Josef Schrader, Reinhard Hohmann et al. (Hrsg.): Mediengestützte Fallarbeit
Rezensiert von Prof. Dr. Erich Schäfer, 30.04.2011
Josef Schrader, Reinhard Hohmann, Stefanie Hartz (Hrsg.): Mediengestützte Fallarbeit. Konzepte, Erfahrungen und Befunde zur Kompetenzentwicklung von Erwachsenenbildnern.
W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG
(Bielefeld) 2010.
306 Seiten.
ISBN 978-3-7639-4659-4.
24,90 EUR.
CH: 42,80 sFr.
Reihe: EB-Buch - 31.
AutorIn oder HerausgeberIn
- Schrader, Josef/ Hohmann, Reinhard/ Hartz, Stefanie (Hg.) (2010): Mediengestützte Fallarbeit. Konzepte Erfahrungen und Befunde zur Kompetenzentwicklung von Erwachsenenbildnern. Bielefeld.
- Josef Schrader ist Professor für Erwachsenenbildung/ Weiterbildung am Institut für Erziehungswissenschaften der Eberhard Karls Universität Tübingen.
- Reinhard Hohmann ist Projektleiter bei der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in Bonn.
- Stefanie Hartz ist Professorin für Weiterbildung und Medien an der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig.
Neben den drei Herausgeber/innen sind sieben weitere Autor/innen an der Publikation beteiligt, dabei handelt es sich in der Regel um wissenschaftliche Angestellte der Eberhard Karls Universität Tübingen.
Entstehungshintergrund
Das hier dokumentierte Projekt „Kompetenzentwicklung von Lehrenden durch mediengestützte Fallarbeit“ führte die Eberhard Karls Universität Tübingen in den Jahren 2007 bis 2010 in Kooperation mit der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung unter Förderung des BMBF durch. Dieses Projekt steht in Verbindung mit einem zeitgleich durchgeführten DFG-Projekt.
Aufbau
Das Werk gliedert sich in vier Teile.
- Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Bedarf und den Angeboten an Fortbildung für Lehrende der Erwachsenenbildung im Allgemeinen und speziell von Lehrenden aus Sicht der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung.
- Im zweiten Teil werden die konzeptionellen Grundlagen des Forschungs- und Entwicklungsprojektes ausführlich erörtert.>
- Gegenstand des dritten Teils ist die Entwicklung einer computerunterstützten Lernumgebung für mediengestützte Fallarbeit.
-
Abschließend werden im vierten Teil die empirischen Befunde zu Akzeptanz und Wirksamkeit mediengestützter Fallarbeit vorgestellt.
Inhalt
In seinem einleitenden Beitrag betont Reinhard Hohmann die zentrale Bedeutung der Fortbildung der Lehrenden in der pädagogischen Arbeit der Erwachsenenbildungsverbände und skizziert Desiderata für eine zukünftige Kursleiterfortbildung. Aus wissenschaftlicher Perspektive ergänzt Josef Schrader die Situationsanalyse und gibt einen umfassenden Überblick sowohl über die Notwendigkeit als auch die gegenwärtige Praxis der Fortbildungsangebote für Lehrpersonen in der Erwachsenenbildung. Ein trägerübergreifendes Fortbildungskonzept existiert bis heute nicht.
In vier sehr grundlegenden Beiträgen werden im zweiten Teil der Publikation die konzeptionellen Grundlagen des Projektes zur Kompetenzentwicklung von Lehrenden durch mediengestützte Fallarbeit vorgestellt. Der Anspruch des einführenden Beitrages von Josef Schrader zur mediengestützten Fallarbeit ist es, „die theoretischen, konzeptionellen und empirischen Grundlagen und Voraussetzungen des Fortbildungskonzeptes sowie des Weiteren seine grundlegenden Ziele, Inhalt, Methoden, Medien und Arbeitsformen“ vorzustellen (S. 72). Hier wird deutlich, worauf das Forschungs- und Entwicklungsprojekt abzielt, nämlich ein modulares Fortbildungsangebot für Lehrkräfte in der Erwachsenenbildung zur Förderung der Diagnose von Lehr-Lernsituationen, das auf authentische Videofälle aus der Erwachsenenbildungspraxis zurückgreift. Der sich anschließende Beitrag von Annika Goetze und Stefanie Hartz analysiert Konzepte fallbasierten Lernens von der Weiterbildung bis zur Frühpädagogik. Anschließend reflektiert Annika Goetze darüber, was ein guter Fall ist und gibt einen Überblick über prototypische Fallmaterialien, -medien, -settings und -konzepte. Wie die mediengestützte Fallarbeit mit Hilfe eines Fortbildungskonzeptes umgesetzt werden kann und welche Rolle dabei den Moderator/innen zugedacht wird, ist Gegenstand der Überlegungen in dem Beitrag von Sabine Digel und Annika Goetze; leider wird das Moderationsskript dem Leser nur in Auszügen vorgestellt.
Wie mediengengestützte Fallarbeit in eine computergestützte Lernumgebung eingebettet werden kann, darum geht es in den zwei Artikeln des dritten Teils der Studie. Zunächst behandelt Sabine Digel technische, rechtliche und konzeptionelle Aspekte der Videodokumentation von Lehr-Lernprozessen. Wenn die Autorin schreibt, dass die „digital aufbereitete Fallsammlung … die konzeptionelle Ausgangsbasis dafür (bildet), ein online zugängliches Fall-Laboratorium aufzubauen …“ (S. 187) stellt sich der Leser die Frage, wann und wie er Einsicht in die eigentlichen Fälle, die materielle Basis der Fortbildungen, erhalten kann. Der Artikel von Ralf Olleck macht uns mit technischen Anforderungen und Funktionalitäten für Einzelarbeit, Gruppenarbeit und Blended-Learning-Szenarien vertraut.
Im vierten und letzten Teil der Studie werden empirische Befunde zu Akzeptanz und Wirksamkeit der mediengestützten Fallarbeit vorgestellt. Für den Leser ergibt sich hier ein grundsätzliches Problem, die Ausführungen einschätzen zu können: Er kennt weder die aufgezeichneten Fälle, die Gegenstand der Fortbildungen war, noch ist ihm das erwähnte Moderationsskript (S. 214) bekannt, geschweige denn die zugehörigen „Instruktionshilfen“ (S. 218). In dem Artikel von Sabine Digel, Josef Schrader und Stefanie Hartz erfahren wir, dass die vorgestellten Befunde zeigen, „dass mediengestützte Fallarbeit auf grundlegende Akzeptanz bei Lehrpersonen“ trifft; „In Abhängigkeit des vorhandenen fachlichen und pädagogischen Wissens werden die Inhalte und Kontexte der Fälle unterschiedlich beurteilt.“ (S. 257) Des Weiteren erfahren wir, dass „dank einer erneuten finanziellen Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung die Möglichkeit (besteht), in Kooperation mit der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung die begonnene Forschung- und Entwicklungsarbeit zu erweitern und zu vertiefen“ (S. 259).
Diskussion
Die in diesem Band versammelten Forschungsberichte zu dem Projekt „Kompetenzentwicklung von Lehrenden durch mediengestützte Fallarbeit“ machen deutlich, dass die Notwendigkeit der Fort- und Weiterbildung von in der Erwachsenenbildung tätigen Personen – angesichts der hohen Zahl von Quereinsteigern – dringend erforderlich ist. Der Anspruch nach Professionalität und Qualität entscheidet sich auf der mikrodidaktischen Ebene. Für die Interaktionsebene, das Lehr-Lerngeschehen zwischen Teilnehmenden und Dozent/innen, ist das erwachsenenpädagogische Handeln der vielen ehren-, neben und auch hauptamtlichen in Seminaren und Kursen tätigen Personen zentral. Von den an Lehrpersonen, die an dieser Studie teilgenommen haben, verfügte über die Hälfte über keine Erstqualifikation im pädagogischen Bereich (S. 240). Hier besteht ein enormer Handlungsbedarf auf den reagiert werden muss. Die mediengestützte Fallarbeit kann hier einen Weg aufzeigen, die benötigten Kompetenzen zu fördern. Auch die Einbettung in eine computerbasierte Lernumgebung vermag eine Perspektive aufzuzeigen. Allerdings müsste das angestrebte „Fall-Laboratorium“ allen Trägern, Verbänden und Lehrenden zugänglich sein. Zu Recht wird in der Studie auf die trägerspezifische Zersplitterung der Weiterbildungsangebote hingewiesen (vgl. S. 43). Gemessen an diesem Anspruch ist es schade, dass sich diese Studie auf die Kooperation mit einem Verband konzentrierte. Hier wäre zu fragen, inwiefern die gesammelten Erkenntnisse auf andere Bereiche und Träger zu übertragen sind. Unabhängig davon sollte die materille Basis diese Projektes, die dokumentierten Fälle und dazugehörigen Materialien möglichst schnell der interessierten Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht werden; schließlich wurde das Projekt maßgeblich aus Mittel des BMBF gefördert. Es wäre schön gewesen, wenn der Publikation ein Datenträger mit den entsprechenden Videofällen und den Fortbildungsmaterialien beigefügt werden wäre.
Fazit
Das Buch bietet primär den an der Thematik interessierten Wissenschaftler/innen und Forscher/innen umfangreiche Anregungen; die Praktiker der Erwachsenenbildung außerhalb der Katholischen Bundesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung müssen auf das erstellte und untersuchte Fortbildungsmaterial leider warten.
Rezension von
Prof. Dr. Erich Schäfer
Studiengangsleiter des berufsbegleitenden Masterstudienganges Coaching und Führung an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena
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Es gibt 8 Rezensionen von Erich Schäfer.
Zitiervorschlag
Erich Schäfer. Rezension vom 30.04.2011 zu:
Josef Schrader, Reinhard Hohmann, Stefanie Hartz (Hrsg.): Mediengestützte Fallarbeit. Konzepte, Erfahrungen und Befunde zur Kompetenzentwicklung von Erwachsenenbildnern. W. Bertelsmann Verlag GmbH & Co. KG
(Bielefeld) 2010.
ISBN 978-3-7639-4659-4.
Reihe: EB-Buch - 31.
In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/10524.php, Datum des Zugriffs 23.01.2025.
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