Pressearbeit – auch das noch!
Rebekka Sommer
veröffentlicht am 11.06.2015
Der Alltag in der Sozialen Arbeit ist wild und turbulent. Keine Zeit für gar nichts. Erst recht nicht für langwierige Kontaktpflege mit Journalisten. Oder … vielleicht doch? Viele Professionen haben sich im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit in den letzten Jahren rasant professionalisiert. Das notwendige Übel wird zum Standard. Wer in der Lokalzeitung und im Internet nicht präsent ist, verzichtet im Zweifel auf Aufmerksamkeit, Spenden – und Klienten. Und letztlich leidet auch das Image des Berufsstandes, denn eine gute Pressearbeit ist auch eine Gelegenheit, sich selbst als „Experte für das Soziale“ zu präsentieren.
Mit ein paar simplen Tricks könnte die Pressearbeit auch für Sozialarbeiter leichter werden – vielleicht sogar Spaß machen. Die Autorin Rebekka Sommer hat 11 Tipps aus Ratgebern, Blogs und Literatur zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit gesammelt. Eine Sozialarbeiterin, ein freier Journalist und einen Redakteur haben sie aus ihrer Alltagspraxis heraus kommentiert:
- Martin Jost ist freiberuflicher Journalist in Rosenheim – er bloggt auf www.martinjost.eu
- Annette Joggerst ist Sozialarbeiterin bei Pro Familia in Freiburg im Breisgau.
- Der Redakteur möchte nicht namentlich genannt werden, verrät aber, dass er 33 Jahre alt ist und für eine regionale Tageszeitung in Baden-Württemberg arbeitet.
Berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen!
- Fehlt Ihnen ein wichtiger Tipp oder Hinweis in dieser Liste?
- Sie haben einen Tipp ausprobiert und möchten Ihre Erfahrungen teilen? Wir freuen uns auf Ihre Nachricht!
- Weitere Tipps, Gedanken und Hintergründe zur Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im sozialen Bereich finden Sie auf dem Blog der Autorin www.rebsommer.wordpress.com
Basis-Tipps für die Öffentlichkeitsarbeit
Die Rubrik „Presse“ auf der Homepage
Ein gutes Bild oder eine aktuelle Information kann dafür ausschlaggebend sein, ob ein Artikel erscheint oder nicht. Wenn Redakteure auf Ihrer Homepage recherchieren, ist eine Frage wichtig: Dürfen Sie die Bilder und Texte verwenden, die Sie dort zeigen? Wenn das nicht klar deklariert ist, lassen Medienmacher lieber die Finger davon – was besonders schade wäre, wenn Sie die Bilder extra für diesen Zweck bereit stellen. Nennen Sie Ihre Fotogalerie in dem Fall also nicht einfach „Galerie“ oder „News“ sondern „Presse“ und versehen Sie sie idiotensicher mit dem Hinweis, dass dieses Material verwendet werden darf. In diese Rubrik gehören zwingend die Kontaktdaten der Person, die für die Pressearbeit zuständig ist.
Ziemlich unsinnig aus Sicht von Redakteuren ist es, wenn die Homepage zwar eine Rubrik „Presse“ hat, diese aber mit dem Hinweis versehen ist, dass die Verwendung von Bildern oder Variation von Pressetexten mit der Geschäftsführung abgesprochen werden muss. Das Gleiche gilt für E-Mails. Veröffentlichen Sie immer nur Pressematerial, das definitiv freigegeben wurde – alles andere nervt Journalisten und wirkt sich auf Ihre Pressearbeit eher negativ aus.
Das sagt eine Sozialarbeiterin:
„Eigentlich weiß Frau das – aber es ist gut, das nochmal zu hören!“
Das sagt ein Redakteur:
„Bilder auf der Homepage sind mir nicht so wichtig. Ich hab mir noch nie bei einer sozialen Einrichtung ein Bild heruntergeladen. Wenn mich ein Thema interessiert, mache ich das Bild selbst – oder ich suche bei einer Bild-Agentur nach einem Stellvertreter- oder Symbolbild. Allerdings muss man natürlich dazu sagen, dass es auch kleinere Blätter gibt, als die Zeitung, für die ich arbeite, die kein Agentur-Abo haben.Mich nervt eher, wenn nicht klar benannt ist, wer für die Pressearbeit zuständig ist. Ich will kein Kontaktformular auf der Internetseite, sondern die Mailadresse oder Telefonnummer einer Person, an die ich mich wenden kann!“
Ein aktueller Presseverteiler
Fügen Sie drei Journalisten zur Ihren Kontakten hinzu – idealerweise solche, die für soziale Themen zuständig sind. Das trifft vor allem dann zu, wenn Sie in einer größeren Stadt leben oder arbeiten. In kleinen Redaktionen sind die Mitarbeiter oft Allround-Journalisten, müssen sich also in alle Themen einarbeiten können. Falls Sie schon einen Presseverteiler haben: Prüfen Sie drei Ihrer Kontakte. Rufen Sie an oder schicken eine Mail: „Sind Sie noch an unseren Informationen interessiert?“ Kommt keine Antwort: Kontakt entfernen. Variante für Profis: Aktualisieren Sie Ihren gesamten Presseverteiler auf diese Weise etwa einmal im Jahr.
Das sagt ein Journalist:
„Denken Sie auch an freie Journalisten. Aufgrund der Einsparungen in den Redaktionen sind Redakteure oft wirklich nur noch Themen-Manager und Lektoren, kommen aber nicht mehr zum Schreiben. Die Recherchen und Texte geben sie bei Freiberuflern in Auftrag.
Kontakt zu Freiberuflern ist über die Redaktionen schwer zu bekommen. Aber das heißt nicht, dass Sie sie gar nicht ausfindig machen können. Googlen Sie mal die Autoren von Artikeln, die Ihnen gefallen haben. Oder geben Sie Schlüsselbegriffe aus Ihrem Themenbereich zusammen mit Orten im Umkreis in die Suchmaschine ein. Früher oder später treffen Sie sicher auf die Webpräsenz eines freien Journalisten aus Ihrer Nähe, der einige Arbeitsproben online gestellt hat. Wenn Sie ihn davon überzeugen, dass Ihre Themen eine tolle Geschichte abgeben, wird er sie seinen Kunden anbieten.“
Das sagt eine Sozialarbeiterin:
„Sehr guter Tipp!“
Das sagt ein Redakteur:
„Das mit den freien Journalisten ist ein guter Hinweis. Ich weise aber darauf hin, dass ich schon misstrauisch werde, wenn ein Freier, der selten Themen anbietet, plötzlich mit einer Geschichte ankommt. Dann glaube ich nämlich, dass er über seinen Kumpel schreiben will. Nutzen Sie also Ihre Bekanntschaft zu freien Journalisten lieber nicht aus und wenden Sie sich immer auch an die Redaktionen selbst.“
Leserbriefe schreiben
Melden Sie sich zu Wort! Schreiben Sie im Lauf der nächsten Wochen einen Leserbrief zur Veröffentlichung oder ein Feedback an eine Redaktion: Per Brief, E-Mail oder als Online-Kommentar zu einem Beitrag. Ob Print- oder Online-Medium, seriös oder boulevard, regional oder überregional – ganz egal. Wichtig ist, dass Sie an einer öffentlichen Debatte teilnehmen und sich nicht einfach nur im Stillen ärgern oder freuen. Bringen Sie dabei ruhig Ihre Einrichtung oder Profession ins Spiel, etwa so: „Ich bin Sozialarbeiterin bei Pro Familia und mache die Erfahrung, dass …“ Oder ermutigen Sie Klientinnen und Klienten, sich zu Wort zu melden.
Und noch ein Hinweis: Fangen Sie mit einem positiven Feedback an! Loben Sie eine differenzierte Berichterstattung oder einen anregenden Artikel. Ein solcher Fokus kann Augen öffnen: Eventuell werden Sie „die Presse“ zu Ihrem Themengebiet anders wahrnehmen, als wenn Sie auf die negativen Aspekte achten.
Das sagt eine Sozialarbeiterin:
„Finde ich eher schwierig, weil das manchmal mit Trägerinteressen schwierig werden könnte. Wenn ich mich als Mitarbeiterin öffentlich positioniere, muss das auf jeden Fall vorher abgesprochen sein.“
Das sagt ein Journalist:
„Rechnen Sie nicht damit, dass jeder Leserbrief auch gleich gedruckt wird. Aber eine E-Mail an die Autorin oder den Autor eines Artikels, der Ihnen gefallen hat, ist trotzdem keine Zeitverschwendung, denn Sie bauen damit eine Beziehung auf. Journalisten bekommen wenig Feedback für Ihre Arbeit und wenn, dann ist es meistens Mecker. Über eine positive Rückmeldung zu seiner Arbeit wird er sich aufrichtig freuen. Und als Ansprechpartner für das Thema behält er Sie sicher im Kopf, wenn Sie sich in Ihrer Rückmeldung als Experte positionieren.“
Keine überdimensionalen Mail-Anhänge
Zwei Megabyte – das ist ein guter Anhaltspunkt für Bilder, die Sie an Redaktionen versenden. Sind Mail-Anhänge zu groß, verstopfen sie die Postfächer der Redaktionen. Zu klein dürfen sie jedoch auch nicht sein, um gedruckt oder im Internet veröffentlicht zu werden. Die Auflösung eines Pressebildes sollte nicht kleiner sein, als 300 dpi. Anders ausgedrückt: Es wäre schön, wenn die längere Seite des jeweiligen Fotos eine Größe von 2000 Pixeln hätte.
Der Versender der E-Mail sollte dem Redakteur im Zweifelsfall auch für Rückfragen zur Verfügung stehen. Wichtig bei Bildern: Beschriften Sie diese eindeutig! Beim Foto von einer Podiumsdiskussion schreiben Sie also bitte die Namen der Diskutanten dazu, mit Hinweis „von links nach rechts“. Sind bei einer Veranstaltung mehrere Bands aufgetreten, sollte aus Ihrer Fotoreihe ebenfalls hervorgehen, wen das jeweilige Bild zeigt.
Das sagt ein Journalist:
„Verweisen Sie auch in der Pressemitteilung per Mail gern auf Ihre Website, zum Beispiel: „Zusätzliche Pressefotos vom Termin finden Sie auch im Bereich Presse auf unserer Homepage.“ So bieten Sie den Redakteurinnen und Redakteuren Auswahl, ohne eine unübersichtliche Menge an Materialien mitzuschicken.“
Nehmen Sie an einem Print-, Radio-, TV- oder Online-Interview teil
Für Neulinge in der Pressearbeit ist es bestimmt eine Herausforderung, ein Interview zu geben – schließlich kann man sich hier nicht hinter den geschriebenen Zeilen eines Journalisten verstecken, sondern tritt selbst öffentlich als Experte auf und muss zum geschriebenen Wort stehen.
Andererseits: Hier geht es um Basics in der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Denn in einem Interview haben Sie wirklich die Gelegenheit, als „Experte für das Soziale“ aufzutreten. Also los!
Legen Sie fest, welcher Aspekt Ihrer Arbeit in die Jahreszeit, die öffentliche (lokale) Debatte, zu aktuellen Gesetzesänderungen, einer neuen wissenschaftlichen Studie und zu einem für Sie greifbaren Medium passt. Keine Idee? Dann dreht sich das Interview eben um Ihren Arbeitsalltag. Formulieren Sie Ihre Kernaussagen vorab in wenigen Sätzen und senden sie der Redaktion, dem Journalisten oder Blogger, dem Sie sich nun als Interviewpartner anbieten. Reagiert niemand? Dann macht einer Ihrer Mitarbeiter das Interviews und stellt es auf Ihre Homepage.
Das sagt ein Journalist:
„Ein Interview ist eine dankbare Textform. Für Journalisten ist es relativ leicht zu schreiben. Für die Leserinnen und Leser ist es besonders wirkungsvoll. Wenn Ihr einmal gegebenes Interview online zu finden ist, kann ein Redakteur anhand seiner sehr gut Ihre Position einschätzen und Sie empfehlen sich vielleicht für weitere Interviews und Hintergrundgespräche.Angst vor falschen Zitaten brauchen Sie nicht zu haben – Wortlautinterviews sind die einzigen Texte, die Ihnen ein seriöser Journalist vor der Veröffentlichung vorlegen wird, um sicherzugehen, dass er Sie nicht falsch zitiert. (Nachträgliche Änderungen am Sinn Ihrer Aussagen wird er allerdings nicht akzeptieren, vgl. http://www.journalist.de/ratgeber/handwerk-beruf/tipps-fuer-den-berufsalltag/im-kontrollwahn-interview-autorisierung.html).
Vorsicht aber beim Pflegen eines Pressespiegels: Urheber auch eines Interviews, das zum größten Teil aus Zitaten aus Ihrem Mund besteht, ist der Journalist. Sie brauchen unbedingt sein Einverständnis, bevor Sie es auf einer eigenen Website veröffentlichen!“
Das sagt ein Redakteur:
„Das sehe ich anders! Ein schlechtes Interview mag leicht zu schreiben sein – ein gutes braucht viel Arbeit.Auf die Autorisierung Ihres Wortlaut-Interviews müssen Sie allerdings schon selbst bestehen. Idealer- und fairerweise sollten Sie im Voraus ankündigen, dass Sie autorisieren wollen. Rechnen Sie nicht damit, dass Ihr journalistisches Gegenüber das Interview von sich aus zum Gegenlesen schickt. Das Autorisieren von Interviews ist strittig, weil es die Pressefreiheit gefährdet.“
Ein obligatorischer Pressetermin pro Jahr
Laden Sie einmal im Jahr Journalisten in Ihre Einrichtung ein und zeigen Sie Ihre Arbeit. Erzählen Sie anschaulich, was hier passiert und wie Sie arbeiten. Erwarten Sie nicht, dass daraus sofort ein Medienbeitrag entsteht. Dieser Termin dient der Kontaktpflege. Und seien Sie nicht beleidigt, wenn keine oder nur wenige Journalisten kommen: In Redaktionen brennt oft die Luft und es ist nicht immer Zeit, einen Kollegen für mehrere Stunden zum Termin zu schicken. Wiederholen Sie die Einladung einfach im nächsten Jahr freundlich.
Das sagt eine Sozialarbeiterin:
„Hm. Meine Erfahrung ist eher, dass die lokale Presse nur kommt, wenn ganz tolle, wichtige Dinge anstehen. Aber vielleicht gibt es ja auch Ausnahmen …“
Das sagt ein Redakteur:
„Gute Idee – der Praktikant soll Kekse backen! Aber Spaß beiseite: Einen solchen Jour Fixe finde ich gut. Wichtig: Laden Sie per Mail zur Besichtigung oder zum Pressegespräch ein. Nicht telefonisch, nicht per Fax, nicht vorbeikommen – lieber einfach eine Mail schreiben. Das genügt, um Interesse zu wecken und stört die Redakteure nicht im Alltagsgeschäft. Eine Woche vorher nochmal anrufen und fragen, ob jemand kommt, finde ich okay.“
Geben Sie Ratschläge
Egal, ob Homepage oder Pressemeldung: Unterfüttern Sie Texte mit hilfreichen Angaben. Also: Wie ist die Gesetzeslage? An wen kann ich mich wenden? Was muss ich tun, wenn ich von einem sozialen Problem betroffen bin? So bieten einen klaren Nutzen für Rezipienten. Daran sind auch Journalisten interessiert, denn schließlich müssen und wollen sie Leser an ihr jeweiliges Blatt binden.
Als Beispiel für die Pressearbeit können Sie sich auch an Beiträgen orientieren, die in den Zeitungen klassischerweise unter der Rubrik „Leserservice“ laufen: Wie schütze ich mein Haus vor Unwetterschäden, was ist versichert, wie muss ich mich verhalten?
Was Journalisten als „Nutzwert“ bezeichnen, heißt in den Public Relations „Content Marketing“. Damit ist gemeint, dass Unternehmen auf ihren Internetseiten oder Blogs hochwertige Informationen bereit stellen, um Kunden zu binden. Dazu gehören unterhaltende, aber auch informierende und beratende Elemente, wie Tutorials oder Ratgeberseiten.
Tipps für Fortgeschrittene
Machen Sie einen Redakteur mit einem Sozialarbeits-Experten bekannt
Diese Aufgabe erfordert zweierlei. Erstens: Sie haben bereits einen funktionierenden Presseverteiler oder gute persönliche Kontakte zu Journalisten. Zweitens: Sie haben die aktuellen Debatten verfolgt und wissen, welcher Sozialarbeits-Experte zur aktuellen Berichterstattung passen könnte. Probieren Sie es aus, diese Aufgabe innerhalb der nächsten Wochen abzuhaken und nicht auf den „passenden Moment“ zu warten. Das mag Ihnen komisch vorkommen. Aber in anderen (Arbeits-)Kulturen ist es durchaus üblich, die Kontaktpflege offen und aktiv zu betreiben. Lassen Sie uns davon lernen.
Eine andere Spielart dieses Tipps: Informieren Sie einen Kolumnisten über eine neue Studie zu einem Thema der Sozialen Arbeit.
Das sagt eine Sozialarbeiterin:
„Schöne Idee – bei mir ist es in der Praxis so unprofessionell, dass ich die Presse nur einschalte, wenn Events anstehen. Real habe ich für so etwas keine Zeit. Was vielleicht ein Fehler ist …“
Das sagt ein Journalist:
„Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ist über lange Strecken Beziehungspflege und eben nicht nur das Platzieren von Themen. Nutzen Sie alle Möglichkeiten, sich langfristig als qualifizierten Experten für Ihre Themen bekannt zu machen – auch durch Ihre Präsenz im Internet (siehe auch der Tipp: „Formulieren Sie ein Statement“). Empfehlen Sie sich vor allem als jemand, der verbindlich und freundlich ist und mit dem man einfach gern telefonieren würde – ganz unabhängig vom Thema. Nur, wenn es menschlich passt, entstehen langfristige Beziehungen zwischen Experten und Journalisten.“
Bitten Sie einen Lokaljournalisten, ein Event zu moderieren
Zum Beispiel eine Spendengala, Jubiläums- oder Weihnachtsfeier. Oder, mal etwas ganz anderes: Lassen Sie einen Journalisten die Jahreshauptversammlung Ihres Vereins moderieren. Das könnte Schwung in die Pflichtveranstaltung bringen.
Das sagt eine Sozialarbeiterin:
„Sehr schöne Idee!“
Das sagt ein Journalist:
„Viele Journalisten fühlen sich wohl in der Öffentlichkeit und werden eine Moderation gern annehmen. Außerdem ist es für Sie eine gute Möglichkeit, zu einem spannenden Thema unmittelbar ins Gespräch zu kommen. Kurz gesagt: Die Moderation wird der Journalist sehr wahrscheinlich in guter Erinnerung behalten und Ihre Organisation ist von da an bei ihm in noch besserer Erinnerung.“
Das sagt ein Redakteur:
„Für mich ist das der unpraktikabelste Tipp in dieser Liste. Ich würde niemals eine Nicht-Eigenveranstaltung moderieren. Umsonst mache ich nichts. Und wenn ich Geld verlange, habe ich eine Geschäftsbeziehung und bin als Journalist nicht mehr neutral.“
Formulieren Sie ein Statement
Wenn Sie zu Gast in einer Talkshow wären – worüber würden Sie sprechen? Welche Haltung würden Sie guten Gewissens vertreten, für welche Haltung steht Ihre Einrichtung? Diese Information ist wichtig. Verbreiten Sie sie in allen Medien, die Ihnen zur Verfügung stehen – zunächst auf der eigenen Homepage.
Ganz simples Beispiel: „Schule braucht Sozialarbeit!“ Dieses Statement könnte neben dem Profil eines Mitarbeiters mit Foto und Kontaktdaten auf der Webseite stehen. Ergänzt mit einer Begründung („Schule braucht Sozialarbeit, weil …“) kann es aber auch bei jedem Mitarbeiter-Profil stehen – und jeder formuliert seine eigene Begründung oder Story dafür. Eine dritte, provokantere Spielart: „Schule braucht Sozialarbeit. Sie fragen sich, warum? Rufen Sie mich an – ich erkläre es Ihnen.“
Journalisten helfen solche Statements, einzuschätzen, wofür ein möglicher Experte im Interview steht. Je klarer Ihre Rolle, desto wahrscheinlicher ist es, dass man Sie als Experte konsultiert. Das hat dramaturgische Gründe: So werden Experten-Aussagen gern einander gegenüber gestellt. Ein klares Statement kann Journalisten aber auch die Befürchtung nehmen, dass Sie sich schwammig ausdrücken, im Gespräch keine Haltung einnehmen werden, in dieser Hinsicht „schwierig“ sind. Denn dieses Vorurteil über Sozialarbeiter kursiert in der Medienwelt definitiv (https://rebsommer.wordpress.com/2014/09/22/neun-rollen-die-sozialarbeiter-in-der-journalistischen-berichterstattung-einnehmen-konnen/ ).
Das sagt eine Sozialarbeiterin:
„Der letzte Satz stimmt leider …“
Das sagt ein Journalist:
„Dass Sie mit Ihrer Position und pointierten Statements im Internet zu finden sind, macht den Journalistinnen und Journalisten ihre Recherche nach Experten leichter. Ihre Statements dürfen verknappt sein – differenzieren können Sie ja immer noch im Hintergrundgespräch mit der Presse. Und aktuell sollten sie auch sein. Bloggen Sie doch Ihre Sicht der Dinge zu neuen Entwicklungen in Ihrem Bereich, damit Sie sich auch zu aktuellen Themen als Experte empfehlen.“
Benutzen Sie möglichst leichte Sprache
Fachsprache und Fachjargon sind der Feind vieler Journalisten. Es kursiert die Annahme, dass Sozialpädagogen ihre Texte gern mit Fachbegriffen spicken und Formulierungen in alle Richtungen hin vorsichtig absichern. Machen Sie sich im Gespräch mit Journalisten bewusst, dass sie in der Regel ein breites Publikum erreichen und entsprechend klar und einfach formulieren müssen.
Das gilt auch für eigene Texte, wie Pressemeldungen: Als Experte für Laien verständlich zu schreiben, ist nie einfach. Aber als Sozialarbeiter haben Sie ein prima Instrument aus der eigenen Profession, nämlich die leichte Sprache. Die soll dabei helfen, dass Menschen mit Lernbehinderung oder nichtdeutscher Muttersprache Texte besser verstehen.
Das Büro für Leichte Sprache hat Regeln festgelegt: „Benutzen Sie Verben“, heißt es darin zum Beispiel. Also: „Soziale Arbeit will Menschen in belastenden Situationen befähigen und unterstützen“, anstatt „Ziel der Sozialen Arbeit ist die Befähigung und Unterstützung von Menschen in belasteten Situationen“. Formulieren Sie aktiv statt passiv: „Wir wählen den Heimbeirat“ statt „Morgen wird in unserer Institution ein Heimbeirat gewählt“.
Zur leichten Sprache gehören kurze Sätze. Abkürzungen und Fachbegriffe sollen erklärt und Zeichen ausgeschrieben werden, zum Beispiel § als „Paragraf“. Für Ihre Pressemeldungen können Sie durchaus eine Mischform von Fachsprache und „leichter Sprache“ finden. Wenn Sie für ein Fachmedium schreiben, können Sie einen Fachbegriff wie Inklusion natürlich hinterher wieder einsetzen. Für ein allgemeines Medium sollte er aber erklärt werden.
Das sagt ein Journalist:
„Kurze Sätze. Hauptsätze, Hauptsätze, Hauptsätze. Und Passiv weglassen. Also nie: „Heute wird der Grundstein zu unserem neuen Beratungszentrum gelegt“, sondern immer: „Wir legen heute den Grundstein.“ Entscheiden Sie sich immer für die Aktiv-Konstruktion. Das macht ganz nebenbei Ihre Sätze kürzer.“
Das sagt ein Redakteur: „Hm. Ganz doof sind wir Redakteure nicht, nur faul und überarbeitet. Ob jemand Paragraph oder § schreibt, ist mir schnuppe. Ich lese 30-seitige Gerichtsurteile, da komme ich auch mit Sozialarbeiter-Jargon ganz gut klar. Dieser Tipp bezieht sich wohl eher für die eigenen Medien von Sozialen Einrichtungen und weniger auf die Pressearbeit.“
Verfasst von
Rebekka Sommer
freiberufliche Texterin, Journalistin, Soziologin, Lehrbeauftragte und Master-Sozialarbeiterin
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Zitiervorschlag
Sommer, Rebekka, 2015.
Pressearbeit – auch das noch! [online]. socialnet Materialien.
Bonn: socialnet, 11.06.2015 [Zugriff am: 22.03.2025].
Verfügbar unter: https://www.socialnet.de/materialien/10952.php
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