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Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (Hrsg.): Kurs für pflegende Angehörige

Rezensiert von Prof. Dr. Margret Flieder, 06.04.2011

Cover  Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (Hrsg.): Kurs für pflegende Angehörige ISBN 978-3-497-02085-0

Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen (Hrsg.): Kurs für pflegende Angehörige. Manual zur Kursgestaltung. Ernst Reinhardt Verlag (München) 2010. 353 Seiten. ISBN 978-3-497-02085-0. D: 59,00 EUR, A: 60,60 EUR, CH: 98,00 sFr.
Reinhardts gerontologische Reihe - Band 45. Verfaßt von Abt-Zegelin, Angelika; Tolsdorf, Mareike; Schönberger, Christine; Tschainer, Sabine.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

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Thema

Der Einsatz von Angehörigen bei Pflege, Begleitung und Betreuung hilfsbedürftiger Menschen ist unverzichtbar. Ohne pflegende Angehörige müssten wesentlich mehr Menschen als bisher in einer stationären Einrichtung leben. Insofern ist es gesellschaftlich und auch aus pflegewissenschaftlicher Sicht geboten, diese Zielgruppe entsprechend zu unterstützen und zu schulen. Angehörige brauchen für diese anspruchsvolle Aufgabe zum einen fachbezogene Inhalte zur Unterstützung bei Lebensaktivitäten und zur Gestaltung der Lebenswelt bzw. der Wohnumgebung. Zum anderen brauchen sie Informationen über Hilfen und Entlastungsmöglichkeiten, bevor sie an eigene Grenzen kommen und um auf schwierige Situationen vorbereitet zu werden. Diese Informationen werden üblicherweise in Kursen von einschlägig versierten Pflegefachkräften vermittelt. Der vorliegende Band greift dieses Thema auf inform einer Zusammenstellung von Themen und Inhalten, die hierfür sinnvoll und erforderlich sind.

Zu den Herausgeberinnen

Prof. Dr. Angelika Abt-Zegelin ist Pflegewissenschaftlerin und lehrt an der Universität Witten-Herdecke.

Mareike Tolsdorf ist ausgebildete Pflegefachkraft in der Altenpflege, Fachinformatikerin, Bachelor und Master of Science in Nursing. Sie ist tätig als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Witten-Herdecke und freiberufliche Pflegewissenschaftlerin.

Prof. Dr. Christine Schönberger ist Diplom-Psychologin und lehrt Sozialwissenschaften an der Fachhochschule München.

Sabine Tschainer ist Dipl.-Theologin und Dipl.-Psycho-Gerontologin, Zusatzqualifikationen in Sozialmarketing und als Personalcoach, langjährige einschlägige Tätigkeit in der Fort- und Weiterbildung von Gesundheitsberufen.

Aufbau

Das Buch enthält eine Vorbemerkung sowie eine Hinführung. Der Band richtet sich an PflegepädagogInnen und an Pflegefachkräfte, die pflegende Angehörige unterrichten im Rahmen eines entsprechenden Kurses. Die Zielsetzung des Bandes besteht darin, die für Kurse relevanten Inhalte mit aktuellen Angaben vorzustellen.

Der 343-seitige Band ist in 15 Kapitel (Module) gegliedert, gefolgt von einem Anhang. Es liegt eine CD bei mit Vorlagen für Handouts und Folien.

Die Module sind ähnlich aufgebaut mit Angaben zum Zeitrahmen, Ablauf, Einstieg, inhaltsbezogenen Schwerpunkten, Abschluss und Literaturhinweisen.

Wissenswertes in Kürze

Der Band beginnt mit einer Hinführung im Hinblick auf eine dem Band in jedem Kapitel immanenter doppelter Orientierung: Den Bedürfnissen der pflegenden Angehörigen und denen der pflegebedürftigen Menschen, aber auch die Schattenseiten von Pflege mir all ihren Belastungen bzw. der Vereinbarkeitsproblematik von Pflege und Erwerbsarbeit sowie weiteren familiären Aufgaben. Im Anschluss stellen die Autorinnen Hinweise zum Setting eines Kurses vor, zur Evaluation und zur didaktischen Gestaltung der Inhalte.

Modul 1: Einführung, Kennenlernen, rechtliche und finanzielle Aspekte. Dieses Modul thematisiert zunächst gruppenbezogene Aspekte und gemeinsame Ziele. Im weiteren Verlauf stehen zentrale rechtliche und finanzielle Themen im Vordergrund, u.a. die Einstufung nach der Pflegeversicherung, soziale Absicherung der Pflegeperson, Pflegegeld und Sachleistungen, Möglichkeiten zum Widerspruch gegen die Einstufung sowie Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht.

Modul 2: Das Leben gestalten. Bei diesem Modul wird eingegangen auf umgebungsbezogene Aspekte bei häuslicher Pflege. Erläutert werden z.B. die Bedeutung und Gestaltung von Beziehungen, Aspekte der Wohnraumgestaltung, Überlegungen zur zeitlichen Gestaltung des Tagesablaufs, Aspekte der Wahrnehmung der Sinnesorgane, Lebenswelt und Selbstbestimmung.

Modul 3: Entlastung und Selbstsorge. Hier steht die Situation der pflegenden Angehörigen im Mittelpunkt. Es geht um die Wahrnehmung und Thematisierung der mit der Übernahme der Pflege verbundenen Aufgaben, möglichen Belastungen und Grenzen, aber auch um Informationen über Hilfen, Entlastungsmöglichkeiten und Selbstsorge.

Modul 4: Körperpflege. Die Schwerpunkte dieses Moduls beziehen sich auf grundsätzliche Aspekte der Körperpflege und des An- und Auskleidens. Dabei geht es nicht nur um hygienische und ablaufbezogene Hinweise, sondern auch um eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Körper, um Körperwahrnehmung, Berührung, Nähe, Schamgefühl und den Umgang mit Ausscheidungen. Mit der Durchführung von Körperpflege sind Gefühle und Belastungen auf beiden Seiten verbunden, auch darauf wird in diesem Modul eingegangen.

Modul 5: Ernährung. Eine adäquate Ernährung sicherzustellen ist das zentrale Ziel dieses Moduls. Dabei geht es vor allem um bedeutungsbezogene Facetten von Ernährung, Geschmack und um Risken nicht ausreichender Ernährung und Flüssigkeitszufuhr. Exemplarisch werden ausgewählte Probleme und Hilfemöglichkeiten thematisiert sowie Ernährung bei Diabetes.

Modul 6: Bewegung I. Die Bedeutung von Bewegung steht im Mittelpunkt dieses Moduls. An exemplarischen Beispielen aus der Kinästhetik werden Anregungen und Übungen vorgestellt, die bei Mobilisation und Bewegungsabläufen hilfreich sind.

Modul 7: Bewegung II. Der Schwerpunkt dieses Moduls betrifft neben bewegungsbezogenen Elementen vor allem das Thema Schmerz und den Umgang mit Schmerzen.

Modul 8: Vorbeugende Maßnahmen Teil I. Hier geht es um vorbeugende praktische Maßnahmen, die Kontrakturen oder einen Dekubitus verhindern können. Einer bewegungsförderlichen Umgebung und entsprechenden Übungen wird dabei besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Modul 9: Vorbeugende Maßnahmen Teil II. Bei diesem Kapitel zu weiteren vorbeugenden Maßnahmen stehen präventive Aspekte zur Verhinderung von Stürzen, Thrombose, Pneumonie und weiteren atmungsbezogenen Problemen im Vordergrund.

Modul 10: Begleitung am Lebensende. Auf Begleitungs- und Pflegeaufgaben in der letzten Lebensphase wird hier näher eingegangen. Diese Aufgaben umfassen nicht nur patientInnenbezogene Tätigkeiten, sondern richten sich auch auf die Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod, mit Abschied nehmen, den Umgang mit Wahrheit und Trauern. Ein Exkurs ist weiteren Hilfen wie der Unterstützung durch ambulante oder stationäre Hospize gewidmet.

Zusatzmodul 1: Pflege an Demenz erkrankter Menschen. Hier wird ein Einstieg mit grundlegenden Kenntnissen gegeben in das Krankheitsbild der Demenz. Diese Inhalte sind vor allem darauf ausgerichtet, das Krankheitserleben zu akzeptieren und Hinweise zum Umgang mit den herausfordernden Verhaltensweisen der Demenzkranken zu vermitteln.

Zusatzmodul 2: Pflege an Krebs erkrankter Menschen. Angesichts der Komplexität der Krebserkrankung haben die Autorinnen hier zwei exemplarische Themenfelder in den Mittelpunkt gestellt: Information und Austausch über hilfreiche Aspekte des Umgangs mit der Krankheit und Wahrnehmung und Bewältigung der eigenen Belastungen mit dem Ziel, die Lebensqualität zu erhalten bzw. wenn möglich zu erhöhen.

Zusatzmodul 3: Pflege an Parkinson erkrankter Menschen. Dieses Modul geht ebenso wie die vorherigen Zusatzmodule bewusst wenig ein auf medizinische Erklärungen, sondern vielmehr auf Symptome, den hilfreichen Umgang damit sowie Verständnis und einen wertschätzenden Umgang mit den alltagsbezogenen Hürden dieser Erkrankung.

Zusatzmodul 4: Pflege an Rheuma erkrankter Menschen. Auch Rheuma ist ein komplexes und vielschichtiges Krankheitsbild, dessen medizinische Facetten kaum in einem Kurs Platz haben. Wichtig für mitbetroffene Angehörige sind jedoch die hier angesprochenen Aspekte der Lebensaktivitäten und Überlegungen, zu welchen Hürden krankheitsbezogener, sozialer oder materieller Art Hilfen benötigt werden. Hierzu gibt das Modul exemplarisch Einblicke.

Zusatzmodul 5: Pflege von Menschen nach einem Schlaganfall. Dieses Thema ist ebenfalls ein sehr großes und es betrifft viele pflegende Angehörige. Mit diesem Modul wird ein Schwerpunkt gelegt auf Möglichkeiten zur Rückkehr in die Normalität unter angemessener Berücksichtigung des krankheitsbezogenen Zustandes. Ein zweiter Schwerpunkt ist dem Bereich Kommunikation bei Sprachstörungen gewidmet.

Zielgruppen

Das Buch wendet sich vor allem an pädagogisch tätige Fachkräfte, die mit pflegenden Angehörigen arbeiten. Es bietet eine Vielzahl theoretisch fundierter und praxisnaher Beiträge.

Die Texte sind niveauvoll, gut lesbar geschrieben und anschaulich aufbereitet. Der Band eignet sich sowohl für Profis mit einschlägigen Vorkenntnissen als auch für interessierte Neulinge im pädagogischen Feld.

Diskussion

Formal und inhaltlich ist das Buch sehr gelungen. Besonders hervorzuheben ist die gelungene Mischung aus sach- und fachbezogenen Inhalten, einer immer wieder explizit benannten Ressourcenorientierung, aktueller und weiterführender Literatur sowie methodisch-didaktischen Hinweisen. Durch das Format des Buches in Din A 4 lässt sich schnell ein Überblick gewinnen innerhalb der Kapitel. Da der Band vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen in Auftrag gegeben wurde, sind vielfach Adressen aus dem bayrischen Raum genannt.

Besonders ansprechend sind die reflektierenden Fragen und selbsterfahrungsbezogenen Elemente, die auch für Laien einen Perspektivwechsel in die Situation einer pflegebedürftigen Person ermöglichen.

Der Band gibt in beeindruckender Weise Einblicke in die Breite des Themas und macht aufmerksam auf neue Chancen, Erkenntnisse und vielfältige Möglichkeiten für die professionelle Arbeit. Es ist kein klassisches Lehrbuch, sondern vermittelt theoriefundierte Konzepte, konkrete Verfahren und praxisbezogene Hinweise.

Fazit

Die professionelle Arbeit in Schulungen mit pflegenden Angehörigen braucht ein differenziertes, praxisbezogenes Instrumentarium. Mit diesem lesenswerten Band werden grundlegende und aktuelle Themen in gut aufbereiteter Form zugänglich gemacht. Wer sich mit der Schulung pflegender Angehöriger befasst, dem sei dieser Band sehr empfohlen.

Rezension von
Prof. Dr. Margret Flieder
Evangelische Hochschule Darmstadt
Fachbereich Pflege- und Gesundheitswissenschaften
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Es gibt 37 Rezensionen von Margret Flieder.

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ISSN 2190-9245