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Fritz Hegi, Maja Rüdisüli: Der Wirkung von Musik auf der Spur

Rezensiert von Dipl. Musiktherapeut Thomas Schrauth, 04.05.2011

Cover Fritz Hegi, Maja Rüdisüli: Der Wirkung von Musik auf der Spur ISBN 978-3-89500-736-1

Fritz Hegi, Maja Rüdisüli: Der Wirkung von Musik auf der Spur. Theorie und Erforschung der Komponenten. Dr. Ludwig Reichert Verlag (Wiesbaden) 2011. 213 Seiten. ISBN 978-3-89500-736-1.
Reihe: Forum Zeitpunkt. Zeitpunkt Musik. Mit Bildern von Lilot Hegi.

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Thema

Die Autoren beschäftigen sich in ihrem Buch mit der Theorie und Erforschung einzelner Komponenten der Musik (Klang, Rhythmus, Melodie, Dynamik, Form) und deren Wirkung im Allgemeinen und speziell im therapeutischen Kontext.

Autoren

Prof. Dr. Fritz Hegi (Musiktherapeut SFMT und Psychotherapeut SPV) ist Dozent für Klinische Musiktherapie an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), Lehrtherapeut, Supervisor und Ausbilder an verschiedenen Instituten. Daneben führt er seit 1980 eine selbstständige Praxis in Zürich.

Frau Maja Rüdisüli-Voerkel (lic. phil. Psychologin für Sozialpsychologie, Psychopathologie für Erwachsene sowie Sozial- und Präventivmedizin; Musiktherapeutin SFMT; Psychotherapeutin SPV) arbeitet selbstständig seit 1986 in einer Praxis für Musiktherapie in Zürich. Daneben ist sie ebenfalls Dozentin für Klinische Musiktherapie an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK).

Entstehungshintergrund

Das Buch ist als Zusammenfassung langjähriger Praxiserfahrung zu verstehen. Dabei werden Theorieteile vorangegangener Veröffentlichungen von Fritz Hegi in einem neuen Kontext dargestellt und erweitert. Die Forschungsarbeit zu den einzelnen Komponenten und deren Beziehungen untereinander stellt dabei den Übergang von Praxiserfahrung in den wissenschaftlichen Forschungskontext dar.

Aufbau und Inhalt

Das Buch gliedert sich nach einleitenden Worten in drei Teile:

  1. Die musiktherapeutischen Wirkungskomponenten
  2. Das Wirkungsfeld der Improvisation
  3. Das Forschungsprojekt zu den fünf Komponenten

Im ersten Teil wird die von Fritz Hegi und Maja Rüdisüli entwickelte Theorie zu den fünf Wirkungskomponenten Klang, Rhythmus, Melodie, Dynamik und Form beschrieben. Die Autoren beleuchten dabei als Ausgangspunkt das Verhältnis von Sprache, Musik und Körper ehe sie das gestalttherapeutische Kontaktmodell auf die kommunikative Dimension in der Musik und besonders der Improvisation beziehen. Daraus entwickeln sie das Grundmodell der Komponenten, das die Anteile der Musik und Aspekte des sozialen Lebens miteinander verbindet. Klang und Rhythmus werden dabei eher dem archaischen Bereich zugeordnet. Melodie wird als gestaltender Bereich in die Mitte gestellt. Dynamik und Form werden dem integralen Bereich zugeschrieben. "Jeder Bereich ist in jedem anderen enthalten. Es gibt keine scharfen Abgrenzungen, sondern Übergänge und Resonanzen zwischen allen. Im archaischen Bereich zum Beispiel wird der Klang oft durch die Dynamik verstärkt und der Rhythmus durch die Form - und umgekehrt wird im integralen Bereich die Dynamik durch Klang und die Form durch Rhythmus verdichtet. Der integrale Bereich bleibt abstrakt ohne die gestaltende Kraft der Melodie. (…) Die Beziehung der Komponenten untereinander, die Anordnung der Bereiche sowie ihre spezifischen Unterscheidungen sind der methodische Ausgangspunkt der Komponentenlehre" (S. 39).

Im zweiten Teil des Buches wird das Wirkungsfeld der Improvisation beschrieben. Die Improvisation wird dabei als soziales Modell verstanden, in der Musik ein Abbild der Natur darstellt: "Im Klang erscheint das Gefühl, im Rhythmus das Leben, in der Melodie der Ausdruck, in der Dynamik die Beziehung und in der Form der Wandel" (S. 137). Spielformen der Improvisationen dienen als Lernmodelle für soziales und kommunikatives Verhalten in verschiedenen Lebenssituationen. Improvisation verfügt nach Meinung der Autoren über großes soziales Potential und kann verstanden werden als "Beziehungsgestaltung zum Selbst, zum Medium und zur Umwelt" (S. 139). Mehrere Begriffsdreiecke werden charakterisierend für eine Improvisation aufgeführt und erklärt:

  • Zufall, Chaos, Ordnung
  • Unvorhergesehenes, Archaisches, Verfügbares
  • Bewusstheit, Kontakt, Experiment
  • Warten, Führen, Folgen
  • Kunst, Pädagogik, Therapie

Im dritten Teil wird das Forschungsprojekt zu den fünf Komponenten dargestellt. Ausgehend von langjähriger Praxiserfahrung werden drei Forschungsfragen entwickelt:

"1. Unterscheiden sich die fünf Komponenten inhaltlich voneinander?
2. Zeigt sich in den statistisch errechneten Abbildungen aufgrund der Assoziationen zu den fünf Komponenten das Grundmodell der Komponenten wieder?
3. Werden in den Assoziationsreihen Begriffe gefunden, welche das Wirkungsmodell und somit die Achsen musikalisch (M) und sozial (S) sowie die Wirkungsfelder mit den Verbindungsbegriffen (M+S) abbilden?" (S. 173 f.)

Die Daten werden mit der Methode des freien fortgesetzten Assoziierens nach Prof. Dr. Wolfgang Marx erhoben und einer Häufigkeitsberechnung, einer Ähnlichkeitsberechnung und einer inhaltlichen Analyse unterzogen. In den Ergebnissen zeigt sich eine deutliche Bestätigung der ersten Forschungsfrage. Auch die zweite Forschungshypothese bestätigt sich zum Großteil, da die "statistisch errechneten Komponenten (…) weitgehend das Grundmodell der Komponentenbeziehungen" (S. 197) darstellen. Die dritte Forschungsfrage kann aufgrund der Komplexität des Forschungsthemas nur teilweise belegt werden.

Fazit

In dem Buch „Der Wirkung von Musik auf der Spur“ fassen Fritz Hegi und Maja Rüdisüli vorangegangene Überlegungen und Veröffentlichungen zu ihrer Theorie der Wirkung der Komponenten der Musik zusammen. Das Buch fordert zur intensiven Beschäftigung auf. Ohne weitreichende Überlegungen zur Musik und zur Improvisation ist die Forschungsarbeit nur schwer nachzuvollziehen. Überwindet man diese Hürde, so bietet das Buch interessante Anregungen für die musiktherapeutische Arbeit. Außerdem wird an dem präsentierten Forschungsprojekt der immense und komplexe Forschungsbedarf deutlich, der zur Bestätigung der theoretischen Überlegungen noch zu leisten sein wird.

Rezension von
Dipl. Musiktherapeut Thomas Schrauth
M.A. - Musiktherapeut am Klinikum Stuttgart, Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie
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Es gibt 6 Rezensionen von Thomas Schrauth.

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Zitiervorschlag
Thomas Schrauth. Rezension vom 04.05.2011 zu: Fritz Hegi, Maja Rüdisüli: Der Wirkung von Musik auf der Spur. Theorie und Erforschung der Komponenten. Dr. Ludwig Reichert Verlag (Wiesbaden) 2011. ISBN 978-3-89500-736-1. Reihe: Forum Zeitpunkt. Zeitpunkt Musik. Mit Bildern von Lilot Hegi. In: socialnet Rezensionen, ISSN 2190-9245, https://www.socialnet.de/rezensionen/11254.php, Datum des Zugriffs 09.12.2024.


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