Ekkehard Crisand, Marcel Crisand: Psychologie der Gesprächsführung
Rezensiert von Prof. Dr. Matthias Elzer, 20.06.2011

Ekkehard Crisand, Marcel Crisand: Psychologie der Gesprächsführung.
Windmühle Verlag
(Hamburg) 2010.
9., durchges. Auflage.
122 Seiten.
ISBN 978-3-937444-68-0.
15,00 EUR.
Reihe: Arbeitshefte Führungspsychologie - Band 11.
Autoren
Prof. Dr. rer. oec. Ekkehard Crisand ist durch zahlreiche Fachbücher zur Personalpsychologie seit Jahrzehnten bekannt. Er ist der Begründer der Reihe „Arbeitshefte Führungspsychologie“, in der das zu besprechende Buch erschienen ist.
Prof. Dr. rer. pol. Marcel Crisand arbeitete in Chemiekonzernen und ist seit 2009 Professor für Betriebswirtschaftlehre an der SRH Hochschule Heidelberg.
Beide Autoren haben seit der 6. Auflage (1997) das Arbeitsheft „Psychologie der Gesprächsführung“ herausgegeben.
Entstehungshintergrund
Im Vorwort zur 9. Auflage stellen die Autoren die Frage („Welches psychologische Fachwissen benötigt der Vorgesetzte?“ und räumen der Gesprächsführung eine wesentlich Rolle ein. Sie beklagen, dass die Regeln der Gesprächsführung oft nicht bekannt seien und dadurch der „Brückenschlag“ zwischen den Individuen Vorgesetzter und Mitarbeiter nicht gelinge.
Aufbau und Inhalte
Das Arbeitsheft umfasst 122 Seiten, es gliedert sich in jeweils 10, teilweise sehr kurze Kapitel, die mit Tabellen und Abbildungen strukturiert und visualisiert werden.
Kapitel 2 „Die verschiedenen Arten des Gesprächs“ besteht aus einer halben Seite. Es benennt Personen- und Sachgespräche, die gelingen können oder nicht und damit zum Konfliktgespräch werden.
In Kapitel 3 „Verzweigungspunkte“ werden unter Bezug zur Transaktionsanalyse an einem Beispiel Missverständnisse in einem Gesprächsdialog aufgezeigt. Dabei ist der Bezug zur Transaktionsanalyse von Berne aber nicht erkennbar.
Kapitel 4 „Psychohygienisches Verhaltensmerkmale im Gespräch“ (nach Rogers und Tausch)“ behaupten die Autoren, dass „Grundlage eines jeden Gesprächs ist, dass der Gesprächspartner etwas verkaufen möchte. Dies kann eine Meinung, eine Ware, eine Einstellung oder sogar Hilfe sein.“ (S. 21) Diese Meinung der Autoren steht allerdings in krassem Gegensatz zur Grundhaltung der nondirektiven und klientenzentrierten Gesprächsführung nach Rogers. Es folgen die drei Basisvariablen nach Rogers (Kongruenz, Empathie und Akzeptanz), die als „psychohygienische Verhaltensmerkmale“ bezeichnet werden.
Im Kapitel 5 („Die partnerschaftliche Kommunikation“) stehen die Techniken des aktive Zuhörens, Paraphrasieren und Verbalisierens mit Checklisten und detaillierten Übungsbeispielen im Zentrum. Anhand von Gesprächsausschnitten wird die eigene Antworttendenz reflektiert.
Kapitel 6 „Das Bild vom anderen“ beschäftigt sich mit „Urteilstendenzen“ wie erster Eindruck, selektiver Wahrnehmung, Übertragung, Halo-Effekt, mit „verbalen und nonverbalen Signalen“ sowie mit Feedback, letzteres mit Checklisten und Übungsbeispielen.
Wirkfaktoren bzw. Variablen der Gesprächsführung werden kurz in Kapitel 7 angerissen. Kapitel 8 wendet sich den affektiven und kognitiven Komponenten des Gesprächs zu und gibt Raum, diese in Beispielen zu üben.
Kapitel 9 „Voraussetzungen für eine Einstellungsänderung durch das Gespräch“ besteht aus eine Checklist mit 13 Fragen.
Kapitel 10 dagegen beschäftigt sich ausführlich mit den „Botschaften im Gespräch“, d. h in „Ich-„ oder „Sie-Botschaften“ zu sprechen und mit der „Reversibilität“. Dies wird in Übungsbeispielen vertieft.
Es schließt sich ein Literaturverzeichnis mit einschlägigen Quellen an, wovon nur einige wenige Autoren im Text selbst ausgewiesen wurden.
Diskussion
Die Autoren behandeln in dem kurzen Band (ca. 120 Seiten) einige relevante Aspekte der Gesprächsführung aus psychologischer Perspektive. Sie möchten die Grundlagen der Gesprächsführung vermitteln und helfen, Fehler zu vermeiden. Sie geben in den jeweiligen Kapiteln kurze, oft verkürzte theoretische Anmerkungen, die in Checklisten, Übungen und Textbeispielen aus verschiedenen Lebensbereichen münden.
Der Band „Psychologie der Gesprächsführung“ liegt in der 9. wenig veränderten Auflage der „Arbeitshefte Führungspsychologie“ („Grüne Reihe“) des Windmühle-Verlag vor. Die Arbeitshefte werden laut Prospekt des Verlages beworben „ … für die Aus- und Weiterbildung von Fach- und Führungskräften und für das Studium hohe Praxisorientierung, verständlich, wissenschaftlich fundiert …“. Sie werden in hoher Auflage verkauft.
Arbeitshefte sind keine Lehrbücher. Dennoch sollte auch ein sehr kurz gefasstes Arbeitsheft zur „Psychologie der Gesprächsführung“ wissenschaftlich ausgewiesen sein, was hier nicht der Fall ist. Einerseits werden mit den wenigen nebenbei im Text erwähnten Autoren (z.B. Rogers) oder Termini (z.B. Übertragung, Abwehrmechanismen) so umgegangen, dass zu fragen ist, ob die Autoren diese je gelesen und verstanden haben. Andererseits werden im Literaturverzeichnis viele Quellen genannt, die den laxen Umgang mit Quellen und Termini bemänteln sollen. Wäre dieses Arbeitsheft eine studentische Bachelor-Arbeit, wäre sie wegen erheblicher Mängel durchgefallen.
Fazit
Abgesehen von der mangelnden wissenschaftlichen Fundierung ist zu bezweifeln, ob Führungskräfte und BWL-Studierende auf diese Weise lernen, üben und reflektieren können, mit Mitarbeitern professionell und unter Berücksichtigung psychologischer Aspekte zu kommunizieren.
Rezension von
Prof. Dr. Matthias Elzer
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