.
Das Gemeinnützigkeitsrecht liefert zudem bereits die Möglichkeit, vermieteten Wohnraum in weiteren besonderen Fällen der steuerbegünstigten Zweckverfolgung zuzuordnen. Die Finanzverwaltung hat in ihrem Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) Nr. 2 zu § 68 AO geregelt, dass „unter die Begriffe ‚Alten-, Altenwohn- und Pflegeheime‘ Einrichtungen fallen, die gegenüber denen in § 53 Nr. 1 AO genannten Personen Leistungen der Pflege oder Betreuung sowie der Wohnraumüberlassung erbringen und bei denen die Verträge über die Überlassung von Wohnraum und über die Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen voneinander abhängig sind (siehe §§ 1, 2 WBVG)“ (AEAO zu § 68 AO). Infolgedessen ist die Vermietung von bedarfsgerecht gebauten Wohnungen an körperlich hilfsbedürftige Personen i.S.d. § 53 Nr. 1 AO auch dann schon dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb zuzuordnen, wenn die Vermietungs- und Betreuungsleistung im Sinne des WBVG (Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz) vertraglich miteinander verbunden sind. Dann bestehen gemeinnützigkeitsrechtliche Investitionshemmnisse in Form knapper freier, nicht zeitnah zu verwendender Mittel nicht. Bedarfsgerechter Wohnraum kann aufgrund seiner Zuordnung zum steuerbegünstigen Zweckbetrieb aus zeitnah zu verwendenden Mitteln der Körperschaft zulässigerweise finanziert werden.
Die vorstehenden Möglichkeiten, Vermietungsaktivitäten von bezahlbarem und/oder bedarfsgerecht gebautem Wohnraum dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb einer gemeinnützigen Körperschaft zuzuordnen, zeichnen sich immer wieder durch verschiedene rechtliche Unsicherheiten aus. Der Steuergesetzgeber hat darauf durch eine Konkretisierung im Steuergesetz mit dem Jahressteuergesetz 2024 reagiert, die er selbst als rein klarstellend charakterisiert hat.
5 Ergänzung des Gemeinnützigkeitsrechts durch das Jahressteuergesetz 2024
5.1 Die Ergänzung im Überblick
Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2024 (JStG 2024) hat der Gesetzgeber erstmals der Wohngemeinnützigkeit in das bestehende Gemeinnützigkeitsrecht aufgenommen. So wurde § 52 Abs. 2 Satz 1 AO um eine Nummer 27 mit folgender Regelung ergänzt:
„Unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 sind als Förderung der Allgemeinheit anzuerkennen:
Nr. 27. Die Förderung wohngemeinnütziger Zwecke; dies ist die vergünstigte Wohnraumüberlassung an Personen im Sinne des § 53. § 53 Nummer 2 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Bezüge nicht höher sein dürfen als das Fünffache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch; beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Fünffachen das Sechsfache des Regelsatzes. Die Hilfebedürftigkeit muss zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses vorliegen.“
Die Regelung des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 27 AO ist durch die Veröffentlichung des JStG 2024 im Bundesgesetzblatt am 05.12.2024 Inkraft getreten.
Der Gesetzgeber führt die folgenden Begründungen im Regierungsentwurf zur Ergänzung des § 52 Abs. 2 Satz 1 durch Nummer 27 – neu – AO an:
- Die gesetzliche Ergänzung stelle klar, dass die vergünstigte Vermietung an hilfsbedürftige Personen im Sinne des § 53 AO einen gemeinnützigen Zweck darstellt.
- Damit sei – so der Gesetzgeber – die Vermietung als ideelle Zweckverfolgung der Körperschaft zu qualifizieren.
- Ebenso sei damit eine Sphärenabgrenzung zur steuerfreien Vermögensverwaltung durch die Vermietung an nicht begünstigte Personen oder zu nicht vergünstigten Konditionen eindeutig möglich.
- Eine starre Grenze der Miethöhe bzw. des notwendigen Abstands zur Marktmiete werde nicht gesetzlich implementiert. Jedoch müsse die Miete dauerhaft unter der marktüblichen Miete liegen.
- Die Prüfung, ob die Miete unter der marktüblichen Miete liegt, habe allerdings nur zu Beginn des Mietverhältnisses und bei Mieterhöhungen zu erfolgen.
- Alternativ genüge es, den Nachweis einer reinen Kostenmiete zu erbringen, die lediglich die tatsächlichen Aufwendungen einschließlich der regulären Absetzung für Abnutzung abdecke, ohne dass ein Gewinnaufschlag kalkuliert würde.
- Im Hinblick auf den begünstigten Personenkreis würden die im Sinne des § 53 AO als hilfsbedürftig eingestuften Personen erfasst. Das sind zum einen die Personen, die infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sind (§ 53 Nr. 1 AO). Zum anderen betrifft es Personen im Sinne des § 53 Nr. 2 AO, deren Bezüge nicht höher sind als das Vierfache des Regelsatzes der Sozialhilfe im Sinne des § 28 SGB XII (Zwölftes Buches Sozialgesetzbuch); beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des Vierfachen das Fünffache des Regelsatzes, die sog. wirtschaftlichen Hilfsbedürftigen.
- Um der Entwicklung steigender Mieten im Vergleich zum Einkommen im Zusammenhang mit der bestehenden Wohnungsnot angemessen zu begegnen, aber auch um der Bildung von Quartieren mit einseitiger Belegungsstruktur entgegenzuwirken, plane der Gesetzgeber die in § 53 Nr. 2 AO genannten Multiplikatoren in § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 27 AO – neu – anzuheben. So soll der Multiplikator des Vierfachen auf das Fünffache und der des Fünffachen auf das Sechsfache des Regelsatzes angehoben werden. Im Rahmen der Ermittlung der jeweiligen Regelbedarfsstufe seien Mehrbedarfszuschläge zum Regelsatz nicht zu berücksichtigen, ebenso sollen Leistungen für die Unterkunft nicht gesondert berücksichtigt werden.
- Die Voraussetzungen der Hilfebedürftigkeit seien nach Auffassung des Gesetzgebers entgegen der bisherigen Rechtslage nur zu Beginn des jeweiligen Mietverhältnisses nachzuweisen. Nur bei Mieterwechsel wären die Voraussetzungen mithin wieder nachzuweisen. Auf diese Weise soll administrativer Aufwand und Bürokratie verhindert werden, da nicht mehr im regelmäßigen Turnus [jährlich] eine Prüfung erfolgen müsse. Zudem sei es den gemeinnützigen Vermietern ohnehin zivilrechtlich nicht möglich, Mietern bzw. Mieterinnen zu kündigen, wenn deren Einkommen gestiegen sind.
5.2 Gemeinnützigkeitsrechtliche Einordnung der Neuerungen
5.2.1 Sinn und Zweck der Gesetzgebung
Die klarstellende Aufnahme der Wohngemeinnützigkeit in das Gemeinnützigkeitsrecht ist grundsätzlich zu begrüßen. Damit beantwortet der Gesetzgeber zugleich die Frage nach der gesetzlichen Verortung des im Koalitionsvertrag der einstigen Ampel-Regierung festgehaltenen Vorhabens einer Wohngemeinnützigkeit. Diese wird folglich nicht einem eigenständigen, vollständig neuen Gesetz zugeführt, sondern im bestehenden Gemeinnützigkeitsrecht verankert. Fraglich bleibt allerdings, ob mit der alleinigen Verortung der Wohngemeinnützigkeit im Gemeinnützigkeitsrecht der bestehenden Wohnungsnot im erforderlichen Maße wirksam begegnet werden kann. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele gemeinnützige Bestandskörperschaften im Wesentlichen andere Tätigkeitsfelder als die reinen Vermietungsaktivitäten unterhalten, hätte möglicherweise z.B. ein gesondertes Wohngemeinnützigkeitsgesetz außerhalb des Gemeinnützigkeitsrechts deutlich mehr und schneller Investoren der Privatwirtschaft mobilisiert. Es bleibt daher abzuwarten, ob der Gesetzgeber an dieser Stelle nachjustiert. Die nächste Bundesregierung – bestehend aus CDU/CSU und SPD – hat in ihrem Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ einige Maßnahmen im Bereich „Bauen und Wohnen“ geplant. So soll der soziale Wohnungsbau als wesentlicher Bestandteil der Wohnraumversorgung ausgebaut und unter anderem die Wohngemeinnützigkeit durch Investitionszuschüsse flankiert werden (CDU, CSU und SPD 2025).
5.2.2 Bedeutung für gemeinnützige Körperschaften
Im gemeinnützigen Sektor befassen sich zurzeit im wesentlichen Anbieter von Pflege- und Betreuungsleistungen mit der Vermietung von Wohnraum. Ganz konkret sind es Einrichtungen der Altenhilfe, der Eingliederungshilfe, der Jugendhilfe und der Flüchtlingshilfe. Diese beschäftigt in der Praxis häufig die Fragestellung, wann die Unterbringung von Menschen der steuerbegünstigten Zweckverfolgung dient und damit einem steuerbegünstigen Zweckbetrieb im Sinne der §§ 14, 65 bis 68 AO zuzuordnen ist oder wann die Tätigkeit als rein vermögensverwaltende Tätigkeit toleriert wird. Prominentestes Beispiel ist die Unterbringung von Menschen im Bereich des (ambulanten) betreuten Wohnens.
Zwar handelt es sich grundsätzlich bei den vorstehenden Sphären einer gemeinnützigen Körperschaft – in Abgrenzung zum steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach §§ 14, 64 AO – um körperschaft- und gewerbesteuerfreie Aktivitäten. Jedoch ist bei der Verwendung von Mitteln der gemeinnützigen Körperschaft Obacht geboten. Der steuerbegünstigte Zweckbetrieb nach §§ 14, 65 bis 68 AO darf aus sog. zeitnah zu verwendenden Mitteln im Sinne des § 55 Abs. 1 Nr. 5 AO finanziert werden, wohingegen die Vermögensverwaltung (wie auch der steuerpflichtige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb) nur aus nicht der zeitnahen Verwendungspflicht unterliegenden Mitteln finanziert werden darf. Diese sog. freien Mittel, wie z.B. die freie Rücklage nach § 62 Abs. 1 Nr. 3 AO sind meist nur im überschaubaren Umfang vorhanden, sodass Vermietungsaktivitäten in der Sphäre der Vermögensverwaltung nicht oder nur in geringem Umfang zustande kommen. Die Alternative der Fremdfinanzierung einer rein vermögensverwaltenden Aktivität wird zurzeit nur mit Einschränkungen ermöglicht, da zwar der Zinsaufwand aus den laufenden Ergebnissen der Vermögensverwaltung bedient werden kann, für die Tilgungsleistung hingegen nur freie Mittel der gemeinnützigen Körperschaft nachweislich verwendet werden dürfen. Es liegt damit auf der Hand, dass gemeinnützige Körperschaften, die bezahlbaren und/oder bedarfsgerecht gebauten Wohnraum anbieten möchten, ein hohes Interesse an der sicheren Zuordnung der Tätigkeit zum steuerbegünstigten Zweckbetrieb haben.
Der steuerbegünstigte Zweckbetrieb ist eine selbstständige, nachhaltige und mithin wirtschaftliche Tätigkeit, die nach den Voraussetzungen des § 14 AO über die reine Vermögensverwaltung hinausgeht, auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist und mit der die steuerbegünstigen, satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft verwirklicht werden. Erfolgt die Wohnraumüberlassung gegen Entgelt, handelt sich nach der hier vertretenen Auffassung nicht um eine rein ideelle Tätigkeit (diskutiert wird aktuell auch eine Differenzierung der ideellen Sphäre, die dann um eine sog. Zweck-Vermögensverwaltung zu ergänzen wäre). Die Gesetzesbegründung ist an dieser Stelle zwar nicht trennscharf formuliert, verhilft aber künftig den Körperschaften bei der Abgrenzung zwischen rein vermögensverwaltender Vermietung und der Vermietungsaktivität, mit der steuerbegünstigte Zwecke, konkret gemeinnützige Zwecke verfolgt werden.
These 1: Die Wohnraumüberlassung an hilfsbedürftige Personen kann künftig durch die steuergesetzliche Klarstellung abgesichert und umgesetzt werden. Erfolgt die (auf Dauer angelegte) Vermietung von Wohnraum an nicht hilfsbedürftige Personen oder zu marktüblichen Konditionen, wird es sich regelmäßig um rein vermögensverwaltende Aktivitäten der Körperschaft handeln.
Nicht ganz überzeugt die Zuordnung der Tätigkeit zum Katalog der gemeinnützigen Zwecke im Sinne des § 52 AO. Das gilt auch deswegen, weil sich die Leistungen vornehmlich an körperlich oder wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen im Sinne des § 53 AO richten. Der Bezug des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. AO auf den § 53 AO verwässert die ohnehin in der Praxis hin und wieder schwierige Abgrenzung zwischen der gemeinnützigen oder mildtätigen Zweckverfolgung.
Offen bleibt in der Gesetzesbegründung, welchem steuerbegünstigten Zweckbetrieb die gemeinnützige Wohnraumüberlassung gegen Entgelt zuzuordnen ist. Im Fall der Vermietung von Wohnraum verbleibt nach der hier vertretenen Auffassung für die Wohngemeinnützigkeit im Sinne des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 27 AO nur eine Zweckbetriebsnorm, konkret der Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege im Sinne des § 66 AO, der als „lex specialis“ der Anwendung der allgemeinen Zweckbetriebsnorm des § 65 AO vorgeht.
Die Anwendung der Norm des steuerbegünstigten Zweckbetriebes im Sinne des § 66 AO setzt voraus, dass
- die Einrichtung in besonderem Maße den in § 53 AO genannten hilfsbedürftigen Personen dient,
- die Tätigkeit zum Wohle der Allgemeinheit und nicht des Erwerbs wegen ausgeübt wird und
- die Leistungen der Einrichtung zu mindestens zwei Drittel den in § 53 AO hilfsbedürftigen Personen zugutekommen.
Die Regelung des § 66 AO ist in der Praxis nicht vorbehaltlos anwendbar. Schließlich erfordert die Anwendung die Einhaltung diverser Voraussetzungen. Daher hätte der Gesetzgeber gut daran getan, die gemeinnützige Zwecke verfolgende Wohnraumüberlassung im Sinne des § 52 AO zugleich auch dem Katalogzweckbetrieb des § 68 AO anzufügen. Zuletzt hat die Norm des § 66 AO durch die Umsetzung des sog. Rettungsdiensturteils des BFH (BFH Urteil v. 27.11.2013 - I R 17/12 BStBl 2016 II S. 68) im Anwendungserlass zur Abgabenordnung durch die Finanzverwaltung viel Aufmerksamkeit erlangt. Infolgedessen hat die dem Wettbewerbsschutz dienende Nachweispflicht einen immensen Aufwand für steuerbegünstigte Körperschaften ausgelöst, die jährlich das Ergebnis einer sog. wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre sowie dessen konkreten Finanzierungsbedarf in der Gemeinnützigkeitserklärung darlegen müssen, sobald auch nur ein steuerbegünstigter Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege unterhalten wird (AEAO zu § 66 AO). Der Beweis, dass die Tätigkeit nicht des Erwerbs wegen erbracht wird, kann nur dann simpel geführt werden, wenn der verlangte Preis das Ergebnis staatlicher Regulierung ist, was im Fall der Wohnraumvermietung am freien Wohnungsmarkt durch gemeinnützige Körperschaften nicht gegeben ist.
These 2: Gemeinnützige Körperschaften, die über die konkrete gesetzliche Regelung Wohnraum an hilfsbedürftige Personen überlassen, müssen auch weiterhin den hohen Aufwand der Nachweisführung zur wohlfahrtspflegerischen Gesamtsphäre des § 66 AO in Kauf nehmen. Die enge Auslegung des Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege steht einer gewissen Gewinnerzielungsabsicht im Rahmen der Vermietungsaktivitäten jedoch nicht entgegen.
Positiv herauszustellen an der Gesetzesergänzung ist grundsätzlich, dass
- die vergünstigte Miete nur bei Mietbeginn bzw. Mieterhöhung und
- die Hilfsbedürftigkeit des Mieters nur bei Mietbeginn nachzuweisen sind.
Dadurch wird bestehenden Rechtsunsicherheiten im Wesentlichen abgeholfen, denn bislang war nach Auffassung der Rechtsprechung eine Vermietungsaktivität an Hilfsbedürftige nur dann der steuerbegünstigten Zweckverfolgung zuzuordnen, wenn der Mietzins lediglich in Höhe der tatsächlichen entstandenen Aufwendungen, mithin ohne Gewinnaufschlag erhoben und dies regelmäßig nachgewiesen wird. Die Möglichkeit der sog. Kostenmiete soll der Gesetzesbegründung nach weiterhin bestehen bleiben. Viel interessanter jedoch dürfte es für die Praxis sein, bei Beginn des Mietverhältnisses oder bei Erhöhung der Miete die vergünstigte Miete durch Zurückbleiben hinter der marktüblichen Miete (gesetzlich nicht kodifiziertes Abstandsgebot) nachzuweisen. Wie das konkret in der Praxis aussehen soll, wird sich zeigen. Denkbar wäre der Nachweis anhand des Mietspiegels und die Orientierung an einer Durchschnittsmiete (analog zu § 21 Abs. 2 EStG). Viele Städte bieten mittlerweile online die Möglichkeit, für konkrete Straßen die durchschnittliche ortsübliche Vergleichsmiete abzufragen.
These 3: Die Orientierung der zu vereinbarenden Miete am Marktpreis dürfte durchaus interessant sein für gemeinnützige Körperschaften, Investitionen in bezahlbaren Wohnraum zu tätigen. Schließlich kann daher – unter Beachtung eines Abstandsgebotes – ein Gewinnaufschlag kalkuliert werden, der das unternehmerische Risiko steigender Kosten oder durch zeitweise Leerstände abfedert. Zu beachten ist jedoch, dass bislang unklar ist, wie der Orientierungswert konkret gefasst werden kann. Lösungsansätze sind jedoch vorhanden.

Zu begrüßen ist die gesetzliche Klarstellung, dass die Hilfebedürftigkeit nur bei Beginn des Mietverhältnisses nachzuweisen ist. So ist im Rahmen des Vertragsabschlusses zu empfehlen, einen Nachweis über die körperliche und/oder wirtschaftliche Hilfebedürftigkeit des Mieters bzw. der Mieterin einzuholen und zu den Vertragsunterlagen zu nehmen. Das erspart gemeinnützigen Vermietern künftig den regelmäßigen Aufwand, Nachweise zu erneuern. Schließlich kann die Hilfsbedürftigkeit auch nur von vorübergehender Dauer sein. Es wäre nicht nur rechtlich problematisch, sondern den Mietern und Mieterinnen gegenüber schlichtweg nicht zumutbar, wenn das Mietverhältnis durch Wegfall der Hilfsbedürftigkeit beendet würde. Zu begrüßen ist ebenfalls die gesetzgeberische Absicht, der Quartiersbildung mit einseitigen Belegungsstrukturen entgegenzuwirken. Dazu soll der höhere Multiplikator bei der Prüfung der wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit dienen, was grundsätzlich richtig zu sein scheint.
Der Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege sieht in § 66 Abs. 3 AO vor, dass die Leistungen dem Umfang nach zu mindestens zwei Drittel – und damit in besonderem Maße – den in § 53 AO genannten hilfebedürftigen Personen zugutekommen. Ist das der Fall, so sind sämtliche Leistungen der Einrichtung dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb nach § 66 AO zuzuordnen. Das gilt auch für den Teil der Leistungen im Umfang bis zu einem Drittel, der nicht hilfebedürftigen Personen gegenüber erbracht wird. Zwar sieht die geplante, gesetzliche Neuregelung nur eine Prüfung der Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 53 AO bei Beginn des Mietverhältnisses vor, die Zuerkennung der Zweckbetriebsnorm des § 66 AO setzt allerdings für den betroffenen Veranlagungszeitraum eine Zwei-Drittel-Grenze vor, die bislang in der Praxis regelmäßig auf den Stichtag 31.12. überprüft wird. Dieser sich ergebende gesetzliche Widerspruch zwischen § 66 Abs. 3 AO und § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 27 AO sollte über klarstellende Regelungen durch den Gesetzgeber oder die Finanzverwaltung aufgelöst werden. Idealerweise verzichtet die Finanzverwaltung auf die Nachweisführung des § 66 AO im Rahmen der Wohngemeinnützigkeit mit der Begründung, dass sich die Leistungen der Art nach an hilfsbedürftige Personen richten. So ist es z.B. auch gelebte Praxis bei den Tafeln, Kleiderkammern etc., für die auf Antrag auf die Nachweisführung verzichtet werden kann (§ 53 Nr. 2 S. 8 AO; AEAO Nr. 12 zu § 53 AO). Eine Klarstellung ist jedoch dringend geboten, da ansonsten der Effekt der gesetzgeberisch gewünschten Entbürokratisierung zu verpuffen droht.
Ebenso hilfreich wäre eine Kommentierung der Finanzverwaltung, ob – und falls ja wie – die Regelungen des § 53 Nr. 2 Satz 2 AO für die Überprüfung der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit anzuwenden sind. Auch wenn die Grenzen des zulässigen Einkommens recht hoch anmuten, wären diese demnach nicht maßgeblich, wenn das Vermögen des potenziellen Mieters zur nachhaltigen Verbesserung seines Unterhalts ausreicht und ihm zugemutet werden kann, es dafür zu verwenden. In der Regel wird lediglich das sog. Schonvermögen (vgl. H 33a.1 EStH) toleriert. Ein Vermögen darüber hinaus könnte für die Qualifikation als wirtschaftlich hilfsbedürftige Person mithin schädlich sein. Außerdem unkommentiert ist das Verhältnis zwischen körperlicher und wirtschaftlicher Hilfsbedürftigkeit. So ist zum Beispiel fraglich, ob eine Person, die als körperlich hilfsbedürftig eingestuft wird, weil sie das 75. Lebensjahr vollendet hat (vgl. AEAO Nr. 4 zu § 53 AO) auch den Nachweis der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit anhand ihrer Bezüge und einem Vermögensstatus erbringen muss. In der Literatur gehen die Meinungen auseinander. Daher sollte eine Begünstigung in Form einer vergleichsweise günstigen Miete bei Wohnraumüberlassung an körperlich Hilfsbedürftige (z.B. Vollendung des 75. Lebensjahres) nicht ohne Abstimmung mit der Finanzverwaltung erfolgen, wenn die Person nicht zugleich den Nachweis der wirtschaftlichen Hilfsbedürftigkeit führen kann oder möchte.
These 4: Die gesetzliche Klarstellung, dass die Hilfebedürftigkeit nur bei Beginn des Mietverhältnisses nachzuweisen ist, ist sehr zu begrüßen. Diese droht allerdings mit den gesetzlichen Auflagen des Zweckbetriebs der Wohlfahrtspflege zu kollidieren. Damit hier der gewünschte Entlastungseffekt für gemeinnützige Körperschaften und die Finanzverwaltung eintritt, sollte der Gesetzgeber, final aber die Finanzverwaltung, von einer Nachweisführung im Sinne des § 66 AO bei der Wohngemeinnützigkeit Abstand nehmen. Hat der Vermieter sich folglich bei Abschluss des Mietvertrages von der Hilfebedürftigkeit des Mieters oder der Mieterin im Sinne des § 53 AO bzw. dessen Konkretisierung über § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 27 AO überzeugt, sollte die Zuordnung zum Zweckbetrieb der Wohlfahrtspflege ohne weitere Überprüfung bis zum Mieterwechsel akzeptiert werden. Alternativ könnte der Gesetzgeber die Wohngemeinnützigkeit eigenständig im Katalogzweckbetrieb des § 68 AO zuordnen, dessen Anwendung der Norm des § 66 AO vor geht.
These 5: Die weitere Diskussion um eine Ergänzung der ideellen Sphäre um eine „Zweck-Vermögensverwaltung“ sollte durch eine Klarstellung der Finanzverwaltung beendet werden. Die Zuordnung der Wohnraumüberlassung zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nach § 14 AO, der nach § 66 AO steuerbegünstigt sein kann, ist deswegen gerechtfertigt, weil der Betrieb einer besonderen Organisation bedarf, die über den Rahmen der üblichen Vermietungsaktivität hinausgeht.
5.3 Wirkungsgrad der Wohngemeinnützigkeit in der Abgabenordnung
Fraglich ist, ob die in der Abgabenordnung verankerte Wohngemeinnützigkeit geeignet ist, der demografischen Entwicklung entsprechend bedarfsgerechten Wohnraum zu schaffen. So wird zwar der wirtschaftliche Aspekt benötigten Wohnraums berücksichtigt und es soll bezahlbarer Wohnraum geschaffen werden. Der funktionale Aspekt, nämlich die Schaffung von bedarfsgerechtem Wohnraum für alte Menschen oder Menschen mit Behinderungen, denen möglichst lange ein Leben außerhalb der stationären Versorgungsformen ermöglicht werden soll, wird nicht deutlich. An dieser Stelle setzt der neue Koalitionsvertrag teilweise an.
Leider unberücksichtigt bleiben bis dato weitere Steuerarten wie die Grundsteuer und die Grunderwerbsteuer. Bislang werden notwendige Grundstückstransaktionen gemeinnütziger Körperschaften im üblichen Maße mit Grunderwerbsteuer belastet. Eine Ausnahmeregelung für gemeinnützige Körperschaften könnte einen zusätzlichen Anreiz liefern, Grundstücke zum Zwecke der Wohnbebauung im Sinne der Wohngemeinnützigkeit zu erwerben. Ebenso außen vor ist die Grundsteuer, die zwar Grundvermögen, das für gemeinnützige, mildtätige und kirchliche Zwecke genutzt wird, von der Grundsteuer befreit, allerdings eine Rückausnahme vorsieht, wenn das Grundvermögen für Wohnzwecke in Form einer nach bewertungsrechtlichen Maßstäben qualifizierten Wohnung genutzt wird. So läuft das vergünstige Wohnungsangebot durch ggf. hohe Grundsteuern, die regelmäßig an den Mieter weiterbelastet werden, Gefahr, konterkariert zu werden. Hier sollte der Gesetzgeber weitere Lösungen anbieten, wenn er beabsichtigt, das Angebot an bezahlbarem Wohnraum nachhaltig zu verbessern.
6 Weitere Impulse zur Mobilisierung im Wohnungsmarkt
Beim Blick auf den Wohnungsmarkt in Deutschland wird schnell deutlich, dass gemeinnützige Körperschaften hier keinesfalls Hauptakteure der Wohnraumschaffung sind. Ein wesentlicher Teil des Wohnraums in Deutschland wird von privatwirtschaftlichen, aber auch von öffentlichen Unternehmen geschaffen. Für eine wirksame Förderung und Beschleunigung der Schaffung von neuem Wohnraum wären somit – neben den gemeinnützigen Körperschaften – auch diese privatwirtschaftlichen und öffentlichen Unternehmen in den Blick zu nehmen. Geeignet erscheint hierfür etwa eine – gegebenenfalls gesellschaftsübergreifende – partielle Steuerbefreiung für abgeschlossene Wohnprojekte auch für letztere Unternehmen in Verbindung mit einer Zweckbindung der Projekte. Das würde bestehenden ebenso wie zwischen gemeinnützigen Körperschaften, öffentlichen Unternehmen und der Privatwirtschaft geplanten Kooperationen weitere Anreize zur Investition geben.
Im Kontext der steigenden Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (siehe Corporate Sustainability Reporting Directive), die auch die soziale Nachhaltigkeitsdimension umfasst, und der steigenden Relevanz nachhaltigen Unternehmenshandelns für den wirtschaftlichen Unternehmenserfolg könnte sich daraus eine erhebliche Motivation zur (gemeinnützigen) Wohnraumschaffung ergeben. Öffentliche Wohnbauunternehmen, die im engen steuerlichen Sinne nicht als gemeinnützig anerkannt sind, dürften ohnehin häufig die Verbesserung einer sozialen Wohnraum-Angebotsstruktur in ihren Zielsetzungen verankert haben, sodass auch hier eine partielle Steuerbefreiung weitere substanzielle Anreize schaffen könnte.
7 Ausblick
Die Wohngemeinnützigkeit hat in Deutschland eine lange Tradition. Auch gemeinnützige Körperschaften, die in den Anwendungsbereich der §§ 51 ff. AO fallen, können sich bislang auf die günstige Rechtsprechung des BFH aus dem Jahre 1996 berufen und Wohnraum im Rahmen ihrer steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zweckverfolgung an hilfsbedürftige Personen überlassen. Der Steuergesetzgeber hat nun eine klarstellende gesetzliche Regelung in § 52 AO aufgenommen. Damit wird deutlich, dass er den bestehenden gemeinnützigen Körperschaften weitere Anreize geben möchte, in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Ob dieser Anreiz allerdings bei den zurzeit durch rechtliche Unsicherheiten, massive Kostensteigerungen, fehlende Refinanzierbarkeiten und Fachkräftemangel gebeutelten gemeinnützigen Adressaten die gewünschte Wirkung erzielt, ist fraglich. Jedenfalls plant die neue Bundesregierung, die Wohngemeinnützigkeit durch Investitionszuschüsse zu flankieren.
Sicherlich effektiver wäre ein – gegebenenfalls zusätzliches – eigenständiges Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz, wie es in Form des WGG bis 1990 Bestand hatte. Dieses Gesetz hat bis zu seiner Aufhebung über Jahrzehnte viele private Investoren angezogen und den Wohnungsnotstand in Deutschland deutlich abgebaut. Ebenso denkbar wäre die Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen für eine (partielle) Steuerbegünstigung von (gesellschaftsübergreifenden) Kooperationen zwischen gemeinnützigen Körperschaften, öffentlichen, kommunalen Wohnungsunternehmen und der Privatwirtschaft, um das Potenzial dieser Akteure zu bündeln, Investitionen in den Wohnungsbau attraktiver zu machen und sinkenden Margen entgegenzuwirken.
Mit Blick auf die gemeinnützigen Körperschaften ist die Erweiterung im Gemeinnützigkeitsrecht grundsätzlich zu begrüßen. Sie schafft Rechtssicherheit und gibt den gemeinnützigen Körperschaften durch die Erhebung eines vergünstigten Mietzinses – nun über die reine Kostenmiete hinaus – die Möglichkeit, unternehmerische Risiken abzufedern. Die mit der geplanten Ergänzung des Gemeinnützigkeitsrechts einhergehenden praktischen Fragestellungen lassen sich allesamt lösen, sollten aber im Blick behalten werden. So sollte die Finanzverwaltung die Art und Weise einer Nachweisführung konkretisieren. Viel besser wäre eine klarstellende Zuordnung der Vermietung von bezahlbarem sowie bedarfsgerechtem Wohnraum zum Katalogzweckbetrieb des § 68 AO.
Der der demografischen Entwicklung in Deutschland geschuldete, funktionale Aspekt des benötigten Wohnraums, konkret die Schaffung von speziell für alte Menschen oder Menschen mit Behinderungen notwendigen Wohnraums, ist im Vergleich zum wirtschaftlichen Aspekt im aktuellen Gesetzesvorhaben zum Gemeinnützigkeitsrecht vernachlässigt worden. Es besteht die Gefahr, dass an diesem Bedarf vorbei gebaut wird. Hier sollte der Gesetzgeber unbedingt nachschärfen.
Gänzlich unbeachtet bleiben bislang die steuergesetzgeberischen Möglichkeiten, weitere Anreize für Investoren und Entlastungen für hilfsbedürftige Mieter zu bieten. Insbesondere die recht hohe Grunderwerbsteuer, aber auch die Grundsteuer, verteuern zurzeit notwendige Grundstückserwerbe bzw. wirken dem notwendigen Ausbau bezahlbaren Wohnraums entgegen. Hier ist der Gesetzgeber dringend zum Handeln aufgefordert, wenn er das Angebot notwendigen Wohnraums nachhaltig verbessern möchte.
8 Quellenangaben
Bundesministerium der Finanzen, 2024a. Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2024 (Jahressteuergesetz 2024 – JStG 2024) [online]. Berlin: Bundesministerium der Finanzen, 05.06.2024 [Zugriff am: 04.12.2024]. Verfügbar unter: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Gesetzestexte/​Gesetze_Gesetzesvorhaben/​Abteilungen/​Abteilung_IV/​20_Legislaturperiode/​2024-06-05-JStG-2024/​2-Regierungsentwurf.pdf?__blob=publicationFile&v=8
Bundesregierung Deutschland, 2021. Mehr Fortschritt wagen. Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitionsvertrag 2021–2025 zwischen der SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP [online]. Berlin: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) [Zugriff am: 04.12.2024]. Verfügbar unter: https://www.spd.de/koalitionsvertrag2021/
CDU, CSU und SPD, 2025. Verantwortung für Deutschland. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 21. Legislaturperiode [online]. Berlin: CDU, CSU und SPD [Zugriff am: 29.04.2025]. Verfügbar unter: https://www.koalitionsvertrag2025.de/sites/www.koalitionsvertrag2025.de/files/​koav_2025.pdf
Jan, Kuhnert und Olof Leps, 2017. Entwicklung der Wohnungsgemeinnützigkeit bis 1989. In: Jahn Kuhnert und Olof Leps. Neue Wohnungsgemeinnützigkeit: Wege zu langfristig preiswertem und zukunftsgerechtem Wohnraum. Wiesbaden: Springer Fachmedien, S. 33–56. ISBN 978-3-658-17569-6
Verfasst von
Alexander Wackerbeck
Diplom-Kaufmann, Steuerberater, zertifizierter Stiftungsberater (FSU Jena)
Geschäftsführender Partner der Eliotax GmbH Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in Münster und Düsseldorf
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