socialnet Logo
Laptop als Buch - © viperagp 32556208/Fotolia.com

Eine Definition ist eine Definition

30.12.2024    Christian Koch

Jeder Beitrag im socialnet Lexikon beginnt mit einer Definition. Und damit auch mit einer besonderen Herausforderung für die Autor:innen.

Was ist ein Tisch?

Einen Begriff eindeutig zu beschreiben, ist manchmal schwerer, als es auf den ersten Blick erscheint. Natürlich wissen wir alle, was ein Tisch ist. Ein Tisch ist ein Möbelstück mit vier (Tisch-)Beinen und dient z.B. zum Essen (Esstisch). Aber ein Stuhl ist auch ein Möbelstück mit vier Beinen, und es gibt bestimmt Tische mit drei Tischbeinen oder vielleicht einen Klapptisch mit nur einem Stützbein oder sogar ohne Beine. Nach längerer Überlegung könnten Sie als Definition auf folgende Formulierung kommen: „Ein Tisch ist ein Möbelstück mit einer waagerechten Fläche zum Ablegen oder Bearbeiten von Gegenständen.“ Dann hätten wir den Küchentisch, den Couchtisch, den Klapptisch (mit Bügeln statt Beinen) und den OP-Tisch erfasst. Wobei bei letzterem haben wir noch ein Problem mit den „Gegenständen“.

Was leistet eine Definition?

Die Erwartungen an eine gute Definition beim socialnet Lexikon sind hoch:

  • Die Bedeutung eines Begriffs soll sich schnell und sicher erfassen lassen. Wenn man die Definition zweimal lesen muss, um sie zu verstehen, spricht dies gegen die Zweckmäßigkeit der Definition. Der Grad der Verständlichkeit muss sich dabei auch nach dem Zielpublikum richten. Beim socialnet Lexikon sind dies Fachleute, die aber nicht aus dem Bereich des definierten Begriffs kommen müssen. So sollte eine Pflegekraft einen Begriff aus dem Sorgerecht gut verstehen können und eine kaufmännische Kraft einen psychologischen Begriff.
  • Die Definition muss alle dem Begriff zuzuordnenden Objekte oder Sachverhalte einschließen (im obigen Beispiel auch den OP-Tisch) und gleichzeitig alle nicht zugehörigen Objekte ausschließen (im Beispiel die Anrichte oder die Hutablage).
  • Die Definition kann auch für das Verständnis zentrale Merkmale enthalten, die zur Abgrenzung nicht zwingend erforderlich sind. Eine Definition könnte beispielsweise beginnen mit „Die Psychoanalyse ist eine von Sigmund Freud entwickelte Theorie und Methode …“, auch wenn für die Definition die Nennung des Begründers nicht erforderlich wäre. Der Hinweis hilft jedoch, den Begriff in Zusammenhänge einzuordnen.

Was gehört nicht in eine Definition?

Jede weitere historische Einordnung, Hinweise zur aktuellen Bedeutung des Begriffs, differenzierte Darstellung von Varianten oder Abgrenzung zu anderen Begriffen geht über den Auftrag der Definition hinaus. Ein zuverlässiger Hinweis, ob eine Definition zu ausufernd ist, ist ihr Umfang. Dieser sollte in der Regel aus ein bis zwei, höchsten jedoch drei Sätzen oder Teilsätzen bestehen. Beispiele: „Eine Definition grenzt einen Begriff von anderen Begriffen ab.“, oder „Eine Definition liefert bestimmende Merkmale eines Begriffs, sodass dieser von anderen Begriffen abgegrenzt wird. Sie kann darüber hinaus weitere wesentliche Aspekte umfassen.“ Im Zweifelsfall ist die kürzere Definition die bessere.

Die einfache Definition – trivial oder genial?

In einer scheinbar einfachen Definition kann viel Arbeit stecken. Mit diesen zwei Schritten entsteht aus einem ersten Entwurf eine gute Definition.

  1. Wer sich intensiv mit einem Begriff beschäftigt hat, sieht viele Facetten, die alle so wichtig erscheinen, dass sie Eingang in die Definition finden. Hier gilt es, die Perspektive der Leserschaft einzunehmen. Diese sucht eine erste Orientierung zu dem Begriff. Für weitere Aspekte und Differenzierungen steht noch der ganze Lexikonbeitrag zur Verfügung. Daher gilt „weniger ist mehr“.
  2. Wie von allein entstehen oft komplexe Satzgebilde, weil einem während des Schreibens noch ein weiterer Aspekt in den Sinn kommt und unbedingt in den gleichen Satz einfließen soll. Bei der Überarbeitung hilft eine Orientierung an einfacher Sprache. Bevorzugen Sie kurze Sätze und einfache Aussagen, vermeiden Sie Verschachtelungen und seltene Fremdwörter.

Eine knappe und dennoch präzise Definition zu formulieren, ist und bleibt eine Kunst.