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Mari Krey: Der Elternkurs "Kinder im Blick" als Bewältigungshilfe [...]

Rezensiert von Mag. Dagmar Bojdunyk-Rack, 21.06.2011

Cover Mari Krey: Der Elternkurs "Kinder im Blick" als Bewältigungshilfe [...] ISBN 978-3-89574-744-1

Mari Krey: Der Elternkurs "Kinder im Blick" als Bewältigungshilfe für Familien in Trennung. Eine Evaluationsstudie. Verlag Dr. Köster (Berlin) 2010. 340 Seiten. ISBN 978-3-89574-744-1. 34,80 EUR.
Wissenschaftliche Schriftenreihe Psychologie - Band 20.

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Thema

Trennung und Scheidung stellen für jedes Kind ein kritisches Lebensereignis dar, der Zusammenbruch der Familie ist ein schwerer Verlust für die Kinder. Oftmals bleiben die Konflikte der Eltern über die Trennung hinaus bestehen. Diese Elternkonflikte wirken sich negativ auf die Kinder aus. Ein wesentlicher protektiver Faktor für Kinder, um die Trennung zu bewältigen, ist daher die Konsensbildung zwischen den Eltern. „Kinder im Blick“ legt das Augenmerk in der Arbeit mit Eltern auf die Ausübung einer kindzentrierten Elternschaft, die Reduzierung der Konfliktintensität und auf die Bedürfnisse der Kinder nach einer Trennung oder Scheidung.

Autorin

Mari Krey hat im Zuge ihrer Dissertation den Elternkurs „Kinder im Blick“ evaluiert.

Aufbau

Das Buch beinhaltet drei große Themenbereiche.

  1. Zunächst werden Zahlen und Fakten zur Trennung und Scheidung in Deutschland, der Wandel in der Scheidungsforschung sowie die Ursachen für die zunehmenden Trennungen beschrieben.
  2. Die Auswirkung einer Trennung oder Scheidung auf die Eltern und Kinder sowie Bewältigungshilfen stellen einen weiteren Schwerpunkt dar.
  3. Die Rahmenbedingungen, inhaltliche Schwerpunkte und Zielsetzungen des Elternkurses „Kinder im Blick“ werden erläutert und im Anschluss wird ausführlich auf die Evaluierung - auf die Fragestellungen, Methoden und Ergebnisse dieser, eingegangen.

1. Abschnitt: Familien in Trennung

Die Familiensituation in Deutschland wird mittels Zahlen, Daten und Fakten dargestellt. Näher eingegangen wird auf die Ursachen von Trennungen – auf Kommunikations- und Interaktionsmuster sowie dahinterstehende Erwartungen und Attributionen, die für das Misslingen von Beziehungen ausschlaggebend sind. Daraus ergibt sich als Ansatzpunkt für Präventivprogramme, dass diese die relevanten Kompetenzen für eine Aufrechterhaltung der Elternbeziehung fördern müssen. Sehr ausführlich und prägnant werden die kurz- und langfristigen Auswirkungen einer Trennung auf Eltern und Kinder dargestellt. Die Folge von Konflikten der Eltern und die daraus resultierenden Stresssituationen für die Kinder werden eingehend beschrieben. Schutzfaktoren, die zur Bewältigung einer Trennung beitragen sowie Risikofaktoren, die diese verhindern können sind Bestandteil dieses Abschnitts. Die Möglichkeiten elterlicher Kooperation sowie die Varianten nachehelicher Elternbeziehung werden abschließend diskutiert.

2. Abschnitt: Bewältigungshilfen für Familien in Trennung und ihre Wirksamkeit

Um Kinder nach einer Trennung oder Scheidung bestmöglich zu unterstützen, müssen folgende Ziele bei allen Präventions- und Interventionsmaßnahmen erreicht werden: Reduzierung der Feindseligkeiten und Konflikte zwischen den Eltern, die Förderung der elterlichen Kooperation, Sensibilisierung der Eltern für die Triangulierung und die Bedürfnisse der Kinder, eine Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehungen, die Förderung der Copingstrategien betroffener Eltern und Kinder sowie eine Veränderung der negativen Attributionen von Eltern und Kindern. Eine Beschreibung der Bewältigungshilfen auf Einzel-, Paar- und Gruppenebene sowie eine Gegenüberstellung von Elterntrainings in Deutschland und in den USA mit unterschiedlicher Dauer und unterschiedlichen Zielen geben einen sehr guten Überblick über Unterstützungsmaßnahmen für Familien in Trennungssituationen.

3. Abschnitt: Der Elternkurs „Kinder im Blick“

Das Hauptaugenmerk dieses Elternkurses liegt auf der Vermittlung der Bedürfnisse von Kindern nach der Trennung oder Scheidung ihrer Eltern, in der Ausübung einer kindzentrierten Elternschaft sowie in der Reduzierung der Konfliktintensität zwischen den Eltern. Beschrieben werden die Rahmenbedingungen wie Zielgruppe, Gruppengröße, Kurs- und Sitzungsdauer, das TrainerInnenteam, die Lehrstrategien sowie der Ablauf der einzelnen Treffen. Schwerpunktmäßig werden drei Ebenen - Ich, Kind und Wir - in den einzelnen Treffen unterschiedlich bearbeitet. Nach einer Trennung sind die betroffenen Eltern meist selbst so belastet, dass es ihnen schwerfällt, ihre Kinder im Blick zu behalten. Daher geht es auf der Ebene des ICH besonders darum, vorhandene Ressourcen zu aktivieren, ein Verständnis für Konflikteskalation und –deeskalation herbeizuführen und Möglichkeiten der Selbstfürsorge in der Krise aufzuzeigen. Auf der Ebene WIR geht es vor allem um eine Reduzierung der elterlichen Konflikte. Auf der Ebene KIND stehen die Erziehungskompetenzen der Eltern sowie die Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung im Vordergrund. Die theoretischen Säulen auf denen dieses Konzept basiert sind kommunikations- und konflikttheoretische Grundlagen, Erziehungskompetenz und emotionale Kompetenz sowie die systemische Perspektive auf das Trennungsgeschehen. Diese theoretische Fundierung wird sehr detailliert, facettenreich und in die Tiefe gehend bearbeitet. Die möglichen Wirkmechanismen und Interventionsmöglichkeiten fließen in das Konzept von „Kinder im Blick“ ein und werden praxisnah beschrieben.

Um die Auswirkungen des Elternkurses auf die Eltern und die Kinder zu untersuchen, wurde eine Studie mit Kontrollgruppen und Prä-Posttest-Messungen durchgeführt. Das Evaluierungsdesign (Fragestellungen, Methoden der Datenerhebung und Hypothesen) wird genau dargestellt. Die Ergebnisse stimmen grundsätzlich positiv, so konnte bestätigt werden, dass durch eine Teilnahme am Elternkurs „Kinder im Blick“ wesentliche Ziele erreicht werden konnten - nämlich die Kinder so gut wie möglich vor den schädlichen Auswirkungen der Trennung zu bewahren, das Wohlbefinden der Eltern zu steigern und die Konfliktsituation zu entspannen. Gleichzeitig bleiben Fragen offen, die in folgenden Untersuchungen geklärt werden müssen, z. B. die Frage nach den Langzeiteffekten.

Diskussion

Der Aufbau des Buches ist übersichtlich, vor allem die theoretischen Aspekte sind sehr verständlich und doch in die Tiefe gehend dargestellt. Als besonders positiv ist hervorzuheben, dass ein guter, umfassender Überblick über die bestehenden Elternbegleitprogramme nach einer Trennung oder Scheidung in den USA und in Deutschland gegeben wird. Das Buch setzte sich mit den Möglichkeiten auseinander, wie Eltern nach der Trennung im Interesse der Kinder die Elternschaft ausüben können. Dieses Buch ist für Personen, die im Beratungskontext mit Familien und Kindern nach Trennung arbeiten, als auch für Gerichtsgutachter und Sachverständige zu empfehlen, da trennungsspezifische Basics vermittelt werden.

Fazit

Zu wünschen wäre, dass der Elternkurs „Kinder im Blick“ weiterentwickelt wird und von vielen Eltern in Anspruch genommen wird. Eine Trennung oder Scheidung ist für alle Beteiligten ein kritisches Lebensereignis, muss aber kein Trauma darstellen. Wesentlich und ausschlaggebend für die Bewältigung ist der Umgang aller Betroffenen mit dieser Lebenssituation – und eine Unterstützungsmöglichkeit würde „Kinder im Blick“ darstellen!

Rezension von
Mag. Dagmar Bojdunyk-Rack
Geschäftsführerin RAINBOWS-Österreich
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Es gibt 17 Rezensionen von Dagmar Bojdunyk-Rack.

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Zitiervorschlag
Dagmar Bojdunyk-Rack. Rezension vom 21.06.2011 zu: Mari Krey: Der Elternkurs "Kinder im Blick" als Bewältigungshilfe für Familien in Trennung. Eine Evaluationsstudie. Verlag Dr. Köster (Berlin) 2010. ISBN 978-3-89574-744-1. Wissenschaftliche Schriftenreihe Psychologie - Band 20. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/10840.php, Datum des Zugriffs 08.09.2024.


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