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Eva van Keuk, Cinur Ghaderi et al. (Hrsg.): Diversity

Rezensiert von Prof. Ulrich Paetzold, 02.08.2011

Cover Eva  van Keuk, Cinur Ghaderi et al. (Hrsg.): Diversity ISBN 978-3-17-021015-8

Eva van Keuk, Cinur Ghaderi, Ljiljana Joksimovic (Hrsg.): Diversity. Transkulturelle Kompetenz in klinischen und sozialen Arbeitsfeldern. Kohlhammer Verlag (Stuttgart) 2011. 366 Seiten. ISBN 978-3-17-021015-8. 39,90 EUR.

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Thema

Diversity und transkulturelle Kompetenz im sozialen und Gesundheitsbereich.

Autorinnen und Autorinnen

Alle AutorInnen kommen aus der transkulturellen, klinischen Praxis des Gesundheits- und Sozialwesens.

Herausgeberinnen und Entstehungshintergrund

Die Herausgeberinnen sind u.a. im Bereich der Fortbildungen für MedizinerInnen und PsychotherapeutInnen tätig. Für das vorliegende Buch wurden verschiedene AutorInnen als Experten gebeten, ihre Tätigkeitsschwerpunkte zu dem Thema Diversity in Bezug zu setzen. Das Ziel war entsprechend nicht sozialwissenschaftliche Objektivität abzubilden, sondern reflektierte Subjektivität wie die Herausgeberinnen im Vorwort hervorheben. Das interessante Vorwort (als „Gebrauchsanleitung“) ist für das Verständnis des Buches empfehlenswert.

Aufbau

Der Sammelband ist in vier große Abschnitte gegliedert

  1. Einführung: Warum „Diversity“ in sozialen und Heilberufen?
  2. Grundlagen von transkultureller Öffnung und Diversity
  3. Diversity in klinischen Handlungsfeldern
  4. Diversity in sozialen Handlungsfeldern

Ein – insbesondere für die Praxis relevanter – Anhang rundet das Buch ab.

Inhalt

Nach einer engagierten Einleitung gliedert sich das Buch in vier große Themenblöcke: warum Diversity in sozialen und Heilberufen, Grundlagen, Diversity in klinischen und sozialen Handlungsfeldern. Damit gelingt es, der Fülle der verschiedenen Themenbereiche eine Struktur zu geben.

Im ersten Teil wird explizit der Fokus auf die Situation in Deutschland gerichtet, in seinen verschiedenen Aspekten zu den Themen Zuwanderung, zu den Debatten um Leitkultur und Patriotismus und der Notwendigkeit transkultureller Öffnung im Gesundheitswesen.

Der zweite Teil mit den Grundlagen von transkultureller Öffnung und Diversity widmet sich sehr unterschiedlichen Themen: unter dem Titel „Modebegriff oder Chance“ wird insbesondere die Chance für einen strukturellen Wandel betont, eine Zusammenfassung zum Thema Vorurteile schließt sich an, die rechtliche Frage der Diskriminierungsverbote im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz wird im Zusammenhang zum Sozialverwaltungsverfahren in Deutschland aufbereitet. An einem Fallbeispiel im Krankenhaus wird genauer dargestellt, was kompetenter Umgang mit Vielfalt und dem Diversity-Prozess bedeuten kann. Gender und Diversity sowie Diversitymanagement in seiner Umsetzung in einem psychiatrischen Krankenhaus vervollständigen dieses Kapitel.

Im dritten Kapitel wird spezifischer auf unterschiedliche klinische Handlungsfelder eingegangen: ein Beispiel der Erstellung einer ärztlichen Diagnose, transkultureller Psychotherapie mit dem Blick auf die sogenannte „Kulturalisierungsfalle“, der betriebsmedizinischen Versorgung, gesundheitlicher Versorgung von Frauen aus afrikanischen Herkunftsländern mit möglichen Versorgungsmängeln, Gesundheitsforschung am Beispiel älterer Migrantinnen aus der Türkei, Diversity Kompetenz in der gesundheitlichen Versorgung von Männern und in der Behandlung von Jugendlichen mit stoff- und/ oder nicht stoffgebundenen Suchtform, stellen die vielfältigen Inhalte dieses Kapitels dar. Den Schluss des dritten Kapitels stellen Aufsätze zum weiteren Bereich der Pflege dar: Dement im fremden Land (mit dem Blick auf Demenzdiagnostik), transkulturelle Aspekte im Pflegeprozess (mit einem Fallbeispiel), mögliche Fragestellungen zum Thema Lebensende. Verschiedene, kurze Exkurse (Tabuthema „Beschneidung“,“ Japanische Männer in klinischer Behandlung“, „Ein Trauerort für alle“) ergänzen dieses Kapitel.

Im letzten großen Kapitel wird stärker auf soziale Handlungsfelder eingegangen: Darstellung der Arbeit von Sprach- und Kulturmittlern auch unter dem Gesichtspunkt von „Fallstricken“, Umgang mit Menschen mit Behinderung, Psychotherapie mit Flüchtlingen, Beziehungsgestaltung bei der Begutachtung mit einem ausführlichen Fallbeispiel, Abschiebandrohungen, die Diversität von Erziehungsvorstellungen, Diversität im Bereich Schule und Jungenarbeit sind die Inhalte dieses Kapitels. Am Ende jeden Aufsatzes sind Arbeitsfragen aufgeführt, die im Anhang kurz beantwortet werden.

Diskussion

Der Sammelband gibt in seiner Vielfalt und Breite einen guten Überblick über die Bedeutung des Begriffs Diversity in sehr unterschiedlichen Praxisfeldern. Aus den kurzen Aufsätzen wird der Erfahrungshintergrund der einzelnen Autoren/innen sehr gut deutlich. Das Buch eignet sich insbesondere für den Einsatz im Hochschulbereich, um mit den Darstellungen einen theoretischen Einstieg zu erreichen und das Interesse für eine vertiefte Beschäftigung zu wecken. Für PraktikerInnen aus den psychologischen und sozialen Arbeitsfeldern kann das Buch für eine Schärfung des Blicks auf transkulturelle Fragestellungen dienen.

Ein Problem bei Sammelbänden, die Gefahr einer häufigen Wiederholung von grundlegenden Einführungen und Erklärungen, ist hier erfreulicherweise gering. Bei diesem Thema hätte sich evtl. angeboten, stärker aus den Erfahrungen und Entwicklungen anderer Länder zu schöpfen, dies geschieht indirekt in den einzelnen Aufsätzen. Der Fokus – dies wird durch die Stellung und die Themen im ersten Abschnitt hervorgehoben – liegt auf der Entwicklung in Deutschland. Grundlegend finde ich die Betonung und die breite Aufbereitung der Diversität zum aktuellen Zeitpunkt absolut verdienstvoll, da durch diesen Sammelband ein richtiger Impuls für die zukünftige Praxis gegeben wurde. Eine der besonderen Stärken dieses Buches liegt in der Vielfalt der Themenbereiche und der sehr unterschiedlichen Sichtweisen der AutorInnen. Diese ermuntern – wie die Herausgeberinnen zu Recht im Vorwort schreiben – zur Auseinandersetzung mit den eigenen Sichtweisen, zur Prüfung eigener Wahrnehmungsmuster. Ich finde das Buch aus einem weiteren Grund erfreulich: in Zeiten, in denen in manchen gesellschaftlichen und auch wissenschaftlichen Bereichen Tendenzen der Vereinheitlichung und der dogmatischen Rigidität sichtbar sind, setzt diese Buch ein gegenteiliges Signal. Der sehr „unbeschwerte“ und undogmatische Umgang mit Vielfalt spiegelt ein Bild der Neugierde und des Respekts gegenüber anderen Menschen. Inwieweit der Ansatz „Diversity“ als Band für so unterschiedliche Arbeitsfelder wie in diesem Buch vorgestellt trägt, wird die Zukunft zeigen.

Fazit

Die kurzen, sehr vielfältigen Darstellungen aus Praxisfeldern des Gesundheits- und Sozialwesens unter dem gemeinsamen Blickwinkel Diversity eignen sich sehr gut für die Arbeit mit Studierenden im Hochschulbereich. Für PraktikerInnen im Bereich der klinischen und sozialen Arbeitsfelder sind die sehr unterschiedlichen Sichtweisen und Herangehensmöglichkeiten eine Ermunterung zur eigenständigen Auseinandersetzung mit dem Thema Diversity.

Rezension von
Prof. Ulrich Paetzold
Professor für Psychologie an der Hochschule Lausitz, Fachbereich Sozialwesen in Cottbus. Neben interkulturellen Fragen sind Schwerpunkte in der Lehre: sexueller Missbrauch, Klinische Psychologie, Beratung. Zusatzqualifikationen: Approbation zum Psychologischen Psychotherapeuten sowie verschiedene kognitive Therapieverfahren.
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Es gibt 51 Rezensionen von Ulrich Paetzold.

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ISSN 2190-9245