Dirk Lange, Sebastian Fischer (Hrsg.): Politik und Wirtschaft im Bürgerbewusstsein
Rezensiert von Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer, 29.03.2011

Dirk Lange, Sebastian Fischer (Hrsg.): Politik und Wirtschaft im Bürgerbewusstsein. Untersuchungen zu den fachlichen Konzepten von Schülerinnen und Schülern in der politischen Bildung.
Wochenschau Verlag
(Frankfurt am Main) 2011.
308 Seiten.
ISBN 978-3-89974-652-5.
29,80 EUR.
Reihe: Wochenschau Wissenschaft. Agora - Schriften zur politischen Bildung.
Eine ökonomische und politische Alphabetisierung brauchen wir
Wer alphabetisiert ist, soll in der Lage sein, nicht nur Lesen, Schreiben und Rechnen zu können, sondern mit seinem Intellekt und seiner Empathie seine humane Existenz als Individuum und Gesellschaftsmitglied in unserer Einen Welt für ein „gutes Leben“ organisieren zu können. Weil der Mensch ein zôon politikon, ein politisches, vernunft- und sprachbegabtes Lebewesen ist, das nicht nur danach strebt, „satt“ zu werden, sondern auch in Gemeinschaft mit anderen Menschen ein „gutes Leben“ zu führen (Aristoteles), ist der Bildungsauftrag für die Entwicklung eines politisch denkenden und handelnden Menschen immanent in der Menschwerdung enthalten. In der schulischen und außerschulischen Bildung hat die Politische Bildung eine besondere und herausragende Bedeutung. Sie ist sowohl fachorientiert als auch fächerübergreifend als ganzheitliche Herausforderung zu verstehen. In allen Schulgesetzen von demokratischen Staaten steht deshalb der Auftrag, „Lernen für die Zivilgesellschaft“ als schulische Herausforderung zu betrachten ( vgl. dazu u.a.: Wolfgang Beutel / Peter Fauser, Hrsg., Demokratiepädagogik. Lernen für die Zivilgesellschaft, Wochenschau-Verlag, 2006, in: socialnet Rezensionen, www.socialnet.de/rezensionen/4442.php). Nicht zuletzt die Kritik an den Auswüchsen, wie sie die aktuellen, globalen Krisen an den Welttag legen – Klimakatastrophe, Wirtschafts- und Finanzkrise – haben zu Aufforderungen zu einem Perspektivenwechsel geführt (vgl. dazu: Elmar Altvater, Der große Krach oder die Jahrhundertkrise von Wirtschaft und Finanzen, von Politik und Natur, Verlag Westfälisches Dampfboot, Münster 2010, in: www.socialnet.de/rezensionen/10533.php, sowie: Worldwatch Institute (Hrsg.): Zur Lage der Welt 2009, Münster 2009, in: socialnet Rezensionen unter www.socialnet.de/rezensionen/7730.php). Es ist das ökonomische Lernfeld, das die Schülerinnen und Schüler als kritische Verbraucher ansprechen soll.
Entstehungshintergrund und Autorenteam
Die Fachdidaktiker, die sich entweder im Bereich der ökonomischen Bildung für ein Schulfach einsetzen, das in der föderativen Schullandschaft unterschiedliche Bezeichnungen hat, wie etwa Politik/Wirtschaft, Gesellschaft, Sozialwissenschaften, Gemeinschaftskunde, Wirtschaft, oder für das Lernprinzip als fächerübergreifende Bildung plädieren, stehen angesichts der Allgegenwart des ökonomischen Denkens und Handelns sowohl in den nationalen Gesellschaften, als auch in der globalisierten Welt, vor neuen Herausforderungen, bei denen es darum geht, das „Bürgerbewusstsein“ in demokratischen Gesellschaften zu erfassen.
Am Institut für Politische Bildung der Hannöverschen Leibnitz-Universität hat ein Forscherteam in den Jahren 2006 bis 2009 in einer von der Max-Träger-Stiftung geförderten Studie danach gefragt, „Wie sich Schülerinnen und Schüler die politisch-ökonomische Wirklichkeit vorstellen“. Damit stehen die alten und immer wieder neu zu bedenkenden didaktischen Anforderungen im Mittelpunkt des Forschungsprojektes. Es ist zum einen die Erkenntnis, dass von einem nachhaltigen Lernprozess nur dann ausgegangen werden kann, wenn bei den Schülerinnen und Schülern eine Auseinandersetzung mit den eigenen Vorstellungen erfolgt; und zum anderen, dass erst „das Wissen um die Vorstellungen von Schülern ( ) eine sinnvolle didaktische Strukturierung von Lernangeboten (ermöglicht)“. Der Politikwissenschaftler und Bundesvorsitzende der Deutschen Vereinigung für Politische Bildung, Dirk Lange und der wissenschaftliche Mitarbeiter Sebastian Fischer legen in dem Sammelband die Forschungsergebnisse dazu vor.
Aufbau und Inhalt
Weil „Demokratielernen“ zu einem existentiell unverzichtbaren und - wie die aktuellen politischen und gesellschaftlichen Veränderungen in den Ländern des Vorderen Orients zeigen – wachen Verlangen der Menschen nach sozialer Gerechtigkeit und politischer Beteiligung führen soll, kommt dem „Bürgerbewusstsein“ in der Politischen Bildung eine besondere Aufgabe zu. Der „mündige Bürger“ soll sich der „Gesamtheit der mentalen Vorstellungen über die politisch-gesellschaftliche Wirklichkeit“ bewusst werden und soll es ihm ermöglichen, und in die Lage versetzt werden, ein „gutes Leben“ zu führen. Der Mensch benötigt Modelle und (Vor-)Bilder, um die Welt zu erklären, sich in ihr zurecht zu finden, sich anzupassen, aber auch sie mit zu gestalten und verändern zu können. Im Sinne einer didaktischen Durchdringung formuliert Dirk Lange fünf grundlegende Sinnbilder, die Bürgerbewusstsein, als Hinführung zu einem mündigen Bürger, steuern: Vergesellschaftung, Wertbegründung, Bedürfnisbefriedigung, Gesellschaftswandel und Herrschaftslegitimation. Sie werden, je nach Mentalität und sozialer und politischer Entwicklung des Individuums als liberal, konservativ, sozialistisch oder libertär wahr genommen und ausgedrückt. Der Forschungsrahmen für die genannte politikdidaktische Rekonstruktion fokussiert den Anspruch, mit welchen Lerninhalten und Methoden das jeweils vorfindbare Bürgerbewusstsein „so in Frage gestellt werden kann, dass es sich verändert beziehungsweise erneuert“. Die didaktischen Herausforderungen orientieren sich dabei an den Fragen: Welche Vorstellungen von Schülerinnen und Schülern wirken bei der Entwicklung des Bürgerbewusstseins förderlich oder hemmend? In welchem Zusammenhang stehen die Alltagsvorstellungen mit den fachlich zu vermittelnden Inhalten? Wie lassen sich die korrespondierenden bzw. divergierenden Vorstellungen methodisch und medial aufzeigen? Welche situativen Kontexte sind geeignet, um einen positiven Lerneffekt zu erreichen? Diese Fragenkomplexe liegen den folgenden Einzelbeiträgen zugrunde.
Der ebenfalls am Hannöverschen Institut tätige wissenschaftliche Mitarbeiter Moritz-Peter Haarmann berichtet in seinem Beitrag über die „soziale Marktwirtschaft als Lernfeld der Politischen Bildung“ über die Ergebnisse seiner Forschungen. Dabei macht er deutlich, dass die unterrichtliche Vermittlung des Gegenstandes auf verschiedenen, inhaltlichen Ebenen erfolgen sollte. Zum einen durch die Darstellung der Wirtschaftsordnung als eine politische Gestaltungsaufgabe im Hinblick auf politische Mündigkeit und des Selbsterkennens für einen ergebnisoffenen, politischen Prozess, zum anderen durch die Auseinandersetzung „mit den Gedanken der geistigen und politischen Wegbereiter der ’Sozialen Marktwirtschaft’“, um Wege und Irrwege in der historischen Entwicklung bis hin zur heutigen Situation zu verdeutlichen.
Armin Scherb von der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg vergleicht die beiden Zielsysteme der ökonomischen und politischen Bildung. Auf die differenzierten Entwicklungen der (deutschen) Entstehungsgeschichte der Politischen Bildung rekurrierend und die für die ökonomische Bildung bedeutsamen (aktuellen) Erfahrungen eingehend, zeigt er die Eigenlogiken der beiden unterschiedlichen Didaktiken auf und kommt zu dem Ergebnis, dass auf der „Ebene der Ziele und Kompetenzen ( ) eine weitgehende Übereinstimmung zwischen ökonomischer und politischer Bildung feststellbar (ist)“, während die Gegenstandsbereiche und Inhalte der beiden Bildungsanforderungen sich eher als „zwei Systeme konzentrischer Kreise darstellen“.
Mit der Frage „Welche Demokratie hättest Du denn gern?“ setzt sich der Hallenser Politikdidaktiker Andreas Petrik mit der „bildungsgangdidaktischen Rekonstruktion von Politisierungstypen als individuelle Entwicklungswege der Urteils- und Konfliktlösungskompetenz“ auseinander. Dabei operationalisiert er die verschiedenen didaktischen Wege und Dispositionen, indem er die Ergebnisse einer Studie über ein Unterrichtsprojekt zur „Dorfgründungssimulation“ vorstellt und die unterschiedlichen Aktionen und Reaktionen der Schülerinnen und Schüler daran misst.
Sebastian Fischer rekonstruiert an „Denkweisen des Rechtsextremismus“ die subjektiven Voraussetzungen von Schülern, die er in einer Studie bei Schülerinnen und Schülern einer 9. Klasse in einer niedersächsischen Schule vorgefunden hat. Schülerzeichnungen und Interviews über rechtsextreme Täter und Opfer ermöglichten ihm eine Analyse, wonach „ein großer Teil der Schüler ( ) den aktuellen Rechtsextremismus als Fortsetzung des Nationalsozialismus (versteht)“. Damit ergibt sich das Problem, dass durch diese undifferenzierte Wahrnehmung des Rechtsextremismus eine Auseinandersetzung mit dem heutigen, konkreten faschistischen und rassistischen Aktivitäten erschwert und depolitisiert wird.
Der an der Universität Bremen lehrende Politikwissenschaftler Andreas Lutter fragt in seinem Beitrag „Migrationsbewusstsein empirisch“ nach den Vorstellungen von Schüler/innen zur Integrationsdebatte. An sechs Fallbeispielen zeigt er das jeweilige, individuelle Verständnis von Jugendlichen zur Wortbedeutung „Integration“ auf, verdeutlicht die dabei benutzten sprachlichen Ausdrücke und kategorisiert die vorgefundenen Vorstellungen, um daraus Konsequenzen für die Entwicklung von Lehr- und Lernumgebungen für eine migrationspolitische Bildung zu ziehen.
Der ebenfalls am Institut in Hannover tätige Politikwissenschaftler Alexander Görs nimmt „Konfliktvorstellungen von Schülern“ zum Anlass, eine politikdidaktische Rekonstruktion vorzunehmen. Die in der Konfliktforschung und –didaktik (vgl. dazu auch das nach Meinung des Rezensenten nach wie vor aussagekräftige Buch von Heinz Dedering und Manfred Bönsch, Hg., Konflikt als paedagogicum. Bestandsaufnahme und Weiterentwicklung konfliktorientierter Didaktik, Frankfurt/M., Berlin, München, 1981). Indem Görs (erstmalig) die Methode Politikdidaktischer Rekonstruktion auf den sozialwissenschaftlichen Konflikt-Begriff anwendet, weist er darauf hin, „dass der Konfliktbegriff neben dem Demokratiebegriff in der Didaktik der Politik von zentraler Bedeutung ist“.
Johan Nordensvärd von der London School of Economics thematisiert in seinem englischsprachigen Beitrag „How economy conquers politics“, indem er an Fallbeispielen von Jugendlichen verdeutlicht, dass die narrativen Wahrnehmensweisen von Schülerinnen und Schülern durch die ökonomischen Vorfindbarkeiten geprägt sind: „It is maybe time zu understand that the economy is political and has always been so“.
Lars-Uwe Lenk, der an der Universität Oldenburg Wirtschafts- und Sozialwissenschaften studierte und derzeit an einer berufsbildenden Schule unterrichtet, referiert über die Ergebnisse von Forschungen, die er während seines Studiums mit Schüler/innen einer Realschule zum Thema „Schülervorstellungen von sozialer Gerechtigkeit“ durchgeführt hat. Die dabei von den Schülerinnen und Schülern genannten Begrifflichkeiten können dazu beitragen, die Thematik „Soziale Gerechtigkeit“ als eine wichtige, lebensweltliche Vorstellung in das didaktische Konzept einzubringen.
Nicole Böhmer und Björn Cebulla, die ebenfalls an der Oldenburger Universität Berufs- und Wirtschaftspädagogik studiert haben und sich beide im Referendariat für das Lehramt an berufsbildenden Schulen befinden, berichten über empirische Untersuchungen zu „Arbeitsmarktvorstellungen von Schülern“. Mit einer didaktischen Strukturierung ermitteln sie acht Leitlinien, die es ermöglichen sollen, „dass Schüler über ein differenziertes Bild vom Arbeitsmarkt, seinen Besonderheiten, Mechanismen… verfügen“.
Die Oldenburger Diplom-Politologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin Iris Baumgardt stellt in ihrem Bericht über „Berufsvorstellungen von Grundschulkindern“ einen bisher wenig bearbeiteten und eher auf Phantasien denn auf empirisch ermittelten Befunden basierenden Themenbereich vor. Die dabei herausgearbeiteten Berufswunschvorstellungen der Jungen und Mädchen bieten Anlass, die Frage zu stellen, ob nicht bereits in der Grundschule eine systematische Berufsorientierung vorgenommen werden sollte, zumindest aber, bezogen auf die sicherlich eher wenig konkreten Vorstellungen und Träume der Schülerinnen und Schüler mit emanzipatorischem Unterricht geantwortet werden muss.
Hendrik Banneke und Jörg Teltemann informieren über eine Untersuchung zu „Schülervorstellungen über ökologische Nachhaltigkeit“. Weil die Bildungsherausforderung immer drängender und wichtiger wird, dass Schülerinnen und Schüler lernen sollen, ihr aktuelles Leben und ihre Zukunft nach ökologischen Gesichtspunkten zu gestalten, kommt der Frage, welche Vorstellungen Jugendliche von ökologischer Nachhaltigkeit haben, eine große Bedeutung zu ( vgl. dazu auch: Ulrich Grober, Die Entdeckung der Nachhaltigkeit, Kunstmann Verlag , München 2010, in: socialnet Rezensionen unter www.socialnet.de/rezensionen/9284.php). Die in Interviews bei Schüler/innen einer gymnasialen Oberstufe ermittelten Vorstellungen strukturieren die beiden Autoren und differenzieren vier Leitlinien heraus, die für einen nachhaltigkeitsorientierten Politikunterricht anwendbar sind.
Der Oldenburger wissenschaftliche Mitarbeiter am Fachgebiet für Berufs- und Wirtschaftspädagogik, André Bloemen, präsentiert „Leitlinien für den Nachhaltigkeitsunterricht im Fach Politik“. Damit stellt er ein Konzept für einen schüler- und wissenschaftsorientierten Unterricht vor. Er legt dabei das Modell der Politikdidaktischen Rekonstruktion zugrunde, das für die Lehreraus- und –fortbildung in diesem sensiblen Bereich der Politischen Bildung und der Alltags- und Zukunftsbewältigung berücksichtigt werden sollte.
Der Cloppenburger Berufsschullehrer Andreas Reimer stellt die Ergebnisse seiner Studie über „Schülervorstellungen zu politischer Partizipation“ zur Diskussion. Die in Interviews ermittelten Aussagen dazu strukturiert er und stellt Schlussfolgerungen für den Unterricht an, indem er die Schülervorstellungen zum Partizipationsbegriff mit den fachlichen Prämissen vergleicht und in sechs Leitlinien ausdifferenziert.
Es ist die politische Psychologie, die stärker in den öffentlichen Fokus gerät. Der Hannöversche Psychologe Joachim Stöter forscht über „Mitbestimmungsvorstellungen von Schülern in der multikulturellen Gesellschaft“. Weil die partizipative Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern konstitutiv für das Zusammenleben der Menschen in einer demokratischen Gesellschaft ist,kommt der Frage, wie Mitbestimmung als demokratisches Element im Bewusstsein vor allem der jungen Menschen sich bildet und etabliert, eine immense Bedeutung zu.
Der Handelslehrer Sven Heidemeyer aus Bremerhaven reflektiert seine Erhebungen über typische „Demokratievorstellungen von Jugendlichen“ und trifft Schlussfolgerungen für die Unterrichtsgestaltung. Die dabei ermittelten, leitenden Vorstellungen differenziert er in verschiedene Handlungskonzepte aus und kommt dadurch zu einen alltagstauglichen Vorschlag für den politischen Unterricht.
Der Soester Gymnasiallehrer und Fachseminarleiter Helmut Vietze macht sich in seinem Beitrag „Methoden zur Alltagsdiagnostik von Schülervorstellungen“ auf die Suche nach Standardelementen für eine professionelle didaktische Empathie. Die vorgestellten Methoden mit Clustern und Mindmaps bieten für einen teilnehmerzentrierten Lehr- und Lernprozess interessante und förderliche Motive, um die vielfältigen Diagnose- und Interaktionsanforderungen im Politikunterricht zu bereichern.
Der Bremer Politikwissenschaftler Andreas Klee schließt den Sammelband mit seinem Beitrag „Von der Vorstellung zum Unterricht – Lernen in Kontexten als Perspektive der politikdidaktischen Vorstellungsforschung“. Die Weiterentwicklung der verschiedenen didaktischen Konzepte für politischen Unterricht werden mit dem Modell des Lernens in Kontexten zur empirischen Lehr- und Lernforschung, bezieht alle Beteiligten am Lernprozess ein und verstärkt die Forderung nach einem „ganzheitlichen“ Unterricht.
Diskussion
Wie bereits angedeutet, steht die lokale und globale, neoliberale und kapitalistische Entwicklung auf dem Prüfstand. Diese kritischen Prozesse gilt es auch im ganzheitlich verstandenen Politikunterricht aufzunehmen. Etwa, wenn vom „Gespenst des Kapitals“ gesprochen und damit das Ende der Oikodizee ausgerufen wird und berechtigte Zweifel daran erhoben werden, „dass Wachstum Beschäftigung schafft, Privatisierung Versorgungsstandards verbessert, der Markt auf fairen Wettbewerb baut und Konkurrenz überhaupt zur allgemeinen Verteilung von Wohlstandseffekten beiträgt“ ( vgl. dazu: Joseph Vogl, Das Gespenst des Kapitals, in: www.socialnet.de/rezensionen/10929.php); mit der zynischen Aussage „Wir haben es weit gebracht mit der Ungleichheit“ die Aufforderung ergeht, ein aufgeklärtes Bewusstsein für die Ungerechtigkeiten und Fehlentwicklungen in der Welt in die Köpfe und Herzen der Menschen zu bringen ( vgl.: Bernhard H. F. Taureck, Gleichheit für Fortgeschrittene, Wilhelm Fink Verlag, München 2010, www.socialnet.de/rezensionen/10159.php); und mit der Metapher: „Wer mit dem Zustand der Welt und mit sich selbst nicht zufrieden ist, muss philosophieren“ dazu aufgefordert wird, über die überkommenen, scheinbar unverrückbaren und damit schicksalhaften Wertvorstellungen der Menschen in unserer (Einen) Welt ernsthaft nachzudenken ( vgl.: Eberhard Straub, Zur Tyrannei der Werte, Klett-Cotta Verlag, Stuttgart 2010, in: www.socialnet.de/rezensionen/10807.php). Es bedarf der gesellschaftlichen, politischen Bildung, schulisch und außerschulisch, die die kontroversen Politikvorstellungen thematisiert, diskutiert und lernend (in der ursprünglichen Bedeutung als Verhaltensänderung) verarbeitet.
Fazit
Das dem Sammelband zugrunde liegende Konzept der didaktischen Rekonstruktion bietet für die schulische und außerschulische politische Bildung einen interessanten Ansatz, „Lernen in Kontexten“ durchzuführen. Weil Kontexte…persönliche oder gesellschaftlich relevante Lernanlässe darstellen und das Ziel verfolgen, Fachkenntnisse für Schülerinnen und Schüler in lebenspraktisch bedeutsamen Zusammenhängen erfahrbar und zugänglich zu machen (Andreas Klee), bietet „forschendes Lernen“ sowohl für die didaktischen und curricularen Herausforderungen, als auch für die konkreten Lehr- und Lernprozesse im Politikunterricht eine Chance, den notwendigen lokalen und globalen Perspektivwechsel mit vollziehen zu helfen. Es ist zu hoffen, dass die im Forschungs- und Sammelband vorgestellten Themen, Inhalte und didaktischen Reflexionen Eingang finden in den fachbezogenen wie fächerübergreifenden Diskurs um politische Bildung als zivilgesellschaftliche Aufklärung. Das Buch sollte in der Lehreraus- und –fortbildung, für die curriculare und Lehrplanarbeit und für den praktischen Unterricht zur Verfügung stehen.
Rezension von
Dipl.-Päd. Dr. Jos Schnurer
Ehemaliger Lehrbeauftragter an der Universität Hildesheim
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