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Monika Rummler: Crashkurs Hochschuldidatik

Rezensiert von Dr. rer. soc. Wolfgang Widulle, 30.03.2012

Cover Monika  Rummler: Crashkurs Hochschuldidatik ISBN 978-3-407-36501-9

Monika Rummler: Crashkurs Hochschuldidatik. Grundlagen und Methoden guter Lehre. Beltz Verlag (Weinheim, Basel) 2011. 190 Seiten. ISBN 978-3-407-36501-9. D: 29,95 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 43,90 sFr.

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Herausgeberin

Dr. phil. Monika Rummler ist Soziologin und seit 1996 in der hochschuldidaktischen Aus- und Weiterbildung des wissenschaftlichen Personals der Technischen Universität Berlin tätig. Seit 2002 konzipiert, entwickelt und lehrt sie Hochschuldidaktik im Ausbildungsprogramm „Teaching for University‘s Best“ der TU Berlin.

Autorinnen und Autoren

Stefan Fricke, Günter Heitmann, Petra Jordan, Silvio Kürschner, Peter Lyszczan und Thomas Nehls sind in verschiedenen Lehr- und Entwicklungsfunktionen im Programm „Teaching for University's Best“ tätig.

Thema und Entstehungshintergrund

Hochschuldidaktik ist in den letzten zehn Jahren – mit Beginn in der PISA-Debatte – zunehmend zum öffentlich diskutierten Thema geworden. Seit der Exzellenzinitiative der Universitäten beansprucht die Hochschullehre, wie die Forschung auch, mehr Mittel, Ressourcen und Anerkennung, um den gewachsenen didaktischen Anforderungen an die hochschulische Lehre gerecht zu werden. Die Bolognareform hat für die Hochschullehre einige Erschwernisse produziert, aber auch Innovationspotentiale geschaffen. So ist für die Einlösung der Kompetenzansprüche der Bologna-Studiengänge – Employability, Kompetenzerwerb, Verhinderung „trägen Wissens“ und Förderung von Schlüsselkompetenzen im Studium zwingend eine Erhöhung der Qualität der Lehre notwendig.

Der didaktischen Ausbildung der Dozentinnen und Dozenten kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Während der wissenschaftlichen Ausbildung und den Forschungskompetenzen der an Universitäten und Hochschulen Lehrenden hohe Aufmerksamkeit gezollt wird und die Forschung gegenüber der Lehre für viele Lehrenden die höhere Attraktivität besitzt, so blieben didaktische Qualifikationen für Lehrende (besonders aus dem Mittelbau) lange Zeit vernachlässigt. Die Förderung einer qualitativ hochstehenden Lehre rückt nun zunehmend in den Fokus der Universitäten und Hochschulen, die didaktischen Qualifikationen der Lehrenden sind zunehmend von Bedeutung und werden durch entsprechende Aus- und Weiterbildungsprogramme gefördert. Das Programm „Teaching for University's Best“ und das in diesem Buch rezensierte Ausbildungsprogramm reiht sich in diese Bemühungen ein, die Qualität der Hochschullehre zu steigern.

Aufbau und Inhalt

Im Vorwort beschreibt die Herausgeberin den Entstehungshintergrund und die Ziele des hochschuldidaktischen Programms sowie des vorliegenden Buchs. Die Spannungsfelder und Probleme, wie auch die Chancen einer wirkungs- und anwendungsorientierten Hochschuldidaktik werden dabei anschaulich geschildert und die Anlage des Programms begründet.

Die folgenden Bausteine sind nach einem einheitlichen Muster aufgebaut: An eine Vorbemerkung schließt sich die Beschreibung theoretischer Hintergründe und Wissensbestände an. Dann folgt das didaktische Konzept der Einheit, Inhalte, Methoden und Medien werden beschrieben und Erfahrungen und Handreichungen vermittelt. Am Ende stehen Ausführungen zum Transfer und Schlussfolgerungen.

Baustein 1 „Der Einstieg in die Einführungstage“ beschreibt das didaktische Konzept des Einstiegs in die Weiterbildung. Er fokussiert auf die Voraussetzungen für ein gutes Lernklima und beschreibt dazu Methoden der Abfrage von Erwartungen, des Kennenlernens der Teilnehmer, der Aktivierung motivationaler Bereitschaften und der Klärung der Kursstruktur.

Baustein 2 „Gemeinsame Basis und theoretischer Bezugsrahmen“ beschreibt die Lehreinheit zu Kriterien „gute“ Lehre, die eine gemeinsame Basis der Teilnehmer über die Zielvorstellungen und einige theoretische Aspekte guter Lehre schafft. Der Crashkurs versteht Lernen als aktiven, konstruktivistischen, kollaborativen und kompetenzorientierten Prozess, der dann erfolgreich ist, wenn Lernende Informationen aktiv und tiefenorientiert verarbeiten und in das System ihrer Vorkenntnisse integrieren und so neue mentale Repräsentationen und Netzwerke ihres Wissens erarbeiten. Das Kapitel untersucht „gute Lehre“ aus der Perspektive der (als neurowissenschaftlich deklarierten) Lernforschung, der Hochschuldidaktik und der Studierenden. Weiter wird das didaktische Konzept des Bausteins detailliert bis in die mikrodidaktische Planung geschildert. Exemplarisch wird die Aktivierung von Vorkenntnissen und die Erstellung kognitiver Landkarten beschrieben, die für wirksames Lernen eine zentrale Bedeutung besitzen.

Baustein 3 „Planung und Durchführung von Lehrveranstaltungen“ fragt sich danach, wie erfolgreiches Lernen arrangiert und im Lernprozess selbst unterstützt werden kann. Dabei werden Methoden der Stoffaufbereitung und -reduktion, der Semester- und Veranstaltungsplanung bis hin zur Planung einzelner Unterrichtseinheiten und der in ihnen genutzten Sozialformen beschrieben. Besondere Aufmerksamkeit erfahren im Kapitel das lerneraktivierende Sandwichprinzip (Wahl 2005) und in diese Struktur eingepasste Übungsformen. Auch hier wird, wie in den folgenden Kapiteln die didaktische Struktur des Kursbausteins detailliert beschrieben.

Baustein 4 beschreibt „Aspekte guter Seminargestaltung“ und instruiert zu einigen Hürden, die in der Hochschullehre genommen werden müssen, wenn diese erfolgreich sein will: Stofffülle und Stoffreduktion, Teilnehmerorientierung und passive Studierende, motivierendes Dozentenverhalten und die Arbeit mit Großgruppen sind hier einige der Spannungsfelder, die bewältigt sein wollen. Vermittelte Lehrmethoden in diesem Baustein sind das Impulsreferat, Methoden des wechselseitigen Lehren-Lernens WELL (Huber 2007a) wie das Gruppenpuzzle, die Arbeit mit Leittexten, sowie die Diskussion, Reflexion und Metareflexion in Plenumsgruppen.

In Baustein 5 „Klassische Medien“ informiert über die Aufnahme und Verarbeitung von Lerninhalten in Präsentationen und instruiert zu wirksamer Gestaltung und Visualisierung von Lerninhalten. Ziel ist dabei die Reduktion kognitiver Belastung von Lernenden durch multimodale Darbietung von Lerninhalten. Das Kapitel gibt sowohl konkrete Anleitungen zur Gestaltung von Medien (Tafelanschrift, Pinnwand, OHP-Folien, Beamerpräsentationen wie auch zur Gestaltung der Lektionen zur Mediengestaltung. Visualisierungsbeispiele veranschaulichen die Gestaltungshinweise und eine Checkliste zur Bewertung von Präsentationen hilft, solche zu beurteilen.

Baustein 6 „Beobachtungs- und Feedbacktraining“ vermittelt Grundlagen zu Wahrnehmung und Feedback in Lehrveranstaltungen und zeigt Möglichkeiten auf, kriteriengeleitete (Video-)Beobachtung und Feedback in Lehrveranstaltungen zu nutzen. Der Baustein bietet sich idealerweise für die Nutzung des „pädagogischen Doppeldeckers“ (Wahl 2002) an, in dem Lernende selbst erleben, was sie später lehren sollen. Hier geschieht dies mit einer Musterdramaturgie für eine beobachtungs- und feedbackorientierte Übungseinheit, die die Teilnehmer vorbereiten, durchführen und zu der sie – exemplarisch – von anderen Teilnehmern ein videogestütztes und mehrperspektivisches Feedback erhalten.

Auch der Baustein 7 „Integration und Transfersicherung“ ist exemplarisch und als „pädagogischer Doppeldecker“ arrangiert. Das Kapitel zeigt die Bedeutung der Transfersicherung für den Erfolg von Lehrveranstaltungen auf und beschreibt die hierzu durchgeführte Lehreinheit im Kurs. Die Teilnehmer erleben dabei exemplarisch, wie sich am Ende von Lehrveranstaltungen Lerninhalte bilanzieren und integrieren lassen, wie offene Fragen bearbeitet werden können und der Lernerfolg kontrolliert werden. Dem Transfer ins berufliche Handeln – hier Lehren – der Teilnehmer wird besondere Aufmerksamkeit zuteil. Dazu bilden diese Praxistandems, die sich in der Follow-up-Phase des Kurses gegenseitig unterstützen und kollegial beraten.

Der Baustein 8 „Follow-up-Termine“ beschreibt die zwei Einheiten nach dem Einführungskurs, die der Transfersicherung und Vertiefung bedeutsamer Themen der Kursteilnehmer dienen. Behandelt werden bei den Follow-ups je nach Interessen der Teilnehmer der Umgang mit schwierigen Situationen in der Lehre, das Zeitmanagement der Lehrenden, die Arbeit mit Großgruppen, Kommunikation in der Gruppe, Grundlagen zum Prüfen und Bewerten von Lernleistungen, und weitere Themen.

Die beiden abschließenden Kapitel Evaluation, Qualitätssicherung und Akkreditierung und Qualifizierung für die Lehre zeigen Möglichkeiten der Evaluation und Weiterentwicklung von Lehrveranstaltungen exemplarisch an den Evaluations- und Entwicklungsbemühungen zum Programm „Teaching for University's Best“ auf. Es werden konkrete Vorgehensweisen und Materialien zur Evaluation und Entwicklung von Lehrveranstaltungen gegeben. Das Schlusskapitel beschreibt die Entwicklung der hochschuldidaktischen Aus- und Weiterbildung und zeigt die Einbettung des Kurses in das mehrstufige didaktische Ausbildungskonzept der TU Berlin. Dieses schließt nach weiteren Einheiten (zweitägige Vertiefungsveranstaltungen, Lehrhospitationen, Tandemarbeit, ein Lehrportfolio und Lehrkonzept-Entwicklung) mit einem qualifizierten Zertifikat ab.

Diskussion

Das Buch beschreibt den Crashkurs Hochschuldidaktik nachvollziehbar, präzise und anregend. Es kann so zur Anregung für hochschuldidaktische Ausbildungskonzepte genutzt werden, von der Aufnahme einzelner Elemente bis zur Durchführung des ganzen Kurskonzeptes sind viele Nutzungsformen möglich. Geeignet scheint es mir für Lehrende in der Hochschuldidaktik, bedingt geeignet scheint es mir für angehende Lehrende, wenn sie die entsprechende Metaperspektive interessiert. Für Novizen der Hochschullehre findet sich aber eine fundierte und breite Auswahl an Literatur zum vertiefenden Selbststudium (z.B. Wahl 2005, Winteler 2004, Döring 2008 u.a.). Die detaillierte Beschreibung des Kurses bis auf mikrodidaktische Ebene zeigt die qualitativ hochstehende Hochschuldidaktik der Autoren konkret und anschaulich, dabei werden theoretische Bezüge nicht vernachlässigt. Die vielfältigen Literaturhinweise und Arbeitsmaterialien machen das Buch auch für erfahrene Lehrende interessant.

Die neurowissenschaftlichen Bezüge sind „modern“, fallen aber unter das inzwischen häufig geäußerte Verdikt, dass die Pädagogik von den Neurowissenschaften über Lernen nichts erführe, das sie nicht bereits ohne sie verstünde.

Die angebotenen Materialien auf der Website des Beltz-Verlags sind eine anregende Ergänzung. Links sind allerdings fehleranfällig, die Materialien waren nur zum Teil auffindbar und sollten technisch einfacher verfügbar gemacht werden.

Fazit

Das Buch ist ein Muss für Hochschuldidaktiker, Entwickler und Planer in hochschuldidaktischen Abteilungen von Universitäten und Fachhochschulen und für Dozentinnen und Dozenten in solchen Ausbildungskursen für den Nachwuchs in der Lehre. Es ist kompakt, theoretisch-methodisch konsistent und anregungsreich. Es ist auch für erfahrene Hochschuldozierende geeignet, die sich kompakte Anregungen für ihre Lehre holen möchten. Weiter ist es ein beeindruckender Leistungsausweis für die hochschuldidaktischen Bemühungen der TU Berlin und der Autorinnen und Autoren. Zur dringend erforderlichen Professionalisierung der Lehre an Universitäten und Hochschulen und zur Unterstützung wissenschaftlicher Mitarbeiter und Lehrender ist ihm eine große Verbreitung zu wünschen.

Literatur

  • Döring, Klaus W. (2008). Handbuch Lehren und Trainieren in der Erwachsenenbildung. Weinheim: Beltz.
  • Huber, Anne A. (2007a). Kooperatives Lernen – kein Problem effektive Methoden der Partner- und Gruppenarbeit (für Schule und Erwachsenenbildung). Leipzig: Klett Schulbuchverlag.
  • Wahl, Diethelm (2002). Mit Training vom trägen Wissen zum kompetenten Handeln? In: Zeitschrift für Pädagogik, Nr. 2. S. 227-241.
  • Wahl, Diethelm (2005). Lernumgebungen erfolgreich gestalten: vom trägen Wissen zum kompetenten Handeln. Bad Heilbrunn: Klinkhardt.
  • Winteler, Adi (2004). Professionell lehren und lernen: Ein Praxishandbuch. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Rezension von
Dr. rer. soc. Wolfgang Widulle
Hochschule für Soziale Arbeit FHNW, Olten/Schweiz
Institut Beratung, Coaching und Sozialmanagement
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Es gibt 38 Rezensionen von Wolfgang Widulle.

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ISSN 2190-9245