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Olaf Kapella, Christiane Rille-Pfeiffer (Hrsg.): Papa geht arbeiten

Rezensiert von Prof. Dr. Margret Flieder, 07.10.2011

Cover Olaf Kapella, Christiane Rille-Pfeiffer (Hrsg.): Papa geht arbeiten ISBN 978-3-940755-91-9

Olaf Kapella, Christiane Rille-Pfeiffer (Hrsg.): Papa geht arbeiten. Vereinbarkeit aus Sicht von Männern. Budrich Academic Press GmbH (Opladen, Berlin, Toronto) 2011. 275 Seiten. ISBN 978-3-940755-91-9. D: 29,90 EUR, A: 30,80 EUR, CH: 41,90 sFr.
Familienforschung – Schriftenreihe des Österreichischen Institus für Familienforschung (ÖIF) - 23.

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Thema

Die Bedeutung der Väter für die Familie, vor allem für die frühkindliche Entwicklung der Kinder, wird seit Einführung der Möglichkeit zur beruflichen Freistellung im Rahmen von Elternzeit (in Österreich: Karenz) intensiv diskutiert. Dass Väter genauso wie Mütter zur Übernahme von Betreuungs- und Versorgungsaufgaben geeignet sind, ist unstrittig, so neueste Forschungen.

Die Forderungen nach stärkerer Beteiligung der Männer an den familienbezogenen Arbeiten stehen auf der einen Seite, die Absichtserklärungen der Männer auf der anderen. Gleichwohl interessant und noch nicht hinreichend beantwortet ist die Frage, wie sich Männer denn tatsächlich verhalten in Bezug auf die Vereinbarkeit von Familien- und Berufsaufgaben. Reduzieren Männer vorübergehend ihre Arbeitszeit? Wie viele von ihnen nehmen die Freistellung in Anspruch? Erleben Sie Familienarbeit mit Kind(ern) ähnlich wie Frauen oder gibt es Unterschiede? Und welche Argumente nennen sie für ihre Entscheidungen?

Dem hier skizzierten Wertewandel zum einen theoriebasiert, zum anderen auf der Basis empirischer Daten nachzugehen, widmet sich die vorliegende Studie.

Herausgeberin und Herausgeber

Dipl. Sozpäd. Olaf Kapella ist Forschungskoordinator und Senior Researcher am Österreichischen Institut für Familienforschung an der Universität Wien. Seine Schwerpunkte sind u.a. strategische Familienforschung und Vereinbarkeitsproblematik von Familie und Beruf.

Dr. Christiane Rille-Pfeiffer ist Soziologin und Senior Researcherin am Österreichischen Institut für Familienforschung an der Universität Wien. Ihre Schwerpunkte sind u.a. Partnerschaftsverhalten und -biografien, Geburtenentwicklung und Vereinbarkeitsproblematik von Familie und Beruf.

Aufbau

Der 275-seitige Band ist in zwei Teile gegliedert.

  1. Im ersten Teil werden unter Hintergrunddiskussion theoretische Konzeptionen und der Stand der Forschungsliteratur vorgestellt.
  2. Im zweiten Teil stehen empirische Befunde zunächst aus quantitativer, anschließend aus qualitativer Sicht zur Vereinbarkeit aus Sicht von Vätern mit einem unter 3-jährigen Kind in Österreich anhand von vier Beispielen im Mittelpunkt.

Väter und Väterforschung - Ein Literaturüberblick

Eva-Maria Schmidt und Mariam Tazi-Preve beleuchten in diesem Kapitel grundlegend auf der Basis einer Literaturrecherche zunächst die historische Perspektive der Väterforschung. In einem zweiten Schritt gehen die Autorinnen näher ein auf den Wandel in der Definition der Vaterrolle und der Selbstwahrnehmung väterlicher Identität. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Vaterschaft für Männer heute eine große Herausforderung darstellt, vor allem was Erwartungen an die neue Rolle, den Umgang mit Unsicherheit und eigene Vorstellungen betrifft.

Vaterwerden, Vatersein und Väterlichkeit - theoretische Konzeptionen

Eva-Maria Schmidt fächert in ihrem Beitrag zum einen die sozialhistorische und nachfolgend unterschiedliche sozialwissenschaftliche Perspektiven auf. Das Phänomen der Vaterschaft erfährt hier eine theoriegestützte Vertiefung, u.a. mit Blick auf die verblassende Autorität der Vaterrolle, die neuen Leitbilder und die Ebene der tatsächlichen Handlungspraxis. Sie schließt mit dem Fazit, dass Männer beim Übergang in die neue Rolle des Vaters weitreichenden Unsicherheiten ausgesetzt sind, die zugunsten des modernen Familienlebens neu zu verhandeln sind.

Teil 2: Empirische Befunde: Vereinbarkeit aus Sicht von Vätern mit einem unter 3-jährigen Kind in Österreich

Die Vereinbarkeit aus Sicht von Männern - Studienergebnisse im Detail. In diesem Beitrag von Olaf Kapella, Christiane Rille-Pfeiffer, Andreas Baierl und Eva-Maria Schmidt werden detailliert Ergebnisse aus der o.g. Studie vorgestellt. Die zentrale Frage richtet sich auf den konkreten eigenen Handlungsrahmen der Männer von Erwerbstätigkeit, Engagement in der Kinderbetreuung und Arbeitsaufteilung im Haushalt. Dieser Beitrag stellt mit 105 Seiten das Kernstück des Bandes dar. Das methodische Vorgehen und die Ergebnisse der Befragung werden anhand von zahlreichen Grafiken ausführlich erläutert. Am Ende jedes Fragebereiches steht eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse. Eine wesentliche neue Erkenntnis besteht in der Grundlegung einer Vätertypologie.

Wie aktiv sind Österreichs "neue" Väter? Olaf Kapella und Christiane Rille-Pfeiffer legen mit diesem Kapitel eine deskriptive Kurzversion der im vorherigen Kapitel dargestellten Daten vor und nehmen zu den zentralen Fragebereichen jeweils kurz Stellung.

Klassisch, zögerlich oder mutig? Eine Vätertypologie zur Vereinbarkeit. Olaf Kapella, Christiane Rille-Pfeiffer und Andreas Baierl ziehen in diesem Kapitel wesentliche Schlussfolgerungen aus der Fülle der zuvor dargestellten Ergebnisse. Sie erläutern in Auswertung der Daten eine neue Vätertypologie. Vorgestellt werden "Der Mutige", "Der Zögerliche" und "Der Klassiker".

"Bis ich selbst Vater geworden bin." Vateridentitäten aus der Perspektive biografischer Selbstdeutungen. Eva-Maria Schmidt nimmt in diesem Kapitel eine qualitative Forschungsperspektive ein und geht anhand von biografischen Erfahrungen bzw. drei Fallrekonstruktionen der Frage nach der Bedeutung des Vaterbildes nach. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass biografische Wirkmechanismen nicht kausal, sondern nur von Fall zu Fall interpretierbar sind. So lässt sich z.B. das Verhalten der "neuen" Väter zwar im Kontrast zu oftmals negativen Erfahrungen mit dem eigenen Vater interpretieren, die Art der Ausprägung differiert jedoch breit.

Zielgruppen

Das Buch ist vor allem für einschlägig bewanderte Personen mit guten Vorkenntnissen zur Familien- und Vereinbarkeitsforschung gedacht sowie für Studierende, die sich im Rahmen einer Qualifizierungsarbeit mit diesem Thema befassen. Es bietet eine gute Auswahl theoretisch fundierter und empirischer Beiträge.

Die Texte sind niveauvoll und insgesamt gut lesbar geschrieben. Der Band eignet sich vor allem für Profis mit einschlägigen Vorkenntnissen.

Diskussion

Insgesamt ist das Buch recht gelungen und gibt gute, differenzierte Einblicke in die Forschungslandschaft der Väter- und Vereinbarkeitsforschung. Die ausführliche Darstellung der Forschungsergebnisse könnte gestraffter sein, ist aber in diesem Fall den Auftraggebern der Studie geschuldet.

Fazit

Wer sich mit der historischen Entwicklung der Väterforschung, den Konzepten der Vaterrolle und aktuellen Daten aus Österreich hierzu befassen will, dem sei diese Studie empfohlen. Die Diskussionslinien und Daten zwischen den vermeintlich neuen Einstellungen der Väter und der real praktizierten Vereinbarkeit von Familienarbeit und Beruf zeigen erneut auf, dass es auf Seiten der Väter noch viel zu tun gibt auf dem Weg zu echter Gleichberechtigung im Beruf und in der Familie.

Rezension von
Prof. Dr. Margret Flieder
Evangelische Hochschule Darmstadt
Fachbereich Pflege- und Gesundheitswissenschaften
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Es gibt 37 Rezensionen von Margret Flieder.

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ISSN 2190-9245