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Hedwig Rosa Griesehop, Regina Rätz et al.: Biografische Einzelfallhilfe

Rezensiert von Dipl.-Geront., Dipl.-Soz.Arb. Sigrid Verleysdonk-Simons, 30.11.2012

Cover Hedwig Rosa Griesehop, Regina Rätz et al.: Biografische Einzelfallhilfe ISBN 978-3-7799-2209-4

Hedwig Rosa Griesehop, Regina Rätz, Bettina Völter: Biografische Einzelfallhilfe. Methoden und Arbeitstechniken. Beltz Juventa (Weinheim und Basel) 2012. 309 Seiten. ISBN 978-3-7799-2209-4. 19,95 EUR. CH: 27,90 sFr.
Reihe: Studienmodule Soziale Arbeit.

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Thema

„Es ist nicht möglich zu bestimmen, wie Menschen heute mit ihrer Vergangenheit leben, wenn wir als InterpretInnen dieser Vergangenheit nicht auf diese Spur zu kommen versuchen. Es stellt sich überhaupt die Frage, wie wir als SozialwissenschaftlerInnen die Bedeutung einer sozialen Handlung oder deren Thematisierung in ihrem Entstehungskontext erschließen können, wenn wir nicht die darauf hinführende Geschichte eines Individuums oder auch eines sozialen Systems kennen“ (Rosenthal, 1995, 226). Das Eingangszitat von Gabriele Rosenthal beschreibt sehr gut die Intention, die diesem Buch zugrunde liegt.

Im Fokus steht die Bedeutung des „biografischen Fallverstehens“ in der Einzelfallhilfe im Kontext der Sozialen Arbeit. Ausgehend von der klassischen Einzelfallhilfe werden konzeptionelle und handlungsrelevante Überlegungen der Weiterentwicklung zu einer biografieorientierten Einzelfallhilfe vorgestellt. Es wird die These aufgestellt, dass der entwickelte Anspruch an sozialpädagogische Fallarbeit im Fachdiskurs der Einzelfallhilfe durch biografieorientiertes Fallverstehen und biografieorientierte Fallarbeit eingelöst werden und als eigenständiger Ansatz verstanden und praktiziert werden kann.

Herausgeberinnen und Autoren

Die Herausgeberinnen Hedwig Rosa Griesehop, Regina Rätz und Bettina Völter sind Professorinnen an der Alice Salomon Hochschule in Berlin und alle im Bereich der Sozialen Arbeit tätig. Biografieforschung, Biografiearbeit und biografische Fallrekonstruktionen gehören unter anderem zu ihren Forschungs- und Arbeitsschwerpunkten. Hierzu haben sie bereits zahlreiche Publikationen veröffentlicht.

Weitere Autoren wirkten an diesem Buch mit: Heinz Cornel, Susanne Gerull, Heino Stöver und Dorothea Zimmermann führten im Teil 3 des Lehrbuches durch Fachbeiträge in die Themen- und Arbeitsfelder der vorgestellten Lebens- und Fallgeschichten ein. Birgit Griese wirkte bei der Abhandlung zur Narrationsstrukturanalyse und bei der Analyse der Fallrekonstruktionen mit.

Aufbau und Inhalt

Die Autorinnen legen ein Lehrbuch vor, welches im Rahmen der Studienmodule zur Sozialen Arbeit in die Bedeutung des biografischen Fallverstehens in der Einzelfallhilfe und in konkrete Methoden und Arbeitstechniken einführt. In der Reihe Studienmodule Soziale Arbeit erscheinen Grundlagentexte für Studienanfänger und Einführungstexte in basale Themen der Sozialen Arbeit. Die Einzelbände sind so konzipiert, dass sie hochschulübergreifend eingesetzt werden können und vom Umfang her auf den Stoff eines Semesters ausgerichtet sind. Die Bände enthalten Lehr- und Lerneinheiten und schließen mit Übungs- und Arbeitsvorschlägen für das Selbststudium ab. Zudem findet man zahlreiche Literaturhinweise zur Vertiefung der Themenstellungen.

So beschrieben erfüllt das Lehrbuch von Griesehop, Rätz und Völter die gestellten Anforderungen voll und ganz.

Der Einzelband ist in drei Teile aufgeteilt.

  1. Teil 1 setzt sich grundlegend mit dem Thema Biografische Einzelfallhilfe auseinander,
  2. Teil 2 mit Biografischer Kommunikation und Fallrekonstruktionen und
  3. Teil 3 gibt zahlreiche Fallbeispiele (hier als Lehr/Lernfälle beschrieben) zum biografischen Fallverstehen und zur theoretischen Sensibilisierung.

Teil 1 Biografische Einzelfallhilfe. Der erste Teil des Buches gibt eine Einführung in die Geschichte der Einzelfallhilfe ausgehend vom klassischen Phasenmodell (nach Salomon 1926) über neuere Ansätze in der Fallarbeit bis hin zur biografischen Einzelfallhilfe und aktuellen Ansätzen in der biografieorientierten Fallarbeit. Am Ende der Erläuterungen folgen Zusammenfassungen und Arbeitsvorschläge für die Lehr- und Lernpraxis zur Vertiefung und Festigung des bisher dargestellten Inhaltes.

Teil 2 Biografische Kommunikation und Fallrekonstruktionen. Im zweiten Teil wird eine Einführung gegeben in die theoretischen und methodischen Hintergründe von Gesprächs- und Auswertungsmethoden, die für die biografische Einzelfallhilfe relevant sind. Erzähltheoretische Grundlagen werden vorgestellt und durch Übersichtstabellen anschaulich vermittelt. Anhand von zahlreichen Beispielen können die verschiedenen Textsorten (Erzählung, Bericht, Beschreibung, ecta.) nachvollzogen und unterschieden werden. Umfassend wird die biografisch-narrative Gesprächsführung dargestellt. Im Weiteren werden die biografische Fallrekonstruktion nach Rosenthal, die Narrationsstrukturanalyse nach Schütze beschrieben und die jeweiligen Grundannahmen und Verfahrensschritte erklärt. Auch hier bieten die Autorinnen Griesehop, Rätz, Völter den Leserinnen und Lesern Arbeitsvorschläge und Arbeitsvorlagen an.

Teil 3 Lehr/Lernfälle: Biografisches Fallverstehen und theoretische Sensibilisierung. Im dritten Teil werden den Leserinnen und Lesern nun unterschiedliche Lehr/Lernfälle vorgestellt, mit denen gearbeitet werden kann. Jeder Praxisfall wird systematisch aufbereitet und nach unterschiedlichen Auswertungsmethoden analysiert.

  1. Anregung zur Reflexion der eigenen Erfahrungen mit der dargestellten Problematik
  2. Bereitstellung fachspezifischer Hintergrundinformationen in Bezugnahme auf sozialpädagogische Anforderungen
  3. Methodische Erläuterungen und biografische Zugänge zum Fallverstehen (mit Beispielfall, -interview)
  4. Arbeitsvorschläge und Arbeitsvorlagen zur Vertiefung der vorgestellten Methode und der Relevanz für das Praxisfeld der Sozialen Arbeit

Schwerpunktthemen der vorgestellten Lehr/Lernfälle sind: Kinder und Jugendliche in schwierigen familiären Lebenslagen; Arbeitslosigkeit und soziale Grundsicherung; Drogenabhängigkeit; Jugenddelinquenz und sexueller Missbrauch. Verschiedene methodische Ansätze, die im Buch bereits theoretisch vorgestellt wurden, werden nun praktisch nachvollzogen und durch Übungen vertieft.

Diskussion und Fazit

Die Herausgeberinnen Griesehop, Rätz und Völter legen ein umfassendes Lehrbuch zur biografischen Einzelfallhilfe vor, welches es den Leserinnen und Lesern ermöglicht, einen strukturierten Überblick in Methoden und Arbeitstechniken der biografischen Einzelfallhilfe zu erhalten. Die angebotenen Arbeitsvorschläge und Arbeitsvorlagen sind eine gute Grundlage, die dargestellten Inhalte zu vertiefen, nachzuvollziehen und insbesondere im methodischen Teil einzuüben. Hervorzuheben sind die systematische Vorgehensweise zur Bearbeitung der Fallbeispiele durch Reflexion der eigenen Erfahrungen in Bezug auf das Thema, die theoretischen und methodischen Vertiefungen in Bezug auf die Fallbeispiele und die Herstellung eines Transfers auf die Praxis der Sozialen Arbeit. Für Lehrende und Lernende bietet das Buch eine hervorragende Grundlage zur Arbeit mit Methoden und Arbeitstechniken im Rahmen der biografischen Einzelfallhilfe.

Insgesamt ist das Buch der Professorinnen Griesehop, Rätz und Völter zur biografischen Einzelfallhilfe sehr zu empfehlen. Lehrenden und Lernenden in den Studiengängen der Sozialen Arbeit aber auch in der Sozialen Praxis wird umfassendes Material zum wissenschaftlichen Verständnis der Methodik und zur praktischen Einübung angeboten. Anspruchsvoll erscheint allerdings das Ziel, den Inhalt des Buches in einem Semester zu vermitteln bzw. zu erarbeiten. Die Herausgeberinnen selbst weisen darauf hin, dass jedes Lehrbuch eine Herausforderung darstellt und sich im Gebrauch bewähren wird. Sie bitten die Leserinnen und Leser um Anregungen und Rückmeldungen, das kann man nur unterstreichen und unterstützen.

Rezension von
Dipl.-Geront., Dipl.-Soz.Arb. Sigrid Verleysdonk-Simons
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Es gibt 4 Rezensionen von Sigrid Verleysdonk-Simons.

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ISSN 2190-9245