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Edith Maria Geiger, Carola Maack: Lehrbuch guided imagery and music nach Helen Bonny (GIM)

Rezensiert von Dr. sc. mus. Monika Nöcker-Ribaupierre, 16.09.2011

Cover Edith Maria Geiger, Carola Maack: Lehrbuch guided imagery and music nach Helen Bonny (GIM) ISBN 978-3-89500-734-7

Edith Maria Geiger, Carola Maack: Lehrbuch guided imagery and music nach Helen Bonny (GIM). Dr. Ludwig Reichert Verlag (Wiesbaden) 2010. 356 Seiten. ISBN 978-3-89500-734-7. 29,80 EUR.
Reihe: Zeitpunkt Musik.

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Autorinnen

Edith Maria Geiger ist Musiktherapeutin und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Sie verfügt über langjährige Erfahrung als Musiktherapeutin und Psychotherapeutin für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Derzeit arbeitet sie mit Kinder und Jugendlichen in eigener Praxis in Berlin sowie mit Erwachsenen in Seminaren.

Carola Maack ist Musiktherapeutin und Psychotherapeutin. Sie betreibt eine eigene Praxis für Psychotherapie, Musiktherapie und Supervision, mit klinischem Schwerpunkt Psychotrauma in Buchholz bei Hamburg, außerdem unterrichtet sie an der Fachhochschule Frankfurt/Main. Derzeit ist sie Doktorandin und Stipendiatin der Universität Aalborg/Dänemark und der Tobias-Andreas-Kind-Stiftung.

Beide Autorinnen sind international anerkannte Ausbildungsleiterinnen für GIM.

Thema

GIM - Guided Imagery and Music – ist als eine rezeptive musikpsychotherapeutische Methode, eine Form der Musiktherapie. Um 1970 wurde sie von der amerikanischen Musiktherapeutin Helen Bonny auf der Basis persönlicher Erfahrungen entwickelt. Nach den Anfangsjahren in einem privaten Institut in Maryland verbreitete sich GIM schnell über den Kontinent und darüber hinaus - bis heute wird sie von ihren Kollegen und Nachfolgern kontinuierlich ausgebaut und modifiziert, und in verschiedenen klinischen und ambulanten Settings angewendet.

Das vorliegende Buch ist das erste Buch in deutscher Sprache zu diesem Thema. Es vermittelt einen umfassenden Überblick über diese Methode, ihren geschichtlichen Hintergrund, die zugrundeliegenden psychotherapeutischen Theorien, die therapeutisch eingesetzte Musik und das umfangreiche Spektrum der klinischen Anwendung, vom Setting bis zur Musikauswahl.

Eine Einführung in die Methode: Bei der Methode der Giuded Imagery and Music GIM wird klassische Musik gezielt eingesetzt, um mit Unterstützung bzw. Führung eines Therapeuten die Auflösung von Blockaden, die seelische Entwicklung und die Persönlichkeitsentwicklung zu fördern. Als psychotherapeutische Methode orientiert sie sich an den Werten der humanistischen Psychologie. In der GIM soll Musik als Klangkulisse die aktive Imagination anregen und intensive Erfahrungen ermöglichen. Hierfür werden je nach Klient/ Gruppe/Intention unterschiedliche Programme mit ausgewählten klassischen Musikstücken eingesetzt, um traumähnliche innere Bilder, Vorstellungen und Erinnerungen auszulösen. Der Klient ist entspannt mit geschlossenen Augen, nach einem vorab besprochenen Fokus führt ihn der Guide (therapeutische Begleiter) mit nicht-direktiven, nicht analysierenden, der Musik angepassten Interventionen auf seiner Reise durch spontan aufsteigende Erlebnisse bzw. Imaginationen. Die Gleichzeitigkeit der Musik, der therapeutischen Begleitung und der Imaginationen führen dazu, dass der Klient mit seinem unbewussten Material in Berührung kommt. Die Musikprogramme sind stilistisch und zeitlich so zusammengestellt, dass sie immer nach einem dynamischen Aufbau eine Entspannung folgt. So kann die Musik in Kombination mit der psychotherapeutischen Begleitung während einer „Imaginationsreise“ absichtsvoll strukturieren. Sie kann Kontakt mit vergessenen Erinnerungen und Gefühlen herstellen, ungelöste Themen der eigenen Lebensgeschichte berühren und dabei Sicherheit und Halt vermitteln. Allgemein gesagt unterstützt GIM – die Musik und der Guide – den Klienten dabei, sich seinen unbewältigten Ängsten zu stellen und dafür Lösungen zu finden – und zu heilen.
Das zugrunde liegende theoretische Konzept basiert auf Tiefenpsychologie, humanistischer und transpersonaler Psychologie sowie auf Musik- und Imaginationstheorie.

Aufbau und Inhalt

Das Buch ist in 5 Kapitel unterteilt.

1. Allgemeines: Dieser Abschnitt widmet sich der Geschichte und dem theoretischen Hintergrund von GIM: dem Prozess, dem Sitzungsablauf, der Abgrenzung zu anderen Imaginationsverfahren, der therapeutischen Beziehung (mit Fallvignetten), der Rolle des Therapeuten, mit den speziellen psychotherapeutischen Schwerpunkten von Übertragung und Gegenübertragung
Dann folgt ein umfassender Abschnitt über die Musik, ihre Rolle und Funktion – die Musikauswahl und die Zusammenstellung der Programme sowie die spezielle Art der Musikanalyse anhand verschiedener klassischer Musikstücke, von Bach bis Warlock. Danach ein Exkurs über veränderte Bewusstseinszustände: darunter verstehen die Autorinnen solche, „die vom Alltagsbewusstsein verschieden und die Teil des normalen menschlichen Erlebens sind, wie z.B. der Tagtraum oder intensive Konzentration beim Musizieren“. Es folgt, wie in jedem Ende der einzelnen Abschnitte, eine Zusammenfassung – hier mündet sie in die Definition von GIM, theoretisch sowie als Einzel- und Gruppentherapie nach Kenneth Bruscia, als dem Musiktherapeuten, der sich nach Helen Bonny am umfassendsten damit auseinandergesetzt und diese Methode akademisiert hat.

2. GIM-Modifikationen: Die Autorinnen beschreiben hier veranschaulicht mit Fallvignetten Modifikationen der GIM Methode, die sich in der klinischen Praxis als erforderlich erwiesen haben. Dabei gehen sie ausführlich auf die Musikimagination MI ein, sowohl im Einzel- als auch im Gruppensetting, in der Supervision und der Pädagogik – und arbeiten übersichtlich die Unterschiede zwischen MI und GIM heraus.

3. Forschung: Dies beinhaltet einen kurzen allgemeinen Überblick über die noch übersichtlichen GIM-Forschungen von 1990 bis 2009 mit einer tabellarischen Übersicht.

4. Anwendungsgebiete von GIM und ihren Modifikationen: In diesem Kapitel beschreiben die Autorinnen die Anwendung von GIM und ihren Modifikationen mit Schwerpunkt auf den psychotherapeutischen Bereich, zunächst unterteilt anhand des Strukturniveaus der Patienten, jeweils mit ausführlichem Fallbeispielen, über Patienten mit Psychosen. Es wird über Kontraindikation gesprochen, über GIM in Selbsterfahrung und Prävention sowie bei traumabedingten Störungen und Menschen in spirituellen Sinnkrisen.

5. Berufsfragen/Supervision und Anhang: GIM-Musikprogramme: Die im Laufe der Jahre für den therapeutischen Einsatz entwickelten (über 40) Musikprogramme, werden hier zum Teil vorgestellt und besprochen. Auch mit Therapie relevanten Interpretationen.

Zielgruppe

Da dieses Buch als umfassendes Lehrbuch konzipiert und geschrieben wurde, richtet es sich vornehmlich an Angehörige medizinischer und therapeutischer Berufe, sowie an Musiktherapeuten und GIM-Ausbildungskandidaten (BMGIM)

Aber auch für Vertreter anderer therapeutischer Berufe sowie Musiker, Musikwissenschaftler und an Musik Interessierte ist dieses Buch eine Fundgrube zum Thema psychische Wirkung von klassischer Musik im privaten und professionellen Kontext.

Diskussion und Fazit

Das Buch ist sprachlich hervorragend, klar strukturiert, spannend und gut verständlich zu lesen – wenngleich das 1. Kapitel (Theorie und therapeutischer Hintergrund) ohne entsprechendes Vorwissen anspruchsvoll zu lesen ist. Die der Praxis gewidmeten Kapitel führen auf spannende und gut verständliche Art in die klinische Arbeit mit allen dazu erforderlichen therapeutischen Facetten. Die zahlreichen Fallbeispiele, die alle Kapitel durchziehen, sind sowohl unter psychotherapeutischen als auch unter musikalischen Aspekten überzeugend und lebendig.

Die Autorinnen beschreiben sehr deutlich, dass es sich bei GIM um eine anspruchsvolle kreative Psychotherapiemethode handelt, die einer fundierten Ausbildung bedarf. Ein Lehrbuch dieser Qualität wünschten sich sicher viele Musiktherapiestudenten. Außerdem ist es ein Buch, das viele, die im therapeutischen Bereich arbeiten und sich für Musik interessieren, mit Gewinn lesen werden. Es liegt erfreulicherweise keine Musik-CD bei, so dass der Leser auf seine eigene Phantasie und inneren Bilder zurückgreifen muss.

Rezension von
Dr. sc. mus. Monika Nöcker-Ribaupierre
Dipl. Musiktherapeutin DMtG, Vice President der International Society for Music in Medicine ISMM.
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Es gibt 29 Rezensionen von Monika Nöcker-Ribaupierre.

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ISSN 2190-9245