Detlef H. Rost (Hrsg.): Intelligenz, Hochbegabung, Vorschulerziehung, Bildungsbenachteiligung
Rezensiert von Ann-Christin Röver, 20.06.2011

Detlef H. Rost (Hrsg.): Intelligenz, Hochbegabung, Vorschulerziehung, Bildungsbenachteiligung. Waxmann Verlag (Münster/New York/München/Berlin) 2010. 208 Seiten. ISBN 978-3-8309-2377-0. 29,90 EUR.
Thema
Aktuelle Forschungsergebnisse aus Pädagogik und Psychologie, sowie Perspektiven, die sich mit dem Umfeld von Intelligenz, Hochbegabung, präschulische Förderung und Bildungsbenachteiligung beschäftigen, sind in diesem Band zusammengefasst.
AutorIn oder HerausgeberIn
Dr. phil. Detlef H. Rost ist Professor für Pädagogische Psychologie und Entwicklungspsychologie an der Philipps-Universität in Marburg. Er leitet das seit 1987 laufende Marburger Hochbegabtenprojekt und die 1999 gegründete Begabungsdiagnostische Beratungsstelle BRAIN.
Entstehungshintergrund
Eine Fachtagung im Jahr 2009 feierte das zehnjährige Bestehen der Bagabungsdiagnostischen Beratungsstelle BRAIN. Die Fachbeiträge der Tagung sind in diesem Band zusammengefasst und damit für die Öffentlichkeit zugänglich.
Aufbau
Insgesamt fünf Fachbeiträge thematisieren die Intelligenzforschung unter Berücksichtigung aktueller Entwicklungen im Bildungsbereich und der Vorschulpädagogik.
Inhalt
Im ersten Beitrag
stellt Dr. Frank M. Spinath das Konstrukt Intelligenz vor und
erläutert, neben den individuellen Begebenheiten und
Ausprägungen, die Bedeutung des sozialen Umfeldes und weitere
Einflussgrößen auf die persönliche Entwicklung.
Das
nächste Kapitel wirft einen kritischen Blick auf die
theoretischen, empirischen und diagnostischen Annahmen, die zum
Beispiel mit „Emotionaler Intelligenz“ und „Sozialer
Intelligenz“einhergehen. Dabei zeigt Dr. Detlef H. Rost,
dass bisher diese Konzepte keine befriedigenden Ergebnisse
liefern.
Im dritten Kapitel präsentiert Dr. Joan Freeman
die Resultate einer seit über 35 Jahren laufenden
Längsschnittstudie zur Entwicklung von Hochbegabten.
Insbesondere der Zusammenhang von Begabung und Erfolg und die
Bedeutung von Unterstützungsmaßnahmen durch Bildung werden
hinreichend erläutert.
Dr. Rainer Dollase beschäftigt
sich mit der Frage, ob eine frühere Einschulung für begabte
Kinder sinnvoll sein kann und wie eine gelingende Vorschulpädagogik
konzipiert sein müsste.
Im fünften und letzten Kapitel
widmen sich die Autoren Dr. Wilfried Bos, Dr. Tobias C. Stubbe
und Magdalena Buddeberg dem Problem der
Bildungsbenachteiligung aufgrund von Armut. Aktuelle Ergebnisse aus
der empirischen Bildungsforschung zeigen deutliche Differenzen auf,
so dass verschiedene Verfahren zur Erhebung des sozialen Status
aufgezeigt werden.
Die Fachbeiträge nehmen verschiedene
Schwerpunkte zur Begabungsforschung in den Blick und verdeutlichen
die Korrelation von Begabung, Förderung und sozialem Hintergrund
für den individuellen Bildungs- und Lebenserfolg.
Diskussion
Die fünf Beiträge fassen hilfreiche Informationen und Ergebnisse zusammen, die auch für die aktuelle Bildungsdiskussion, wichtige Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen. Neben der Abgrenzung verschiedener Intelligenzdefinitionen, sind die Forschungsergebnisse der Langzeitstudien sehr interessant. Ob sich hervorragende Begabungen im Erwachsenenalter in erstaunliche Leistungen umsetzen, hängt von vielen Faktoren ab. Der soziale Kontext spielt jedoch eine entscheidende Rolle. Hervorzuheben ist auch der letzte Beitrag, der sich mit dem Thema armutsbedingte Bildungsbenachteiligung beschäftigt. Dr. Wilfried Bos, Dr. Tobias C. Stubbe und Magdalena Buddeberg integrieren differenzierte Modelle zur Erhebung dieser Thematik. Pierre Bordieus Theorien nehmen hier einen wichtigen Platz ein und verschiedene Verfahren zur Operationalisierung des sozialen Kapitals werden gut zusammengefasst und erläutert. Die Sozialmilieuanalyse und die Einbettung der Lebensweltforschung, ebenso das Konzept der capability approach und andere Modelle zeigen die Notwendigkeit eines vielfältigen Blicks auf das Thema. Einzelne Indikatoren greifen hierbei oft zu kurz, weshalb das breite Spektrum der Modelle für den Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungserwerb zielführender ist.
Fazit
Insgesamt eine lohnenswerte Zusammenstellung aktueller Forschungsbeiträge zum Verhältnis von Begabung, Förderung und sozialem Hintergrund. Für Pädagogen, Psychologen und Bildungsverantwortliche ein hilfreiches theoretisches Fundament.
Rezension von
Ann-Christin Röver
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