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Petra Gelléri, Carolin Winter (Hrsg.): Potenziale der Personalpsychologie

Rezensiert von Prof. Dr. Rüdiger Falk, 07.02.2012

Cover Petra Gelléri, Carolin Winter (Hrsg.): Potenziale der Personalpsychologie ISBN 978-3-8017-2364-4

Petra Gelléri, Carolin Winter (Hrsg.): Potenziale der Personalpsychologie. Einfluss personaldiagnostischer Maßnahmen auf den Berufs- und Unternehmenserfolg. Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG (Göttingen) 2011. ISBN 978-3-8017-2364-4.

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Autorin

Dipl.-Psych. Petra Gelléri & Dipl.-oec. Carolin Winter sind beide wissenschaftliche Mitarbeiterinnen am Lehrstuhl für Psychologie der Universität Hohenheim.

Entstehungshintergrund

Betrachtet man den Band das erste Mal, so ist man verwundert, warum sich 48, zum Teil renommierte Wissenschaftler bereitgefunden haben, bei zwei Mitarbeiterinnen einer Universität mitzuwirken. Dieses erste Erstaunen verschwindet aber sofort, wenn deutlich wird, dass es sich um die Festschrift für Professor Heinz Schuler zu seinem Abschied handelt. Am 6. Juli 2010 hat einer der profiliertesten Organisationspsychologen seine Abschiedsvorlesung gehalten. Vielleicht fehlt der Hinweis auf seine Festschrift bewusst, denn Hermann Brandstätter führt im Rückblick als Vorwort aus: „Es zeichnet Heinz Schuler aus, stets die Sache und nie die eigene Person in den Vordergrund zu stellen,…“

Aufbau

Der thematische Aufbau orientiert sich an den Forschungsfeldern von Heinz Schuler.

  • In Teil 1 „Personalpsychologie und Unternehmenserfolg“ werden die Implikationen der personalpsychologischen Forschung für die Praxis diskutiert.
  • Der 2. Teil ist den „Verfahren und Konstrukte der Personalauswahl“ gewidmet, in dem wichtige Grundprinzipien der Personalauswahl, berufsrelevante Konstrukte und konkrete Messverfahren diskutiert werden.
  • Teil 3 ist der „Leistungsbeurteilung und Kommunikation“ gewidmet.

Inhalte

Teil 1 „Personalpsychologie und Unternehmenserfolg“ beginnt mit einer synoptischen Analyse der zwischen 1949 und 2009 veröffentlichten deutschsprachigen Forschungsarbeiten zur Eignungsdiagnostik im Dienst der Berufsberatung und Personalauswahl. Mit den folgenden weiteren Themen beschäftigt sich dieses Kapitel: „Soziale Verantwortung bei der Personalauswahl“, „altersgemischte Teamarbeit“, „Veränderungen von Organisationen“ und „wissenschaftlich fundierte Personaldiagnostik in der Praxis“. Nicht ganz die Erwartungen erfüllt „Die Messung des finanziellen Nutzens in der Personalauswahl“, wo lediglich Nutzenanalysen und Leistungsvergleiche bei leicht quantifizierbaren Tätigkeiten dargestellt werden, zumal mit Wayne F. Cascio, University of Colorada, Denver, ein sehr renommierter Autor geschrieben hat. Hier ist sicherlich noch Forschungsbedarf.

Interessant ist auch der Teil 2 „Verfahren und Konstrukte der Personalauswahl“, der aus immerhin 15 Aufsätzen besteht. Hierbei werden durchaus bekannte Theorien oder Heuristiken in Frage gestellt. So die „zweifelhafte Nützlichkeit von Anforderungsanalysen“, die endlich mit den unsinnigen Soll-Ist-Vergleichen dankenswerter Weise aufräumt. „Personalauswahl im Kontext organisatorischen Wandels“ ist ebenso aktuell. Warum „Aktuelle Perspektiven der Personalpsychologie“ nicht dem Teil 1 hinzugerechnet wurden, ist unverständlich, zumal etliche Bereiche wie Intelligenz, Persönlichkeit etc. hinsichtlich ihrer Arbeitsbedeutung analysiert werden. Es folgen Themen wie „soziale Wahrnehmungsfähigkeit“, „Neugier“ und „Kreativität“ mit zwei Aufsätzen. Aktuell sind die „Auswahl von Auszubildenden“, ein „kompaktes berufsbezogenes Persönlichkeitsinventar“ sowie die „Messung der Big Five mit einem impliziten Assoziationstest“. Die weiteren Aufsätze befassen sich vornehmlich mit einem Kernmerkmal der Berufswelt: der Leistungsmotivation. „Leistungsmotivation in verschiedenen Ländern“ ist angesichts der Internationalisierung offensichtlich wichtig, ein „rumänisches Leistungsmotivationsinventar“, „die Qualität von Assessment Centern“ sowie zwei Aufsätze zum „Situational Judgment“ beschließen Teil 2.

Der dritte Teil „Leistungsbeurteilung und Kommunikation“ beginnt mit einem Aufsatz von Lutz von Rosenstiel, einem langjährigen Begleiter von Heinz Schuler, zur „sozialen Validität“. Es folgen Aufsätze zur „Selbstbeurteilung“, dem „Feedback-Suchverhalten in Arbeitsgruppen“, der „Führungskraft-Mitarbeiter-Kommunikation“, zur „Qualitätssicherung von Potenzialanalysen, Leistungsbeurteilungssystemen und Feedbackinstrumenten“ sowie zum „Career Assessment“.

Diskussion

Sehr positiv ist hervorzuheben, dass nicht der Versuch gemacht wurde, das Forscherleben von Heinz Schuler abzubilden, sondern den derzeitigen Stand der Wissenschaft zu beleuchten. Einige Beiträge stammen aus gemeinsamen Projekten mit ihm, andere sind durch ihn inspiriert und wieder andere sind ganz neu konzipiert worden. Fast allen ist der Geist anzumerken, fundierte wissenschaftliche Arbeit so aufzubereiten, dass sie auch angewandt werden kann. Nicht das völlig falsche „Entweder (Theorie) Oder (Praxis)-Theorem“, das von so vielen Autoren gerne zur Legitimation fehlender wissenschaftlicher Fundierung herangezogen wird, sondern das Gegenteil wird hier deutlich: In Umfang und Qualität hervorragende wissenschaftliche Leistung wird mit ihrer ökonomisch erfolgreichen Anwendung und Erprobung gekoppelt. Oder um es mit Immanuel Kant auszudrücken: „Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie“.

Für einen Sammelband ist auch das Niveau der einzelnen Beiträge weitgehend übereinstimmend einheitlich und hoch; es steht hier nicht an, einzelne Beiträge besonders hervorzuheben. Einige Kritikpunkte seien dennoch erlaubt: es fehlt eine kurze Beschreibung der Autoren und nicht alle sind (bereits) geläufig. Es fehlen auch Gliederungen bzw. Inhaltsangaben zu den einzelnen Kapiteln. Beides hätte die Lesbarkeit und Einschätzbarkeit verbessert. Zudem ist die Zuordnung der einzelnen Aufsätze zu den drei Teilen nicht immer plausibel; aber das sind lässliche Fehler. Weniger lässlich – oder handelt es sich um ein Missverständnis beim Rezensenten? – ist, dass der Aufsatz von Wayne F. Cascio gemeinsam mit Robert H. Reynolds geschrieben worden sein soll. Dies erscheint zumindest erklärungsbedürftig: Cascio hat zwar den Stiftungslehrstuhl von Robert H. Reynolds inne. Dieser erfolgreiche Geschäftsmann ist allerdings bereits im Februar 2002 verstorben und dürfte daher kaum noch als Autor in Frage kommen – oder?

Fazit

In der vorliegenden Festschrift kann durchaus ein Beitrag zur Diskussion in der angewandten Psychologie gesehen werden. Es lohnt sich, in ihr zu „schmökern“ und den einen oder anderen Artikel intensiver zu lesen. Zudem wird ein guter Überblick über die Forschungsrichtungen der Personalpsychologie gegeben. Dieses Buch sei nicht nur Studierenden, sondern auch Wissenschaftlern und den so oft angesprochenen „Praktikern“ angeraten, die sich mit der Personalauswahl, Leistungs- und Potenzialbeurteilung oder der Personalpsychologie ganz allgemein beschäftigen. Sie werden schnell feststellen, dass eine gute Theorie das Verständnis des Erkenntnisobjekts nicht behindert, sondern es im Gegenteil befördert und damit der Praxis eine sichere Grundlage bietet.

Rezension von
Prof. Dr. Rüdiger Falk
em. Professor für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Human Resource Management und Berufsbildung sowie Sportmanagement an der Hochschule Koblenz
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Es gibt 172 Rezensionen von Rüdiger Falk.

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ISSN 2190-9245