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Gabriele Matuszczyk, Jürgen Wolf et al.: Der Elterncoach

Rezensiert von Dipl. Sozialpädagogin Monika Hirsch-Sprätz, 10.10.2011

Cover Gabriele Matuszczyk, Jürgen Wolf et al.: Der Elterncoach ISBN 978-3-86739-054-5

Gabriele Matuszczyk, Jürgen Wolf, Uwe Britten: Der Elterncoach. Aus der Online-Beratung mit Jugendlichen. Balance Buch + Medien Verlag (Köln) 2011. 260 Seiten. ISBN 978-3-86739-054-5. 14,95 EUR. CH: 23,50 sFr.
Reihe: BALANCE Ratgeber - Jugend + Erziehung. sFr.Reihe: BALANCE Ratgeber - Jugend + Erziehung wird im Auftrag der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung herausgegeben von Barbara Eckey, Karin Jacob und Uwe Britten.

Weitere Informationen bei DNB KVK GVK.

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Thema und Hintergrund

Neben der Vermittlung eines besseren Verständnisses des Übergangszeitraums vom Kind über den Heranwachsenden zum Erwachsenen, werden die Zündstoff-Themen der Pubertät benannt, auf Gefahren/Fallen hingewiesen und Anregungen für den Umgang gegeben. Ziel der Autoren ist es, Hinweise zu geben, wie ein guter Kontakt zu den Kindern gehalten werden kann und sie aktiv auf dem Weg in die Unabhängigkeit unterstützt werden können.

Der Hintergrund für die Autoren das Buch zu schreiben war nicht nur ein besseres Verstehen bei den Eltern zu ermöglichen, sondern auch konkrete und praktische Auseinandersetzung mit den Themen der Adoleszenz und der Vermittlung einer angemessenen Reaktion darauf.

Autorin und Autoren

Gabriele Matuszczyk arbeitet seit langem als Diplom-Psychologin und Psychologische Psychotherapeutin in einer Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern. Sie hat langjährige Erfahrungen in der Online-Beratung mit Jugendlichen der bke (Bundeskonferenz für Erziehungsberatung).

Jürgen Wolf arbeitet ebenfalls seit langem als Diplom-Psychologe und Psychologische Psychotherapeut in einer Beratungsstelle für Kinder, Jugendliche und Eltern. Auch er hat langjährige Erfahrungen in der Online-Beratung mit Jugendlichen der bke (Bundeskonferenz für Erziehungsberatung).

Uwe Britten, studierte nach einer kaufmännischen Ausbildung Germanistik und Philosophie. Er arbeitet als Lektor und ist Autor mehrerer Bücher, die sich u. a. mit der Obdachlosigkeit Jugendlicher und dem Jugendstrafvollzug auseinander setzen. Als Mitglied des entwicklungspolitischen Kinderhilfswerks terre des hommes beschäftigt er sich seit vielen Jahren mit den Themen Kindersoldaten und Kinderflüchtlinge.

Zielgruppen

Zielgruppen sind in erster Linie die Eltern/Erziehungsberechtigten der Kinder, die sich im schwierigen Übergang zwischen Kindheit und Erwachsenwerden befinden.

Jedoch ist das Buch sicher auch für all diejenigen Erwachsenen von Interesse, die die im Buch behandelten Themen einmal aus den Augen und dem Mund der Jugendlichen verstanden wissen wollen und hier einen direkten Zugang über Originalaussagen erhalten.

Das Buch ist zudem hilfreiche Lektüre für Pädagogen/-innen, die in der Online-Beratung tätig sind.

Aufbau und Inhalt

Die Vorbemerkungen zu Beginn des Buches befassen sich auf Seite 7-12 mit Hinweisen zu den Themen: Alarmglocken und strapazierte Nerven, Fremdheitserfahrungen (zwischen Jugendlichen und Eltern), Verstehensversuche und Expertenwissen (hier sind die Aussagen der Jugendlichen selbst gemeint, die aus dem Onlineangebot der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung selbst stammen).

Die Einleitung, auf Seite 13-23, trägt die Überschrift: Bindung trotz(t) Ablösung: das schwierige Alter der Adoleszenz. Sie wird durch folgende Nebenüberschriften ergänzt: Autonomie trotz Abhängigkeit – ein dauerhafter Konflikt, Ganz fest loslassen, Ohne Bindung keine Ablösung, Wurzeln mit Flügeln – der Aufbruch ins Leben.

Das Buch weist insgesamt 268 Seiten auf, beginnt mit der Inhaltsangabe und ist in vier Kapitel oder Teile gegliedert:

  1. Teil I beschäftigt sich mit den Entwicklungsräumen
  2. Teil II behandelt die Symbole des Übergangs
  3. Teil II die Symptome des Übergangs und
  4. Teil IV die belastenden und förderlichen Faktoren.

Die jeweiligen Kapitel beginnen mit einer eigenen, blau unterlegten Seite und „on top“ mit der einzelnen Teil-Überschrift. Die Haupt- und Nebenüberschriften des Buches sind hellblau unterlegt, die Zitate aus den Online-Beratungstexten der Jugendlichen werden mit einem hellblauen kleinen Quadrat beendet.

Symbolisch befinden sich zu Beginn bestimmter Absätze eine Sanduhr (als Symbol für eine Denkpause) oder eine Hand (als Symbol für eine Anregung). Die den jeweiligen Zitaten zugeordneten Nicknames der User wurden erneut anonymisiert.

Außerdem befinden sich fünf Abbildungen im Buch:

  1. Die drei Phasen des Übergangs als Kern einer Veränderung (nach van Gennep), S.14
  2. Bedürfnisse Jugendlicher (Soziale Einbindung, Kompetenz, Autonomie), S. 26
  3. Protagonisten und Antagonisten der jugendlichen Entwicklung (Jugendlicher, Erwachsener, Peers), S. 27
  4. Symbole des Übergangs (Identität: Kleidung, Aussehen, Tattoos, Piercings), S. 28
  5. Förderliche und belastende Faktoren jugendlicher Entwicklung (Förderung: Engagement, Therapie und Beratung – Belastung: Psychische Krankheiten und Sucht, Gewalt und Missbrauch, Trennung und Scheidung). S. 29

Im Anhang lassen sich ausgewählte Literaturangaben und Internetadressen finden (S. 265-268).

Diskussion

Der Text auf der Buchrückseite lautet (Zitat): „Dies ist das erste Buch, das Erkenntnisse aus einer Online-Beratung von Kindern und Jugendlichen dazu nutzt, Eltern optimal auf die häufigsten Fragen und Probleme ihrer Kinder während des Erwachsenwerdens vorzubereiten.
Ein großes Themenspektrum wird abgedeckt: Schulprobleme, Aussehen, Sexualität, das eigene Selbstwertgefühl oder die Beziehung zu den Eltern. Die Autoren sprechen auch ernstere Probleme an, wie Selbstverletzendes Verhalten, Essstörungen, Drogen oder die Frage nach dem Sinn des Lebens und vermitteln den Eltern angemessenen Umgang damit. Wichtigstes Ziel ist dabei, einen guten Kontakt zu den Kindern zu halten und sie auf dem Weg in die eigene Unabhängigkeit aktiv zu unterstützen.“

Das o.g. Themenspektrum lässt erahnen, dass Heranwachsende in der Schule oder auch in vielen Elternhäusern nicht die notwendige Beachtung und Gesprächsmöglichkeit erhalten, die sie suchen und brauchen. Über ein den Jugendlichen nahes Medium wie E-Mail-, Chat- und Forenaustausch oder auch über eine anonymisierte Online-Beratung finden die Themen ihre Öffentlichkeit, kommt es zu Fragen und Antworten.

Gabriele Matuszcyk, Jürgen Wolf und Uwe Britten haben ein Potpourri von Themen zusammengestellt. Im Wechsel von einleitenden Worten zum Thema, Originalzitaten der Jugendlichen, Fragen zum Nachdenken an die Eltern, pädagogischem Wissen, klaren Hinweisen zu Vorgehensweise um in Kontakt zu kommen/zu bleiben und Themen aufzugreifen, schreiben sie sich durch das Buch. Ein wunderbarer Themenmix, der sowohl Relevanz für die Jugendlichen, wie auch für die Erwachsenen hat.

Mit ihrem Elterncoaching haben die Autoren entschieden, sich direkt entlang der Realität der Heranwachsenden zu bewegen und deren Gedanken und Gefühle weiterzuleiten. Dabei geht es aber auch um Gedanken, die sich Jugendliche machen, wenn sich Eltern suizidieren, Drogen und Süchten verfallen, lebensunfähig und überfordert sind, seelische und körperliche Gewalt gegen ihre Kinder ausüben und sie für ihre eigenen Defizite verantwortlich machen. Dies ist in meinen Augen ein wesentlicher Aspekt für das Verstehen von Verhalten bei Kindern und Jugendlichen. Sie halten uns Erwachsenen immer einen Spiegel vor.

Teil II des Buches, „die Symbole des Übergangs“, hätten etwas mehr Raum bekommen können und sind meiner Meinung nach etwas zu knapp behandelt worden. In Teil IV ist es dafür gelungen, ambivalente Situationen der Hilfesuchenden zu beschreiben. Einerseits wird der Wunsch manches Jugendlichen nach Unterstützung offensichtlich, andererseits treten die Ängste zutage, nicht normal zu sein.

Insgesamt hätte ich mir ein bisschen mehr Klarheit von den Autoren gewünscht, welche Themen in welchem Verhältnis und in welchem Zusammenhang auftauchen und benannt werden. Eine größere Differenziertheit wäre auch dem Anhang mit der Literatur und den Internetadressen zugute gekommen. Vielleicht wäre dieser Wunsch nach klarerer Struktur aber auch auf Kosten der Frische des Buches und seiner Spontaneität gegangen. Sieht man also von diesem Anspruch ab, so besteht die Lektüre aus einem Guss die Lebensthemen betreffend, weist die teils heftigen Lebenswirklichkeiten und damit verbundenen Gefühle und Gedanken auf Seiten der Jugendlichen auf, gepaart mit den fachlichen Kommentaren der Autoren und den wiederum durchaus klaren Handlungshinweisen an die Erwachsenen.

Fazit

„Der Elterncoach“ ist ein Buch, das direkt an den Erfahrungen/Erlebnissen der Heranwachsenden ansetzt und die Ergebnisse aus der Onlineberatung nutzt, um ein Verstehen zwischen der Eltern- und der Jugendlichengeneration zu ermöglichen. Die Jugendlichen werden als Experten beachtet und genutzt, sie, die am Besten wissen, was in ihnen vorgeht und wo sie sich nicht verstanden fühlen. Gerade die Auswertung der Forenbeiträge der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke), in denen sich Eltern und Jugendliche austauschen können, sind ein wertvoller Fundus an Informationen und bereiten den Weg zum besseren gegenseitigen Verstehen zwischen den Generationen.

Ein Erziehungsratgeber, der alles in allem wirklich gelungen ist. Das eigentlich Wertvolle des Buches erscheint mir hier, dass die Autoren auf scheinbar einfache Weise einen Transfer geschaffen haben, zwischen einem pädagogisch-professionellem Angebot, einer Plattform des Gehörtwerdens und Verstehens schwieriger Prozesse in der Adoleszenz durch Originalaussagen von jungen Heranwachsenden und den Fragen, Nöten und Hilflosigkeiten der Eltern oder Erwachsenen. Damit ist ihnen der Brückenschlag zwischen den Generationen gelungen und das, mit Respekt vor allen Beteiligten und mit Wertschätzung vor deren großen Lebensthemen.

Rezension von
Dipl. Sozialpädagogin Monika Hirsch-Sprätz
Supervisorin, Mediatorin und Leiterin der Mobbingberatung Berlin-Brandenburg. Arbeitsschwerpunkte: Information, Beratung, Training, Moderation, Konfliktmanagement, Mediation, Kooperation mit interdisziplinärem Experten-Netzwerk. Face-to-Face- und Online-Beratung. Bereiche: Schule, Ausbildung und Arbeitswelt.
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Es gibt 25 Rezensionen von Monika Hirsch-Sprätz.

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ISSN 2190-9245