Jürgen Hargens: Aller Anfang ist ein Anfang
Rezensiert von Dipl. Soz. Päd. Detlef Rüsch, 23.03.2004

Jürgen Hargens: Aller Anfang ist ein Anfang. Gestaltungsmöglichkeiten hilfreicher systemischer Gespräche. mit 3 Tabellen. Vandenhoeck & Ruprecht (Göttingen) 2004. 160 Seiten. ISBN 978-3-525-46195-2. 17,90 EUR. CH: 31,20 sFr.
Einführung in das Thema
Gespräche sind das "Arbeitsmedium" der meisten Therapeuten/-innen und Berater/innen.
Vor einem systemischen Hintergrund wird in diesem Buch die besondere Bedeutung der Erstgespräche/-kontakte und der Einfluss des jeweiligen "Rahmens" sowie der non-verbalen Kommunikation analysiert. Dabei wird jedes Gespräch als Erstgespräch verstanden, so dass das gesamte Buch sich mit Gesprächsinhalten und der jeweiligen Gesprächskultur im therapeutischen und gesellschaftlichem Setting befasst.
Autor
Jürgen Hargens ist Diplom-Psychologe, Psychologischer Psychotherapeut, Supervisor, Fortbildner sowie Gründer der Zeitschrift für systemische Therapie. Er arbeitet in freier Praxis und hat im Laufe seiner mehr als 25jährigen Praxistätigkeit zahlreiche Bücher und Beiträge veröffentlicht.
Aufbau und Inhalte
"Immer wieder Rahmen setzen und berücksichtigen!", so könnte man den Aufbau und die Zielsetzung dieses Buches für die beraterische und therapeutische Arbeit benennen. Hierzu bedient sich Jürgen Hargens vor allem dreier Rahmen:
Zunächst zeigt er den grundlegenden Rahmen seiner Welt- und Fachsicht auf. Seine lösungs- und ressourcenorientierten Haltungen stellt er vor dem Hintergrund der Möglichkeiten vielfältiger Sichtweisen von Problemen und Beratungsanlässen dar. Hierbei legt er besonderen Wert auf die Bedeutung der Sprache, welche neben der erforderlichen Wertschätzung immer wieder verdeutlichen soll, dass das Leben (und natürlich die Beratung) von permanenten Veränderungen geprägt ist. In diesem Teil des Buches lässt Hargens regelmäßig die grundlegende, aktuelle Literatur systemischer Autoren/-innen anhand markanter Zitate einfließen.
Den zweiten Rahmen setzt der Autor, indem er sich der jeweiligen, direkten Gesprächssituation vor Ort zuwendet. Die Gestaltung der Praxisräume, die Anmeldeformalitäten, die sprachlichen Äußerungen, das Zeitmanagement, usw. werden kritisch hinterfragt und hinsichtlich der Dienlichkeit für einen gelingenden Beratungsprozess beleuchtet.
Nachdem diesen zwei gröberen, aber besonders wichtigen Bereichen Aufmerksamkeit geschenkt wurde, wird das direkte therapeutische Gespräch ganz genau analysiert, dezidiert unter die Lupe genommen und stellenweise seziert:
- Wie wirkt sich welche Rahmensetzung in Form von (non-) verbalen Äußerungen auf den Beratungsprozess aus?
- Wie kann ich mir ausreichend Feedbackschleifen ermöglichen durch welche Form von Fragestellungen?
- Welche Punkte müssen bei der Beendigung eines Gespräches beachtet werden?
Sehr eindrücklich macht dies Hargens anhand von drei Gesprächsbeispielen deutlich, welche er schon fast pointillistisch vom Empfang bis zur Verabschiedung darstellt und jede einzelne Interaktion, Intervention und Interpretation von Seiten des/der Therapeuten/-in kritisch hinterfragt und hinsichtlich des professionellen Handeln einordnet.
Der im Anhang abgedruckte Beitrag zur Kundigkeit von Menschen, welche professionelle Beratung suchen, fasst noch einmal die vielfache Einrahmung systemischer Gesprächsführung hervorragend zusammen. Der achtseitige Literaturanhang enthält die wesentlichen Beiträge von "praktischen Forschenden" und "forschenden Praktikern/-innen" zur systemischen Gesprächsgestaltung.
Zielgruppen
Neben professionell tätigen Therapeuten/-innen und Beratern/-innen ist dieses Buch sehr dienlich für alle, welche auf systemischer Grundlage hilfreiche Gespräche führen bzw. gestalten wollen, gleich welcher Rahmen sich hierfür im beruflichen oder persönlichen Kontext bietet.
Fazit
Die sehr verständliche Sprache des Autors, der hervorragende fachliche Lebens- und Erfahrungshintergrund sowie die professionelle Einbettung praktischer und wissenschaftlicher Arbeit machen dieses Buch zu einem Standardwerk der systemischen Gesprächsgestaltung. Hierbei ist jedoch zu betonen, dass weder fertige Gerichte noch unbedingt gelingende Rezepte serviert werden. Jürgen Hargens hat ein "Kochbuch" zusammengestellt, welches mit persönlichen Erfahrungen jedes einzelnen Lesenden ergänzt und in der praktischen Anwendung auch korrigiert und erweitert werden kann, darf und soll. Sein Buch beendet quasi den Beginn des Resümees seiner bisherigen Arbeit und mag fortgeführt werden gemäß dem Titel: ALLER ANFANG IST EIN ANFANG!
Rezension von
Dipl. Soz. Päd. Detlef Rüsch
Dipl.Soz.päd., systemischer Familientherapeut, Jugendsozialarbeiter an einer Mittelschule, Kinderschutzfachberater
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