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Zay, Adele

Manfred Berger

veröffentlicht am 09.05.2019

* 29.02.1848 in Hermannstadt, Siebenbürgen (damals zu Ungarn gehörend)

29.12.1928 in Kronstadt, Siebenbürgen (seit 1920 zu Rumänien gehörend)

Adele Zay
Abbildung 1: Adele Zay
(Ida-Seele-Archiv)

Adele Zay war Lehrerin, Schulleiterin (Direktorin), Förderin der Fröbelpädagogik, des Kindergartens und führende Vertreterin des „Freien Sächsischen Frauenbundes“/„Deutsch-Sächsischen Frauenbundes“. Sie setzte sich zeitlebens für die Professionalisierung des Kindergärtnerinnen- und Lehrerinnenberufs sowie der Verbreitung von Kindergärten auf der Grundlage der Fröbelpädagogik ein.

Überblick

  1. 1 Lebenslauf
  2. 2 Lebenswerk
  3. 3 Wirkungsgeschichte
  4. 4 Würdigung
  5. 5 Quellenangaben
  6. 6 Informationen im Internet

1 Lebenslauf

Adele war die vierte und jüngste Tochter des k.k. Oberlandesgerichtsrats Daniel Adolf Zay und dessen Ehefrau Rosa, geb. Graef. Ein Bruder folgte ihr noch, nach dessen Geburt der Vater bald starb. Mit dem bescheidenen Witwengehalt konnte die Mutter ihren Kindern keine umfangreichen Schulausbildungen gewähren. Trotz aller Not entwickelten diese „ein heißes Bildungsstreben“ (Heltmann-Caspesius 1934b, S. 27). Beispielsweise studierte der Jüngste, Gustav Adolf, Rechtswissenschaften. Er wurde später in das ungarische Handelsministerium als Direktor für Eisenbahn, Post und Telegraph berufen.

Adele strebte den Lehrerinnenberuf an und bildete sich neben dem Besuch der evangelischen Mädchenschule in Hermannstadt auf privater Basis in Naturwissenschaften und in Sprachen weiter. Bereits mit 17 Jahren unterrichte sie sehr erfolgreich zwei Mädchen aus ihrer Verwandtschaft. Ab dem Alter von knapp 20 Jahren lehrte sie an einem höheren privaten Erziehungsinstitut in Hermannstadt u.a. die Fächer Französisch und Deutsch. Da die Bildungsinstitution 1873 aufgelöst wurde, übersiedelte sie nach Cotroceni bei Bukarest. Dort unterrichtete sie für ein Jahr Geschichte, Geografie und deutsche Sprache an der dortigen Mädchenerziehungs- und Lehrerinnenbildungsanstalt.

Da sie aber eine reguläre Lehrerinnenausbildung anstrebte, ging Adele Zay nach Wien zu dem Schulreformer und Direktor des städtischen Lehrerpädagogiums Friedrich Dittes, seinerzeit einer der eifrigsten Vertreter des Fröbel’schen Kindergartens in der Habsburgermonarchie. Über diesem kam die Studierende auch in Kontakt mit dem Direktor des Lehrerinnenseminars in Gotha und Fröbelepigonen August Köhler (Witter 2006), der sie in privaten Stunden in die Fröbel- und Kindergartenpädagogik einführte. 1875 ging Adele Zay als Lehrerin für deutsche und englische Sprache, Mathematik und Geografie an das Institut von Irma Keméndy in Szegedin, einer Lehr- und Erziehungsanstalt für höhere Töchter, die mit einer Lehrerinnenpräparandie verbunden war. Dort legte sie 1880 die Prüfung für die staatlichen deutschen und ungarischen Volksschulen ab, zudem ein Jahr später an der Budapester Bürgerschulpräparandie auch noch die Prüfung zur „Bürgerschullehrerin“ für Englisch und Französisch. Damit war sie die erste siebenbürgisch-sächsische Lehrerin, „die über Lehrerfahrung in Pädagogik verfügte und die Unterrichtsbefähigung für die Realschule besaß“ (Mieskes 1986, S. 80).

Nach neun Jahren Lehrtätigkeit in Szegedin kehrte die Pädagogin nach Siebenbürgen zurück, da sie vom evangelischen Presbyterium Kronstadts gebeten wurde, ab 1. September 1884 einen „Fachkurs für Kindergärtnerinnen“ an der dortigen Mädchenschule mit auf- und auszubauen. Die Ausbildung der Seminaristinnen „war eine dreifache: eine allgemein wissenschaftliche, eine pädagogisch-fachwissenschaftliche und eine praktische“ (Zay 1925, S. 227). Neben den Unterrichtsfächern „Deutsch, Magyarisch, vaterländische Geographie, alternierend mit vaterländische[r] Geschichte, Erziehungslehre alternierend mit Theorie des Kindergartens sowie Formarbeiten“ (Schiel 2018, S. 51) zeichnete Adele Zay ferner für die praktische Ausbildung der Schülerinnen im „Lehrkindergarten“ verantwortlich. Aus dem anfänglichen Schulprovisorium wurde bald eine festgeordnete solide Ausbildungsstätte, die 1892 staatlich anerkannt wurde und sich eines hervorragenden Rufs erfreute, weit über Siebenbürgen hinaus. Auf der 1889 in Budapest durchgeführten „Landesausstellung für Kleinkindererziehung“ erhielt der Fachkurs das „Goldene Diplom“ und seine Fachlehrerin Adele Zay ein „Belobigungsdiplom für gemeinnütziges Wirken zuerkannt“ (Zay 1924, S. 11). Ab 1891, verbunden mit neuen Ausbildungsforderungen durch den ungarischen Staat, hatte sich der Kurs „offiziell in die ev. Kindergärtnerinnenbildungsanstalt […], abkürzend… K. B. A. genannt […] verwandelt“ (Heltmann-Capesius 1934a, S. 5)

Adele Zay war die ersten 38 Jahre ihrer Tätigkeit nur Klassenlehrerin, da der jeweilige Schulleiter die Direktion der evangelischen Mädchenschule innehatte. Erst als 1922 die K. B. A. von der „Evangelischen Landeskirche (A.B.)“ (A.B. = Augsburger Bekenntnis) übernommen und damit der organische Zusammenhang mit der Mädchenschule gelöst wurde, erhielt sie offiziell den Direktorenposten übertragen, den sie bis Ende des Schuljahres 1927/28 ausübte. Doch sie war in Wirklichkeit „vom ersten Tag an bis ihr Ende die Leiterin, ja noch viel mehr: die Schöpferin, die Seele der Anstalt(Neugeboren 1939, S. 12).

Adele Zay mit Schülerinnen ca. 1910
Abbildung 2: Adele Zay mit Schülerinnen ca. 1910
(QSecaş 2017, S. 12)

Adele Zay starb im Alter von 80 Jahren nach kurzer Krankheit an den Folgen eines plötzlich eintretenden Herzanfalls. Beigesetzt wurde sie ihrem Wunsch entsprechend auf dem Hermannstädter Stadtfriedhof. In ihren Grabstein ritzte man die Worte: „Der Führerin der sächsischen Frauen Adele Zay (1848-1928) zum Gedächtnis“ (zit. n. Heltmann-Capesius 1934b, S. 29).

1929 wurde die K. B. A. umbenannt in „Adele Zay-Schule“.

2 Lebenswerk

In ihrer über vier Jahrzehnte währenden Tätigkeit an der 1884 in Kronstadt als „Lehrkurs“ gegründeten und später umbenannten „Evangelischen Kindergärtnerinnen-Bildungsanstalt (A.B.)“, „die einzige, die in deutscher Sprache und im Geiste Fröbels wirkt“ (Zay 1924, S. 11), vermittelte Adele Zay Generationen von Erzieherinnen die prägenden Voraussetzungen einer kreativen und auf christlichem Geist beruhenden Erziehung. Zeitlebens setzte sie sich für die Professionalisierung des Kindergärtnerinnen- und Lehrerinnenberufs sowie der Verbreitung von Kindergärten auf der Grundlage der Fröbelpädagogik ein. Wichtig war ihr ferner, die Errichtung von Bewahranstalten (Asylen) in den Dörfern während der Sommermonate, d.h. der Erntezeit (Zay 1898; Arvay 2012, S. 16). Demzufolge wurde 1888 unter ihrer aktiven Mitwirkung an die Ausbildungsstätte für Kindergärtnerinnen zuerst sechswöchige, dann zwei und dreimonatige Kurse zur „Heranbildung von Leiterinnen für Sommerbewahranstalten (Asyle)“ angeschlossen. Diese absolvierten durchschnittlich 15 Teilnehmerinnen. Im Jahre 1925 wurden sie von der rumänischen Regierung nicht mehr anerkannt und darum eingestellt (Heltmann-Caspesius 1934a, S. 9 f.).

Ein besonderer Verdienst Adele Zays war, dass es ihr gelang, die evangelische Kindergärtnerinnenausbildung zweimal nach den Direktiven der jeweils herrschenden Kulturpolitik, zuerst unter ungarischer und ab 1924 unter rumänischer Hoheit, umzustellen, ohne den evangelisch-christlichen Grundcharakter aufzugeben (Mieskes 1986, S. 73 ff.).

Adele Zay reiste bereits in jungen Jahren nach Deutschland, wo sie Mädchenschulen, Ausbildungsseminare für Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen sowie Kleinkinderbewahranstalten, Asyle, Kleinkinderschulen und Kindergärten besuchte. In diesem Zusammenhang kam sie in Kontakt mit wichtigen Vertreterinnen der bürgerlich-liberalen Frauenbewegung, die u.a. das Konzept des Kindergartens von Friedrich Fröbel sowie diverse Erziehungs-, Fröbel-, und Kindergartenvereine unterstützten. Beispielsweise interessierte sich Adele Zay für die in allen größeren deutschen Städten entstehenden „Mädchen- und Frauengruppen für soziale Hilfsarbeit“, die 1893 von Minna Cauer und Jaenette Schwerin gegründet wurden. Durch diese Kontakte angeregt, kämpfte sie in leitenden Funktionen des „Freien Sächsischen Frauenbundes“/„Deutsch-Sächsischen Frauenbundes“, den sie 1921 ins Leben rief, für die Zulassung von Frauen für den Lehrberuf (einstweilen nur für Mädchenschulen) sowie für das Wahlrecht der Frauen in Kirche und Staat. Adele Zay setzte sich auch für eine höhere fachliche Ausbildung von Mädchen aus finanziell schwachen Familienverhältnissen ein. Ein weiteres wichtiges Anliegen war ihr die Einführung der Fächer Erziehungskunde und Kleinkinderpflege an höheren Mädchenschulen (Secaş 2017, S. 25 ff.). Die Bürgerschullehrerin war auch rege politisch tätig. Sie war u.a. ab 1920 Abgeordnete und Mitglied des Burzenländer Kreisausschusses für den Volksrat (Schiel 2018, S. 563).

3 Wirkungsgeschichte

Ende des 19. Jahrhunderts dienten im deutschsprachigen Raum die drei umfangreichen Bände „Die Praxis des Kindergartens“ (1870) von August Köhler als Grundlage für die Theorie und Praxis des Kindergartens. Adele Zay wurde von ihrem Lehrkollegium aufgefordert, dessen dritten Band „Die Praxis des Kindergartens. Theoretisch-praktische Anleitung zum Gebrauche der Fröbel’schen Erziehungs- und Bildungsmittel in Haus, Kindergarten und Schule“ für die Belange der damaligen Ausbildungssituation umzuarbeiten und an die bestehenden Verhältnisse zu adaptieren. Das Lehrbuch „Die Theorie und Praxis der Kleinkinderziehung. Zum Gebrauche an Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Kinder-Bewahranstaltsleiterinnen“ erschien 1896 in erster und 1916 in zweiter Auflage mit leicht geändertem Inhalt und Titel: „Theorie und Praxis des Kindergartens. Zum Gebrauche an Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Kinderbewahranstaltsleiterinnen“. Die Publikation fand auch in Deutschland Anerkennung und diente noch bis zu Beginn der NS-Diktatur vielen Lehrer_innen an Kindergärtnerinnenseminaren als Lehrbuch (ebd., S. 36 f).

Adele Zay stellt in ihrem Werk das Kind in den Mittelpunkt, sein Recht auf eigenes Leben und spezifische Betreuung. Sie weist darauf hin, dass der Kindergarten eine die Familie unterstützende und nicht ersetzende Erziehungsanstalt für Vorschulkinder im Alter vom dritten bis ca. siebten Lebensjahr ist. Das Kind lebt dort in Gemeinschaft; nur das Leben in der Gemeinschaft bildet für das gemeinsame Leben. In Verbindung mit dem Elternhaus bietet der Kindergarten „dem Geist des Kindes die entsprechende Nahrung“ (Zay 1916, S. 6), wird es „in der Betätigung des Guten unterstützt; durch die beständige Aufsicht kommen Unarten oder böse Neigungen nicht zum Durchbruch, sie werden im Keim unterdrückt“ (ebd., S. 13). Zudem wirkt der Kindergarten durch den „gesitteten Verkehr gleichaltriger Kinder aus verschiedenen Familien dem Familienegoismus entgegen. Er weckt Wohlwollen und Gemeinsinn und erhöht die Fröhlichkeit und das Interesse am Spiel“ (ebd., S. 13), wobei das beste Spielzeug eines Kindes ein anderes Kind ist. Der rechte Fröbelkindergarten ist daher ein Spielgarten, eine Spielschule. Zugleich ist er ein Vermittlungs- – und Bindeglied zwischen Familie und Schule, „indem er durch seine Beschäftigungen den Anschauungskreis der Kinder in richtiger Weise erweitert, dadurch auf das ernstere Leben der Schule vorbereitet und dabei den gemütlichen, vertraulichen Umgangston der Familie beibehält“ (ebd., S. 13). Neben den Anschauungsübungen im Bereich der Naturerscheinungen, bspw. in die einheimische Tier- und Pflanzenwelt, sollten die Kindergartenkinder auch „die Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, das Wichtigste aus dem Leben der Handwerker, Landleute, endlich das Kind selbst und sein Verhältnis zu den Eltern, einzelne Ereignisse aus dem Familienleben [erfahren]. Bei der Auswahl des Stoffes muß sich die Kindergärtnerin […] durch die Bedürfnisse des Kindergartenlebens leiten lassen“ (ebd., S. 72). So bedeutsam die Anschauungsübungen für die kindliche Entwicklung auch sind, soll dem kindlichen Spiel im Kindergarten genügend Gelegenheiten eingeräumt werden, insbesondere dem Freispiel, das „am meisten zur Darstellung des Inneren geeignet […] ist“ (ebd., S. 36). Friedrich Fröbels pädagogische Grundsätze sowie „ihre pädagogische Autorität und Heimat“ (Mieskens 1986, S. 169) berücksichtigend, weist Adele Zay darauf hin, dass „gleichwie die Blumen im Garten in ihrer natürlichen Entwicklung gefördert, vor Unkraut und anderen schädigen Einflüssen möglichst bewahrt werden, der Kindergarten seine Aufgabe in der Befriedigung der leiblichen wie geistigen Bedürfnisse der Kinder und in der Behütung vor jeden schädigenden Einfluß sieht“ (ebd., S. 6). Wie bedeutsam der Kindergarten für die Menschenbildung allgemein ist, beschreibt Adele Zay anderen Orts wie folgt:

„Das Ziel eines jeden Menschenlebens ist nicht sich selbst, auch nicht blos seiner Familie zu leben, dem Volke, dem Vaterlande, der Menschheit gehört der beste Teil seiner Kraft und man halte es nicht für eine Phrase, wenn wir behaupten, daß der Keim zu den schönsten Eigenschaften: Gerechtigkeit, Großherzigkeit, Anspruchslosigkeit, Hilfsbereitschaft, Einordnen des Einzelnen in das Ganze, Sinn für gemeinsame Thätigkeit bezeichnen und die zu bilden die Familie weit weniger geeignet ist, als der Kindergarten“ (Zay 1888, S. 8).

Deutlich unterschied die Pädagogin zwischen Kindergarten und Bewahranstalt, wobei beide Vorschuleinrichtungen die Erziehung in der kindlichen Gemeinschaft kennzeichnet:

„Der Unterschied zwischen beiden Anstalten besteht darin, daß der Kindergarten seine Zöglinge nur für kürzere Zeit des Tages bei sich aufnimmt, dafür aber bei einer beschränkteren Anzahl der Kinder seine Aufmerksamkeit mehr auf das einzelne Kind und dessen psychische Entwicklung richten kann und es auf eine höhere Stufe geistiger Entwicklung bringt. Bei der Bewahranstalt tritt die körperliche Pflege und die Gewöhnung an ein gesittetes Benehmen mehr in den Vordergrund“ (Zay 1925, S. 221).

Lehrbuch von Adele Zay
Abbildung 3: Lehrbuch von Adele Zay
(Ida-Seele-Archiv)

1898 verfasste die Bürgerschullehrerin ein weiteres Lehrbuch, das 1918 in zweiter Auflage erschien, speziell für die pädagogische Arbeit in der sogenannten Sommerbewahranstalt, auch Sommerasyl bezeichnet. Über die Einrichtung, ist nachzulesen, dass sie „die 3-6-jährigen Kinder der arbeitenden Landbevölkerung, während der Sommermonate unter geeigneter Leitung [aufnimmt], hier werden sie vor körperlichem, wie sittlichem Schaden bewahrt, sie werden an Ordnung, Reinlichkeit und ein gesittetes Benehmen gewöhnt. Sie werden mit solchen Spielen und Beschäftigungen unterhalten, die für ihr Alter passen; auch wird das Taktgefühl in ihnen geweckt und das religiöse Gefühl in ihnen gepflegt“ (Zay 1898, S. 3). Die 23 Seiten umfassende Publikation „geht im ersten theoretischen Teil vom ‚Allgemeinen‘ zu ‚Körperpflege‘, ‚Pflege der Sinnesorgane‘, ‚Kinderkrankheiten‘, ‚Winke für das Verhalten bei Unglücksfällen‘ über, bietet einen ‚Beschäftigungsplan‘ und schließt mit ‚Verschen und Erzählungen‘“ (Arvay 2012, S. 16).

Fachbuch von Adele Zay
Abbildung 4: Fachbuch von Adele Zay
(Ida-Seele-Archiv)

4 Würdigung

Jede Persönlichkeit der Geschichte, so auch Adele Zay, ist in ihrem sozialkulturellen und historischen Umfeld zu sehen und zu verstehen. In der einschlägigen Fachliteratur ist die engagierte Forstsetzerin des Fröbel’schen Werkes gleichsam, wenn ihr Name auftreten sollte, nur noch eine Fußnote. Dabei hatte sie viele hunderte von jungen Frauen zu Kindergärtnerinnen ausgebildet, die in Einrichtungen für Kinder von ca. drei bis sieben Jahren in Ungarn, Rumänien, Russland, Deutschland, Österreich u.a. Ländern wirkten und damit die Kleinkindpädagogik im Sinne Friedrich Fröbels national wie international beeinflussten und verbreiteten. Insbesondere mit ihrem 1896 erstmals veröffentlichten Lehrbuch, das auch in Deutschland zur Verbreitung kam, trug sie wesentlich dazu bei, dass der Kindergarten, als ergänzende pädagogische vorschulische Bildungs- und Erziehungsinstitution, sowie die Fröbelpädagogik immer mehr an Anerkennung gewannen. Eine Einrichtung kann sich in ihren Augen erst dann Kindergarten nennen, wenn sie die pädagogischen Grundsätze Friedrich Fröbels verwirklicht, vor allem seine einzelnen Spiel- und Beschäftigungsgaben, die „kein planloses Durcheinander“ sind, sondern eine innere Ordnung enthalten. Sie bilden ein zusammenhängendes, abgerundetes Ganzes, „in dem jeder Teil seine Aufgabe und Bedeutung hat. Eine Gabe geht aus der anderen hervor und bildet wieder die Grundlage für die folgende. Doch ist jede einzelne Gabe auch allein geeignet, bestimmte Anlagen und Kräfte des Kindes zu bilden“ (Zay 1916, S. 73). Die Fröbelgaben sollen die Kindergartenkinder anregen, „selbsttätig“ zu werden und sie sind insofern „Selbstbildungsmittel“.

Erfreulicherweise wurde Adele Zay von ihren Landsleuten nicht vergessen. So hat die Historikerin Ingrid Schiel mit ihrer Promotionsarbeit (2018) eine tiefgehend recherchierte Studie vorgelegt, die einen bis dato recht vernachlässigten Aspekt der Geschichte sächsischer Lebensentfaltung in Siebenbürgen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den Vordergrund stellt. Im Mittelpunkt der Untersuchungen steht der von Adele Zay ins Leben gerufene Freie Sächsische Frauenbund, der aufgrund der politischen Gegebenheiten 1930 in Deutsch-Sächsischer Frauenbund für Siebenbürgen umbenannt wurde und dessen Vorläufer bis in die Epoche des österreichisch-ungarischen Ausgleichs reichen. Er war eine politische Dachorganisation diverser Gruppen, die sich sozial und politisch manifestierte und deren wandelnder Handlungsspielraum zum einen durch den rumänischen Staat und zum anderen durch die ethnische Selbstorganisation vorgegeben war.

Heute tragen in Drabenderhöhe der „Hilfsverein der Siebenbürger Sachsen“ sowie ein Kindergarten ihren Namen. Im Foyer des „Hauses Siebenbürgen-Drabenhöhe, Alten- und Pflegeheim“ befindet sich eine Büste von Adele Zay.

5 Quellenangaben

Arvay, Ingrid, 2012. Aus dem Staub der Vergangenheit… Der evangelische Kindergarten in Kronstadt. In: Zeitschrift des Zentrums für Lehrerfortbildung. 24, S. 7 und S. 16. ISSN 1582-4357

Heltmann-Caspesius, Martha, 1934a. Die Geschichte der Anstalt. In: Direktion der Adele-Zay-Schule, Hrsg. Zum fünfzigjährigen Bestehen der Adele-Zay-Schule 1884-1934. Kronstadt: Johann Götts Sohn, S. 3-25

Heltmann-Caspesius, Martha, 1934b. Adele Zay. In: Direktion der Adele-Zay-Schule Hrsg. Zum fünfzigjährigen Bestehen der Adele-Zay-Schule 1884-1934. Kronstadt: Johann Götts Sohn, S. 26-33

Mieskes, Hans, 1986. Der Kindergarten in Siebenbürgen: Beitrag zur Kultur- und Geistesgeschichte der Siebenbürger Sachsen nach 1850. Wiesbaden-Auringen: Stephan Ludwig Roth-Gesellschaft für Pädagogik e.V.

Neugeboren, Emil, 1939. Adele Zay: Lebensbild einer deutschen Frau. Hermannstadt: Selbstverlag des Frauenvereins

Secaş, Brigitte, 2017. Das deutsche Kindergartenwesen in Siebenbürgen 1869-1933 [Unveröffentl. Masterarbeit]. München

Schiel, Ingrid, 2018. Frei – Politisch – Sozial: Der deutsch-sächsische Frauenbund für Siebenbürgen 1921-1939. Köln/Weimar: Böhlau. ISBN 978-3-412-50954-5

Witter, Felizitas, 2006. Inhalte, Quellen und Grundlagen der Pädagogik August Köhlers (1821-1879). Lübeck/Marburg: Der Andere Verlag. ISBN 978-3-89959-455-3

Zay, Adele, 1888. Kindergarten und Bewahranstalt und ihre Entwicklung innerhalb unserer Landeskirche. In: Programm der Kronstädter evangelischen Mädchenschule und der mit ihr verbundenen Fachkurse 1888. Nr. 12, S. 3-107

Zay, Adele, 1896. Die Praxis des Kindergartens: Theoretisch-praktische Anleitung zum Gebrauche der Fröbel’schen Erziehungs- und Bildungsmittel in Haus, Kindergarten und Schule. Brassó-Kronstadt: Johann Götts Sohn

Zay, Adele, 1898. Hilfsbüchlein zur Heranbildung von Leiterinnen von Sommerbewahranstalten. Kronstadt: Heinrich Zeidner

Zay, Adele, 1916. Theorie und Praxis des Kindergartens: Zum Gebrauche an Bildungsanstalten für Kindergärtnerinnen und Kinderbewahranstaltsleiterinnen. Brassó-Kronstadt: Johann Götts Sohn

Zay, Adele, 1924. Die Kindergärtnerinnen-Bildungsanstalt der ev. Kirche A. B. in Siebenbürgen. Hermannstadt: Honterus

Zay, Adele, 1925. Die Kindergärten, Bewahranstalten und die Kindergärtnerinnen-Bildungsanstalt. In: Johannes Reichart, Hrsg. Das Sächsische Burzenland einst und jetzt. Kronstadt: Johann Götts Sohn, S. 219-230

6 Informationen im Internet

Verfasst von
Manfred Berger
Mitbegründer (1993) und Leiter des „Ida-Seele-Archivs zur Erforschung der Geschichte des Kindergartens“
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Zitiervorschlag
Berger, Manfred, 2019. Zay, Adele [online]. socialnet Lexikon. Bonn: socialnet, 09.05.2019 [Zugriff am: 25.01.2025]. Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/lexikon/5857

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