Norbert Thom, Adrian Ritz: Public Management. Innovative Konzepte zur Führung [...]
Rezensiert von Prof. Dr. Elmar Hinz, 03.05.2011
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Norbert Thom, Adrian Ritz: Public Management. Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor.
Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler
(Wiesbaden) 2008.
4., aktualisierte Auflage.
453 Seiten.
ISBN 978-3-8349-0730-1.
49,90 EUR.
CH: 85,00 sFr.
Reihe: Uniscope.
Thema
Die nunmehr vierte Auflage von „Public Management: Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor“ möchte auf ca. 450 Seiten als Teil der wirkungsorientierten Reformbemühungen die bisher nur rudimentär entwickelte Komponente eines entsprechenden Personalmanagements weiter ausgestalten.
Mit diesem Ziel wendet sich das Buch zunächst an Führungskräfte des öffentlichen Sektors. Mit ökonomischer Ausrichtung liegen aber auch für das wirkungsorientierte Management sämtlicher sachzieldominierter Organisationen kaum stimmig an die Erkenntnisse einer allgemeinen Betriebs- und Managementlehre anschlussfähige Konzepte dieser Funktion vor. Es ist also zu erwarten, dass mit dem vorliegenden Werk statt einer Kopie von Führungskonzepten der Privatwirtschaft ein besserer und für sämtliche Non-Profit-Organisationen interessanter Vorschlag zur Steuerung der Ressource Personal entwickelt wird. In der zu bewältigenden Balance zwischen notwendiger und hinreichender Ausgestaltung eines solchen Konzeptes sind gerade für das Management von Dienstleistungsbetrieben die Schwerpunkte der voneinander abhängigen Funktionen Personal, Organisation und Innovation geschickt gewählt: die Integration des externen Faktors ist ohne die Ressource Personal nicht vorstellbar, und seine Führung ist nicht nur die Gestaltung einer gegenwärtigen sondern auch einer zukünftigen Struktur. Das ursprünglich von der Schweizerischen Gesellschaft für Organisation und Management geförderte Forschungsprojekt ist in kurzer Zeit zu einem Standardwerk des Public Managements geworden, das zu letzt mit der vorherigen Auflage umfassend ergänzt worden ist. Das mit dem Titel versprochene vernetzte Konzept macht neugierig auf das nicht als Lehrbuch konzipierte Werk, das durch eingestreute Praxisfenster von Gastautoren und längere Fallstudien seine Inhalte anwendungsnah präsentieren will: Innovation könnte als eine gestaltete Reaktion auf eine sich immer wieder verändernde Umwelt von zentraler Bedeutung für die Entwicklung sachzielorientierter Dienstleistungsbetriebe sein.
Autoren
Prof. Dr. Norbert Thom ist Direktor des Instituts für Organisation und Personal der Universität Bern und mitverantwortlich für das Kompetenzzentrum Public Management der Universität. Zu seinen Arbeitsgebieten in Wissenschaft und Praxis gehören neben dem Public Management das Innovations- und Personalmanagement. Er gilt als Experte des betrieblichen Ideenmanagements, zur Förderung von Führungsnachwuchs und Change Management.
Prof. Dr. Adrian Ritz ist Mitglied der Geschäftsführung am Kompetenzzentrum für Public Management der Universität Bern und leitet u.a. den Executive Master of Public Administration. Neben ausgewiesener Erfahrung in der Personalarbeit sind Schwerpunkte seiner Forschungs- und Lehrtätigkeit das Personal- und Organisationsmanagement, Verwaltungsreformen sowie Public Service Motivation.
Das Buch „Public Management: Innovative Konzepte zur Führung im öffentlichen Sektor“ ist in einer Reihe der SGO Stiftung erschienen, die aktuelle Forschungsfragen mit hoher Praxisrelevanz von ausgewiesenen Experten wissenschaftlich fundiert bearbeiten lässt.
Aufbau und Inhalt
Das Buch ist in sechs Kapitel gegliedert, von denen sich vier Kapitel mit der Ausgestaltung des IOP-Konzepts befassen. Innerhalb des Führungskonzepts werden an eine allgemeine Betriebs- und Managementlehre anschlussfähig und gleich gewichtet die wesentlichen funktionalen Inhalte eines Public Managements dargestellt. Ohne die Besonderheiten der Verwaltung aus den Augen zu verlieren, greift das Buch deutlich auf generische Managementkonzepte zurück und distanziert sich insoweit von den üblichen Verwaltungsreformmodellen. Auf ein kurzes Schlusswort folgt ein umfangreiches Stichwortverzeichnis.
Die auf ca. 40 Seiten im Kapitel 1 dargestellten Grundlagen zum Management in Staat und Verwaltung greifen die seit den späten 1980er Jahren international wahrgenommenen Probleme staatlicher Leistungserstellung auf, beschreiben die internationalen Reformpfade bis hin zur aktuellen Ausrichtung Governance sowie ihre theoretische Begründung. Auf Basis der staatspolitischen Rahmenbedingungen eines Reformmodells wird außerdem kurz auf die zu letzt verstärkt betrachteten Gefahren einseitig ökonomisch ausgerichteter Vorschläge eingegangen.
Das von den Autoren entwickelte IOP Führungskonzept wird im Kapitel 2 eingeführt: die Abkürzung steht für die Komponenten Innovations- und Informationsmanagement, Organisationsgestaltung und Personalmanagement. Die Voraussetzungen für die Implementation sollen durch die ebenfalls in diesem Kapitel diskutierten integrierenden Funktionen des Strategischen Managements, des Kulturwandels und des Change Managements geschaffen werden.
Auch für ein Konzept des Verwaltungsmanagements innovativ, werden im Kapitel 3 Ansätze zur Entwicklung von Produkt- und Verfahrensinnovationen sowie soziale Innovationen im öffentlichen Sektor vorgestellt: durch das gezielte Aufgreifen externer und interner Impulse soll Wissens- und Innovationsmanagement ermöglicht werden.
Das im Kapitel 4 behandelte Informationsmanagement für mehr Transparenz fokussiert den Aufbau eines wirkungsorientierten Controllings durch Kennzahlensysteme wie die Balanced Scorecard, ausgewählte Qualitätsmanagement-Systeme, vertiefende Evaluation und E-Government.
Im Kapitel 5 werden aus der Perspektive der Konzernorganisation Leistungstiefen und schließlich einzelwirtschaftlich insb. die Prozessorganisation diskutiert.
Umfangreich wird im letzten Kapitel 6 das Personalmanagement behandelt:
nach einem vertiefenden Problemaufriss werden prozessorientiert die
klassischen Funktionen wie z.B. Personalgewinnung, -beurteilung,
-entwicklung und -freistellung behandelt. Zwar empfehlen die Autoren,
eine übergeordnete Personalstrategie in wechselseitiger
Abstimmung mit der Verwaltungsstrategie zu entwickeln, im Abschnitt
zu Führung und Leadership wird aber jenseits von Menschenbildern
und Verantwortung nur über klassische Führungstheorien und
-konzepte geschrieben.
Über den Text verteilt sind 16 sog. Praxisfenster, in denen Gastautoren zu den vorher vorgestellten Themen berichten; in sechs für das Buch erhobenen Fallstudien über verschiedene schweizerische Verwaltungsorganisationen werden typische Problemstellungen aus den Bereichen Strategie, Innovation, Organisation und Personal vertiefend behandelt. Durch Marginalien, einige Hervorhebungen und Abbildungen wird das Verständnis des lesefreundlich geschriebenen Buchs weiter gestützt.
Diskussion
Obwohl dem Werk ein eigenes Konzept zu Grunde gelegt wird, ist die Anschlussfähigkeit an vorhandenes Wissen oder Erfahrung gegeben: das macht das Buch gut für die repräsentative Erschließung eines Fachgebiets wie das sachzieldominierte Management geeignet. Die Autoren führen in alle ihre Themen sehr gut ein und setzen bei ihren Lesern wenig betriebs- oder personalwirtschaftliche Grundlagen voraus.
Die Hinführung im ersten Kapitel und dann die einzelnen Elementen des Konzepts sind stringent und schlüssig dargestellt; die einzelnen Abschnitte lassen sich auch für sich lesen. In jedem Bereich geht es jedoch um eine Auswahl generischer Managementkonzepte, die zwar sehr treffend auf den öffentlichen Sektor übertragen und so auch in anderen sachzielgetriebene Organisationen eingesetzt werden können. Um die getroffenen Auswahlentscheidungen allerdings nachvollziehen zu können, ist beim Leser ein breiteres Verständnis der Materie notwendig.
Im Einzelnen ist ganz besonders hervorzuheben, dass mit dem IOP-Konzept für das Management einer sachzielorientierten Organisation nicht nur die selten bedachte Gestaltungsvariable Innovation sondern auch der Nebenbedingung Wandel Aufmerksamkeit geschenkt wird. Mit Innovation ist das Führungskonzept radikal auf die Zukunft ausgerichtet, was gegenüber einer in der Regel an der Vergangenheit orientierten Steuerung mit dem Rechnungswesen sehr zu begrüßen ist. Neu an dem Konzept ist die gelungene Kompositionen seiner Elemente: dass z.B. Innovationen durch externe und interne Impulse wie Beteiligung verschiedener Anspruchsgruppen, Beschwerde- und Qualitätsmanagement entwickelt werden können, ist nicht unbekannt. Auf jeden Fall kann der Text ein verhaltenswirksamer Gedankenanstoß sein, für die praktische Umsetzung im Einzelbetrieb wird – wie durch die Fallstudien hervorgehoben – die Ausgestaltung der Elemente zu verfeinern sein. Für die Einordnung des Führungskonzeptes in die aktuelle Diskussion wäre es hilfreich, z.B. im Kapitel 4 eine deutlichere Verbindung zum öffentlichen Rechnungswesen aufzuzeigen oder im Kapitel 6 unter Führung eine ethische Haltung wie die Public Service Motivation aufzugreifen. Im Rahmen des Schlussworts könnte das IOP-Konzept noch einmal im Bezug zu anderen Modellen oder den andauernden Verwaltungsreformwellen gesetzt werden. Die sehr breite Literaturbasis des Werks wird vermutlich für zukünftige Auflagen zu aktualisieren sein.
Fazit
Das lesefreundliche und praxisnahe Buch ist ein einladender und empfehlenswerter Beitrag, bisher nicht nur im Management von Staat und Verwaltung wenig beachtete Elemente zur Gestaltung einer strategisch gewollten Zukunft zu integrieren. Damit der Leser die Gedanken des IOP-Konzeptes selber weiterentwickeln kann, könnte die Verknüpfung und Einordnung der Elemente deutlicher betont und der implizit verfolgte Ableitungszusammenhang herausgestellt werden. Schon jetzt ist unter den deutschsprachigen (Lehr)Büchern zum Public Management das Werk von Thom / Ritz gerade für eine personalwirtschaftliche Perspektive eine fast alternativlose und gute Wahl.
Rezension von
Prof. Dr. Elmar Hinz
Dipl.-Kfm.
Professor für Verwaltungswissenschaften an der FH Nordhausen
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